Brandenburg: Praxislernen ist cool

Ein Ausbildungsprojekt, das Schule machen sollte und junge Menschen auf den Beruf vorbereitet – Schülerinnen und Schüler verbringen in der neunten Klasse 25 Praxistage in Unternehmen

Nachwuchsgewinnung: Brandenburg: Praxislernen ist cool

Vom Projekt „Praxislernen“ voll überzeugt: Malte Knerr, Tino Neumann, Ariane Lissel, Olaf Boche und Praxislernberaterin Isabell Pönichen (v. l.).

Nachwuchsgewinnung: Brandenburg: Praxislernen ist cool

Malte Kerr wird nach dem „Praxislernen“ eine Ausbildung bei der New-Tec Ost antreten.

Einen interessanten Ausbildungsplatz zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach. Im Bundesland Brandenburg gibt es deshalb bereits seit 1999 das Projekt „Praxislernen“, was Schüler und Ausbildungsbetriebe dabei unterstützt, für eine zukünftige Ausbildung leichter zusammenzufinden.

„Praxislernen“ ist eine innovative Unterrichtsform, bei der Schüler der neunten Klassen während der Unterrichtszeit in Betrieben, Werkstätten, sozialen oder öffentlichen Einrichtungen arbeiten, statt in die Schule zu gehen.

Das vom Bundesbildungsministerium geförderte NETZWERK ZUKUNFT. SCHULE fungiert dabei als Koordinierungsstelle zwischen Gesamt-, Ober- und Förderschulen einerseits sowie den Ausbildungsbetrieben andererseits.

Isabell Pönichen, Praxislern-Beraterin von der Koordinierungsstelle in Potsdam erläutert dazu: „Durch dieses Projekt erhalten die Schüler eine gute Orientierung für ihre spätere Ausbildungsplatzwahl, oftmals haben sie nach dem absolvierten Praktikum schon einen Ausbildungsvertrag in der Tasche!“

Malte Knerr, heute Schüler der 10. Klasse an der Oberschule Brück im südwestlichen Brandenburg: „Auf Instagram bin ich das erste Mal auf die New-Tec Ost, einem großen New-Holland Händler mit Zentrale in Treuenbrietzen (Süd-Brandenburg), gestoßen. Weil Traktoren cool sind, bin ich selber auf das Unternehmen zugegangen und habe mich für einen „Praxislernen“-Platz im Berufsfeld Landmaschinen-Mechatroniker in der 9. Klasse beworben und diesen dann auch bekommen.“

Tino Neumann, Geschäftsführer der New-Tec Ost Vertriebsgesellschaft für Agrartechnik mbH, ist überzeugt vom Projekt „Praxislernen“: „Als größter New Holland-Händler in Deutschland mit insgesamt 10 Filialen in Ostdeutschland und 150 Mitarbeitern müssen wir uns ständig aktiv darum bemühen, jeweils zum Start des neuen Ausbildungsjahres unsere vorhandenen Ausbildungsplätze durch neue Schulabgänger zu besetzen. Die Zeiten, dass wir Bewerbungen satt hatten, sind lange vorbei! Deshalb sind wir Partner in diesem Projekt.“

Wie funktioniert das freiwillige „Praxislernen“?

Im Verlauf der 9. Klasse verbringt der Schüler 25 Praxistage in einem Ausbildungsbetrieb.Malte Knerr hat seine Praxistage von Februar bis Juli 2018 einmal pro Woche bei der New-Tec Ost in Treuenbrietzen absolviert. Unter Anleitung von Meistern oder Gesellen hat er während dieser Zeit Wartungsarbeiten an Traktoren, Mähdreschern und anderen Landmaschinen durchgeführt und bei Reparaturen assistiert. Dabei hat er sehr viel gelernt. Auch im Shop und im Ersatzteillager hat er mit angepackt.

„New Holland-Traktoren sind cool, und da ich mich vor allem für deren Motoren interessiere, hat es mir viel Spaß gemacht, diese zu warten und bei den Reparaturen mitzuhelfen.“ Die ausgeführten Tätigkeiten hat er nach jedem Praxistag in einem Berichtsheft dokumentiert und diese auch in einem Kurzreferat den Mitschülern seiner 10. Klasse präsentiert.

