Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Um für den Klimawandel gerüstet zu sein, wollen die sächsischen Landwirte der Agrargenossenschaft „Am Kuhberg“ eG. die Böden jedes Jahr ein Stück verbessern, unter anderem mit einem modifizierten Strip Till-Verfahren.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Die Strip Drill von Väderstad, hier bei der Applikation von Phosphat-ausgleichsdüngung bei gleichzeitiger Aussaat von Zwischenfrüchten in die Getreidestoppel, ist bei der sächsischen Agrargenossenschaft „Am Kuhberg“ eG. mittlerweile in der vierten Saison im Einsatz.

Im Vergleich zu anderen Flächen in der Gegend, wirkte der Mais entlang der schmalen Straße aus Betonplatten, die zur Agrargenossenschaft „Am Kuhberg“ eG. in Wipplas im sächsischen Vogtland führt, Anfang September vergangenen Jahres relativ vital. Nähert man sich dem Betriebsgelände, fällt als erstes das neue Getreidelager ins Auge. Es ist fast fertig. Ein Kran hebt letzte Teile bis an die Spitze der acht silbrig glänzenden Riesenzylinder. Auch auf den Dächern der Hofgebäude sind Monteure zu Gange. Sie befestigen PV-Module. Die Dachfläche hat ein Investor gemietet, erfahren wir später.

Wissen aus Hörsaal und Praxis

Im Büro empfängt uns Vorstandsvorsitzender Daniel Hirsch. Der 36-jährige studierte Landwirt übernahm die Leitung des Betriebes vor zweieinhalb Jahren. Zuvor hatte er knapp acht Jahre die Abteilung Pflanzenbau gemanagt. „Da ließ man mir alle Freiheit, solange der Erlös stimmte“, erzählt Hirsch. So konnte er umsetzen, was ihm an der Fakultät Landbau der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden-Pillnitz vermittelt worden war. Und zwar nicht nur in den Vorlesungen und Seminaren. „Ich hatte das Glück, Professor Berthold Ilgen als Mentor zu haben. Der fuhr auch schon mal am Wochenende mit einer Gruppe interessierter Studenten quer durch Sachsen, um einen Agrarbetrieb zu beraten. Dabei habe ich wohl mehr gelernt als im Hörsaal“, erinnert sich der Betriebschef.

In seiner Genossenschaft selbst scheute man sich allerdings über Jahre, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen. Jetzt als Vorstand will er daher nicht nur die standortspezifische Pflanzenbaustrategie weiter verbessern, sondern den Betrieb ins- gesamt fit machen für die Zukunft.

Zu den schmerzlichen Entscheidungen gehörte dabei die Aufgabe der Milchviehhaltung mit etwa 2.000 Tieren. „Das war wegen des hohen Investitionsstaus unumgänglich. Eine Erneuerung der hoffnungslos veralteten Melk- und Futtertechnik hätten wir finanziell ebenso wenig stemmen können, wie ein Weiter so“, begründet Hirsch den Schritt.

Bis auf die vornehmlich für die Beweidung nicht maschinengängiger Steilhänge in eine 100-prozentige Tochter ausgegliederte Mutterkuhhaltung ist die Genossenschaft seit 2016 nun ein reiner Marktfruchtbetrieb. Die Ackerfläche umfasst 1.130 ha in Höhenlagen zwischen 380 und 480 Metern. Darauf wachsen in fünffeldriger Folge Raps, Mais sowie Getreide, darunter Durum, Sommergerste und Hafer. 75 Prozent der bewirtschafteten Schiefer- und Basaltverwitterungsböden mit zumeist 20, vereinzelt bis zu 36 Bodenpunkten sind im Besitz von etwa 300 Verpächtern.

Zur landwirtschaftlichen Nutzfläche gehören außerdem 320 ha Grünland. Die dort geerntete Grassilage geht, abzüglich des Futterbedarfs für die Mutterkuhherde, in eine gewerbliche Biogasanlage, an der das Agrarunternehmen beteiligt ist. Im Gegensatz zu anderen großen Betrieben im Osten Deutschlands ist die Bewirtschaftungsfläche klein strukturiert. Die Schlaggröße beträgt beim Acker im Schnitt 8 ha, beim Grünland sogar nur 1,4 ha. Insgesamt sind in der von Forsten geprägten Region daher über 245 km Waldrand im Zaum zu halten.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Über den Lockerungszinken der Strip Drill von Väderstad lassen sich bei der Aussaat Nährstoffe bis in 35 cm Tiefe als Unterflurdünger auf zwei verschiedenen Ebenen applizieren.

