„Do samma wieda“ – endlich findet wieder Messe auf der Wiese statt

Vom 2. bis 6. September findet wieder die Rottalschau und das angeschlossene Volksfest im niederbayrischen Karpfham (Landkreis Passau) statt. Wir haben einigen Ausstellern zu ihren Plänen, Erwartungen und Neuheiten auf den Zahn gefühlt.

Rottalschau/Karpfhamer Fest: „Do samma wieda“ – endlich findet wieder Messe auf der Wiese statt

Auf über 70.000 Quadratmetern Freigelände und in 6.000 Quadratmetern Hallen zeigen 600 Firmen ihr Angebot.

Rottalschau/Karpfhamer Fest: „Do samma wieda“ – endlich findet wieder Messe auf der Wiese statt

Nach zweijähriger Corona-Zwangspause startet am Abend des 1. September wieder das über die Region hinaus bekannte Karpfhamer Fest. Die eigentliche Besonderheit ist die am nächsten Morgen um 8:30 Uhr beginnende Landwirtschaftsmesse: Die Rottalschau hat sich zu einer der bedeutendsten Branchenveranstaltung in Deutschland entwickelt. Auch die Ausstrahlung weit in die Nachbarländer Österreich, Tschechien und die Region Südtirol ist enorm.

Wenn auch die derzeitige Wirtschaftslage alles andere als „appetitanregend“ ist und viele Firmen unter der Last von Personal- oder Materialmangel ächzen, war die Bereitschaft und Nachfrage zur Teilnahme enorm. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es die Veranstalter geschafft haben – trotz Kostensteigerung an allen Ecken und Enden – die Platzmieten auf dem Niveau der Vorjahre zu halten. Auch der freie Eintritt für die Besucher zum Fest, zur Messe und zu allen Veranstaltungen ist Tradition und wurde beibehalten.

Polit-Prominenz ist mit vor Ort

Laut den Veranstaltern gilt Karpfham bei den Firmen aus der Branche schon länger als Geheimtipp und wird nur hinter vorgehaltener Hand weiterempfohlen. Zu begehrt seien die Ausstellungsplätze, die in Karpfham mit handverlesenen Firmen bestückt werden. Das habe natürlich auch Einfluss auf die Zusammensetzung des Publikums, sodass Karpfham nicht nur für praktizierende Landwirte, sondern auch für Fachpersonal und Entscheider aus Politik und Wirtschaft zu einem der wichtigsten Punkte auf ihrer Agenda geworden sei. Der bayrische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger stammt aus der Region und ist am 2. September um 10:30 Uhr für ein Grußwort vor Ort. Ministerpräsident Markus Söder spricht am Tag darauf um 14:30 Uhr. Am Montag um 14 Uhr tritt die bayrische Staatsministerin für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, Michaela Kaniber, auf.

Beliebter Anziehungspunkt ist auch die „Verbraucher- und Gewerbeschau“ in fünf Hallen und Freigelände mit einem Angebot für Gesundheit, Genuss, Mode, Wohnen, Haus und Garten sowie vielem Praktischen für den Alltag. Was das fachliche Rahmenprogramm für die Ausstellung betrifft, ist man in Karpfham eher minimalistisch eingestellt: Begleitende Vorträge, Seminare oder Workshops sucht man vergebens, lediglich die Fachschau „Energie - Umwelt - Bauen“ kann hier genannt werden. „Wir selbst sind Programm genug“, bringt es ein Vorstandsmitglied des Vereins Karpfhamer Fest e.V. auf den Punkt. Was damit gemeint ist, weiß jeder Karpfham-Fan aus dem Stegreif: Erst die Technik bestaunen, dann ins Bierzelt. Auf dem Festplatz finden sich dafür – neben diversen Schausteller- und Fahrgeschäften – sechs Bierzelte, die circa 19.000 Gästen Platz bieten. Denn traditionell war das Fest für die ländliche Bevölkerung schon immer ein willkommener Abschluss der arbeitsreichen Erntezeit, was man auch mal feiern darf. Die Bedeutung und der Besucherzulauf waren laut Veranstalter auch schon vor hundert Jahren legendär. Derzeit schätzt man die aktuellen Besucherzahlen auf rund 400.000 pro Fest. Die Rottalschau zählt 600 Ausstellerfirmen, auf das gesamte Gelände würden etwa 25 Fußballfelder passen.

