Die Transformer-Armlehne passt sich an

Eine neuartige Armlehne soll die Bedienbarkeit von Schleppern wesentlich verbessern, sie passt sich an jedes Gerät an. Wir durften mit einem Prototyp aufs Feld.

Neuentwicklung: Die Transformer-Armlehne passt sich an

Der Prototyp entstand im 3D-Druck, viele der Bedienelemente fanden sich im Portfolio von Partner Elobau.

Neuentwicklung: Die Transformer-Armlehne passt sich an

Timo Schempp promoviert an der Universität Hohenheim.

Bisher wurde die Kaufentscheidung zu Gunsten eines Schleppers eher über die äußeren Werte getroffen: Leistung, Qualität und Betriebskosten waren das A und O – und sind auch heute noch wichtige Faktoren. Mit zunehmender Komplexität der Technik, sei es am Traktor selbst oder der angehängten Maschine, wird aber auch die Bedienung für viele Fahrer ein sehr wichtiger Punkt.

Viele der Funktionen haben die Hersteller inzwischen auf die Armlehne gelegt, gut erreichbar während der alltäglichen Arbeit. Leider wurde es dadurch aber auch unübersichtlich, und längst nicht jede Funktion wird bei jedem Einsatz gebraucht. Wer zum ersten Mal mit einer neuen Maschine arbeitet, muss sich damit zunächst intensiv vertraut machen.

Neuentwicklung: Die Transformer-Armlehne passt sich an

Bedienschema für einen Pflug mit Knöpfen und Joystick.

Neuentwicklung: Die Transformer-Armlehne passt sich an

Bedienschema für Güllefass mit Knöpfen, Wippen und Einzeldrehrad.

Automatische Anpassung an das aktuell genutzte Gerät

Timo Schempp ist Doktorand an der Uni Hohenheim und will das nun grundlegend anders und besser machen: Er hat am Institut für Agrartechnik eine Armlehne entwickelt, die intuitiv bedienbar und übersichtlich ist, denn sie passt sich automatisch an das aktuell genutzte Gerät an. Um herauszufinden, was mit welcher Maschine wie oft und auf welche Weise genutzt wird, hat sein Team mehrere hundert Stunden mit diversen Maschinen gearbeitet. Dafür hat man alle Betätigungen der Traktorbedienelemente direkt am Can-Bus aufgezeichnet.

Die mit den Fingern erreichbaren Wippen – John Deere ging damit vor einiger Zeit voran – sind bei handelsüblichen Armlehnen meist fest mit den Hydraulikventilen verbunden. Auf Schempps Armlehne jedoch sind alle Elemente frei belegbar, so können an den Wippen nicht nur Ölfunktionen, sondern auch IOSBUS-Befehle abgelegt werden, etwa „Gestänge einklappen“ am Güllefass. Wird lediglich ein Taster benötigt, verdreht sich das komplette Steuerelement in die Armlehne, statt der Wippe gibt es nun einen simplen Knopf. Vor jedem Bedienelement sitzt zudem ein kleines LCD-Display, das ein Symbol der Funktion anzeigen kann. Der Fahrer muss also nicht jedesmal überlegen, welches Ventil nun den Stützfuß bedient, sondern sieht es direkt. Wird die Maschine gewechselt, passen sich Symbole und Steuerung automatisch an, was im ersten Moment etwas nach Science-Fiction aussieht.