Noch aus der Milchviehhaltung stammt die eigene, ausschließlich mit Gülle betriebene Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 237 kW. Den Input für die Vergärung liefert nun ein Nachbarbetrieb, der sich so den Bau eines notwendig gewordenen zusätzlichen Lagerbehälters ersparte. Er nimmt auch einen Teil des Outputs wieder ab. Der Genossenschaft „Am Kuhberg“ stehen aus zwei Biogasanlagen jährlich rund 15.000 m³ Gärreste als Dünger zur Verfügung. Sie haben bei der Ausbringung einen relativ gleichmäßigen Nährstoffgehalt von 4 Prozent auf Stickstoff gerechnet, da sie zuvor in 6.000 m³ fassenden, bereits in den 1980er Jahren angelegten Güllelagunen ausgiebig mittels Rührwerken homogenisiert werden. „Im vergangenen Jahr verteilten wir Wirtschaftsdünger ausnahmsweise auch auf einem Teil des dürregeschädigten Grünlands, um den Aufwuchs zu befördern und so die weitgehend aufgebrauchten Futterreserven wieder aufzufüllen“, informiert Hirsch.

„Wir wollen in die Tiefe wachsen“

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Vorstandsvorsitzender Daniel Hirsch setzt bei der Bodenverbesserung und Wurzelstärkung auf ein Produktionssystem mit Strip Till-Geräten. Hier zeigt er den sich nach der Überfahrt in der Getreidestoppel abzeichnenden Reihenabstand der Lockerungszinken der Strip Drill von Väderstad.

Sein Hauptaugenmerk gilt jedoch dem Ackerboden. Ziel sei es, die Bodenfruchtbarkeit nicht nur zu erhalten, sondern kontinuierlich zu verbessern. Das betreffe die Grundnährstoffversorgung, den Humusgehalt, das Wasserfiltrationsvermögen aber auch die Vermeidung von Schadverdichtungen. Denn dies wiederum sei Gewähr für ein gesundes und reich verzweigtes Wurzelgeflecht, das den Pflanzen ermöglicht, durch Ausschöpfung des Wasserpotentials im Boden längere Trockenperioden, wie sie in Zukunft wohl häufiger zu erwarten sind, zu überstehen. „Wir wollen in die Tiefe wachsen. Damit haben wir genug zu tun und müssen nicht noch nach der letzten Pachtfläche in 30 km Entfernung Ausschau halten“, meint Hirsch. Als konkretes pflanzenbauliches Ziel nennt er die Etablierung von Kulturen, die 12 Wochen ohne Regen auskommen. Gegenwärtig liege man hier bei 10,5 bis 11 Wochen, dann würden die Bestände wegbrechen.

Um aber das Problem sozusagen an der Wurzel zu packen, steht der Betrieb, der zur Vermeidung von Erosion und Wasserverdunstung seit 2004 im Mulchsaatverfahren und seit 2010 komplett pfluglos anbaut, bei der vertikalen und teilflächenspezifischen Verteilung der Pflanzennährstoffe vor einer besonderen Herausforderung.

Zum einen haben sich, durch die jahrelange konservierende Bodenbearbeitung und die Einarbeitung von Wirtschaftsdünger mit Grubber und Scheibenegge, in der oberen 10 bis 12 cm starken Bodenschicht der Ackerflächen Nährstoffe angereichert. Dagegen herrscht in den darunter liegenden Bereichen Mangel. Wegen der relativen Immobilität von Phosphor besteht insbesondere bei Trockenheit für tieferliegende Wurzeln die Gefahr einer P-Unterversorgung.

Und trockene Tage zählt man im Einzugsgebiet des vogtländischen Agrarbetriebes reichlich. Mit durchschnittlich 470 mm Jahresniederschlag gehört es zu den trockensten Gegenden in Sachsen. Im vergangenen Jahr war es besonders extrem.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Wegen der sehr steinigen Böden auf den Schlägen der Agrargenossenschaft verschleißen die Schare trotz Hartmetallbeschichtung schnell. Zwischen dem fast neuen (links) und dem stark abgenutzten Schar (rechts) liegen 350 bis 400 ha bearbeitete Fläche.

Eine zweite Hürde bei der Bodenverbesserung ist die Heterogenität der Flächen. Um dies zu verdeutlichen, bringt der Betriebschef die Karte eines Schlages auf den Rechnerbildschirm, in der die unterschiedliche Nährstoffversorgung farbig hervorgehoben ist. „Hier in dem gelben Abschnitt wurde zwar die anzustrebende Versorgungsstufe C erreicht, aber auf den grünen Flächen besteht Phosphormangel“, zeigt er auf die entsprechenden Kartenbereiche. Es gebe aber auch Ackerschläge, wo die Versorgung zwischen den Stufen A und E schwankt. Versuche man diese Differenzen mit dem Mehrnährstoffdünger Gülle auszugleichen, also die Ausbringmenge teilflächenspezifisch entsprechend des P-Bedarfs zu regeln, würde dies durch die damit verbundenen unterschiedlichen Stickstoffgaben zu stark heterogenen Beständen führen. Auch zusätzliche Gaben von Mineral- oder Flüssigdünger könnten dies höchstens abmildern.

Spezialgerät für das Düngerdepot

Nach Experimenten mit klassischen Strip Till-Maschinen, etwa die (nach der neuen Düngeverordnung nicht mehr mögliche) Streifenbearbeitung direkt in die Rapsstoppel zur Aussaat von Winterweizen mit Unterfußdüngung, entwickelten die Vogtländer Landwirte eine auf ihre Verhältnisse zugeschnittene Technologie zur Nährstoffversorgung der Bestände. Es ist eine Kombination aus Unterfuß- und Unterflurdüngung je nach Kultur im Strip Till- bzw. Cultan-Verfahren.

„Man könnte es als Pseudo-Strip-Till bezeichnen. Der Grundgedanke dabei ist, Düngedepots anzulegen, zu denen die Pflanzenwurzeln wachsen, und die durch Versäuerung des Bodenmilieus in diesem Bereich zusätzlich Phosphat freisetzen“, erläutert Hirsch.

Bei Gärresten erfolgt dies absetzig vor der Saat mit einem speziellen dreibalkigen Güllegrubber. Die von einem kleinen Landtechnikhersteller umgesetzte betriebliche Eigenentwicklung ist auf die örtlichen Verhältnisse zugeschnitten. Diese sind geprägt durch Hangneigungen bis 15 Grad und einem schlechten Schüttverhalten der Böden mit bis zu 40 Prozent Steinigkeit beim Schließen der Furche. „Bei der Verfahrenseinführung gab es kein Gerät am Markt, das entsprechend unserer Anforderung einebnet und zugleich rückverfestigt, bemerkt der Vorstandsvorsitzende.

Das im Betrieb entwickelte Gerät hängt an einem Selbstfahrer Xerion und legt im Abstand von 18 cm und in einer Tiefe von 15 bis 20 cm Güllebänder in den Boden. Den drei Scharreihen folgen Schwalbenschwanzeinebner und Gitterwalze. Diese Vorgehensweise erfolgt bei Kulturen, wo eine solche Düngegabe nach der neuen Düngeverordnung möglich ist. Neben Mais und Raps ist das Wintergerste nach Getreidevorfrucht.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Dieser im Betrieb entwickelte und auf die örtlichen Verhältnisse zugeschnittene Güllegrubber legt über die „Gülletuten“ an den Schmalscharen ein Düngeband in 15 bis 20 cm Tiefe ab.

Im Getreide wird organischer Dünger ansonsten mit einem Schlitzgerät zum Teil in die stehenden Pflanzen im spitzen Winkel zur Drillrichtung ausgebracht.

Dem speziellen Güllegrubber folgen entweder noch eine flache Bearbeitung mit der Kurzscheibenegge zur Verbesserung des Saatbetts oder gleich die Strip Drill von Väderstad, die 2014 angeschafft wurde. Fehlende Nährstoffe lassen sich mit dieser Maschine bei der Aussaat teilflächenspezifisch gemäß Applikationskarte als Unterfußdüngung platzieren. Da die Wurzeln bei der Aussaat von Getreide mit einem Strichabstand von 16,7 cm als auch von 33,2 cm für Reihenkulturen immer mindestens eines der zuvor im Abstand von 18 cm abgelegten Gärrestedepots erreichen können, ja dort hin gelockt werden, ist keine GPS-RTK gestützte Lenkung erforderlich.

