Mehr Kompakttraktoren an Privat verkauft

Kompakttraktoren erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Längst sind die Kunden aber nicht mehr nur Kommunen und Hausmeister. Zudem drängen immer mehr Anbieter auf den Markt, worauf auch die etablierten Hersteller reagieren.

Traktorenmarkt: Mehr Kompakttraktoren an Privat verkauft

Kioti bietet unter 25 PS – die Grenze für teure Abgastechnik – drei verschiedene Chassis-Größen.

Traktorenmarkt: Mehr Kompakttraktoren an Privat verkauft

LS-Traktor bietet die Anbaugeräte des Herstellers Agritec nun passend auch im eigenen LS-Blau an.

Früher war der Kompakttraktor vor allem bei Kommunen oder Hausmeisterdiensten im Einsatz, denn die wenigen Allrounder kommen auch auf schmalen Gehwegen oder in engen Höfen zurecht. Seit einigen Jahren jedoch boomt der Markt regelrecht, die Zulassungszahlen steigen stetig. Daher haben wir bei verschiedenen Herstellern nachgefragt, aus welchem Segment diese Neukundschaft inzwischen kommt.

„Wir sehen vor allem einen starken Zuwachs im privaten Bereich, was im letzten Jahr coronabedingt noch zugenommen hat. Nicht wenige erfüllen sich durch die engere Bindung an Heim und Hof nun den Traum vom eigenen Trecker“, sagt Knut Ziemer, Leiter der Geschäftsfeldentwicklung bei Daedong Kioti Europe. „Richtig extrem erfahren wir diesen Trend derzeit in Amerika, dort gehen unsere Zahlen hinsichtlich Kompakttraktoren von Privatkunden noch viel stärker nach oben als in Europa.“ Viele dieser Kunden werden auch mit Maschinen bis 25 PS glücklich, zumal diese preislich attraktiver sind, da bis zu dieser Leistung in der Stage-5-Abgasregelung noch keine Nachbehandlung vorgeschrieben ist. „Diese Klasse war schon immer unser am meisten nachgefragtes Segment, weshalb wir hier auch solide ausgebaut haben“, so Ziemer weiter. So habe man etwa die Chassis erweitert, wodurch drei verschiedene Größen bis 25 PS zu haben sind. Sind die Außenmaße zweitrangig, kann durch sattere Aufstandsfläche bei den CK und CX-Schleppern der Frontlader auch etwas mehr gefordert werden, Kunden mit engen Gegebenheiten können dagegen dennoch auf die kompakten CS-Modelle setzen. Einen weiteren Trend sieht Ziemer bei der Mähtechnik: „Wir erleben eine Renaissance der Zwischenachsmähwerke und erhalten dafür zunehmend Anfragen, weshalb wir auch hier ausbauen.“ Der Kommunalbereich wächst also ebenfalls, hier nehme man aktuell vor allem den Geräteträger-Herstellern Anteile ab, da diese wesentlich teurer sind. Dafür bietet man auch schon bis runter zur 20-PS-Klasse klimatisierte Kabinen an – trotzdem sind aber auch einfache Plattformschlepper mit Überrollbügel zu haben. Ebenfalls zugelegt habe Kioti bei Traktoren mit 50 bis 60 PS, die vor allem in Hobbybetriebe für den Forst- oder Grünlandeinsatz gehen.

Beim – wie auch Daedong Kioti – aus Südkorea stammenden Hersteller Kukje Machinery sieht es ähnlich aus: Seine Marke Branson läuft in Deutschland mit 879 im Jahr 2020 neu zugelassenen Schleppern bereits auf Platz 12 der Gesamtwertung auf, direkt hinter Valtra. Zuständig für den Import nach Deutschland und Repräsentant für den europäischen Markt ist die Weber Geräte GmbH, man habe vor allem kleine Betriebe wie Nebenerwerbslandwirte und Pferdehöfe als Kunden. Im letzten Jahr rechnete das Unternehmen mit Sitz in Freudenberg durch die Pandemie eigentlich mit rückläufigen Zahlen, es traf aber genau das Gegenteil ein. Häufig sei der Preis das ausschlaggebende Kriterium für den Kauf: Nach Angaben des Importeurs sei etwa der Branson 1905H mit Mähwerk ab 11.500 Euro plus Überführung zu haben, nicht wenige kauften auch gleich noch einen Frontlader dazu. Damit kommen auch Käufer zurecht, deren Budget früher für einen 20 Jahre alten Gebrauchten sprach. Bei den günstigen Kompakten dagegen sind fünf Jahre Garantie enthalten. Gerade Privatkunden konnten im letzten Jahr zudem von der Mehrwertsteuersenkung auf 16 Prozent profitieren, was die Weber Geräte GmbH als einen weiteren Kaufanreiz wahrnahm.

