Spielfeld im Wandel

Die Branche rund um die Sportplatzpflege spürt aktuell weitreichende Veränderungen. In einer dreiteiligen Serie beleuchten wir die aktuellen Trends, Teil 1 befasst sich mit der Pflege von Semi-Pro und Kommunal-Sportplätzen. Langfristig sind auch hier die Themen Ökologie und Klimawandel von immer größerer Bedeutung, aber auch die Corona-Pandemie wirkt sich inzwischen auf die Sportplätze selbst aus.

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Oft fällt die Pflege der Sportplatzanlage in den Aufgabenbereich des Bauhofs.

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Maßnahmen wie das Sanden sollten kleinere Sportvereine und Kommunen nach Ansicht der Experten am besten von professionellen Dienstleistern erledigen lassen.

In Deutschland sind über 36.000 Sportvereine mit eigenen Anlagen ansässig, weitere knapp 57.000 Vereine nutzen kommunale Plätze, wozu auch die von Schulen zählen. Die einfacheren Bolzplätze mit zwei Toren auf einem Stück Wiese sind dabei noch nicht einmal einberechnet. Hier kommt also ordentlich Fläche zusammen, die professionell gepflegt werden will.

Dienstleister sehen aktuell jedoch kaum Nachfrage nach Sportplatzmaßnahmen, was hinsichtlich der Corona-Pandemie mehrere Ursachen haben dürfte: Die wirtschaftliche Lage bei den kommunalen Kämmerern ist durch die 2020 teils erheblich gesunkenen Gewerbesteuereinnahmen nicht gerade rosig, außerdem ist noch immer nicht klar, wann der Vereinssport hinsichtlich Infektionsschutz wieder auf dem ursprünglichen Level betrieben werden darf. „Daher zögern viele Vereine und Kommunen aktuell noch, die für das Frühjahr nötigen Pflegemaßnahmen in Auftrag zu geben“, sagt Christoph Kuom, er betreibt in der Nähe von Ulm einen Kommunalservice, der sich auch der professionellen Sportplatzpflege verschrieben hat. Neben dem Mähen gehören dazu auch Striegeln und Abschleppen, Aerifizieren und Tiefenbelüftung, Vertikutieren, Düngung, Besanden sowie die Neu- und Nachsaat. „So eine Unsicherheit hatten wir noch nie. Denn auch, wenn eine Kommune einmal keine Maßnahmen plant, informiert sie uns eigentlich in dieser Jahreszeit darüber. Aktuell ruft aber einfach überhaupt keiner an.“ Der coronabedingte lange Spielausfall auf den regionalen Sportplätzen hat in seiner Region nun zudem zu ungeahnten Folgeschäden geführt: Der anfangs milde, feuchte Winter hat in Zusammenhang mit der durchgehenden Ruhe auf dem Rasen mancherorts für eine hohe Regenwurmpopulation gesorgt.

Regenwurm nicht gern gesehen

Anderswo ist dieser ein gern gesehener Nützling, auf dem Sportplatz jedoch kann er für soviel Schlamm an der Oberfläche sorgen, dass diese trotz Stollenschuhen unbespielbar wird. Und es kam noch schlimmer: Denn die ruhebedingt nun nahe an der Oberfläche lebenden Würmer lockten Wildschweine an. Die Schwarzkittel grubberten in kürzester Zeit große Flächen der Sportplätze um. „Da die Würmer unter Naturschutz stehen, ist gegen diese leider kaum etwas zu machen, weder Sand noch Kalk helfen wirklich effektiv“, so Kuom. Größere Maßnahmen inklusive Nachsaat würden daher wohl unumgänglich sein. Viele Dorfplätze liegen zudem in der Nähe von Wiesen oder anderen natürlichen Grasflächen wie Straßen-Randstreifen, wodurch diese immer stärker „verungrasen“, es verbreiten sich also ungewünschte Gräser im Sportrasen. Diese müssen durch Maßnahmen wie Striegeln und Kehren entfernt werden, anschließend wird ebenfalls wieder passendes Saatgut ausgebracht. Ebenso werde nach Kuoms Erfahrung auch auf den weniger professionell bespielten Plätzen immer mehr Wert auf gutes Grün gelegt, weshalb er die über Jahre durch den Sport stark verdichteten Plätze nun vermehrt mit speziellen Tiefenlockerern bearbeitet.

