Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Die Wurzer Umweltdienst GmbH ist im Münchner Raum eine Institution in Sachen Landschaftspflege und -bau. Dabei kommt auch Spezialtechnik wie Pistenbully und Schreitbagger zum Einsatz.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Im nassen Gelände kommt das etwa neun Tonnen schwere Fahrzeug dank drei Metern Außenbreite gut zurecht.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Rasso Schatz, Geschäftsführer der Wurzer Umweltdienst GmbH (links) mit dem Gründer Franz Wurzer. Er hat sich aus dem Tagesgeschäft verabschiedet, die Familie ist aber weiter Inhaberin der Unternehmensgruppe und wird bei größeren Investitionen oder strategischen Entscheidungen einbezogen.

Im Jahr 1984 mit einem MB-Trac und einer Heckenschere von Franz Wurzer gegründet, beschäftigt die Unternehmensgruppe Wurzer heute rund 400 Mitarbeitende. Ausschlaggebend für die Expansion waren damals die großen Mengen Biomasse, die mit der Dienstleistung anfielen. Wurzer sah in der gewerblichen Kompostierung einen weiteren Geschäftszweig. Heute passieren das Werkstor täglich etwa 700 Lkw. „Noch immer richten wir uns nach aktuellen Bedarfen aus, das Unternehmen steht nie still“, sagt Rasso Schatz, Geschäftsführer der Dienstleistungssparte. Und da es im Erdinger Moos viele Feuchtflächen gibt, stieg man auch in deren Pflege ein. Mit Fahrzeugen sind diese häufig nicht befahrbar – eigentlich. Denn die Wurzer Umweltdienst GmbH kommt mit einem umgerüsteten Pistenbully auch in solchen Gebieten zurecht. „Eine Moorwiese ist wie ein Wasserbett: Schaukelt man auf der einen Seite zu sehr, beeinflusst das das ganze System“, erklärt Schatz. Oft sind die Schilfpflanzen sehr dicht gewachsen und müssen entfernt werden, damit auch andere auf Moor spezialisierte Arten eine Chance auf den selten gewordenen Flächen bekommen.

Dem 300 PS starken Pistenbully Greentech hat man spezielle Aluketten aufgezogen, die einerseits verhindern, dass das Gefährt versinkt und gleichzeitig bodenschonend Vortrieb bieten. „Trotzdem erfordert das Steuern in solchem Gelände viel Erfahrung: Der Fahrer muss genau wissen, ob er an einer Stelle wenden kann oder ob das zu gefährlich ist“, erklärt Schatz. An der Front arbeitet ein Mulcher von Mera, das Schnittgut wird in einen im Heck geschulterten Bunker geblasen. Dieser kann seine Ladung an einer für reguläre Fahrzeuge zugänglichen Stelle abkippen. Anschließend wird das Material dort verladen und ebenfalls im hauseigenen Kompostwerk verarbeitet. Jährlich kommt der Pistenbully so auf 500-700 Einsatzstunden im Grünen.

Derzeit kommen auch bei Wurzer die Pandemie-Nachwehen an: Da in den ersten Corona-Jahren unter anderem am Flughafen stark gespart werden musste, wurden auch die Pflegeaufträge von Ausgleichsflächen auf das Nötigste zusammengestrichen. Wenn Schatz’ Team nun auf diese zurückkommt, ist der Aufwand zwei- bis dreimal höher als in einem regulären Jahr. „Je stärker der Bewuchs, desto schwieriger ist die Pflege. Denn meine Leute sehen ja teilweise nicht, ob dort ein umgestürzter Baum aus dem letzten Jahr drin liegt. Dementsprechend vorsichtig müssen sie sein“, erklärt Schatz. Daher werden diese Aufträge in den allermeisten Fällen auch nach Stundensatz abgerechnet, nicht nach Fläche.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Der Raum um Eitting liegt in der Einflugschneise des Flughafens München, dessen Ausgleichsflächen die Wurzer Umweltdienst GmbH pflegt.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

In der Landschaftspflege muss es ebenfalls schlagkräftig und effizient zugehen: Der getestete Kuhn Schwader könnte ein komplettes Traktorgespann ersetzen, das dann anderweitig eingeplant werden könnte.