Auch für die Firma Väderstad ist die Messe inzwischen so wichtig, dass sie dort selbst ausstellt: „Natürlich haben wir eher Maschinengrößen dabei, die der Region entsprechen, sprich: die 9-Meter-Geräte lassen wir eher zu Hause“, sagt Väderstad-Deutschland Geschäftsführer Karl-Hubertus Reher.

Rottalschau/Karpfhamer Fest: „Do samma wieda“ – endlich findet wieder Messe auf der Wiese statt

BvL stellt das Fütterungsmanagement-System V-Connect Diary Feeder mit erweiterten Funktionen vor.

Rottalschau/Karpfhamer Fest: „Do samma wieda“ – endlich findet wieder Messe auf der Wiese statt

Väderstad kommt mit Arbeitsbreiten, die in die Region passen: Hier ist die Carrier X 525 zu sehen.

Messe wichtige Größe für Hersteller und Händler

Mit dabei sind auf jeden Fall die Einzelkornsämaschine Tempo sowie Bodenbearbeitungsgeräte. Die kürzlich neu vorgestellte Carrier XT kann aus Logistik-Gründen leider nicht mit dabei sein, da sie derzeit im Norden unterwegs ist. Ob man auch Drilltechnik mitbringt, war zum Redaktionsschluss noch nicht klar, da der Platz begrenzt ist. Den großen Vorteil von Messen wie der Rottalschau sieht Reher in der nachhaltigen Geschäftsentwicklung, da man direkt mit Händlern und Endkunden in Kontakt kommt: „Von der Kosten-Nutzen-Rechnung her betrachtet sind die Ergebnisse hier sehr viel klarer als bei den großen Hochglanz-Messen. Verkäufe werden dort durchaus getätigt.“

Auch Ludwig Trautmann, Geschäftsführer der Firma Farmtec, ist in Karpfham seit etwa 35 Jahren als Aussteller vertreten. Sein Schwerpunkt ist vor allem die Marke Monosem: „Das Rottal ist das größte Maisanbaugebiet Deutschlands, weshalb wir hier mit den Einzelkornsämaschinen einen guten Marktanteil haben.“ Mit dabei hat er die neue ValoTerra als Vorserienmodell, im Markt ist diese aktuell noch nicht erhältlich. Die sechs- bis zwölfreihige Maschine kann Körner in 45 bis 80 cm Abstand ausbringen. Sie verfügt über einen rein elektrischen 56-Volt-Antrieb, der vom bordeigenen 5,6-kW-Zapfwellengenerator versorgt wird. Zielgruppe ist vor allem die Präzisionslandwirtschaft. Das gefühlte Gegenteil, aber nicht weniger gefragt sind die Produkte von Kellfri, die Farmtec ebenfalls vertreibt und in Karpfham ausstellt. Der schwedische Hersteller hat sich auf einfache, erschwingliche Anbaugeräte für Kleintraktoren und auch ATVs spezialisiert, etwa für kleinere Betriebe oder Nebenerwerbler: Neben Forst und Grünland stehen dabei auch die Themen Tierhaltung sowie Wintertechnik auf dem Programm. „Für uns ist das definitiv die wichtigste Messe, deren Qualität sich jährlich gesteigert hat“, weiß Trautmann. „Was Tarmstedt im Norden ist, bedeutet Karpfham im Süden.“ Bereits Anfang August machte sich die bevorstehende Messe als Schatten auf seinen Geschäften bemerkbar: „Immer öfter hören wir in dieser Zeit, dass die Kunden erst noch die Rottalschau abwarten, bevor sie sich entscheiden. Das kennen wir natürlich seit langem, hatten wir in den letzten beiden Jahren ohne Messe aber nicht.“

Die Kverneland Group stellt ihre beiden Marken Kverneland und Vicon zusammen aus. Im komplett ausgestellten Produktportfolio ist auch die neue Fronttank-Generation f-Drill zu sehen, außerdem der neue gezogene Stoppelgrubber Enduro T.