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Anders als beim Vertikutierstriegel stehen beim von Kalinke vertriebenen Huisman Rasenstriegel die Zinken senkrecht und wirken so auch gegen Unkräuter.

Dass sich darüber hinaus auch die eingesetzte Technik wandeln wird, sieht man bei Kalinke Maschinen: „In einigen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg ist die chemische Unkrautbekämpfung auf Sportplätzen bereits verboten, künftig werden da sicherlich noch weitere nachziehen“, prognostiziert Geschäftsführer Harald Kalinke. Daher kaufen die Kommunen und typische lokale Vereine – etwa Bezirksliga abwärts – nun verstärkt spezielle Sportplatz-Striegel. „Diese Technik existiert schon sehr lange, aktuell mausert sie sich aber zum absoluten Trend“, so Kalinke.

Hohe Geschwindigkeit und rotierende Bewegung hemmen das Wachstum der Unkräuter

Der Unterschied zum Ackerstriegel aus der Landwirtschaft sind hier die geraden Zinken, die eine ausreichend hohe Geschwindigkeit in eine rotierende Bewegung versetzt. „Werden Wegerich und Co oft genug damit angeschlagen, verlieren diese die Lust zu wachsen“, versichert Kalinke. Außerdem erkennt auch er, dass die Verantwortlichen wie Platzwarte oder auch Bauhöfe immer mehr wissen, wie saubere Sportplatzpflege funktioniert. Früher wurden Unebenheiten schon mal mit einer Agrarwalze beseitigt, was hinsichtlich Verdichtung natürlich eher ungünstig ist. Ebenso übernahm die Nährstoffversorgung nicht selten ein Landwirt mit seinem Standardequipment und Agrardünger ohne Langzeitwirkung. Auch das Mähen mit der Bauhof-Technik war nicht immer ideal: Ungleiche, nicht sauber geschärfte Messer im Spindelmäher sind auf dem Randstreifen egal, auf dem Sportplatz aber ist ein gleichmäßiger Schnitt nicht nur für die Optik wichtig.

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Das Aerifizieren sorgt für einen dichten, stabilen Bewuchs. Aktive Geräte wie der Verti-Drain stechen dazu in den Boden und hebeln dabei auch etwas, wodurch eine ideale Lockerung und Belüftung erfolgt. Einfachere Geräte wie Stachelwalzen perforieren den Boden dagegen nur.

Vereine legen Wert auf ein gut gepflegtes Spielfeld

Inzwischen werde aber das Bewusstsein um die richtigen Maßnahmen größer. Zudem legen nach Kalinkes Erfahrung auch die Nutzer der Plätze weit unterhalb der Profi-Klassen immer mehr Wert auf ein qualitativ gut gepflegtes Spielfeld. Daher ist man hier inzwischen bereit, etwas mehr Geld für Equipment auszugeben. „Die Grundpflege mit Striegel und einem ordentlichen Mähwerk können kleinere Vereine und Kommunen selbst erledigen. Alles andere – wie etwa das Besanden, um Unebenheiten auszugleichen – sollte man an einen Dienstleister abgeben“, empfiehlt Kalinke. Wenn das Budget und die Flächen vorhanden sind, lohne sich auch ein eigener Aerifizierer für die Kommune: Der kann nicht nur dem Sportplatz, sondern auch der Liegewiese im Freibad, dem Außenbereich des Kindergartens oder dem Volksfestplatz zugute kommen. Denn durch die starke Nutzung solcher Rasenflächen wird der Boden verdichtet, wodurch Wasser weniger tief eindringen und Wurzeln schlechter wachsen können. Eine Belüftung wirkt dem entgegen, das Gras wächst dichter und robuster.

