Auch Blühpflanzen haben gute Karten

Studie räumt mit Vorurteilen auf – Automatische Mähsysteme können zur Biodiversität beitragen – Zahlreiche Kräuter dulden den Mähroboter – Entscheidend für eine reichhaltige Blütenpracht ist die Schnitthöhe – Insekten profitieren von blühenden Randbiotopen

Mähroboter: Auch Blühpflanzen haben gute Karten

Im Sommer 2020 wurden am Waiblinger Stihl-Standort die Auswirkungen von verschiedenen Mähmethoden auf die Biodiversität im Lebensraum Rasen untersucht.

Ein gepflegter „Englischer Rasen“ ist der Traum nicht weniger Gartenbesitzer. Damit ihre Flächen gleichmäßig in einem satten Grün erstrahlen und dicht und buschig werden, setzen viele von ihnen auf Robotermäher, die den dafür erforderlichen regelmäßigen Rasenschnitt gewissenhaft übernehmen.

Doch immer häufiger werden Mähroboter von Teilen der Öffentlichkeit kritisiert. Es wird ihnen unter anderem vorgeworfen, sie trügen nicht zur Artenvielfalt bei. Dass sie jedoch mehr können, als nur „monotone“ Grünflächen zu erzeugen, und durchaus auch biologische Vielfalt im Rasen zulassen, geht aus einer aktuellen Studie der Universität Hohenheim hervor, die gemeinsam mit dem Gerätehersteller Stihl durchgeführt wurde. Wenn es um die Biodiversität von Rasenflächen geht, können Mähroboter der Studie zufolge besser abschneiden als handgeschobene Rasenmäher mit Grasfangeinrichtung. Blühpflanzen im Rasen – sofern sie von den Grundstücksbesitzern geduldet werden – haben demnach sogar bessere Chancen zum Aufwuchs und zur Blüte.

Schnitthöhe entscheidet

Eine wichtige Voraussetzung für einen blütenreichen Rasen ist das Mähen auf maximaler Schnitthöhe. Auch diese Erkenntnis liefert die Studie, die zwischen April und September 2020 am Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim entstand. Der Masterstudent Maximilian Lang untersuchte in seiner Abschlussarbeit die Auswirkungen zweier Mähmethoden auf die Biodiversität des Rasens: das Mähen und Aufsammeln mit handgeschobenem Mäher und Fangkorb sowie das Mulchmähen mit selbstfahrenden Mährobotern.

Für das Experiment seines Feldversuchs stellte der Hersteller Stihl auf seinem Werksgelände in Waiblingen ein 300 Quadratmeter großes Grundstück zur Verfügung. Hier wurde eine Rollrasenfläche angelegt, die in vier Parzellen unterteilt und gleichmäßig mit typischen Rasenkräutern versehen wurde. Während des anschließenden Versuchszeitraums wurde der Rasen auf zwei der vier Parzellen mit einem handgeschobenen Rasenmäher im etwa zweiwöchigen Rhythmus nach der „1/3-Regel“ auf drei beziehungsweise sechs Zentimeter Schnitthöhe gemäht. Das Schnittgut wurde mit dem Fangkorb aufgenommen und entsorgt. Auf den beiden anderen Parzellen kamen täglich Mähroboter zum Einsatz. Auch hier betrug die Schnitthöhe drei beziehungsweise sechs Zentimeter, wobei das entstehende Schnittgut verfahrensbedingt als Mulch auf der Fläche verblieb.

Blühpflanzen dulden Roboter

Von Mai bis September 2020 analysierte der Masterstudent regelmäßig das Wuchs- und Blühverhalten der Rasenkräuter in Abhängigkeit von der jeweiligen Mähmethode und kam dabei zu dem unerwarteten Ergebnis: Vorausgesetzt, Blühpflanzen werden im Rasen von den Besitzern geduldet, wachsen sie auf robotergemähten Flächen besser und blühen eher als beim Einsatz von handgeschobenen Rasenmähern mit Fangkorb.

Demnach zeigten die eingesetzten Blühpflanzen auf den robotergemähten Parzellen allgemein einen hohen Deckungsgrad und damit eine ähnliche Schnittverträglichkeit wie die Pflanzen auf den handgemähten Parzellen. Vielfach war der Deckungsgrad auch beträchtlich größer, abhängig von der Pflanzenart und insbesondere gegen Mitte und Ende des Sommers. Allgemein neigten die Pflanzen dazu, sich an die Mähmethode anzupassen und mehr in die Breite als in die Höhe zu wachsen. Zudem konnte Maximilian Lang auf den täglich robotergemähten Flächen eine konstante Blütenentwicklung während des Gesamtzeitraums beobachten, wogegen der Blühverlauf auf den zweiwöchentlich handgemähten Flächen sehr wechselhaft war.

