Mit der Bremse auf die Fehlersuche gehen

Moderne Dynamometer können einer Werkstatt weit mehr helfen, als nur die wirkliche Leistung eines Schleppers anzuzeigen. Für ihren Betrieb gilt es aber einiges zu beachten, denn Motoren sind unter anderem wetterfühlig.

Mobile Leistungsprüfstände: Mit der Bremse auf die Fehlersuche gehen

Die Zapfwelle muss beim Einsatz möglichst gerade zum Schlepper stehen.

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Die mobilen Prüfstände benötigen keinen teuren Werkstattplatz, sondern begnügen sich mit dem Hof.

Zuerst sei kurz vermerkt, dass man die Leistung eines Traktors nicht messen kann – lediglich für Drehzahl und Drehmoment ist das möglich. Aus diesen Werten aber lässt sich die Anzahl der unter der Haube eingepferchten Pferde berechnen. Dank computergesteuertem Dynamometer – im Volksmund auch Zapfwellenbremse genannt – muss das heute niemand mehr mit Bleistift und Papier erledigen.

Bei einem Leistungstest beginnt man vom oberen Ende her: Gestartet wird die Messung bei Abregeldrehzahl ohne Last. Dann startet der Dynamometer und bremst die Zapfwellendrehzahl und somit den Motor immer weiter ab. Der Test endet erst, wenn das Drehmoment merklich abfällt. In den vom Computer ausgegebenen Diagrammen können die Werkstatt-Experten dann auch Fehler erkennen, wenn das Drehmoment etwa viel zu schnell abfällt. Sehr einfach können aber auch ohne die Messwerte wichtige Diagnosen gestellt werden, etwa, indem das Dynamometer auf bestimmte Drehzahlen oder Belastungen eingestellt wird. So kann man Einsatzbedingungen simulieren und die entsprechenden Komponenten unter Last begutachten: Rutscht die Zapfwellenkupplung? Hakt die Einspritzung bei bestimmten Drehzahlen? Wie schnell wird der Motor heiß? Wo im Antriebsstrang gibt es Geräusche?

„Dynamometer zu bedienen ist keine schwierige Aufgabe, trotzdem muss dafür eine Schulung absolviert werden“, erklärt Gerd Christiansen; er vertreibt als Werkvertretung die Eggers-Zapfwellenleistungsbremsen von KL-Maschinenbau. Laut Angaben des Unternehmens werde diese „von fast allen namenhaften Schlepperherstellern in der Endmontage, Schulung und Entwicklung verwendet – weltweit!“ Mit der 2018 erstmals präsentierten PT 501 G ohne Zwischengetriebe ist es möglich, bis zu 1.000 PS starke Motoren über eine unbegrenzte Zeit zu messen und den Prüfling direkt nach der Messung aus Volllast zu stoppen. Die Toleranzen betragen dabei unter einem halben Prozent.

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Die Steuerung kann auch per Fernbedienung erfolgen.

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Die wichtigsten Werte zeigt ein Display direkt an.

Im Vorfeld beachten – richtig messen

Für den Betrieb gilt es neben den regulären Sicherheitsbestimmungen noch einiges zu beachten. Wir haben uns von Experte Christiansen erklären lassen, welche Faktoren einen Leistungstest beeinflussen können und was es daher im Vorfeld alles zu erledigen gilt:

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Vorne wie hinten sind die mobilen Dynamometer durch Balladen zu schließen.

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Die Geräte werden am Standort Rendsburg in Schleswig-Holstein von KL-Maschinenbau produziert.

Alle Servicepunkte prüfen: Öle und Kühlwasser müssen ausreichend befüllt sein, Luftfilter und Einlassgitter sauber, der Kühler ebenso. Nur ein gut kühlender Motor kann seine ideale Leistung erreichen. Außerdem kann bei einem verschmutzten Kühler der Lüfter mehr Leistung abfordern, die dann nicht an der Zapfwelle ankommt. Das verfälscht daher ebenfalls die Messung.