Als weiteren Trend sieht Kalinke die immer stärker im Markt auflaufenden Kombigeräte wie seinen Multisport, er kann gleichzeitig schlitzen, bürsten und striegeln. Damit bekommt man etwas Luft in den Boden, etwa um gegen kleinere Algen- oder Regenwürmer-Probleme vorzugehen, außerdem wird die Vitalität der Gräser etwas verbessert. Solche Maschinen sind günstig und könnten seiner Ansicht nach gut zur allgemeinen Pflege verwendet werden, richtige Problemfälle bekämen sie aber teilweise nicht in den Griff. Der Striegel etwa helfe weniger bei robustem Unkrautbewuchs, da brauche es trotzdem mehr und speziell auf diesen Zweck ausgelegte Geräte. Für kleine Vereine oder Kommunen aber seien solche Maschinen ein guter Kompromiss aus Leistung und Budget.

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Auf Kunstrasenplätzen sorgen die Einachser-Kehrgeräte der Kersten Arealmaschinen GmbH für gleichbleibende Sauberkeit und Verteilung des Granulates.

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Der Terra Rake von Wiedenmann entfernt abgestorbene Pflanzenteile, Blätter oder oberflächige Wurzeln, denn der Rasenfilz vermindert die Wasserdurchlässigkeit und den Gasaustausch.

Bald Düngeverordnung für Sportplätze?

Auch Volker Zippel, Produktmanager bei Wiedenmann, rechnet künftig mit einem generellen Wandel im Bereich der Sportplätze: „In der Landwirtschaft ist eine Düngeverordnung ja schon etabliert, mit etwas Ähnlichem rechnen wir auch bei den Sportplätzen. Denn die nicht unerheblichen Mengen Dünger versickern hier nicht langsam bis ins Grundwasser, sondern landen durch Drainage und Vorfluter fast vollumfänglich im Klärwerk und Gewässer.“ Als weiteres Problemfeld sieht er das Thema Wasser, da klimawandelbedingt zwar die jährliche Niederschlagsmenge – noch – gleich sei, extreme Trockenheit und Starkregen wechselten sich aber immer stärker ab. „Rasensorten, die mit Trockenheit besser klarkommen, sind derzeit aber noch nicht so trittfest wie die etablierten Gräser“, weiß Zippel. Daher könne man nicht ohne Weiteres einfach anderes Saatgut verwenden. Hier sei seiner Ansicht nach der Hybridrasen eine Lösung, er besteht aus Naturrasen und „eingetafteten“ Kunstfasern. Derzeit ist das Konzept vor allem im Profisport üblich, könnte künftig aber auch auf Semi-Pro- oder Kommunal-Plätzen für länger gleichbleibende Rasenqualität sorgen. Optisch kaum als solcher erkennbar, biete Hybridrasen nach Ansicht der Firma Wiedenmann eine gute Kombination aus Belastbarkeit und Weichheit im Spielbetrieb. Dafür sind entsprechende Maschinen zur Pflege notwendig, da sich beispielsweise der natürliche Teil durch Pflanzenreste über das Jahr „hebt“, wodurch die Kunstrasenfasern immer weiter versinken und nicht mehr weit genug aus dem Boden ragen. Besonders wichtig sei daher das regelmäßige Striegeln mit Arbeitsgeräten wie dem Terra Rake am Traktor. Dessen Metallzinken ziehen das organische Totmaterial aus dem Rasenflor.

Das Entfilzen sei umso ergiebiger, je aggressiver die Fasern durchkämmt werden, weshalb Wiedenmann den Druck erhöht: Neue Federzinken bieten 50 Prozent mehr Steifigkeit, was der Hersteller durch Materialdicke und Windungsdesign erreicht hat. Jetzt laufen die Zinken mit höherem Anpressdruck, bewegen sich besser und sind schmutzresistenter. Die neuen Federzinken lassen sich auch auf älteren Modellen nachrüsten.

Ebenfalls zum Einsatz kommen können unter anderem Vertikutierer mit speziellen Wellen, die den Kunstfasern nicht schaden, den Filz jedoch entfernen, wie etwa der Koro Fieldtopmaker des niederländischen Herstellers Imants.