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Der Vicon Fanex 1564 C passt sich Bodenunebenheiten optimal an.

Komplettprogramm bei Kverneland

Das im Süden sehr wichtige Grünland-Sortiment ist ebenfalls von Mähern über Wendern und Schwadern bis zu Pressen auf der Messe dabei. Als Highlight sieht Marketing-Managerin Anna Maria Müller dabei den neuen Zettwender Fanex 1564 C: Mit 14 Kreiseln kommt er auf stolze 15,6 Meter Arbeitsbreite. Im Bereich Pressen- und Wickeltechnik zeigt man die neue Plus-Baureihe, zudem sind die Pressen – variabel wie Festkammer – nun mit dem Isobus-TIM-System steuerbar, was man ebenfalls vorstellt. Was es in Sachen Saat-, Pflanzenschutz und Düngekarten Neues gibt, zeigt der Partner Kleffmann Digital RS GmbH und deren Lösung MyDataPlant. „Karpfham war und ist für uns eine sehr wichtige Veranstaltung. Daher freuen wir uns sehr, dass es nun endlich wieder losgeht“, sagt Müller.

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Kellfri bietet ein breites Programm für Nebenerwerbslandwirtschaft und den Bauernwald.

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Im Süden investieren die Landwirte eher noch in mittelgroße Landtechnik: hier der Oehler Pumptankwagen PTT 120.

Fahrzeugtechnik im Fokus

Auch die Firma Oehler ist seit langem mit dabei. Karpfham sei für Geschäftsführer Manfred Oehler sehr wichtig, da die sonstigen Möglichkeiten, sich als Landwirt breit über neue Produkte zu informieren, in Bayern inzwischen dünn seien. Vor allem den Bereich Fahrzeugbau sieht er als sehr relevant für die süddeutsche Messe. Speziell die Ballenwagen hebt er hervor, da hier Systeme zur Ladungssicherung immer gefragter würden und sich gut verkaufen: „Das hydraulische Gatter erlaubt die Beladung von beiden Seiten, anschließend klappt es nach oben und sichert das Erntegut. Alles natürlich von der Dekra zertifiziert.“ Auch hier wird der Fokus auf die regionalen Gegebenheiten gesetzt: „Die 18-Tonner sind im Süden gefragter als große Dreiachser“, so Oehler. Ganz ähnlich sei es bei der ebenfalls von Oehler ausgestellten Gülletechnik. Die Forsttechnik ist ebenfalls zu sehen, etwa der neue Sägespaltautomat OL4100 H mit 41 cm Schnittdurchmesser sowie diverse Rückewagen. „Das Brennholz hat ja aktuell aufgrund der Energiekrise Hochkonjunktur, was wir ebenfalls merken“, so der Geschäftsführer. Dass auf der Messe nicht nur geschaut, sondern auch aktiv gekauft wird, ist für ihn selbstverständlich – zum Festpreis: „Natürlich gibt es auch bei uns aktuell Produkte mit bis zu 40 Wochen Lieferzeit, wo das dann schwieriger wird. In der Regel aber gilt bei uns der auf der Messe ausgezeichnete Betrag.“

Auch beim Frontlader-Spezialisten Stoll sieht man den Nutzen der Messe in Karpfham, wie uns Rabea Stephan vom Marketing der Wilhelm Stoll Maschinenfabrik GmbH bestätigt. Sie blickt ebenfalls sehr gespannt auf die nun wieder persönlichen möglichen Kontakte mit Kunden und Händlern. Ausgestellt wird unter anderem die neue Schwinge Profiline Next Generation: Sie passt an Schlepper von 50 bis über 300 PS, das mechanische Parallelführungsgestänge liegt in den Schwingenholmen – Grundlage der Z-Kinematik.

