Weinbau und Clemens gehören zusammen

Wer in Wittlich Kartoffeln anbaut, ist ein Eifeler. Wer sich den Reben verschreibt, ist Moselaner. Die Firma Clemens hat sich auf die Seite des Weinbaus geschlagen.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Die Steillagen am Moselufer sind aufwändig zu bewirtschaften.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Bernhard Clemens führt in Wittlich die Geschäfte in zweiter Generation.

Wittlich bezeichnet sich selbst als Weinstadt im Moselraum, auch wenn man am günstigsten über die Eifelautobahn A 1 in die Kreisstadt gelangt. Unabhängig von der bevorzugten geografischen Zuordnung spielt Wittlich als Handels- und Gewerbestandort eine wichtige Rolle für die Region. In diesem aufstrebenden Umfeld gründeten die Brüder Bernhard und Matthias Clemens im Jahr 1952 ihr Unternehmen. Unweit von Wittlich, in dem kleinen Ort Zemmer, eröffneten sie einen Kolonialwarenladen mit Schlosserei und Werkstatt. Bei B.&M. Clemens gab es damals so ziemlich alles, was man auf dem Lande brauchte. Von Beginn an gehörte Technik für die Holzwirtschaft und den Weinbau dazu.

Der Weinbau veränderte sich

Ein Winzer aus dem Moseldörfchen Trittenheim gab dem Geschäft der Clemens-Brüder, inzwischen gehörte auch der dritte Bruder dazu, Mitte der 50er Jahre eine neue Richtung. Der Weinbauer war es nämlich leid, die beschwerlichen Steillagen an den Moselufern ausschließlich in Handarbeit zu beackern. Er entwickelte einen seilwindenbetriebenen Weinbergsitzpflug, den er dem Kaufmann aus der Eifel vorstellte. Clemens erkannte die Marktlücke und ging mit dem Pflug Ende der 50er Jahre in die Serienproduktion. Der Sitzpflug eroberte die deutschen Weinanbaugebiete. Es sollten viele weitere Spezialgeräte folgen.

Zemmer wurde bald zu klein, deshalb siedelte das Unternehmen im Jahr 1967 nach Wittlich in das neu ausgewiesene Gewerbegebiet um. Parallel dazu baute Clemens ein weltweites Händlernetz aus, es kamen neue Standorte im Ausland hinzu. In Wittlich führt heute Bernhard Clemens die Geschäfte in der zweiten Generation, sein Bruder Thomas betreut den Standort Clemens USA in Woodland/Kalifornien. „Der deutsche Wein ist bekannt in der ganzen Welt“, sagt Bernhard Clemens, „die Trends für die Technik und innovative Anbaumethoden aber werden anderswo gesetzt.“

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Projektstudie, aus den 1990er Jahren, eines Steilhangmechanisierungssystem im steilsten Weinberg von Kalifornien.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Der Start in die Mechanisierung mit dem seilzugbetriebenen Sitzpflug.

Trends erkennen

Einerseits suchen die Unternehmensleiter gezielt nach diesen neuen Entwicklungen, gleichzeitig aber sind sie inzwischen selbst Trendsetter. Unter dem Dach der Clemens GmbH & Co. KG haben heute sechs Entwickler die Zukunft im Blick, die Abteilung `Clemens Technologies` ist im Wachsen begriffen. „Vieles ist schon erfunden,“ meint Bernhard Clemens. „Was fehlt sind Technologien, die die mechanischen Werkzeuge automatisieren und miteinander kombinieren. Diese Lösungen liefert unser Haus.“

Parade-Beispiel dafür ist das so genannte C-Control-System. Es wurde entwickelt, um das immer komplexer werdende System der Anbaugeräte für den Front-, Mittel- und Heckanbau bei Weinbergschleppern zu beherrschen. Denn die Technisierung hat sich im Weinbau geradezu revolutionär entwickelt. So ermöglichen breit angelegte Reihen die Durchfahrt mit größer werdenden Traktoren. Damit wachsen auch die Anbauräume für Gerätekombinationen. Die Steuerung über bekannte Standardausführungen wird dieser Komplexität nicht mehr gerecht. „Mit dem C-Control ist das jetzt im Ein-Mann-Betrieb per Joystick vom Schleppersitz aus möglich“ sagt Clemens.