Um die Schlagkraft zu erhöhen, testet man aktuell einen Kuhn GA8030 Zweikreisel-Schwader mit bis zu 8,3 Metern Arbeitsbreite. Denn natürlich übernimmt man neben der Mahd auch das Aufbereiten des Schnittguts. „Wir erreichen eine fast vollständige Eigenmechanisierung und können somit nicht nur einzelne Arbeiten, sondern das komplette Landschaftspflege-Programm anbieten“, sagt Schatz. Der von ihm verantwortete Fuhrpark umfasst etwa 3.500 Inventarnummern. Dazu gehören verschiedene Traktoren, diverse Mulch- und Mähgeräte, Radlader, Bagger und Lkw sowie spezielle Maschinen: Neben dem oben bereits genannten Pistenbully sind auch ein Ahlbach Selbstfahrhäcksler für große Holzmengen, Mähsammelboote und Schreitbagger vertreten.

Schreitbagger mit vielfältigen Aufgaben

Letzterer ist vielfältig im Einsatz, etwa in der Problembaumfällung. Mit dem um einen Schwenkzylinder sowie Dreh- adapter erweiterten Fällkopf greift der Fahrer beinahe in jeder Richtung problemlos in die Krone. Jeden Ast peilt er genau an, korrigiert den Greifer mehrmals nach, bis schließlich die beste Position gefunden ist. Anschließend betätigt er in kleinen Schritten die integrierte Kettensäge und drückt den Ast dann ein Stück nach vorne. Dann sägt er weiter, bis das Holz schließlich nachgibt. Anschließend legt der Langarm alles sauber ab. Dass der Baum direkt über ein Hausdach reicht und der Bagger mehrmals unter der hängenden Telefonleitung durchtauchen muss, stellt Schatz' Fahrer vor keine größeren Probleme. Bereits nach einer halben Stunde ist die erste von zwei Kronen soweit wie nötig eingekürzt. Anschließend muss leider ein vom Sturm stark mitgenommenes Naturdenkmal gefällt werden. Der Baum steht zwar auf Privatgrund, der Auftrag kommt von der Besitzerin.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Durch den hohen Stand des Fahrzeugs hat der Fahrer einen guten Blick in die Baumkrone.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Die Aluketten sind bewusst bodenschonend konzipiert.

Dennoch startet Schatz solche Maßnahmen nicht ohne die Freigabe der Unteren Naturschutzbehörde. Die Äste der Eiche sind bis zu 30 Zentimeter stark, sie hängen ebenfalls in Richtung eines Gebäudes. „Wir haben auch ausgebildete Kletterer im Betrieb. Insgesamt wäre das aber aufwändiger und vor allem gefährlicher“, erklärt Schatz. So aber bekommt er die beiden Bäume mit einem Mann und einer Maschine ebenfalls in wenigen Stunden in den Griff. Durch den speziellen Schnellwechseladapter des Augsburger Hydraulikspezialisten Oilquick geht der Werkzeugtausch auch bei komplizierten Geräten wie dem Fällkopf so schnell wie bei einem simplen Löffel: Alle Hydraulikleitungen sind intern im Adapter verlegt und werden automatisch gekuppelt. Der Fahrer muss die Kabine nicht verlassen und kann fast ohne Unterbrechung weiterarbeiten. Dass nach den Bäumen noch schnell ein paar Stubben abgefräst werden, ist daher kein großer zusätzlicher Aufwand. „Wir arbeiten eng mit Oilquick zusammen. Das Invest pro Bagger kann zwar durchaus sechsstellig werden, lohnt sich aber dennoch“, versichert Schatz. Das Haupteinsatzgebiet der Schreitbagger bei Wurzer aber ist am oder im Wasser: Die Staudämme der Stadtwerke und das Wasserwirtschaftsamt sind häufig Kunde, wenn es etwa um die Beseitigung von Kalamitäten geht.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Der Pistenbully kommt vor allem in unwegsamem, nassem Gelände zum Einsatz. Der Ladebunker fasst 15 Kubikmeter.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Für den Transport können die Anbauten des Pistenbullys eingeklappt werden.