Tank mindestens zu einem Fünftel befüllen: Bei Neumaschinen sind häufig nur 5 bis 10 Liter Diesel eingefüllt. Die kleine Menge wird während des Betriebes jedoch stark umgewälzt, über den Rücklauf der Einspritzung können bei modernen Schleppern stündlich über 1.000 Liter Diesel fließen. Dabei erwärmt sich der Treibstoff im Tank, dehnt sich aus und enthält Luftblasen – bis hin zum Schaum. Der Brennwert des Treibstoffs bleibt dabei gleich, er nimmt aber mehr Volumen ein. Bei gleicher Einspritzmenge kommt so weniger Energie in den Motor als bei der gleichen Menge kaltem Kraftstoff ohne Luftblasen. Je mehr Kraftstoff im Tank ist, desto kleiner fällt dieser Effekt aus. Moderne Einspritzsysteme korrigieren die Einspritzmenge zwar bei wärmerem Sprit, ideal aber läuft die Messung, wenn gleich mit der richtigen Temperatur beziehungsweise Füllmenge gearbeitet wird.

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Angehoben können die Eggers-Dynamometer auch an höher gelegene Antriebsstränge von Mähdreschern oder Feldhäckslern montiert werden.

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Nicht nur Traktoren können auf ihre Leistung geprüft werden.

Traktor warm laufen lassen: Dickflüssiges Öl verlangt mehr Leistung seitens der Ölpumpe und hat gleichzeitig weniger Schmierwirkung, weshalb der Motor mehr Energie zur Bewegung seiner Teile aufwenden muss. Nur auf Betriebstemperatur können reale, vergleichbare Messwerte erzielt werden.

Traktor möglichst gerade vor den Dynamometer fahren: Denn durch unnötig starke Knicke der Gelenkwelle kann Leistung geschluckt werden. Eine leicht Z-förmige Beuge ist aber in Ordnung.

Alles auf Leerlauf: Sämtliche Fahrantriebe – Gang- und Gruppengetriebe – müssen in Neutralstellung stehen, da sie sonst mit angetrieben werden können. Auch wenn keine Verbindung zu den Rädern hergestellt wird, verbraucht ein nur zum Teil mitlaufendes Getriebe etwas Leistung.

Klimaanlage und die Beleuchtung deaktivieren: Diese brauchen zusammen gerne 5 kW Motorleistung. So sind alle Schlepper generell besser vergleichbar. Denn bei einem ist die Klimaanlage größer ausgelegt, was komfortabel für den Fahrer im Sommer ist, natürlich benötigt eine solche aber mehr Leistung. Die Messung sollte aber so unverfälscht wie möglich sein, weshalb generell ohne Klimaanlage ans Dynamometer gefahren wird.

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Ein Fahrwerk ist nicht zwingend notwendig. Versetzt oder verladen werden kann dieses Dynamometer mit dem Gabelstapler.

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Für die Bedienung ist ein PC nicht zwingend notwendig, er ermöglicht aber die Dokumentation und kann auch die Steuerung übernehmen.

Überprüfen der oberen Abregeldrehzahl: Dazu wird der Motor ohne Belastung auf Vollgas gebracht. Erreicht er den vom Hersteller definierten Wert nicht, muss er technisch dahingehend überprüft werden. Dreht der Motor zu schnell, ist ebenfalls etwas nicht in Ordnung, was zudem zu weiteren Problemen führen kann: Denn so fährt der Traktor auf der Straße zu schnell, womit die Straßenzulassung erlischt. Die Verantwortung kann hier im Schadensfall auch der betreuenden Werkstatt angelastet werden.

Fester Stand: Der Dynamometer muss während des Tests fest stehen. Er darf auf keinen Fall die vom Traktor abgegebene Kraft durch Verwindung in seine eigenen Reifen oder die Federung abgeben, da dies die Messung verfälscht. Experte Christiansen vergleicht das mit einem Messschieber aus Gummi. Daher müssen zum Beispiel Spindelstützen an den Ecken ausgefahren sein und fest auf den Untergrund drücken.