Auch einen Joystick hat man so integriert, er fährt aus der Armlehne heraus: Die ersten Stufen sind lediglich zwei Drehringe, voll ausgefahren ersetzt er z.B. einen Kreuzhebel. Einer der Ringe übernimmt den dritten Steuerkreis, etwa für die Ballenzange am Frontlader, der zweite Ring steuert die Wendeschaltung. „So muss ich nicht umgreifen, habe eine Hand am Lenkrad, die andere am Hebel, und alles ist leicht erreichbar“, erklärt Schempp. Die Drehringe allein seien auch denkbar für „Lenkachse an/aus“ oder „Steinsicherung mehr/weniger“. Nicht so häufig gebrauchte Funktionen wurden komplett aufs Terminal verbannt: Lage- und Schlupfregeulng oder die Senkdrossel werden meist nur einmalig gebraucht, um Schlepper und Maschine für das Feld einzustellen. „Lediglich die Elemente, die ich während der Arbeit brauche, kommen auf die Armlehne. Und zwar so, dass sie dem menschlichen Stereotyp entsprechen“, erklärt Schempp. Der Befehl „Gerät hoch“ muss also auch in der Bedienung eine entsprechende Bewegung sein. Etwas verriegeln – wie eine Lenkachse am Güllefass – kann über den Drehschalter betätigt werden, entriegeln bedeutet dann intuitiv wieder aufdrehen. „Künftig soll der Fahrer nicht mehr überlegen müssen, ob er Zapfwelle oder Hydraulik betätigen muss, er soll einfach den Ladewagen einschalten können.“ Man koppelt also die Maschine nach Anleitung an und betätigt dann die Funktion – Pick-up rauf oder runter – und nicht die dafür nötige Technik wie Hydraulikventil 2 drücken/ziehen.

Eine weitere Funktion ist der Schalter zum Wechseln zwischen Arbeit und Straßenfahrt, er fungiert ähnlich wie ein Vorgwendemanagement und stellt einige Punkte automatisch ein: Beim Pflug wird im Arbeitsmodus das Hubwerk entriegelt, beim Güllefass dagegen nicht. Ebenso erfolgt die Vorwahl der Zapfwellenstufe automatisch, das Gerät sagt dem Schlepper selbst: „Wenn du mich anhängst, brauchst du immer die 1000er“. Auch das manuelle Ändern der Geschwindigkeit, etwa um die zugesetzte Ballenpresse freizumachen, wäre nicht mehr nötig, der Landwirt muss nicht mal wissen, dass man das über diesen Trick erledigen kann. Es gibt dann einfach eine Funktion, die „Ballenpresse freimachen“ heißt, die liegt auf einem Knopf mit passendem Symbol.

Damit der Fahrer die Armlehne nicht an jede Maschine einzeln gewöhnen muss, sollen die Gerätehersteller ein Template bekommen, das ihnen aufzeigt, was möglich ist. Da sie ihre Maschinen am besten kennen, können sie auch das schlüssigste Bedienkonzept erarbeiten. „Natürlich gibt es immer Tüftler, die sich selbst etwas zurechtlegen und ändern, für die könnte man auch die individuelle Belegung erlauben“, plant Schempp. Prinzipiell sollte aber ein sofortiger Start durch das Template der Standard sein. Wird die Maschine am ISOBUS angeschlossen, lädt sich die Armlehne das Template direkt von der Maschine – etwa vom Güllefass – und passt sich darauf an.

Im Template könnte zudem das Vorgewende schon mit angelegt sein, damit der Landwirt das nicht mehr selbst programmieren muss. Ein Knopfdruck auf der Armlehne reicht dann, und alles passiert so wie es soll. Mit passenden Bluetooth-Beacons sollen später auch Nicht-ISOBUS-Geräte mit der Armlehne kommunizieren können und ihr Bedienkonzept dorthin übertragen.

Wichtig sein wird dabei dann ein klares Erkennen der richtigen Schläuche für das richtige Ventil, um sicherzustellen, dass die richtige Funktion am dafür vorgesehenen Knopf hängt. Lösen könnte das etwa ein Farbkonzept an Schlauch und Ventil. Auf der Agritechnica zu sehen ist die Armlehne am Stand des Entwicklungspartners Elobau (Halle 17, B04), die Allgäuer Firma fertigt auch Bedienelemente für Hersteller wie Deutz-Fahr und Kramer.

Weiterer Partner des durch die Landwirtschaftliche Rentenbank geförderten Projekts ist das Forschungs- und Lehrgebiet Technisches Design des Instituts für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart.

Neuentwicklung: Die Transformer-Armlehne passt sich an

Bedienelemente für die Finger vor den Displays verändern sich, je nachdem welche Maschine angehängt ist.


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