Arbeiten auch im Wasser

Dann steigen die gelenkigen Multitalente direkt in die Gewässer und fischen Stämme, Äste und anderen Unrat heraus. Außerdem sind sie auch im Landschaftsbau praktisch, denn hin und wieder ist es unumgänglich, in die Natur einzugreifen und sie mit baulichen Maßnahmen zu verändern. Dies sollte nach der Philosophie von Wurzer so umweltschonend wie möglich erfolgen. Neben klassischen Erdarbeiten wagt sich der Dienstleister auch an Spezialherausforderungen wie Biotop- oder Wasserbau heran, egal ob trockene, steile oder sumpfige Gegebenheiten vorherrschen. Dort können sich die Schreitbagger dann beispielsweise an engen Uferböschungen schnell und sicher Halt verschaffen. Eine ebene Fläche benötigen sie quasi nie. Ist die Grundlage dann geschaffen, übernimmt Wurzer auch die Bepflanzung.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Der Fällgreifer ist sehr flexibel dreh- und schwenkbar.

Ein weiterer Geschäftszweig, den Schatz mitverantwortet, ist die Beseitigung von Ölspuren. Eine 24 Stunden erreichbare Notfall-Hotline und die enge Zusammenarbeit mit Behörden und Einsatzkräften sorgt für mindestens einen täglichen Einsatz. So konnte sich etwa ein Sattelschlepper mit Motorschaden gerade noch in eine Parkbucht an der Landstraße retten. Die Verschmutzung aber war dann bereits angerichtet. Neben einer Lkw-Kehrmaschine, die den Ölbinder beseitigt, schickt Schatz dann auch einen Laster samt Kompaktbagger los, um den von der Havarie beeinträchtigten Boden neben der Teerfläche direkt eine Handbreit abzutragen, bevor das Öl ins Grundwasser sickert. Eine entsprechende Sammelstelle existiert im angegliederten Recyclingbetrieb natürlich ebenfalls. Inzwischen ist dieser zu einem vollwertigen Wertstoffhof ausgebaut worden, den man für die Kommune betreibt.

Generell ist man bei Wurzer immer darauf bedacht, möglichst ganzheitlich und in geschlossenen Kreisläufen zu arbeiten: So erzeugt man den selbst benötigten Strom durch Biogas und Photovoltaik vollständig selbst. Die in der Dienstleistung angefallene Biomasse wird zu Kompost, Erde und anderen Substraten für den GaLaBau verarbeitet und selbst vertrieben. Die Abwärme der Biogasanlage wird zudem von einer Bandanlage genutzt, um zum Beispiel Hackschnitzel zu trocknen oder nassen Abfällen das Wasser zu entziehen.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Fällgreifer ab, Stubbenfräse dran: Dank Adapter von Oilquick erfolgt der Werkzeugwechsel in Sekunden, ohne dass der Fahrer dafür die Kabine verlassen muss.

Landschaftspflege: Feuchtbiotope und Kreislaufwirtschaft

Ölspuren zu beseitigen bedeutet bei Wurzer nicht nur, dass der Ölbinder aufgekehrt wird. Mit Behörden und Einsatzkräften arbeitet man für einen umfassenden Service eng zusammen.

Moorböden in Südbayern

Wer in Bayern Ortsnamen begegnet, die -moos, -mies oder -ried beinhalten, kann davon ausgehen, dass sich früher dort ein Moor befand. Diese gelten heute als wichtiger Baustein im Kampf gegen schädliche CO2-Emmissionen, denn sie speichern Kohlendioxid: Schon eine zehn Zentimeter dicke Moorschicht speichert ebensoviel CO2 wie ein 100-jähriger Wald auf der gleichen Fläche. Meist sind die Moorböden aber sehr viel dicker. Daher gilt es, die restlichen Gebiete dieser Art entsprechend zu schützen und zu erhalten. Denn derzeit sind allein in Bayern bereits 97,5 Prozent der ursprünglichen Moore trockengelegt und geben das gespeicherte Treibhausgas an die Atmosphäre ab. Das Erdinger Moos im Münchner Nordosten ist so eine Gegend, auch dort wurden große Teile durch Gräben und Kanäle urbar gemacht. Zudem wurde durch den Bau des Flughafens in direkter Nachbarschaft ebenfalls der Grundwasserspiegel abgesenkt. Dafür waren aber Ausgleichsflächen nötig, die entsprechend ökologisch aufgewertet und extensiv bewirtschaftet werden müssen. Hier kommt dann die Firma Wurzer Umweltdienst ins Spiel.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen