Keine Euphorie, eher ein vernünftiger Optimismus – so die Stimmungslage auf der nach der Agritechnica europaweit zweitgrößten Landtechnikmesse SIMA in Paris. Gut 230.000 Besucher besuchten die 1.770 Aussteller aus 42 Nationen. Bei schönstem Sonnenschein trieb es aber viele Landwirte rund um Paris bereits zu Bestellung auf ihren Acker, sie ließen die Messe Messe sein.
Der französische Markt für Standard- sowie Obst- und Weinbautraktoren ging 2018 um 9,3 Prozent auf 24.062 Einheiten zurück. Die größten Stückzahlen büßten hier die Marken MF (-25,7%), Kubota (-48,7 %) und Same/Lamborghini (-48,2 %) ein. Zu den Marktführern gehören an Platz 1 John Deere mit 4.452 verkauften Traktoren, gefolgt von New Holland (4.371) und Fendt (3.142).
„Der Markt für Gebrauchttraktoren ist sehr lebhaft“, berichtet der Präsident des französischen Händlerverbandes Sedima, Pierre Prim. „Die Farmer investieren sehr kostenbewusst und suchen nach Sparpotenzialen. Die Zeiten, wo das eigene Prestige bei der Taktorwahl eine Rolle spielte, sind vorbei.“
„Die Preise für Gebrauchtmaschinen seien in Frankreich im Schnitt niedriger als in Deutschland“, erläutert Max Wegemann vom Aktionshaus Ritchie Bros. Der französische Gebrauchtmaschinenhandel verfüge über gute Kontakte nach Nordafrika. Dass dort in vielen Ländern ebenfalls französisch gesprochen wird, erleichtere die Geschäftsbeziehungen.
Von einem in Frankreich sehr lebhaften Absatz der Einzelkornsätechnik berichtet Cornelia Horsch. Das Schwandorfer Unternehmen Horsch erreichte mit 70 Händlern 2018 in Frankreich gut 50 Mio. Euro Umsatz. „Ähnlich wie in Deutschland, müssen sich die französischen Landwirte vermehrt mit einer kritischen Gesellschaft auseinandersetzen“, berichtet Frau Horsch, die viele Jahre selbst in Frankreich gelebt hat. Sie sieht Frankreich auf dem Weg zu einer Hybridlandwirtschaft, in der konventionelle und biologische Anbauverfahren einander ergänzen. Die Landwirte beschäftigen sich aktuell viel mit Themen wie Zwischenfruchtanbau und Hacktechnik.
Diesen Trend bestätigt der französische Väderstad-Verkaufsleiter Francois Doisy. In der Cross Cutter-Disc von Väderstad, einer Scheibe, die eine sehr flache ganzflächige Bearbeitung erlaubt, sieht er dafür eine technische Lösung. Doisy berichtet von 200 Biogasprojekten im 40 km Umkreis von Paris, überwiegend für Reststoffe, aber auch Mais. Dies befeuere aktuell den Verkauf der Einzelkornsätechnik in Regionen, wo vorher kein Mais angebaut wurde, so Doisy. Für den Betrieb der Anlagen ist ein Input von mindestens 60 Prozent Gülle oder Mist vorgeschrieben. Der Maisanteil darf höchstens 20 Prozent betragen. Der Rest wird mit anderen NaWaRo oder Kofermenten, die sonst in die Kompostierung gelangten, aufgefüllt. Besonders der in Frankreich hohe Mistanteil stellt die Anlagen vor Herausforderungen. Die Biogasanlagen speisen das Gas häufig als Bioerdgas in das Leitungsnetz ein. In Frankreich stehen aktuell gut 600 Anlagen, der jährliche Zubau beträgt gut 100 Anlagen, berichtet ein Aussteller, der hier viele Biogasanlagen projektiert.
„Vor allem in der Landwirtschaft steigt in Frankreich das Interesse an Biogasanlagen. Dabei spielen auch die strengeren Vorgaben für den Einsatz von Dünger im Rahmen der europäischen Nitratrichtlinie eine Rolle. Da die Ausbringung von Dünger zunehmend eingeschränkt wird, müssen viele Landwirte Auffangbecken und Speicher bauen. Wirtschaftlicher ist daher ein Gemeinschaftsprojekt auf lokaler Ebene zum Bau einer Biogasanlage“, so Peter Buerstede von Germany Trade & Invest. Germany Trade & Invest ist eine Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing.
Von einer Unsicherheit bei Zuckerrübenanbauern durch die Schließung mehrerer Zuckerfabriken berichtet Hubert Defrancq. Er ist Geschäftsführer des Herstellers von Front-hydraulik- und Ballastierungssystemen La Forge. Auf der SIMA präsentierte er den mit der Goldmedaille ausgezeichneten Geräteadapter, der zwischen Traktor und Gerät gekoppelt, die nachlaufende Maschine GPS-gesteuert exakt in der Spur hält.