Breites Produktprogramm

Klassische Bodenbearbeitungsgeräte sind gerade für Reihenkulturen wie den Obst- und Weinbau unverzichtbar. Das Angebot an Grubbern, Fräsen, Rollhacken, Kreiseleggen oder Geräteträgern ist entsprechend groß. Die kritische Haltung der Gesellschaft gegenüber dem chemischen Pflanzenschutz kommt Clemens zugute, die wachsende Nachfrage nach Lösungen für die schlagkräftige mechanische Unkrautbekämpfung belebt bereits das Geschäft. Doch längst übernehmen Geräte auch das arbeitsaufwändige Heften, Schneiden oder Ausdünnen des Laubs in Dauerkulturen.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

SB Rahmen in der Frontdreipunkt mit Radius SL zur Unterstockbearbeitung.

Erst die Mosel, dann Deutschland und heute die ganze Welt

Insgesamt beschäftigt der Weinbau-Spezialist 200 Mitarbeiter und derzeit 40 Auszubildende, die alle auf eine Festanstellung im Unternehmen hoffen dürfen. Die Geschäfte laufen gut, Fachkräfte sind rar. Zur guten Auftragslage tragen im Wesentlichen die intensiven Exportaktivitäten des Unternehmens bei. Von Wittlich aus wird die gesamte Weinbauwelt, ein attraktiver Markt mit insgesamt 7,5 Mio. ha Anbaufläche, beliefert. Rund 80 % der Clemens-Produktion geht in den Export. Der Vertrieb läuft ausschließlich über den Landmaschinenhandel bzw. über Importeure nach Übersee. In Europa hat Clemens darüber hinaus ein Netz von Außendienstlern aufgebaut, die die Händler vor Ort betreuen und für die regelmäßige Händlerschulungen durchgeführt werden. Kontakte zu neuen und alten Kunden pflegt Clemens zudem durch die Anwesenheit auf den wichtigen nationalen und internationalen Fachmessen. Durch die intensive Zusammenarbeit mit Hochschulen sichert sich das Unternehmen den Zugang zu neuen, wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Neben dem Weinbau gibt es weitere Standbeine. Ein wichtiger Sektor sind der Maschinenbau bzw. Spezialanfertigungen für die Industrie.

Breit aufgestellt

In der Regel treten Unternehmen an Clemens heran auf der Suche nach individuellen Lösungen in ihren jeweiligen Fertigungsbereichen. „Als Engineering-Partner arbeiten wir für namhafte Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Der Umsatzanteil dieses Sektors liegt bei rund 15 %“, erläutert Clemens. „Wir erreichen in diesem Segment eine hohe Fertigungstiefe, der Bedarf an sehr gut ausgebildeten Facharbeitern ist hier besonders groß.“ Als ein Beispiel für Spezialanfertigungen nennt Bernhard Clemens etwa Reinigungsanlagen für Biogasanlagen.

Von der Rebe bis zur Flasche

Der dritte bedeutende Bereich ist die Getränketechnologie. Hier bedient Clemens Anfragen jeglicher Art rund um Flüssigkeiten. Vollautomatische Reinigungs- Abfüll- und Etikettieranlagen bis hin zu kompletten Abfüllstraßen machen das Weinbauprogramm von der Bodenbearbeitung bis zur abgefüllten Flasche komplett. Diese Gerätetechnik wird nicht im eigenen Haus produziert, sondern Clemens arbeitet u.a. mit den italienischen Herstellern Gai, Enos und Ape zusammen. Deren Produkte werden von Clemens importiert und vertrieben. Alles in allem deckt der An- und Verkauf rund ein Viertel des Umsatzes ab. Edelstahltanks dagegen fertigt das Unternehmen nach individuellem Kundenwunsch und passend für jeden Keller inhouse in Wittlich.

Die Jahre 2002 bis 2012 bezeichnet das Familienunternehmen rückblickend als die Zeit des Durchbruchs. Das zeigt, dass die Firma Clemens auch weniger rosige Zeiten zurücklegen musste. Mutige Entscheidungen und Investitionen in neue Märkte waren in dieser Zeit das eine, die Förderprogramm-Politik des Bundeslandwirtschaftsministeriums und des Landes Rheinland-Pfalz das andere. In diesen Jahren konnte Clemens mit einer Vielzahl neuer Produkte auf dem Markt punkten, sei es mit einer vollautomatischen Traubenselektieranlage oder mit dem automatischen Schlepperlenk- system Vinescout, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich auf der Weinfachmesse Intervitis ausgezeichnet wurde. Bundespräsident Joachim Gauck war bei Clemens ebenso zu Besuch wie der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing sowie alle dessen Vorgänger.

Fest verwurzelt

Clemens selber ist sich und der Region über die Jahre treu geblieben, das ist ein Stück Firmenphilosophie und gehört zum Erfolgsrezept. Anlässlich des 60jährigen Firmenjubiläums im Jahr 2012 hat das Unternehmen den Clemens Förderpreis ins Leben gerufen, mit dem herausragende Schüler in Wittlich ausgezeichnet werden. Die Verpflichtung für die Region ist dem Unternehmen wichtig, regelmäßig werden deshalb Flüchtlinge ausgebildet. Interessenten können bei Clemens ein duales Studium mit Abschluss Bachelor of Engineering absolvieren. Informatiker entwickeln in Wittlich eigene Software, Elektronikspezialisten arbeiten an innovativer Steuerungstechnik. Die Brüder Clemens sehen ihr Unternehmen sehr gut aufgestellt. Der Blick in die Zukunft stimmt sie hoffnungsfroh, denn die dritte Generation ist mit den Söhnen Patrick und Tim bereits im Unternehmen tätig.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Die Monorackbahn erschließt Steilhänge für die Mechanisierung.

Sonderkulturen: Weinbau und Clemens gehören zusammen

Arbeiten im Steilhang mit der Monorackbahn.

Clemens – Mit dem Monorack den Steilhang hinauf

In über 100 Weingütern wurden seit Ende der 80er Jahren mehrere zehntausend Meter Schienen für die Monorackbahn montiert. Durch die Erschließung der extremen Steillagen sowie der Weinberg-Terrassen mit der Monorackbahn insbesondere dort, wo ein Wegebau nicht möglich ist, wird die Arbeit im Steilhang erheblich erleichtert.

Mit der Monorackbahn erreicht man bei der Beförderung von Personen eine große Zeitersparnis. Der Transport von Materialien in den Weinberg erfolgt mit der Monorack genauso wie die Nutzung der Bahn bei der Traubenlese zur Beförderung des Lesegutes ins Tal.

Vorteil der Monorackbahn ist die vielseitig mögliche Streckenführung. Steigungen bis zu 100 Prozent können überwunden werden. Durch Kurven sowohl horizontal als auch vertikal oder kombiniert von 4 m Radius ist eine Anpassung an das Gelände möglich. Felsvorsprünge oder hohe Mauern können durch entsprechende Stützenhöhen überwunden werden, ebenso können vorhandene Fußwege oder Geländeeinschnitte überfahren werden.

Das Be- und Entladen des Monoracks kann - bei entsprechender Streckenführung – an jeder beliebigen Stelle erfolgen. Durch die schlanke Bauweise der Monorack-Einschienenzahnradbahn ist diese besonders für den Weinberg geeignet, da eine größere Anbaufläche möglich ist. Die Fahrbahn besteht im wesentlichen aus der Schiene – ein feuerverzinktes Vierkantrohr mit an der Unterseite aufgeschweißter Zahnstange – sowie aus den Stützen, die aus verzinkten 1“-Gasrohren gefertigt werden. Außerdem verhindert die Monorackbahn im Gegensatz zu herkömmlichen Oberflächenfahrzeugen die Bodenerosion.

Der Monorack-Traktor ist mit zwei voneinander unabhängigen Bremssystemen ausgerüstet, die eine optimale Sicherheit gewährleisten. Unter dem Traktorsitz ist zusätzlich eine Übergeschwindigkeits-Sicherheitsbremse montiert.

Der Palettenwagen mit Aufsatz ist geeignet für den kombinierten Transport von Personen und Material mit einer Tragkraft von 250 kg.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen