Mit Riesenrädern in die Sonderkultur

Hochrad-Traktoren sind vor allem für Sonderkulturen interessant, etwa für das Überfahren von Spargeldämmen. Die Firma Harlander baut dafür McCormick-Schlepper inklusive Abnahme um, die Werkgarantie bleibt dabei ebenfalls erhalten – Einblick in ein stabiles Unternehmen.

Spezialräder: Mit Riesenrädern in die Sonderkultur

Leonhard und Michael Harlander mit McCormick-Spezialist Peter Starzer (von links) vor dem X5 als Hochrad und in Standardausführung sowie dem X4F.

Sonderkulturen bekommen immer mehr Zuwachs, Freilandgemüse etwa wurde 1992 in Deutschland auf 82.300 Hektar angebaut, bis 2017 stieg die Fläche auf gut 130.100 Hektar. Seitdem ist der Trend zwar etwas abgeflacht, entsprechende Technik wird aber nach wie vor immer stärker nachgefragt. Leonhard Harlander ist bereits seit über 30 Jahren in der Branche aktiv: Mitte der achtziger Jahre half der Landmaschinenmechaniker nebenbei auch im Spargelbau seiner Heimatregion in der Nähe von Ingolstadt aus. Von einem Betrieb kaufte er damals für 300 D-Mark eine ausgebrannte Dammfräse, setzte sie über den Winter selbst instand und konnte so mit einem 70er-Jahre-Deutz im Frühjahr in den Nebenerwerb starten. Eigentlich aber schlug sein Herz für die Werkstatt, weshalb er sich 1991 in Vollzeit selbstständig machte. Bereits einige Jahre später war der Betrieb in Aresing B-Händler für John Deere und beschäftigte zwei Gesellen. Intensiv widmete man sich auch weiterhin den Spezialmaschinen für Sonderkulturen und baute beispielsweise Hopfengrubber für den Spargelanbau um. Im Jahr 2013 wechselte Harlander vom Hirsch-Vertrieb zu Claas.

Gleichzeitig beschloss er, aus den Spezialumbauten eigene Geräte zu entwickeln und zu fertigen, hauptsächlich Grubber, Fräsen und Pflüge für Spargel- und Erdbeerbauern. „Damit sind wir sehr erfolgreich. 2015 bekamen wir den Innovationspreis der ExpoSE – der Fachmesse für die Spargel- und Beerenproduktion – für unseren Stufenrotor, 2020 dann nochmals für die Spargelfingerhacke“, erzählt der Tüftler nicht ohne Stolz. Insgesamt hat er bereits über 600 eigene Maschinen im Markt.

Für diese Branche sind auch immer wieder Hochradschlepper gebaut worden, die für Saat, Pflanzenschutz und Ernte bequem über den Dämmen der Sonderkulturen fahren können, etwa auf Basis des Fendt GT. „Das Problem dabei war häufig die fehlende Abnahme durch TÜV und Co. Passiert mit so einer Maschine etwas, zahlt keine Versicherung“, so Harlander. Das Thema Sicherheit war ihm schon immer wichtig, daher hat er beispielsweise seine hauseigene Fräse so konstruiert, dass sie das GS-Siegel (Geprüfte Sicherheit) erhalten konnte. Als wieder ein Kunde mit einer Anfrage bezüglich einer Hochrad-Maschine auf ihn zukam, wollte er das Thema daher richtig umsetzen. Etwa zur gleichen Zeit kam er auf einer Veranstaltung mit dem Team von McCormick zusammen und war überrascht, wie positiv sich die Marke inzwischen entwickelt hatte. Die Serie X5 eignete sich dann sehr gut als Basis für seinen neuen Hochradschlepper, etwa aufgrund der Breite der starren Vorderachse und durch ihr geringes Gewicht von 4,7 Tonnen. Der Hersteller wiederum freute sich auf die Zusammenarbeit und kam gerne direkt mit ins Boot. So konnte eine Maschine entwickelt werden, die einerseits durch Harlanders Erfahrung optimal auf den Sonderkultur-Einsatz ausgelegt ist und andererseits bekam McCormick frühzeitig Einblick in die Pläne. So war man durchgehend sicher, dass alles sauber und durchdacht konstruiert wurde, wodurch der Argo-Konzern die Werkgarantie auch nach den Umbauten aufrechterhält. „Wir arbeiten bei Hochradschleppern exklusiv mit der Firma Harlander zusammen und können diese so über unser komplettes Vertriebsnetz anbieten. Der Kunde bestellt bei einem McCormick-Händler und wir geben den Auftrag an Harlander zur Fertigung“, erklärt Peter Starzer, Argo-Gebietsverkaufsleiter für Süddeutschland und Österreich. Natürlich sind die X5.45 HC auch direkt bei Landtechnik Harlander zu beziehen.