Jeder Verbrennungsmotor ist wetterfühlig: Bei +30 °C im Sommer bringt er nicht die gleiche Leistung, wie im -10 °C kalten Winter. Das liegt an der gleichen Problematik wie beim Kraftstoff: In einem Kubikmeter Luft sind eine bestimmte Menge Sauerstoff-Moleküle enthalten. Wird diese Luft wärmer, dehnt sie sich aus. Die gleichen Sauerstoff-Moleküle verteilen sich dann auf einem größeren Raum. Ein Motor saugt aber immer das gleiche Luftvolumen an. Im wärmeren Zustand enthält dieses also weniger Sauerstoff, die Verbrennung erfolgt weniger ideal und die Leistung sinkt. Das gilt auch für Motoren mit Ladeluftkühlung: Denn durch diese wird die durch die Turbo-Kompression aufgeheizte Luft nur wieder um einen bestimmten Prozentsatz zurückgekühlt, nicht auf eine feste Temperatur.

Auch der Luftdruck beeinflusst: Für den Menschen ist der Atmosphärendruck von einem Bar der normale Zustand, weshalb wir diesen nicht fühlen oder spüren können. Öffnet man aber ein Gefäß mit Vakuum in unserer normalen Umgebung, presst der Atmosphärendruck die Luft mit einem Bar in das Gefäß – circa! Denn unsere Atmosphäre schwankt zwischen 0,92 und 1,03 Bar (920 bzw. 1030 Millibar), je nach Wetter und Höhenlage. Das Ansaugen von Luft durch einen Motor ist nichts anderes als ein Vakuum, in das Luft strömt. Ändert sich der Atmosphärendruck, beeinflusst das auch die in den Motor strömende Luft. Die Leistung eines Motors kann bei hohem Luftdruck und niedriger Temperartur – etwa an einem sonnigen Wintertag – um bis zu 15 Prozent höher sein im Vergleich zu einem warmen Tag mit niedrigem Luftdruck.

Daher hat sich die Industrie darauf geeinigt, dass für Leistungsangaben, etwa in Prospekten, eine Lufttemperatur von +25 °C bei 1.000 Millibar Luftdruck als Berechnungsgrundlage gilt. Motorenhersteller prüfen ihre Produkte daher in speziellen Klimakammern. Solche gibt es für Dynamometer in Werkstätten natürlich nicht. Die Computer der Dynamometer können die aktuellen Wetterdaten aber in die Leistungsberechnung mit einbeziehen und korrigieren die Ergebnisse entsprechend der während des Tests vorherrschenden Umgebungsbedingungen. Es ist jedoch gut zu wissen, dass zwei Tests der gleichen Maschine bei absolut unterschiedlichen Umgebungsbedingungen allein auf Grund dieser voneinander abweichen können.

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Alle notwendigen Zubehörteile – vom Bedienteil bis zu verschiedenen Zapfstellen – können im Anhänger gelagert werden.

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Als straßenzugelassener Anhänger kann das Gerät auch den Standort wechseln und vor Ort beim Kunden messen oder vermietet werden.

Kraftstoffverbrauch messen: Theorie versus Praxis

Immer wieder hört Christiansen den einfachen Vorschlag, man müsse für eine Verbrauchsmessung ja nur den Kraftstoff-Vorlauf sowie gleichzeitig den Rücklauf messen. Die Differenz wäre der Verbrauch – theoretisch. Denn Messgeräte müssen für die jeweils umgewälzte Menge ausgelegt sein, welche bei Traktoren, wie oben bereits erwähnt, sehr hoch sein kann. Es wird also sehr viel Diesel zur Einspritzung transportiert, das meiste davon geht zurück zum Tank. Die beiden Messgeräte müssten also für relativ große Durchflussmengen ausgelegt sein. Diese bringen natürlich Messtoleranzen mit: Darf die Messung dann beispielsweise um 0,5 Prozent schwanken, können bei 1.000 Litern umgewälztem Diesel in einer Stunde von der Messtoleranz bereits 50 Liter geschluckt werden. Daher kann der Verbrauch sauber nur direkt mit einem Gerät gemessen werden, das die wirkliche Einspritzmenge misst. Es ist auf dieses kleine Volumen abgestimmt, wodurch die gleiche Toleranz dann nicht ins Gewicht fällt. KL-Maschinenbau hat solche Geräte auch im Programm. Sie werden ebenfalls an Vorlauf und Rücklauf angeschlossen, die Leitungen sind intern aber auf eine bestimmte Art so miteinander verknüpft, dass nur der wirkliche Verbrauch gemessen wird. Ein weiterer Vorteil: Die Geräte können mit den Computern der Dynamometer gekoppelt werden. So ist es möglich, den Verbrauch während des Leistungstests zu messen und alle Ergebnisse parallel anzuzeigen – zum Beispiel den Diesel-Durst bei einer bestimmten Leistung oder Drehzahl.