Mähroboter: Auch Blühpflanzen haben gute Karten

Die Versuchsfläche aus der Vogelperspektive: Auf zwei Parzellen wurde der Rasen mit dem handgeschobenen Mäher, auf zwei anderen Parzellen mit Mährobotern gemäht, und dies jeweils bei drei beziehungsweise sechs Zentimetern Schnitthöhe. Auf fünf Randparzellen gediehen Blühstreifen aus verschiedenen Saatgut-Mischungen.

Zu einem geringeren Blütenaufkommen auf den handgemähten Parzellen trug laut Studie auch das Funktionsprinzip des handgeführten Mähers bei: So erzeugen die Windflügelmesser von Handrasenmähern einen Sog, der das Gras nach oben zieht, um es sauber abzuschneiden; dabei werden aber auch Kräuter und andere Blühpflanzen auf der Höhe der Blüten gekappt und gemeinsam mit dem Gras-Schnittgut in den Fangkorb befördert. Dagegen schneiden die als Mulchmäher konzipierten Mähroboter das Gras und die Pflanzen regelmäßig nur um wenige Millimeter, ohne einen solchen Sog zu erzeugen.

Mulchprinzip fördert Narbendichte

Beim Ermitteln der Narbendichte auf beiden robotergemähten Parzellen stellte Lang über den gesamten Versuchszeitraum einen nahezu konstanten Deckungsgrad von annähernd hundert Prozent fest. Der Rasen wirkte gepflegt und sattgrün. Als Grund dafür wird das Mulchprinzip der Mähroboter genannt. Hierbei werden die Grashalme fein zerkleinert und fallen zurück in die Grasnarbe. Dort wird der Grasschnitt anschließend zersetzt und gibt seine Nährstoffe als Dünger wieder an den Boden ab. Dagegen fiel die Rasendichte auf den handgemähten Flächen in der Studie kontinuierlich auf rund 80 Prozent ab. 

Um auch die Wirkung des Mähens auf die Fauna zu untersuchen, wurde regelmäßig die Zahl der Insekten wie etwa Bienen, Hummeln oder Wespen in einem zufällig ausgelegten Messquadrat ermittelt. Auch hier zeigte sich, dass Mähroboter im Vergleich gut abschneiden. Insbesondere bei einer Schnitthöhe von sechs Zentimetern können Rasenmischungen mit Kräuteranteil den Besuch von Insekten fördern, lautet ein weiteres Ergebnis der Masterarbeit.

Insekten lieben Blühstreifen

Ein zweiter Teil der Studie widmete sich der Frage, inwiefern Blühstreifen am Rand von Grünflächen die Biodiversität fördern. Hierzu teilte der Masterstudent fünf jeweils zehn Quadratmeter große Randabschnitte um die Versuchsfläche herum ein und brachte auf ihnen Mitte Mai ein- oder mehrjährige Blühmischungen aus. Diese waren trotz unterschiedlicher Blühverläufe den gesamten Sommer über für Bienen, Hummeln und Wespen als Lebensraum und Futterquelle attraktiver als die benachbarten Rasenflächen.

Mähroboter: Auch Blühpflanzen haben gute Karten

Mit einem fototechnischen Verfahren wurde in regelmäßigen Abständen das Wuchsverhalten der Versuchspflanzen ermittelt. Dazu positionierte Maximilian Lang eine Kamerabox auf den betreffenden Stellen im Rasen.

Hohe Schnitthöhe wählen

Eine wichtige Erkenntnis der Hohenheimer Forschungsarbeit lautet: „Die Mähmethode hat einen deutlichen Einfluss auf die Biodiversität eines Rasens.“ Daneben entscheidet insbesondere die Schnitthöhe darüber, welche und wie viele Blühpflanzen sich ansiedeln und Hautflüglern oder anderen Kleinlebewesen Lebensraum und Nahrung bieten können. Masterstudent Lang konnte nachweisen, dass Mähroboter auf höchster Schnitthöhe die biologische Vielfalt nicht unterdrücken und im Vergleich zu handgeschobenen Mähern mit Grasfangkorb sogar günstigere Ergebnisse liefern. Vielmehr können das Mähverfahren und die hohe Mähfrequenz aufgrund eines Gewöhnungseffektes je nach Pflanze demnach zu flächigem Wuchs und vermehrtem Blütenreichtum führen. – Immer vorausgesetzt, dass Gartenbesitzer in ihrem Rasen auch Blühpflanzen dulden.

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