„Digital Farming funktioniert nur mit Echtzeitkommunikation“

Maschinenbauverband macht sich für schnellen Netzausbau stark

VDMA Landtechnik: „Digital Farming funktioniert nur mit Echtzeitkommunikation“

Eine lückenlose 5G-Verfügbarkeit im gesamten Bundesgebiet ist Voraussetzung für viele Digital Farming-Angebote.

Die Regularien zur Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen der fünften Generation sind festgezurrt. Dennoch scheint der genaue Fahrplan zum schnellen Netzausbau weiterhin unklar. „Vor allem im ländlichen Raum gibt es noch mehr Fragen als Antworten. Dabei besteht gerade dort dringender Handlungsbedarf“, sagte Christian Dreyer, Vorsitzender des VDMA Landtechnik, vor Bundestagsabgeordneten in Berlin.

Vollständig vernetzte landwirtschaftliche Produktionsketten seien aufgrund der unzureichenden Netzinfrastruktur bislang nicht marktfähig. „Wer auf dem Acker und im Stall unterwegs ist, ist von Funklöchern und Geschwindigkeitsengpässen umgeben. Doch Digital Farming funktioniert nicht ohne Echtzeitkommunikation. Als größte Volkswirtschaft in Europa können wir es uns nicht länger leisten, zu den Schlusslichtern in Sachen Netzausbau zu gehören“, betonte Dreyer.

Ländlicher Raum als Innovationsmotor

Angesichts der enormen Effizienz- und Umweltpotentiale, die das Digital Farming verspricht, geht die Branche in die Offensive: „Von einem digitalen Leitmarkt, den die Bundesregierung einst vollmundig angekündigt hat, kann in Deutschland bisher keine Rede sein. Dies gilt vor allem für ländliche Gebiete. Wir müssen daher endlich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass der ländliche Raum ein wichtiger Innovationsmotor ist“, sagte Dreyer.

Im Kuhstall ist die landwirtschaftliche Digitalisierung besonders weit fortgeschritten. Innovative Monitoringsysteme, die per Mobilfunk die Vitaldaten jeder Kuh im Bestand kontinuierlich überwachen, Futterrationen anpassen und Gesundheitsparameter abfragen, sind in der Milchviehhaltung auf dem Vormarsch und tragen deutlich zum Tierwohl bei.

„In Verbindung mit einem Herdenmanagement-System lässt sich eine tiergerechte Haltung realisieren, die den Bedarf an Wasser, Energie, Futter und Medikamenten signifikant reduziert. Zugleich schafft die Landwirtschaft deutlich mehr Transparenz auf Verbraucherseite, da jeder einzelne Prozessschritt nachvollziehbar wird“, erläuterte Dreyer.

Digitaler Stillstand als düstere Vision

Mehr Transparenz versprechen aber auch digitale Verfahren im Ackerbau. „Einsparungen von bis zu 80 Prozent sind problemlos möglich, sofern Pflanzenschutzmittel punktgenau, den Bedürfnissen jeder Pflanze entsprechend, appliziert werden“, sagte Dreyer. Intelligente Bilderkennungs-Software scannt und identifiziert dabei zuerst jede einzelne Pflanze, um im Anschluss eine individuelle Behandlung gegen Schadorganismen, etwa mit Herbiziden oder Fungiziden, einzuleiten.

„Nehmen wir unsere Infrastrukturprobleme auch weiterhin auf die leichte Schulter, vergeben wir auf lange Sicht eine große Chance – zu Lasten der Landwirtschaft, der Verbraucher und der Umwelt“, sagte der Verbandsvorsitzende. Dreyer zufolge wären 20 Prozent weniger Ertrag, 30 Prozent höhere Kosten und ein um 25 Prozent höherer Ausstoß an Ammoniak, Stickoxiden und Kohlendioxid die Folge eines „digitalen Stillstands“.

Kapazitätsreserven für künftige Anwendungen

Um die digitale Transformation zu einem langfristigen Erfolg für die Landwirtschaft zu machen, fordert der Branchenverband eine lückenlose 5G-Verfügbarkeit im gesamten Bundesgebiet. „Rein an den Haushalten orientierte Abdeckungsquoten sind wenig hilfreich. Wir brauchen eine flächenbezogene Abdeckung“, sagte Dreyer. Außerdem setzt der VDMA Landtechnik auf dezentrale, wettbewerbliche Anbieterstrukturen im ländlichen Raum. „Dafür böte das Konzept der Netz-Mitnutzung, das in der Festnetztelefonie längst etabliert ist, eine charmante Lösung.“ Die Ausbauziele müssen aber auch den täglich steigenden Anforderungen an Netzqualität und Netzgeschwindigkeit Rechnung tragen. „Wir benötigen eine Infrastruktur mit kapazitiven Reserven. Wir müssen Luft nach oben haben“, resümierte Dreyer.


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