Mit LS-Traktor tritt seit einigen Jahren ein weiterer Hersteller aus Südkorea im deutschen Markt auf, den Import erledigt der Hanwha-Konzern mit eigener Niederlassung in Deutschland: „Da wir bisher vor allem Kommunen bedient haben, sind die Wachstumsraten im Privatbereich bei uns aktuell riesig“, sagt Vertriebsleiter Björn Sickmüller. Extra dafür habe man das neue Lifeline-Modell etabliert: Der 23 PS starke J23 ist mit Frontlader samt Schaufel (Stoll Skid Steer Schnellwechselrahmen) und Industriebereifung ausgestattet, der Endkunde zahlt 13.999 Euro. Dass das Konzept aufgeht, kann Sickmüller belegen: „Die ersten drei Container haben wir bereits verkauft, obwohl die Traktoren noch nicht in Deutschland sind.“ Außerdem entschieden sich wohl einige Kunden, die eigentlich „nur“ einen Aufsitzmäher kaufen wollten, gleich den Sprung zum Kompakttraktor zu machen. Dann hier gibt es hinten auch Dreipunkt-Hydraulik, Zapfwelle und Anhängerkupplung – was wesentlich mehr Flexibilität bietet als der reine Aufsitzmäher. Die Kommunen setzen laut Sickmüller aber auch weiter auf LS: „Hier sehen wir in den Ausschreibungen ja, gegen wen wir spielen. Und da punkten wir durch unsere zu anderen Marken passenden Zapfwellen. Bauhöfe, die beispielsweise bisher John Deere fuhren, können ihre Anbaugeräte behalten und einfach auf LS umsteigen. Und genau das passiert auch. Andere Hersteller können teilweise zwar unsere Preise unterbieten, erforderliche Umrüstungen am Gerätepark verursachen dann aber Folgekosten, weshalb sich Kunden schlussendlich gegen diese Firmen und für LS entscheiden.“ Außerdem setzt man auf einen immer stärker ausgebauten Anbaugeräte-Bereich, denn Kommunen möchten meist alles aus einer Hand kaufen. Der entsprechende Händler wiederum will nicht für einen Kompakttraktor diverse Anbaugeräte-Hersteller hinsichtlich Kompatibilität und Preisen anfragen müssen. Daher sei es laut Sickmüller sehr wichtig, als Fullliner aufzutreten, wodurch auch der Händler alles Nötige direkt von LS beziehungsweise Hanwha bekommen kann. Die Geräte müssten dabei zudem qualitativ überzeugen, weshalb er dafür mit namhaften Herstellern wie Ecotech aus Österreich kooperiere.

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Kubota ist beim indischen Hersteller Escorts eingestiegen, das erste Ergebnis der Partnerschaft ist der EK1, der vor allem preisbewusste Kunden ansprechen soll.

Schlepper zum Mitnehmen

Die Marke Solis des indischen Herstellers Sonalika erfreut sich hierzulande ebenfalls steigender Beliebtheit, den Import für das komplette Bundesgebiet übernimmt die Einkaufsgemeinschaft Ilafa Radolfzell. Hier lief es im Vergleich zu anderen Herstellern genau andersherum: Zu Beginn setzte man verstärkt auf einfache Arbeitsschlepper für kleine Betriebe oder den Hobbyeinsatz, der Solis 20 ist schon für 6.190 Euro zu haben, mit Servolenkung kommen nochmals 500 Euro drauf. Durch diese Preise sei bei Privatkunden auch Laufkundschaft für Kompakttraktoren inzwischen nichts Seltenes mehr. Voraussetzung dafür ist, dass die günstige Maschine beim Händler parat steht oder zumindest sehr schnell geliefert werden kann. Künftig möchte man aber auch verstärkt Kommunen als Kunden gewinnen. Dafür hat man beim Modell 26 einen Hydrostat-Antrieb mit ins Sortiment genommen. Die Nachfrage dafür sei sehr hoch, da man auch hier einen Einführungspreis von unter 10.000 Euro bieten kann.

