Nicht nur den Schaden reparieren

Haftung trotz ordnungsgemäßer Reparatur – Drei Gerichtsurteile, die auch die Landmaschinenwerkstatt betreffen

Prüf- und Hinweispflichten bei Instandsetzung: Nicht nur den Schaden reparieren

Nicht nur den Schaden „an sich“ reparieren. Die Werkstatt hat auch Aufklärungspflicht über voraussichtlich bald anstehender Reparaturen.

Die Pflichten für Werkstattbetriebe und Unternehmen, die Wartungen und Instandhaltungen anbieten, sind zahlreich. Diese erschöpfen sich nicht nur in einer ordnungsgemäßen Reparatur und dem erteilten Auftrag. Vielmehr gelten auch diverse Hinweis- und Prüfpflichten, wie jetzt auch wieder ein aktuelles höchstrichterliches Urteil bestätigte. So verurteilte das OLG Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung eine Werkstatt zum Schadenersatz, obwohl die in Auftrag gegebenen Reparaturarbeiten mangelfrei waren. Begründet wurde das Urteil damit, dass eine Werkstatt gegen ihre Aufklärungspflichten verstoße und somit hafte, wenn diese ihren Kunden nicht auf eine voraussichtlich bald anstehende Reparatur hinweist.

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf gelte Entsprechendes auch bei einem zu geringen Ölstand: Dieser ist nicht erst dann auszugleichen, wenn sich die Gefahr, dass der Ölfilm reißt verwirklicht, sondern bereits vorher, um dies und einen hierauf beruhenden möglichen Schaden zu vermeiden. (OLG Düsseldorf Urteil vom 17.10.2019, I-21 U 43/18).

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in einem ähnlich gelagerten Fall schon 2017 entschieden, dass einem Kunden sogar die Reparaturkosten selbst zu erstatten sind, obwohl eine Werkstatt weder bei der Fehlerprüfung noch bei der Reparatur mangelhaft gearbeitet hatte.

Eine Werkstatt hatte ein Fahrzeug repariert und dabei umfangreiche Arbeiten am Motor vorgenommen. Die durchgeführten Reparaturarbeiten selbst waren in Ordnung. Den Zustand der zum Reparaturzeitpunkt bereits stark gelängten Steuerketten untersuchte die Werkstatt jedoch nicht, obschon sie alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und einen Kettenspanner erneuerte. Daher erlitt der Motor nach einigen hundert Kilometern einen Totalschaden. Das OLG Düsseldorf urteilte nun, dass die Werkstatt unaufgefordert den Zustand der Steuerketten hätte überprüfen und dem Kunden einen Austausch hätte empfehlen müssen. Diese habe ihren Kunden auf Unzulänglichkeiten von Teilen eines Fahrzeuges hinzuweisen, die im Rahmen des Reparaturauftrags ganz oder teilweise aus- und wieder einzubauen sind und deren Mängel nach Fertigstellung der Werkleistungen nicht mehr ohne weiteres entdeckt und behoben werden können und die erkennbar zu einem künftigen Schaden des Fahrzeugs führen werden. Wenigstens eine Augenscheinüberprüfung hätte hier stattfinden müssen. Nach Meinung des OLG verstieß die Werkstatt daher gegen ihre im Rahmen des Auftrags automatisch miterteilten Prüfungs- und Hinweispflichten, denn zum Zeitpunkt der Reparatur bestand ein aufklärungsbedürftiger Zustand des Fahrzeugs/Motors. Wegen Verletzung dieser Prüf- und Hinweispflicht verurteilte das OLG die Werkstatt zum Schadenersatz wegen Nutzungsausfall für die Zeit der Reparatur zum Ersatz der Steuerketten sowie der Sachverständigenkosten zur Schadenursachenermittlung. Beachtenswert ist, dass das Gericht hierbei die Auffassung vertrat, dass der Austausch dem Kunden nicht erst dann anzuraten war, wenn die Steuerketten derart gelängt sind, dass die Steuerzeiten nicht mehr eingehalten werden. Vielmehr gelte die Hinweispflicht auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Reparatur erst eine Längung der Steuerketten vorlag, die ihren Austausch zu diesem Zeitpunkt noch nicht erforderlich machte. (OLG Düsseldorf Urteil vom 17.10.2019, I-21 U 43/18)

Ein Kunde hatte bei seinem alten Fahrzeug atypische Motorgeräusche festgestellt und gab zu erkennen, nur noch an wirtschaftlich sinnvollen Reparaturen interessiert zu sein. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs lag bei 4.000 Euro. Die Werkstatt untersuchte den Pkw und stellte einen Defekt an den Einspritzdüsen fest. Ob weitere Motordefekte vorlagen, untersuchte die Werkstatt nicht. Dies hätte erhebliche Kosten verursacht. Für den Austausch der Einspritzdüsen stellte die Werkstatt einen Betrag in Höhe von 1.668,39 Euro in Rechnung. Unmittelbar nach der Reparatur zeigte sich, dass dies nicht zur Beseitigung der atypischen Motorgeräusche geführt hatte. Vielmehr lag hier ein seltener Defekt am Pleuellager vor, dessen Reparatur den Wiederbeschaffungswert überstiegen hätte.

Der BGH bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts, wonach dem Kunden die Reparaturkosten in Höhe von 1.668,39 Euro als Schadenersatz zu erstatten waren. Weil die Werkstatt gewusst habe, dass ein Defekt bei den Einspritzdüsen nicht die alleinige Ursache für die Motorengeräusche gewesen sein könne, hätte diese den Kunden darauf hinweisen müssen, damit dieser hätte abwägen können, ob er den Auftrag zum Austausch der Einspritzdüsen noch erteilen wolle. Hier bestand nämlich die Pflicht der Werkstatt, dem Kunden verlässliche Informationen über die für seine Entscheidung maßgeblichen Umstände zur Behebung des Schadens notwendigen Kosten zu liefern (so bereits auch schon das OLG Hamm im Urteil vom 20.03.1992, 26 U 155/91). Die Werkstatt war daher verpflichtet, ihren Kunden nicht nur auf die defekten Einspritzdüsen und die mit deren Austausch verbundenen Kosten hinzuweisen, sondern auch auf das Risiko, dass mit dem Austausch der Einspritzdüsen nicht zwangsläufig das atypische Motorengeräusch beseitigt werden könnte, sondern gegebenenfalls weitere, den Wiederbeschaffungswert übersteigende Reparaturen notwendig sein könnten. Dass ein Schaden am Pleuellager eher selten ist und dass dem Kunden bewusst war, dass sein Fahrzeug aufgrund seines Alters und seiner Laufleistung reparaturanfällig sein konnte, spiele dabei keine Rolle. (Urteil des BGH vom 14.9.2017 – VII ZR 307/16).


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