Auf den Flächen ohne vorherige Gärresteausbringung bietet die Strip Drill außerdem die Möglichkeit, Dünger direkt bei der Aussaat gleichzeitig in zwei verschiedenen Tiefen zu applizieren. Dabei lockern zunächst schmale Zinken den Boden bis zu einer Tiefe von 35 cm auf, ohne dass Unterboden nach oben gelangt. Ein Nebeneffekt ist dabei das Aufbrechen von Bearbeitungshorizonten. In die gelockerten Streifen im Abstand von 33 cm kann bei Bedarf beispielsweise Diammonphosphat (DAP) in der gewünschten Tiefe als „lockende“ Unterflurdüngung abgelegt werden. Die Aussaat, gegebenenfalls mit ergänzender Unterfußdüngung aus dem zweiten Düngerbehälter der Maschine – etwa Tripelsuperphosphat, erfolgt entweder bei den Reihenkulturen im gelockerten Streifen oder bei Getreide jeweils dazwischen.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Mitarbeiter Holger Kautz inspiziert die Schare an den Lockerungszinken mit Düngerablage an der Strip Drill von Väderstad. Der 52-Jährige gehört zu den Entwicklern des drehbaren Doppelschars.

Praxisbericht: Bodenverbesserung an der Wurzel packen

Die Injektion von Ammonium-Flüssigdünger im Getreide und Mais nach dem CULTAN-Verfahren mittels Spornrad in 5 bis 8 cm Tiefe erledigt ein Dienstleister im Auftrag der Agrargenossenschaft.

Als weitere Alternative zur gezielten Platzierung von Dünger im Wurzelbereich injiziert ein Dienstleister im Wintergetreide, sowie in den Sommerkulturen Hafer und Sommergerste als auch im Mais Flüssigdünger (meist 100 % Ammonium plus Schwefel) nach dem CULTAN-Verfahren mit Spornrädern in 5 bis 8 cm Tiefe. Dabei bewegt sich der Selbstfahrer beispielsweise bei Weizen und Wintergerste kurz vor dem EC-Stadium 31 im Hundegang durch den Bestand, der nicht zu feucht sein darf. „Das sieht danach teilweise schon recht wüst aus. Aber die Pflanzen haben in diesem Stadium noch ein so hohes Kompensationsvermögen, dass bis zur Ernte alles wieder verwachsen ist“, berichtet Hirsch.

Einmal jährlich streut ebenfalls ein Dienstleister teilflächenspezifisch insgesamt etwa 1.200 Tonnen Kalk. Die Ermittlung des Düngebedarfs basiert auf Bodenproben, die der Betrieb seit 2011 in einem engen Raster vornehmen lässt. Als Datenquelle dient zudem der Isaria-N-Sensor am Traktor. Damit wird zum Beispiel vor Vegetationsende der Biomasseaufwuchs erfasst und daraus die aufgenommene N-Menge ermittelt. Über den Winter entstehen auf dieser Grundlage die Applikationskarten für die Düngung im Frühjahr.

„Wir haben uns an das jetzt praktizierte pflanzenbauliche Verfahren herangetastet. Einiges war auch wegen der Novelle der Düngeverordnung neu zu justieren. Aber der Erfolg bestätigt uns, dass wir insgesamt richtig liegen“, sagt Hirsch. Der Betrieb, in dem 14 Mitarbeiter beschäftigt sind, darunter ein Auszubildender, erzielt die höchsten Erträge in der Region. Bei Wintergerste sind das beispielsweise im Schnitt 90 bis 95 dt. Nicht selten ist das Ergebnis dreistellig. Gemessen an den örtlichen Bedingungen, ist auch die Weizenernte in der Regel überdurchschnittlich. „Und dass wir nach dem vergangenen Dürresommer über alle Fruchtarten gesehen nur mit einem Minderertrag von 30 bis 35 Prozent, beim Mais lediglich mit 10 bis 15 Prozent davon kamen, hat ebenfalls etwas mit unserem wassersparenden Produktionssystem zu tun“, ist sich der Vorstandsvorsitzende sicher.

Detaillösung – Drehbares Schar für steinige Böden

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Doppelschar mit aufgelötetem Hartmetall.

Wegen der sehr steinigen Verwitterungsböden sind die Schare der Grubber- und Lockerungszinken, an den Bodenbearbeitungsgeräten der Agrargenossenschaft „Am Kuhberg“ eG. mit Hartmetallauflagen bestückt. In dem Betrieb entstand die Idee, die Schare symetrisch und drehbar zu gestalten. So sind sie doppelt nutzbar. Ist eine Seite verschliessen, muss das Schar nicht komplett getauscht werden, sondern steht nach Drehung wieder als vollwertiges Werkzeug zur Verfügung. Durch seitlich aufgebrachte Schweißnähte aus Hartmetall auf den weicheren Zinken-Grundkörpern verlängert sich die Standzeit zusätzlich.


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