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Auch bereits seit langem etablierte Hersteller reagieren auf den Trend zum Kompaktschlepper für zuhause: Kubota stellte dafür das Einsteigermodell EK1-261 vor, die Serie wurde zusammen mit dem indischen Hersteller Escorts Limited entwickelt. „Wir sehen, dass die Hemmschwelle, ab welchen Beträgen man etwas auch relativ spontan kauft, immer weiter sinkt“, so Fabiano Hensen, Marketing Manager bei Kubota. Was früher also vielleicht ewig aufgeschoben wurde, da man die Investition als zu groß ansah, wird heute immer öfter nach kurzer, intensiver Recherche und Beratung – auch im Internet – relativ schnell zum Abschluss gebracht. Kubota biete nach eigenen Angaben einen wesentlichen Vorteil: Der neue Privatkunde bekommt einen günstigen Traktor, trotzdem profitiert er von einem sehr gut ausgebauten Händlernetz. Die Händler profitieren im besten Fall wiederum mehrfach vom neuen Kundenstamm. Denn wer einmal mit dem Traktor glücklich vom Händlerhof gegangen ist, kommt vielleicht auch für Anbaugeräte oder eine Kettensäge wieder. Und andersherum funktioniert das natürlich ebenso: Der eigentliche Kleingeräte-Kunde sieht durch attraktiv präsentierte Einsteiger-Traktoren hier eventuell auch etwas für sich. Aber auch im kommunalen Bereich möchte man weiter stark bleiben: „Hier sehen wir volumenmäßig eine leichte Verschiebung vom Bauhof hin zu den Dienstleistern“, so Hensen.

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Der Solis 26 ist seit kurzem auch in der Ausführung HST erhältlich, die mit einem Hydro- statantrieb ausgestattet ist, womit vor allem Kommunen angesprochen werden sollen.

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Iseki spricht Unternehmen wie GaLa-Bauer, den Pferdesport und den Kommunalbereich an, möchte aber auch Hobbynutzer erreichen.

Auch bei Iseki machte man im Jahr 2020 den Umständen entsprechend gute Geschäfte. Den Privatkunden hat man dort auch seit einigen Jahren schon auf dem Schirm, etwa mit den Modellen TLE 3 und 4. „Wir kommen zwar aus dem Kommunal- und Profibereich, möchten aber auch den Hobby-Anwendern etwas bieten“, so Deutschland-Vertriebsleiter Thorsten Schröder. Dass man dabei auch mit immer neuen günstigen Konkurrenten zu kämpfen habe, kenne Schröder aber schon seit langem: „Wir setzen vor allem auf das Vertrauen, welches wir in über 50 Jahren aufgebaut haben. Die Kunden wissen, dass wir auch in Zukunft da sein werden, mit einem breit aufgestellten Händler- und Servicenetz, schneller Ersatzteilversorgung und professioneller Beratung. Profis setzen voraus, dass ein Ersatzteil auch nach einigen Jahren sofort verfügbar ist und nicht über Wochen aus Asien geliefert werden muss. Das bieten wir, was aber natürlich auch seinen Preis hat.“ Den starken Anstieg der Zulassungszahlen der kompletten Branche im Jahr 2020 muss man aber nicht komplett auf private Corona-Käufe münzen. Ebenso muss die für Ende 2020 verpflichtend im Raum gestandene Stage-V-Abgasklasse mitberücksichtigt werden. Denn um bereits produzierte Maschinen dennoch verkaufen zu können, mussten diese vor dem Stichtag zugelassen sein. „Viele Hersteller gingen diesen Schritt wohl bereits im Frühjahr, wir hatten das für den späten Sommer geplant, um möglichst neue Schlepper parat zu haben.“

Aufgrund der coronabedingten Produktionsschwierigkeiten im Frühjahr 2020 in der gesamten Branche wurde der Stage-V-Stichtag dann jedoch im Juli um ein Jahr verschoben. Die Notzulassungen wurden für Iseki daher nicht notwendig. „Andere hatten aber wohl bereits viele Schlepper angemeldet, weshalb sie in der Statistik für 2020 an uns vorbeizogen. Wir rechnen damit, dass sich das dieses Jahr wieder ausgleicht, die Zulassungszahlen beim Kompakttraktoren also einen leichten Rückgang verzeichnen werden“. Das gleiche passierte bereits 2017/2018 bei der Einführung der sogenannten Mother Regulation.


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