Die Entwicklung, in professionelle Technik zu investieren, die dann auch länger durchhält, bemerkt der Geschäftsführer des Industriehofs Scherenbostel, Heinrich-Wilhelm Rodenbostel. So steige die Nachfrage nach Carbid-beschichteten Werkzeugen für die Bodenbearbeitung. Zudem profitiere der Industriehof auch von dem wachsenden Markt für Hacktechnik. Durch das Joint Venture mit einer Gießerei entwickele man auch dafür neue Werkzeugmaterialien und -geometrien. Für die SIMA wünschte sich der Geschäftsführer eine größere Internationalität der Besucher.
„Der französische Milchmarkt umfasst 25 Mio. Tonnen jährlich, im Vergleich dazu der deutsche 32 Mio. Tonnen“, berichtet Hubert Pöhler von Strautmann.
Wieder auskömmliche Milchpreise
Nahezu 70 Prozent aller Milchkühe stehen im Nordwesten, der Normandie und der Bretagne. Seit drei Jahren gestaltet das deutsche Unternehmen seinen französischen Vertrieb selbst, nachdem der langjährige Importeur den Ruhestand antrat. Mit vier Mitarbeitern im Außendienst und einem im Service betreut Strautmann seine 30 Händler in Frankreich.
Den gesamten Markt für Silierwagen veranschlagt Pöhler in Frankreich mit 180 bis 200 Einheiten. Auch Ladewagen für Heu und Mähladewagen haben mit jeweils 100 Stück in Gebieten, wo wegen der Herstellung bestimmter Käsesorten keine Silage verfüttert wird, weiterhin Bedeutung.
Bei gezogenen Futtermischwagen liegt der Jahresmarkt zwischen 1.300 und 1.400, bei Selbstfahrern sind es 100 Einheiten. „Die Milchpreise hier sind aktuell in Ordnung“, freut sich Pöhler über ein lebhaftes Geschäft seiner gesamten Maschinenpalette. „Über seine wirtschaftliche Lage beschwert sich hier momentan keiner.“
Von einem lebhaften Besuch des Kuhn-Messestands berichtet Rolf Schneider von Kuhn. Für das Unternehmen mit Sitz in Saverne bei Straßburg ist Frankreich der Heimatmarkt. Deshalb präsentiert man hier auch über 20 Neuheiten aus den Bereichen Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung und Elektronik. „Die Landwirte interessieren sich aktuell sehr für mechanische Unkrautbekämpfung“, berichtet Schneider. Nach zwei schwachen Jahren, belebe sich der Landtechnikmarkt wieder, so sein Fazit. Kosten- und Umweltbewusstsein rücken bei den Investitionen der Bauern stark in den Vordergrund.
Seine SIMA-Premiere feierte mit seinem Messestand Mihael Miheljak von SIP. Der slowenische Hersteller zeigte in Paris seine 15 Meter breiten Wender und Schwader. Das Unternehmen ist seit gut einem Jahr in Frankreich mit zwei Verkäufern unterwegs und freut sich über erste Vertriebserfolge.
Für Nikolai Pukowski und seinen Geschäftsführer Johannes Heupel von Agra GPS ist es ebenfalls die erste SIMA als Aussteller. Das Unternehmen mit zehn Mitarbeitern, davon acht in Kanada und zwei in Europa, präsentierte seine GPS-Bridge-Lösungen. Mithilfe einer kleinen Box lassen sich damit Fremdfabrikate von John Deere Lenksystemen steuern. Heupel führte in Paris viele Gespräche mit interessierten Herstellern.
„Die französische Landwirtschaft professionalisiert sich mehr und mehr. Die Anschaffungs- und Betriebskosten sowie der Restwert der Maschine gewinnen bei Investitionen zunehmend an Bedeutung“, so das Messefazit von Wim Roose. Roose ist Produktmanager Agrar beim Teleskoplader- hersteller Manitou.
Mit 36,7 Prozent Marktanteil ist Manitou französischer Marktführer bei Agrarteleskopen. Der Gesamtmarkt stieg von 2017 um 4,7 Prozent auf 3.589 Einheiten in 2018.
Fazit
Die Stimmung der SIMA 2019 Ende Februar in Paris war optimistisch. Die französischen Landwirte investieren betriebswirtschaftlich, sie suchen nach Alternativen zur chemischen Unkrautbekämpfung und professionalisieren sich zunehmend. Ordentliche Milchpreise beleben den Markt für Futtererntetechnik. Schwerpunkt der SIMA ist der starke französische Heimatmarkt, die meisten Messebesucher kommen aus dem Norden Frankreichs. Die Innovationszyklen der in Paris präsenten europäischen Landtechnikhersteller richten sich deutlich auf die Agritechnica im November 2019 aus.