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Stoll bringt die neuen Frontlader ProfiLine in einer speziellen Sonderserie „Bavaria Edition“ in den Landesfarben Blau/Weiß.

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Die neue Funkraupe F23 von Vogt führt Mäharbeiten in beiden Fahrtrichtungen durch.

Nicht nur Ackertechnik

Neben der reinen Großtechnik für die Felder sind auch die Landschaftspflege-Spezialisten von Vogt in Karpfham vertreten. Mit dabei hat man unter anderem das neue funkgesteuerte Mulch- und Mähraupen-Modell F23 – die Leistung in Pferdestärken trägt es im Namen. Die Maschine soll sich dank des niedrigen Geräteschwerpunktes und geringen Eigengewichtes ideal für extreme Hanglagen und beengte, schwer zugängliche Einsatzgebiete eignen (zum Beispiel im innerstädtischen Bereich, an Straßenböschungen oder Sportplätzen). Wesentliche Komponenten wie der Motor und die Hydraulikanlage sind in Reihe am unteren Grundrahmen angebracht, wodurch Steilhänge und Böschungen mit bis zu 70 Grad Neigung gefahrlos bearbeitet werden können. Zusätzlich ist der Hangmäher aufgrund seiner geringen Höhe gut zum Mähen unter Photovoltaik-Anlagen in Solarparks geeignet. Das Rotormähwerk mit 800 mm Arbeitsbreite erlaubt Mäharbeiten in beiden Fahrtrichtungen, aufwendige und bodenschädigende Wendemanöver am Hang sind somit nicht erforderlich. Zwei Messer ermöglichen den Schnitt von Hochgras und Gestrüpp bis 30 mm Durchmesser. Serienmäßig gibt es eine elektronische Schnitthöhenverstellung (30-120 mm).

Und natürlich darf auch Technik für Hof und Stall nicht fehlen. So gibt etwa die BvL Maschinenfabrik einen Einblick in die individuellen Fütterungstechnik-Lösungen, die das Familienunternehmen aus dem Emsland seit 1860 entwickelt und produziert. Jeder Auftrag wird nach individuellem Kundenwunsch und somit gemäß dem Konzept „Für mich gemacht“ angepasst an die jeweilige Betriebssituation gefertigt. Aus der Auswahl der gezogenen Futtermischwagen werden ein Fremdbefüller V-Mix Plus mit zwei Mischschnecken sowie ein Selbstlader mit Schneidewerk und Ladeklappe in Karpfham vorgestellt: Dieser V-Mix Fill Plus vereinigt die Arbeitsschritte Entnahme, Beladen, Mischen und Füttern und bietet laut BvL somit hohen Arbeitskomfort. Ebenso stellt BvL das bewährte Fütterungsmanagement-System V-Connect Dairy Feeder mit erweiterten Funktionen vor. Praktiker berichten, dass das System hilft, die einzelnen Komponenten genauer zu laden. Dies spart bares Geld, da einer zu hohen Dosierung teurer Komponenten vorgebeugt wird. Auch müssen keine Zettel mehr zum Füttern mitgeführt werden. Die Ration wird übersichtlich im Display dargestellt, und Futtermengen können bei Bedarf im System angepasst werden.

Auf der Rottalschau finden sich wieder einmal moderne Landtechnik, Premieren renommierter Hersteller und praktische Entwicklungen kleiner Ideenschmieden. Experten schätzen den Wert der ausgestellten Technik auf weit über 100 Millionen Euro. Und das alles in einem kleinen Dorf mit nur einigen hundert Einwohnern.


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