Organisationen rechnen mit real stagnierenden Agrarpreisen

Globale Nachfrage nach Agrarprodukten dürfte bis 2028 um 15 Prozent zulegen – Ertragsfortschritte und eine höhere Intensität werden die Produktionsmengen aber ähnlich steigen lassen

OECD/FAO: Organisationen rechnen mit real stagnierenden Agrarpreisen

Der jährliche weltweite Getreideverbrauch soll nach Berechnung der Experten bis 2028 um 19 % bzw. 150 Mio. Tonnen wachsen. Das entspricht ungefähr dem 3,5-fachen der gesamten deutschen Ernte pro Jahr.

Mit real nur stabilen oder sogar rückläufigen Weltmarktpreisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse in den nächsten Jahren rechnen die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in ihrem Landwirtschaftsausblick für die Jahre 2019 bis 2028.

Sie erwarten zwar, dass die globale Nachfrage nach Agrarprodukten binnen dieser Zeit um insgesamt 15 % wachsen wird. Konkret wird unter anderem ein Anstieg des Getreideverbrauchs um rund 150 Mio. t oder 13 % vorausgesagt, wobei das Plus vor allem die Reis- und Weizennachfrage betreffen soll. Gleichzeitig dürfte sich aber auch die Produktivität des Agrarsektors weiter verbessern. Die OECD und die FAO gehen davon aus, dass Ertragsfortschritte und eine höhere Intensität bei nahezu gleicher Anbaufläche weltweit insgesamt zu einer Steigerung der Agrarproduktion führen werden.

Der scheidende FAO-Generalsekretär José Graziano da Silva und OECD-Generalsekretär Angel Gurría wiesen in Rom darauf hin, dass sich die Landwirtschaft global betrachtet zu einem äußerst differenzierten Sektor entwickelt habe, mit Unternehmen, die von der kleinstrukturierten Subsistenzwirtschaft bis zu großen multinationalen Holdings reichten. Neben der Produktion von Nahrungsmitteln fungierten die Landwirte heute auch als „wichtige Hüter der natürlichen Umwelt“ sowie als Erzeuger erneuerbarer Energien.

Handel für Ernährungssicherung entscheidend

Aus Sicht des OECD-Direktors für Handel und Landwirtschaft, Ken Ash, zeigt der Ausblick eindeutig, dass der Handel für die Sicherung der Welternährung entscheidend ist. Die Regionen, in denen die Bevölkerung weiter rasant wachse, seien nicht unbedingt jene, wo die Agrarproduktion nachhaltig gesteigert werden könne. Daher sei es wichtig, dass alle Regierungen offene, transparente und vorhersehbare Agrarmärkte unterstützten, betonte Ash.

Nach den Prognosen von OECD und FAO wird der Welthandel mit Agrarprodukten und Fischereierzeugnissen in der Berichtsdekade um durchschnittlich 1,3 % pro Jahr wachsen, verglichen mit 3,3 % im Zeitraum 2009 bis 2018. Das Wachstum der Importnachfrage dürfte sich entsprechend abschwächen. Mit Blick auf die Exportseite rechnen die beiden Organisationen damit, das Lateinamerika und Europa die Agrarausfuhren steigern werden. Nach ihrer Erwartung wird die Schwarzmeerregion ihre führende Position als Exporteur von Weizen und Mais festigen, wobei der Hauptteil ihrer Getreidelieferungen in den Mittleren Osten und nach Afrika gehen dürfte.

Unsicherheiten auch auf der Nachfrageseite

Die OECD und die FAO relativieren ihre Prognosen aber mit dem Hinweis, dass die weltweiten Agrarmärkte mit einer Reihe neuer Unsicherheiten konfrontiert sind, die zu den traditionell hohen Risiken für die Landwirtschaft beitragen.

Auf der Angebotsseite gehörten dazu die Ausbreitung von Krankheiten wie der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die zunehmende Resistenz gegen antimikrobielle Substanzen, regulatorische Reaktionen auf neue Pflanzenzüchtungstechniken sowie Reaktionen auf zunehmend wahrscheinliche, extreme Klimaereignisse.

Auf der Nachfrageseite bestehen nach Darstellung der beiden Organisationen Unsicherheiten für die Märkte aufgrund der Weiterentwicklung von Diäten, durch die wachsende Bedeutung von Gesundheits- und Nachhaltigkeitsthemen sowie aufgrund möglicher politischer Maßnahmen zur Eindämmung des weltweit zu beobachtenden Trends zur Fettleibigkeit. Ein weiterer Faktor sei die erhöhte Unsicherheit im Hinblick auf künftige Handelsabkommen zwischen wichtigen Akteuren auf den Weltagrarmärkten. Eine Eskalation der anhaltenden Handelsspannungen könnte den internationalen Agrarhandel bremsen.


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