Das Praktikum hat er mit der Gesamtnote „2“ abgeschlossen. Benotet wurden dabei die in das „Praxislernen“ eingebundenen Fächer Wirtschaft, Arbeit, Technik sowie Deutsch und Englisch.

Der 17-jährige Schüler hat nach dem „Praxislernen“ auch sein zweiwöchiges Betriebspraktikum, das generell Pflicht ist, bei der New-Tec Ost absolviert. Beide „Schnupperwochen“ haben Malte so gut gefallen, dass er die New-Tec Ost seinem Mitschüler Moritz Stöckmann als Ausbildungsbetrieb empfohlen hat. Dieser wird dann auch dort im August 2019 seine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechatroniker beginnen.

Malte selber wird zunächst eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker in einem anderen Betrieb beginnen, will danach aber noch eine zweite Ausbildung zum Landmaschinen-Mechatroniker bei der New-Tec Ost absolvieren.

Im Zusammenhang mit „Praxislernen“ sind auch die guten Vorbereitungen für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche durch die Oberschule Brück hervorzuheben. Diese hat dafür auch das Berufswahlsiegel als „Schule mit hervorragender Berufs- und Studienorientierung“ erhalten.

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Nino Neumann, Geschäftsführer New-Tec Ost: „Durch das Praxislernen können wir die jungen Leute sehr gut im Vorfeld beurteilen.“

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Innungsgeschäftsführer Olaf Boche: „Praxislernen verbessert die Erfolgsquote bei der Berufswahl.“

Wertvolle Hilfe bei der Kandidatenbeurteilung

New-Tec Ost-Geschäftsführer Tino Neumann bewertet das Konzept „Praxislernen“ durchweg positiv: „Wir können den potentiellen Auszubildenden sehr gut kennenlernen und vermögen dadurch sehr gut zu beurteilen, ob der jeweilige Praktikant der richtige Kandidat für einen Ausbildungsplatz ist oder nicht. Das funktioniert viel besser als nur mit Zeugnissen und einem Bewerbungsgespräch!“

Dies würden auch die anderen beteiligten Ausbildungsbetriebe bestätigen, so Olaf Boche, Geschäftsführer des Landesverbandes der Fachbetriebe Landtechnik und Metallverarbeitung Brandenburg e.V. sowie der Innung Land-und Baumaschinentechnik Berlin und Brandenburg.

Besonders für das Recruiting von Nachwuchskräften hat das Projekt „Praxislernen“ stark an Bedeutung zugenommen. „Wer ‚Bock auf Technik‘ hat, ist bei uns genau richtig!“ sagt Tino Neumann. „Und auch die Meister machen mit: Der Zuspruch intern ist groß. Unsere Meister haben „Praxislernen“ verinnerlicht, die Integration des Konzeptes in die Betriebsabläufe wurde erfolgreich realisiert. Der gesamte Prozess hat grundsätzlich gut funktioniert. Durch „Praxislernen“ sind wir in der Lage, frühzeitig Nachwuchs für unseren Betrieb zu generieren.“

Ariane Lissel ist in der Koordinierungsstelle, die das Bindeglied zwischen Betrieben und Schulen bildet, für Öffentlichkeitsarbeit und Controlling zuständig. Sie freut sich, dass die Kooperation zwischen Malte Knerr, der New-Tec Ost und der Oberschule Brück ein gutes Beispiel für den Erfolg des Projektes ist, vor allem auch hinsichtlich des Einhaltens von Qualitätsstandards und der Ausführung der Praxisaufgaben.

Zusammenfassend ist Olaf Boche überzeugt, dass „Praxislernen“ der professionelle Weg für Schüler während ihrer Berufswahl und Ausbildungsbetriebe ist, mit hoher Erfolgsquote zueinander zu finden. Er wünscht sich, dass sich noch viel mehr Betriebe an diesem Projekt beteiligen.

Neben dem „Spaßfaktor“ hat „Praxislernen“ auch den positiven Nebeneffekt, dass Schüler an die Region gebunden werden. Malte: „So ein interessanter Betrieb wie die New-Tec Ost macht es für mich interessant, auch zukünftig in meiner ländlich geprägten Heimat zu arbeiten und zu leben!“


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