ASP – Banker sehen es kritisch

Der eilbote befragte Finanzexperten zu möglichen Konsequenzen der aktuellen Entwicklung – Deutliche Zurückhaltung bei Finanzierungen von Investitionen

Schweinemarkt: ASP – Banker sehen es kritisch
Schweinemarkt: ASP – Banker sehen es kritisch

Matthias Quaing, ISN, erwartet Preisrückgänge um 10 bis 20 Cent je Kilo deutsches Schweinefleisch.

Bei einem im Kreis Spree-Neiße in Brandenburg aufgefundenen Wildschwein- kadaver ist erstmals in Deutschland die Afrikanische Schweinepest (ASP) nachgewiesen worden. „Wir sind auf diesen Fall vorbereitet und haben ein eingespieltes Team“, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag. Die Bundesrepublik gilt nun nicht mehr als ASP-frei und es drohen laut dem Verband der Fleischwirtschaft (VDF) Einfuhrsperren für deutsches Schweinefleisch in Drittstaaten mit erheblichen wirtschaftlichen Einbußen. Südkorea und China haben die Einfuhr bereits untersagt. Klöckner wies jedoch darauf hin, dass die Ausfuhr in andere EU-Länder aufgrund der Regionalisierung weiter möglich sei. In Brandenburg hat unterdessen die Bekämpfung der Tierseuche mit der Errichtung von Restriktionszonen begonnen, in denen verschiedene Maßnahmen bis hin zu Verbringungs- und Ernteverboten gelten.

Aus der Sicht befragter Banker war es nur eine Frage der Zeit, bis die Afrikanische Schweinepest (ASP) den Weg über die Oder in unsere Gefilde finden würde. Immerhin waren in den vergangenen Monaten immer neue Fälle von ASP auf der polnischen Seite der deutsch-polnischen Grenze gezählt worden. Von daher trifft diese Schweineseuche den Bankensektor nicht unvermittelt.

Ob und wie die Kreditinstitute kurzfristig auf die Umsatzeinbußen entlang der Produktionskette Schwein reagieren werden, wird von den konkreten Entwicklungen entlang der Märkte abhängen. Hier werden kräftige Einschnitte erwartet. So wurde der VEZG-Preis am vergangenen Freitag bereits außerplanmäßig von 1,47 Euro/kg um 20ct auf 1,27 Euro/kg abgesenkt. Auf dem alten Preisniveau war im Grunde kein Handel mehr möglich gewesen, da kein Abnehmer Schweine bei 1,47 Euro/kg „anfassen“ wollte. Ob das neue Niveau halten wird, ist noch völlig offen, nachdem zentrale Absatzmärkte für deutsche Exporte wie Japan, Süd-Korea oder China für deutsches Schweinefleisch gesperrt worden sind. „Hier werden sicherlich Gespräche über Liquiditätshilfen zu führen sein“, so der Agrarexperte einer größeren Bank in Nord-West-Niedersachsen.

Schweinemarktspezialisten sind sich indes einig, dass deutsche Mäster und Sauenhalter bis auf Weiteres weniger Geld für ihre Tiere bekommen werden als ihre Berufskollegen aus anderen Ländern im EU-Raum. „Ich befürchte, dass wir für die kommenden Monate rund 10 bis 20 ct/kg unterhalb der Erlösmöglichkeiten unserer Mitbewerber Dänemark, den Niederlanden oder Spanien liegen werden“, so ISN-Schweinemarktexperte Matthias Quaing aus Damme, „das wird unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa schwächen“.

Ein weiterer Banker aus der Vorstandsetage einer norddeutschen Bank sieht den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest lediglich als einen weiteren Nagel zum Sarg des Schweinesektors. „Wir haben unsere Einschätzung über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Schweineproduktion in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich nach unten korrigiert“, so der Banker, „wir sind da jetzt vorsichtiger geworden“.

Die Empfindlichkeit des Sektors zeigte sich seiner Ansicht zufolge bereits im bisherigen Verlauf der Corona-Krise. „Das Schließen eines einzigen Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück hat dafür gesorgt, dass die gesamte Branche kurz vor dem Zusammenbruch stand“. Die oligopolistischen Strukturen ließen seiner Ansicht nach eine notwendige Standfestigkeit vermissen. „Das ist ungesund für den Sektor“, so der Banker, „aus unserer Sicht bedeutet dies ein erhöhtes Risiko.“

Weitere Risiken erkennen Banker in den zusätzlichen Eingriffen durch die öffentliche Hand. Steigende Anforderungen in den Bereichen Tierwohl und Umwelt wie z.B. die Umsetzung der Schweinehaltungsverordnung erschweren die Kalkulation der Ertragsaussichten für die Schweinebranche. Politische Eingriffe sind allzu oft mit Strukturbrüchen verbunden. „Wir sind bei Projekten im Schweinebereich zurückhaltender geworden und prüfen intensiver als früher“, so der Banker.


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