Spezialräder: Mit Riesenrädern in die Sonderkultur

Die Bodenfreiheit ist mit 70–75 Zentimetern stattlich.

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Die Heckhydraulik inklusive Hubwerk ist bewusst spartanisch ausgestattet, da im Spargelanbau das meiste mit dem Fronthubwerk erledigt wird.

Technisch werden die Traktoren bereits im Werk mit den Argo-eigenen Heck-Portalachsen ausgestattet. Mit einer Rundum-Bereifung in der Dimension von 340/90-R48 kommt der Schlepper auf 70 cm Bodenfreiheit, werden 380/90-R46 montiert, sind sogar 75 cm drin. Als Spurbreiten sind 1,80 m, 1,90 m und 2,00 m möglich, womit diverse Beetbreiten befahren werden können: Erdbeeren etwa sind meist in 50-cm-Reihen angelegt, wofür die Zwei Meter-Spur passt. Prinzipiell könne man durch die 1,80er-Spur sogar Mais in 60-cm-Reihen hacken. Die Fahrzeughöhe beläuft sich auf 2,78 Meter, dadurch kann der Traktor auch in Folientunneln arbeiten. Um die großen Räder auf der Vorderachse unterzubringen, musste Harlander einiges am Traktor anpassen: Ein neuer Tank und ein schmalerer Aufstieg kollidieren auch bei vollem Einschlag nicht mit den Rädern. Die Kotflügel fertigt der Spargelspezialist ebenfalls selbst.

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Tank und Aufstieg werden von Harlander für die großen Räder passend umgebaut.

Einfache Bedienung ist gefragt

Im Spargelbau werden häufig Saisonkräfte eingesetzt, die neben den langen Einsätzen mit dem Stechmesser aber auch Traktoren bedienen müssen. Damit die Arbeit möglichst leicht und ohne große Anlernphase starten kann, sind hier möglichst einfache Maschinen gefragt: Manuelle Schaltung, mechanische Hydraulik und allgemein robuste Technik. Da die Maschinen einen Großteil ihrer Tätigkeit mit dem Fronthubwerk erledigen, verbaut Harlander hier eine Spezialvariante von Göppel mit 3,5 Tonnen Hubkraft, Kat3-Fanghaken und Unterzug bis zur Hinterachse. Die regulär von McCormick für den X5 angebotene Ausführung hebt lediglich 2,2 Tonnen, was etwa für die großen Folienwickler zu schwach wäre. Dazu werden fünf Hydraulikschläuche an die Traktorennase verlegt, welche zwei doppelt-wirkende Steuergeräte und einen Rücklauf versorgen. Eine Frontzapfwelle ist optional ebenfalls zu haben, einen Frontlader dagegen bieten die Partner für die Spezialmaschine nicht an, da sie für solche Tätigkeiten schlicht nicht gemacht ist. „So passt von den Rädern bis zur Hydraulik alles zusammen. Andere Hersteller ändern für solche Spezialfahrzeuge ganze Achsen. Bei McCormick war die Basis des X5 dagegen schon sehr gut“, sagt Harlander.

Als Motorisierung wird standardmäßig der große X5.45 mit 107 PS verwendet, das manuelle Vierganggetriebe ist mit zwei Lastschaltstufen und Kriechgang ausgestattet. Als Endgeschwindigkeit kommt der Traktor allerdings nur mit 30 km/h auf die Straße, da das laut Harlander die technische Abnahme erleichtere: „Die Maschinen fahren in den allermeisten Fällen nur relativ kurze Strecken zum Feld und werden nicht im Transport eingesetzt, deswegen ist das für die Kunden unerheblich.“ Ein stufenloses Getriebe sei hier ebenso nicht notwenig, zumal neben der Einfachheit der Technik solche Maschinen meist auch möglichst günstig sein sollen. Ein Kunde bestellte kürzlich gleich zwei X5.45 in der Hochradvariante HC, denn die Konkurrenz sei laut Harlander buchstäblich doppelt so teuer gewesen.

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Die Hochradschlepper X5.45 HC von McCormick sind für Sonderkulturen ausgelegt, die in Dämmen wachsen, etwa Spargel oder Erdbeeren.

Jedes Jahr ein Azubi

Um solche Projekte auch dauerhaft leisten zu können, braucht es ein stabiles Unternehmen, weshalb Harlander großen Wert auf ein gutes Team legt: Von seinen 18 Angestellten hat er sieben selbst ausgebildet, jedes Jahr stellt er einen Azubi ein. Seine vier Meister kommen ebenfalls fast alle aus dem eigenen Betrieb, darunter auch Michael Harlander, der Sohn des Firmengründers. Er ist seit 2009 Landmaschinenmechaniker- sowie Metallbaumeister, arbeitet eng mit seinem Vater zusammen und sorgt so dafür, dass die Zukunft der Firma planbar ist und bleibt: „Ein Meister hat neben dem Fachwissen noch viele weitere Vorteile, denn er weiß auch mehr über Kalkulation und Kosten und denkt daher während der Arbeit ein Stück weiter, was schlussendlich auch mich als Chef entlastet. Von der Meisterschule kommt ein ganz anderer Mensch zurück“, ist sich Harlander sicher. Auch bei der Bezahlung bewege er sich im oberen Niveau, zahlt Prämien und Tankgutscheine sowie die Hälfte der Arbeitskleidung. So habe er weniger Fluktuation als andere Landtechniker und könne auch Spezialprojekte wie den Hochradschlepper langfristig sicher anbieten. Nach dem Projektstart vor etwa anderthalb Jahren hat Harlander 2021 bereits sechs Maschinen in zwei Monaten verkauft, drei weitere entstehen gerade. Prinzipiell habe man immer zwei Maschinen in Vorbestellung und fünf Umbausätze auf Lager. Neben den Hochradversionen verkauft die Firma Harlander natürlich das gesamte McCormick-Produktprogramm. Daher steht vor Ort derzeit beispielsweise auch noch ein Schmalspurtraktor McCormick X4 F, der ebenfalls für den Spargelanbau konfektioniert ist: Im Heck ist ein Schmalspurgrubber mit einem Streuer kombiniert, womit vor allem Bio-Betriebe die Mulchsaat zwischen den Dämmen ausbringen. Im Fronthubwerk ist eine Fingerhacke zur Unkrautbekämpfung montiert.

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Für die Saisonkräfte im Spargelbau sind auch Beifahrersitze wichtig.

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Das Fronthubwerk von Göppel hebt 3,5 Tonnen und ist durch einen Unterzug bis zur Hinterachse durchgestützt.

Ausblick

Für 2021 haben Harlander und McCormick bereits ein weiteres Projekt aufgelegt: Die erste Maschine soll mit GPS-Lenksystem in den Einsatz, womit auch das Hacken zur Unkrautregulierung ins Einsatzgebiet der Hochradmaschinen kommt.

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Leonhard Harlander vor einer hauseigenen Spargeldammfräse und einer Fingerhacke.


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