Steuerungstechnik StG -Reifenregler 4.0 vereinfacht die Druckanpassung

Es ist so weit. Gut fünf Jahre arbeitete das Team Strotmann an dem MultiCon- -trol Bedienterminal und cloud- basierten Planungstool des MultiControl-Manager. Jetzt ist es serienreif. Das System soll die Bedienung der Reifendruckregelanlage automatisieren und die Planung bodenschonender Feldeinsätze vereinfachen. Das MultiControl-Projekt ist in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Prof. Patrick Ole Noack, entwickelt und durch die AiF Projekt GmbH (AiF Projekt GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e. V.) gefördert wor- den. Die Steuerungstechnik StG hat seit dem Projektstart acht weitere Mitarbeiter eingestellt und inzwischen fast eine Million Euro in das Projekt investiert.

Das Touch-Farbdisplay ist ein neues, von Steuerungstechnik StG selbst hergestelltes und überarbeitetes Bedienteil in der Kabine mit einem mehrfingerbedien- baren Touch-Farbdisplay. Das Display zeigt jetzt auch Kartenmaterial und Satellitenbilder an. Das Gehäuse ist 3 cm länger als das bisherige und im Hochkant- oder Querformat montierbar.

Bei der Entwicklung des MultiControl hat das Strotmann Team darauf geachtet, dass das Steuergerät mit den seit 2003 verkauften Reifendruckregelanlagen abwärtskompatibel ist. Somit können ältere Geräte auch weiterhin verbunden werden. Man benötigt lediglich ein Adapterkabel. Weitere Steuerungsfunktionen wie Fahrgassensteuerung, Elektronische Hubwerks-Regelung und Drehzahlregler lassen sich zusätzlich zum Reifenregler mit dem MultiControl bedienen und können als Modul zusätzlich gekauft werden. Auch für benutzerdefinierte Anwendungen hat das MultiControl Platz.

Folgende Schnittstellen sind enthalten:

• Funkmodul zur drahtlosen Anbindung von Anhänger und Anbaugeräten
• GPS
• Bluetooth
• WLAN
• GSM / LTE
• Audio (Sprachausgabe von selbst angelernten Begriffen)
• LAN
• CAN-Bus (ISOBUS)
• viele weitere Kommunika- tionsschnittstellen
• Ein- und Ausgänge (ADC, IO, PWM…)
• sowie weitere

Das MultiControl besitzt eine Strommessung, womit Schäden an Bauteilen, Kabeln und Spulen sowie Überlastungen gezielt diagnostiziert werden können. Über Isolatoren (galvanische Trennung) an allen Stromversorgungen und Schnittstellen ist das MultiControl robust aufgebaut. Im Servicemenü kann der Kunde die Steuerung auf die kundenspezifischen Anforderungen einstellen. Die Optionen reichen von allen bisher bekannten Funktionen der alten Steuerungen, mit einer einfachen manuellen Bedienung, über eine Bedienung mit Fahrerassistenzsystem, bis hin zur vollautomatischen Regelung. Somit kann der Reifenregler 4.0 auch an zukünftigen Feldrobotern eingesetzt werden. Eine Übersteuerungsmöglichkeit durch den Fahrer kann eingestellt werden.

Nutzt man das Automatikmodul, werden Schlepper und Anhänger mit zusätzlicher Sensorik ausgestattet. Dazu gibt es nachrüstbare DMS-Wiegezellen auf den Achsen, um die aktuelle Radlast mit dem Achslastsensor zu erfassen. Die Genauigkeit liegt im Stillstand bei +/- 10 kg.

Zur Erfassung der tatsächlichen Spurtiefe im Feld kann, je nach Umweltbedingungen und Pflanzenbestand, eine 3D-Kamera oder eine Tastkufe genutzt werden. Die schmale Tastkufe wird nur punktuell zum Messen abgesenkt, so bleibt der Pflanzenbestand unberührt. Bei Rückwärtsfahrt und auf der Straße zieht sich die Kufe automatisch blitzschnell hoch.

Der Spurtiefensensor warnt den Fahrer aktiv, bevor sich die Maschine festfährt, wenn eine voreingestellt maximale Spurtiefe überschritten wird. Georg Strotmann augenzwinkernd: „Bo- denschonung wird so nicht relativiert, durch PS-intensive Bergungseskapaden.“

Bereits 2005 hat Steuerungstechnik StG Funkreifendrucksensoren an der Felge eingesetzt, die aber aus Kostengründen und zu hoher Ausfallrate nicht weiter angeboten wurden. Georg Strotmann: „Die damalige Idee haben wir wieder aufgegriffen.“ Neue verbesserte Bluetooth Reifendrucksensoren sind als Ventilkappe aufgeschraubt und können so direkt am Rad genauer messen. Ein in der Steuerung integrierter Lagesensor erfasst die Neigung des Fahrzeugs am Hang und kann über Luftdruckanpassungen das Fahrzeug stabilisieren. Der über verschiedene Sensoren gemessene Schlupf nimmt Einfluss auf den Solldruck der Regelanlage.

Die Proportionalventile steuern die hydraulisch angetriebenen Zusatzkompressoren.

Anhand der gemessenen Kompressordrehzahl wird der Kompressor automatisch auf die verschiedenen Öllieferleistungen der unterschiedlichsten Schlepper eingestellt. Ebenfalls automatisch läuft die Kompressorförderleistung entsprechend der Anzahl angeschlossener Verbraucher (Achsen) und dem eingestellten Druckziel. So ist keine manuelle Einstellung von Absperrhähnen und Drosselventilen in der Hydraulik notwendig.

Mit Hilfe des integrierten GPS werden im Feld alle Daten der Sensoren wie Reifendruck, Radlast, Geschwindigkeit, Fahrtrichtung, Spurtiefe und so weiter, in einem einstellbaren Raster zur Position gespeichert. Anschließend via WLAN (Handy-Hotspot) oder GSM / LTE an die MultiControl-Cloud geschickt und in der zum Feld gehörenden Datenbank abgelegt.

Eine entsprechende App für „Farmers Handy“ wird in Kürze folgen. Steuerungstechnik StG nutzt, um hohen Datensicherheitsstandards gerecht zu werden, das MS-Azure-Cloud-System.

Der MultiControl-Manager ist eine Webapplikation mit der der Landwirt/Lohnunternehmer seine Arbeitsgänge im Feld bezüglich der zu erwartenden Spurtiefe, Befahrbarkeit und Bearbeitungsreihenfolge schon im Vorfeld planen kann. Da der MultiControl-Manager eng mit dem Webshop von Steuerungstechnik StG verknüpft ist, können bereits beim Kauf des Reifenreglers Maschinendaten, Maschinenkombinationen, Maschinenkonfigurationen und Reifendaten/Reifentabellen hinterlegt und ausgewählt werden.

Es werden unter anderem Straßenverkehrsdaten, Straßenkarten, Wetterdaten, Wetterprognosen, Bodenarten, Bodenkarten, Bodenfeuchtigkeit und Pflanzenstatus bei der Planung des bevorstehenden Maschineneinsatzes mitberücksichtigt. Ein Algorithmus errechnet und simuliert anhand der gesammelten Daten in der Felddatenbank die zu erwartende Spurtiefe und gibt diese über eine farbige Karte aus. „In Senken sammelt sich Regenwasser stärker und die zu erwartende Spurtiefe ist dort größer als auf der Kuppe, das wird mit dem Planungstool ebenfalls errechnet“, so Georg Strotmann. Mit dem Spurtiefensensor wird dann später die Planung im Feld auf Richtigkeit überprüft, und gegebenenfalls wird der Algorithmus angepasst, um zukünftig immer genauer planen zu können. Auf die Felddatenbank kann mit Zustimmung auch der Lohnunternehmer zugreifen und seine Maschineneinsätze mit einer maximalen Spurtiefenvorgabe des Feldeigentümers planen oder Maschinenkombinationen anpassen. Es kann zum Beispiel auch geplant werden, dass man an nassen Stellen im Feld nur mit einem Viertel Ladung/Füllung der Anbaugeräte fährt, um die Radlast an der Stelle zu verringern. Die erhobenen Sensordaten des Lohnunternehmers fließen auf dem Feld wieder in die zukünftige Planung ein. So kann gegebenenfalls ein Netzwerk zwischen Maschinen, Landwirt, Lohnunternehmer, Händler und dem Feld entstehen beziehungsweise genutzt werden. Mit Hilfe von Algorithmen können Bodenverdichtungskarten erstellt werden. Es ist dokumentiert, welcher Luftdruck bei welcher Radlast, GPS-Position und Geschwindigkeit gefahren wurde, um zum Beispiel eine Garantieverlängerung der Reifen oder Subventionszuschüsse für die geschonte Fläche zu erhalten. „Die gute landwirtschaftliche Praxis findet hier belegbare Daten“, so Georg Strotmann.

Der MultiControl-Manager hat zusätzlich ein Fernwartungstool, mit dem der Landwirt vom Büro-PC auf die aktuellen Daten des MultiControl auf dem Schlepper lesend oder schreibend zugreifen kann. Nicht nur Steuerungstechnik StG kann Fehlerdiagnosen und Updates durchführen, sondern auch unterstützen, bevor es zum Beispiel zu einem Schaden kommt. Der Landwirt kann auch seine Händler freischalten, die über einen Servicestatus der Maschine informiert werden. So erkennt das MultiControl per GPS bei einer Wartung oder Störung, welcher Vertragshändler am nächsten zur Maschine liegt. Bei entsprechender Wartungseinstellung bestellt das Planungstool automatisch alle notwendigen Wartungsteile über den Web- shop von Steuerungstechnik StG zum entsprechenden Händler, sodass nur noch ein Termin zur Wartungsdurchführung vereinbart werden muss. Notwendige Werkzeuglisten und Montagevideos gibt es per E-Mail gleich dazu. Eine Betriebsanleitung gibt es im MultiControl-Terminal auf dem Schlepper. Das MultiControl warnt auch den Landwirt per E-Mail, wenn die Schlepperbatterie bei der Spannung eine kritische Marke unterschreitet. Georg Strotmann lachend: „Das ist noch zuverlässiger und schneller als Amazon und noch sehr viel nachhaltiger.“

