Viel Potenzial für Landtechnik in der Mitte der USA

Amerikas Kornkammer Nebraska im Herzen der Vereinigten Staaten bietet nicht nur landschaftliche Reize, sondern auch einen vielversprechenden Wachstumsmarkt für die deutsche Landmaschinenindustrie.

Nebraska: Viel Potenzial für Landtechnik in der Mitte der USA

Die Teilnehmer der Delegationsreise „Transatlantic Cluster Initiative - Agricultural Machinery“.

Unendliche Weiten statt begrenztem Ackerland: Das ist Nebraska. Viermal so groß wie Niedersachsen und einer der führenden Agrarerzeuger in den USA. 95 Prozent der Gesamtfläche des Bundestaates im Mittleren Westen wird landwirtschaftlich genutzt und ist geprägt von weitläufigen Feldern, Rinder-Ranches und Farmen. Für deutsche Landmaschinenhersteller bietet Nebraska neue Marktchancen.

Zu Beginn des Jahres, noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie, besuchte eine Gruppe niedersächsischer Agrar-Clustervertreter Nebraska. Organisiert wurde die Reise vom German American Chamber of Commerce (GACC) und der Repräsentanz Niedersachsens in den USA. In mehreren Gesprächen und Treffen vor Ort wurde schnell deutlich, dass beide Staaten viel gemeinsam haben. Zurückzuführen ist das unter anderem darauf, dass viele Deutsche Nebraska mit aufgebaut haben. Vielerorts fühlt man sich an Deutschland erinnert, sei es durch die Architektur der lutherischen Kirchen in den kleinen Städten oder die vielen deutschen Familiennamen. Ein großer Teil der 1,9 Millionen Einwohner ist deutschstämmig, überwiegend aus dem norddeutschen Raum.

Heute ist mit Berkshire Hathaway Inc. (CEO Warren Buffet) Nebraska nicht nur in der Finanzwelt ein bekannter Name, sondern auch in der modernen Landwirtschaft und in der nachgeschalteten Verarbeitungsindustrie. Im Osten des Landes liegt Omaha, eine quirlige Metropole, dennoch spielt in Nebraska die Landwirtschaft eine bedeutende Rolle. Nebraska ist einer der wichtigsten Agrarstaaten der USA.

Nebraska: Viel Potenzial für Landtechnik in der Mitte der USA

Die Teinehmer schauten auch an der University of Nebraska-Lincoln vorbei, wo speziell im Bereich „Precision Farming“ geforscht wird. Mit Wissenschaftlern aus Osnabrück wurde im Nachgang ein regelmäßiger Austausch u. a. zu Sensoren und Kontrollsystemen für die teilflächenspezifische Bewirtschaftung vereinbart.

Herausforderungen auf beiden Seiten des Atlantiks

Im 19. Jahrhundert wanderten viele Europäer aus, die den fruchtbaren Boden und die Chancen der neuen Welt nutzen wollten. Bis heute hat sich daran wenig geändert, sodass Nebraska immer noch einen starken Bezug zur Landwirtschaft hat. Dieser Wirtschaftszweig ist einer der wichtigsten Bereiche und beschäftigt einen Großteil der Bevölkerung.

Was sich jedoch insbesondere im letzten Jahrzehnt deutlich verändert hat, ist die Digitalisierung der Landwirtschaft, etwa durch künstliche Intelligenz und „Machine Learning“ sowie steigende Nutzung von Satellitendaten – Themen, die man sonst eher im Silicon Valley vermutet. Jedoch zeigt sich bei einem Besuch in Omaha deutlich, was der Unterschied zum Silicon Valley ist. Hier werden neue Produkte und Services pragmatisch entwickelt, die dem Landwirt vor Ort helfen sollen.

Dabei konnte sich der Besuch aus Niedersachsen aus erster Hand über die Herausforderungen informieren, mit denen die Landwirte in Nebraska konfrontiert sind. Auch sie müssen sich zunehmend mit Fragen der Bewässerungsoptimierung, dem stärkeren Einsatz von Daten zur Steigerung der Erntemenge und einer höheren Automatisierung von Familienbetrieben auseinandersetzen. „Diese Herausforderungen sind fast deckungsgleich mit denjenigen der Landwirte in Niedersachsen“, betont Robert Everwand, der als Vertreter des Agrotech Valley Forum e.V. im Rahmen der Delegationsreise „Transatlantic Cluster Initiative – Agricultural Machinery“ teilgenommen hat. Für ihn sei es wichtig, dass Landmaschinenhersteller auch herstellerübergreifend an den Themen der Zukunft forschen, und das nicht nur interdisziplinär, sondern auch international. Die Internationalisierung ist dabei der entscheidende Wachstumsfaktor, weiß Dr. Andreas Eckstein, der das Land Niedersachsen in den USA repräsentiert und hiesige Unternehmen beim Markteintritt vor Ort unterstützt. „Wer seine Produkte nicht nur dem lokalen, sondern dem globalen Wettbewerb aussetzt, hat eine deutlich höhere Chance nachhaltig zu wachsen“, so Eckstein. Und das Wachstumspotential sei trotz aktueller handelspolitischer Verwerfungen zwischen Europa und den USA klar vorhanden. Klimawandel und Wasserknappheit, die Schonung von Ressourcen und CO2-Reduktion, das sind die Themen, die auf beiden Seiten des Atlantik aktuell in der Agrarwirtschaft auf der Agenda stehen. Wie auch ihre deutschen Berufskollegen, stehen dabei auch die US-Farmer in einem globalen Wettbewerb und müssen gleichzeitig ihren Maschinenpark modernisieren, um effizienter zu produzieren. „Hier ist dank des technologischen und nachhaltigen Know-hows deutsche Agrartechnik gefragt, auch weil Deutschland nach wie vor einen hohen Beliebtheitswert in der US-Bevölkerung erfährt“, weiß Oliver Rolofs von der Münchner Kommunikations- und Strategieberatung Connecting Trust.

Deutsch-amerikanischer Austausch soll fortgesetzt werden

Wie internationale Unternehmen der Landtechnik aus Nebraska umgekehrt agieren, wurde während der Delegationsreise unter anderem deutlich, als Eckstein das Thema auf Messen lenkt. So war den amerikanischen Gesprächspartnern die Agritechnica als Weltleitmesse gut bekannt. In Hannover alle zwei Jahre dabei zu sein sehen sie als „Muss“ an, um sich über neue Technologien und weltweite „Best Practices“ in der Landtechnik auszutauschen, aber auch US-Lösungen prominent zu vermarkten. Für Ende des Jahres ist bereits ein Gegenbesuch nach Niedersachsen geplant. Die Resonanz bei US-Unternehmen ist sehr gut, und Cobus Block vom Nebraska Economic Development betont, dass die Unternehmen aus Nebraska schon gespannt seien, in Niedersachsen „Best Practices“ kennenzulernen und sich mit Landwirten vor Ort auszutauschen.

Deutlich wurde während des Besuchs in Nebraska, dass dies erst der Anfang sein soll und das Interesse groß sei, den beidseitigen Austausch weiter zu verstärken. Um das Marktpotential für deutsche Landmaschinenhersteller und darüber hinaus weiter zu erschließen, hat das Agrotech Valley Forum gemeinsam mit dem Niedersachsen-Repräsentanten in den USA bereits den nächsten Besuch in Nebraska ins Auge gefasst. Vielversprechende Zeiten für deutsche Hersteller – die unendlichen Weiten Nebraskas bieten neue Marktchancen.


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