Natürlich beschränkt sich der Einsatz nicht auf Traktoren alleine: „Prinzipiell können wir alles anschließen, das sich dreht“, erklärt Christiansen. Dazu gehören Standmotoren oder auch auch Feldhäcksler oder Mähdrescher. Dafür muss der Prüfstand allerdings angehoben werden, da die Leistung möglichst nah am Motor ohne Zwischenübersetzungen oder Umlenkungen abgegriffen werden sollte. Durch entsprechende Gabelstapler-Laschen im Grundrahmen des Dynamometers ist das auch offiziell so zugelassen. Dabei sollte nur bedacht werden, dass die Prüfstände keine Leichtgewichte sind: Der oben genannte PT 501 G wiegt stattliche 2.500 kg, was nicht jede Gabel-taugliche Maschine auch stemmt.

Außerdem findet sich im Portfolio von KL-Maschinenbau ein Leistungsprüfstand für Kettensägen: Für Werkstätten ist dieser laut Christiansen allerdings kaum rentabel. Konzipiert wurde er vor allem für Testzentren oder -labore, die damit vom Hersteller unabhängige Leistungsmessungen durchführen können.

Kleine Physikstunde – Für Interessierte und Kopfrechen-Fans

Wer die Leistung selbst ausrechnen will, muss sich den Fixwert 9550 merken, denn die Leistung berechnet sich wie folgt:

(Zapfwellen-Drehzahl in min-1) x (Drehmoment in Nm) / 9550 = Leistung in kW

Daraus wird auch ersichtlich: Wechselt man von der 1000er Zapfwellen-Stufe in die 540er, steigt das Drehmoment. Denn die Motorleistung bleibt ja gleich. Praktiker wissen das natürlich aus dem Alltag, denn mit der 540er lässt sich mehr „reißen“, die 1000er dagegen ist für schnelle, aber weniger dampfhungrige Geräte vorgesehen. Sie wurde eingeführt, um Getriebe und Kupplung, wenn möglich, zu schonen, denn das Drehmoment setzt diesen Komponenten viel mehr zu als die Drehzahl.

Der oben errechnete Wert ist die Leistung an der Zapfwelle. Da ein Getriebe durch Planschverluste und Reibung auch etwas Leistung frisst und Nebenaggregate wie Lichtmaschine, Druckluftkompressor und Hydraulikpumpe ebenfalls dauerhaft mitlaufen, schlagen die Experten zehn Prozent auf den errechneten Wert. Dieser ist die Leistung des Motors alleine, direkt an der Kurbelwelle.

Ebenfalls berechnet werden kann der Drehmomentanstieg: Dafür misst man das Drehmoment bei der vom Hersteller angegebenen Nenndrehzahl, es entspricht 100 Prozent. Anschließend beobachtet man, um wieviel das Drehmoment während des Bremsvorgangs maximal ansteigt, zum Beispiel auf 142 Prozent. Der Anstieg um 42 Prozent kennzeichnet, wieviele Reserven der Motor hat. Ist er steil beziehungsweise hoch – 42 Prozent gilt als ganz guter Wert – bekommt man die Maschine schwerer zum Aufgeben. Eine flachere Kurve bzw. ein niedriger Drehmomentanstieg dagegen zeugen von weniger Möglichkeit, den Motor zu „drücken“. Berechnet wird das Ganze nach dieser Formel:

(Max. Drehmoment – Nenndrehmoment) / Nenndrehmoment x 100 = Drehmomentanstieg in %

TM


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