Eine automatische Acker-/Stra- ßenerkennung lernt und errechnet die Befüll- und Ablasszeiten der notwendigen Reifendrücke. Der Zeitpunkt des Ablassens auf der Straße wird festgelegt und die plausible Feldeinfahrt wird gewählt. Sollte der Reifendruck schon zu niedrig sein und der Fahrer fährt noch zu schnell, wird er über notwendige Herabsetzung der Geschwindigkeit akustisch informiert. So wird auch eine Geschwindigkeitsreduzierungskurve bis zur Feldeinfahrt berechnet, sodass der Fahrer kaum noch bremsen muss und kalkulatorisch gewinnbringender und verschleißärmer fährt.

Aus dem Planungstool werden alle notwendigen Daten wie Solldrücke an das MultiControl-Terminal übertragen, mit deren Hilfe die Reifendrücke eingestellt und überwacht werden. Es sind neue Funktionen aktivierbar – wenn zum Beispiel der Schlepper auf der Straße bergauf fährt und die Motorleistung für die Vorfahrt braucht, kann der Befüllvorgang kurzzeitig automatisch gestoppt werden. Oder es wird eine Reihenfolge der Befüllung (zum Beispiel erst Schlepper, dann Anhänger) festgelegt. Ist die Spurtiefe tiefer als geplant, kann der Reifendruck noch etwas weiter abgesenkt werden, wenn die Fahrgeschwindigkeit parallel reduziert wird.

Solldrücke werden in Abhängigkeit von Radlast und Fahrgeschwindigkeit anhand der Reifentabellen eingestellt. Die Spurtiefensensordaten werden für Reifendruck- oder Geschwindigkeitsvorgaben genutzt.

Mit der Wetterprognose kann der Nutzer im Büro schon die Reihenfolge der zu bearbeitenden Felder errechnen, wo es zuerst regnet und wo er zuerst arbeiten muss. Es wird eine mögliche Route errechnet. Im Planungstool vom MultiControl-Manager werden anhand der aktuellen Daten Befahrbarkeitskarten zur Verfügung gestellt. Der Landwirt braucht also nicht erst zum 15 Kilometer entfernten Feld zu fahren, das Feld begehen, um eine Befahrbarkeit des Bodens mit einer gewünschten Maschine zu überprüfen. Das spart viel Zeit und Kraftstoff.

Sogar Bodenverbesserungsmaßnahmen wie Humuseinbringungen können mit der Innovation von Steuerungstechnik StG nach einigen Jahren auf deren Erfolg überprüft werden. Der Boden hat einen besseren Wasserhaushalt und die Befahrbarkeit steigt.

Kraftstoffersparnisse werden transparenter und im Laufe der Zeit nach vergleichbaren Überfahrten im Tool angezeigt. Mit variablem Reifendruck werden mindestens 10 Prozent Diesel gespart und damit weniger CO₂, NO_X und Schadgase freigesetzt. Alleine die Kunden von Steuerungstechnik StG konnten seit Unternehmensgründung 2003 bei einer angesetzten Kraftstoffersparnis von 10 Prozent rund 65 Millionen Liter Diesel durch diese Reifendruckregelanlagen einsparen.

Georg Strotmann: „Jetzt steht natürlich noch die Frage des Preises im Raum. Das Basis MultiControl soll nicht teurer sein als die aktuelle Steuerung. Der endgültige Preis muss noch anhand der aktuellen Preisschwankungen im Materialbezug genau kalkuliert werden.“ Für die Softwaremodule und Erweiterungen wie Sensoren ist noch kein Preis genannt. Es werden sicherlich wiederkehrende Kosten für Cloudspeicher, Datenverkehr und Mobilfunkgrundtarif bei der Highend-Variante anfallen, die aber von Einsparungen kompensiert werden. „Wir sind zuversichtlich, dass unser Preis/Leistungsverhältnis kundenfreundlich ist – wir arbeiten mit und für die gute landwirtschaftliche Praxis“, so Georg Strotmann. Gegen Ende des zweiten Halbjahres 2022 soll MultiControl zur Verfügung stehen, Vorbestellungen sind schon jetzt möglich. Im Webshop der Steuerungstechnik StG gibt es bereits ein Konfigurationstool, mit dem man sich die Module der Reifenregler für seinen Fuhrpark zusammenstellen kann. Auch Ersatzteile sind über Explosionszeichnungen und die geführte Fehlerdiagnose leicht zu finden. Die Wartungs- und Montagehinweise und FAQ werden immer weiter ausgebaut.

www.steuerungstechnik-stg.de