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Neue Zinken am Terra Rake von Wiedenmann sollen die Pflege von Hybridrasenplätzen verbessern.

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Nachsämaschinen von SpeedSeed verfügen über einzeln bewegliche Perforierringe, deren konische Spikes ermöglichen eine maximale Saatguteinbringung, denn sie verhindern ein Ankleben von Boden- und Grasrückständen und garantieren so den Bodenkontakt des eingebrachten Saatguts.

Mähen mit 4,9 Metern Breite

Nach all den Pflegemaßnahmen muss das Gras aber schlussendlich dennoch gemäht werden. Dabei geht der Trend auch rund um den Kompakttraktor hin zu immer mehr Schlagkraft und Flexibilität. Wiedenmann stellte etwa auf der letzten Demopark eine Kombination aus drei Mähwerken mit 4,9 Metern Arbeitsbreite an einem Fahrzeug vor, die inzwischen in Serie produziert wird. Der Tri Cut 490 braucht für ein kleines DFB-Feld rund neun Bahnen. In Transportstellung beträgt die Gesamtbreite 2,4 Meter, also problemlos im Straßenverkehr. Als Leistungsanforderung gibt Wiedenmann mindestens 70 PS vor. Das erste Gerät testete eine Kommune in Schwaben mit 28 Hektar Grünflächen in 17 Ortsteilen, darunter 25 Sportplätze. Nach einem Jahr und über 1.000 Betriebsstunden stand fest: Das Testgerät bleibt, die Seriennummer 1 wurde direkt gekauft. Auch Mulch-Spezialist Müthing reagierte auf das häufig angeführte Argument der Kommunen, die Mähtechnik müsse in verschiedenen Bereichen nutzbar sein: Mit den MU-E-Varios sollen daher auch Schlegelmäher auf die Sportplätze kommen. Die einstellbare Kurzschnittklappe optimiere laut Hersteller das Arbeitsergebnis bei Feinschnitteinsätzen sowohl auf Sportplätzen als auch bei Flächen mit starkem Bewuchs. Mit Arbeitsbreiten von 120 bis 200 Zentimetern werden 25 bis 60 PS benötigt.

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Wiedenmann setzt mit der 4,9 Meter breit mähenden Kombi Tri Cut 490 auf hohe Schlagkraft.

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Mit den MU-E-Varios von Müthing kommen auch Schlegelmäher auf Sportplätze.

Beim reinen Kunstrasen dagegen – basierend auf Fasern und einem Bett aus Granulat, beide meist aus Kunststoff – fällt zwar das Mähen weg, dennoch kommt auch er nicht ohne Pflege aus. Dabei kommen etwa Kehrmaschinen von der Kersten Arealmaschinen GmbH zum Einsatz: „In Städten wird das künstliche Grün auch auf Spielplätzen immer öfter verbaut, da es sehr robust ist“, weiß Geschäftsführer Bernd Boßmann. Da solche Flächen aber meist zu klein sind, um sie mit einem Kompaktraktor samt angehängtem Granulat-Rechen zu befahren, setzt man auf Einachser mit geraden Besen, die sich oszillierend bewegen. Für größere Sportplätze eignen sich rotierende Bürsten mit einem dickeren Kern und dementsprechend kurzen, steifen Borsten: „So kann Filz und Schmutz problemlos entfernt werden, gleichzeitig wird die Fläche egalisiert“, so Boßmann. Denn der Sammelbehälter ist hier perforiert, wodurch das Granulat gleichmäßig zurück auf die Spielfläche gesiebt wird. Um eine solche Kehrmaschine flexibel auch im regulären Kommunalalltag auf Straßen und Gehwegen nutzen zu können, bedarf es lediglich einer weicheren Bürste und eines normalen Sammelbehälters.

In den späteren Teilen dieser Serie behandeln wir die Themen „Pflege von High-End-Sportplätzen (Golf und Bundesliga-Fußball)“ sowie „Moderner Sportplatzbau“.


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