Trotz großer Herausforderungen ein neues Rekordjahr

Umsatzplus in 2021 von 22 Prozent – Marke von 400 Millionen Euro deutlich übertroffen

Lemken: Trotz großer Herausforderungen ein neues Rekordjahr

„Zu den Rennern gehörten auch unsere Drillmaschinen, wo viele neue Modelle für deutlich mehr Stückzahlen in unserem Werk in Haren gesorgt haben“, so CEO Anthony van der Ley im eilbote-Interview.

Das abgelaufene Geschäftsjahr hat Lemken, Spezialist für den professionellen Pflanzenbau, mit einem Umsatzsprung von 22 Prozent abgeschlossen. Die erreichten 446 Mio. Euro bedeuten eine Rekordmarke für das seit 242 Jahren bestehende Familienunternehmen. Das neue Jahr startete ebenso gut mit einem hohen Auftragsbestand.

„Wir sind sehr stolz auf dieses Ergebnis und bedanken uns für den überdurchschnittlichen Einsatz aller unserer Mitarbeiter“, so Gesellschafterin Nicola Lemken und CEO Anthony van der Ley. Der Auftragseingang habe die Erwartungen übertroffen. Die meisten Landwirte und Lohnunternehmer profitierten vor allem von den durchweg hohen Erzeugerpreisen und investierten deshalb in moderne Profi-Landtechnik. In dieser positiven Situation bedeuteten die Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen zusammen mit einer erschwerten Materialbeschaffung und steigenden Beschaffungskosten besondere Herausforderungen, die in sehr guter Teamarbeit gemeinsam bewältigt wurden. Damit konnte die Produktion über das ganze Jahr hinweg bestmöglich aufrechterhalten und nahezu alle bestellten Geräte ausgeliefert werden. Die Zahl der weltweit beschäftigten Mitarbeiter stieg auf 1.697.

Steketee mit „starkem“ Geschäft

Besonders stark verlief das Geschäft beim noch jungen Tochterunternehmen Steketee. Unter dieser Marke werden mechanische Hackmaschinen angeboten, die mittels Kamera Einzelpflanzen erkennen können und damit auf wirtschaftlich sinnvolle Weise dazu beitragen, Pflanzenschutzmittel einzusparen.

Unter den erschwerten Bedingungen konnte sich der deutsche Markt auf hohem Niveau behaupten. Dabei hat der gute Absatz bei den Drillmaschinen die weggefallene Sparte der Feldspritzen kompensiert. Der Exportanteil ist auf 81 Prozent gestiegen, denn es haben sich nahezu alle Auslandsmärkte sehr gut entwickelt. Insbesondere in den Überseemärkten Kanada, USA, Ozeanien und Südafrika waren die Zuwächse erfreulich. In den USA hat der Landtechnikspezialist im letzten Jahr einen eigenen Vertriebs- und Servicestützpunkt nahe Des Moines aufgebaut, um die steigende Nachfrage noch besser zu organisieren.

Für das laufende Jahr 2022 sieht sich der Landtechnikspezialist einerseits durch die Kriegssituation in der Ukraine nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch, aufgrund der langjährigen Beziehung zu diesem wichtigen Agrarmarkt, menschlich betroffen und hofft auf ein möglichst baldiges Ende dieses Konfliktes. Auf der anderen Seite bedeutet die gute Auftragslage, die sich über alle übrigen Absatzmärkte erstreckt und die von den hohen Erzeugerpreisen noch befördert wird, dass sich dieses Risiko abfedern lässt und die Beschäftigung an den Produktionsstandorten gesichert werden kann. Vor diesem Hintergrund geht man bei Lemken von einem konstant hohen Umsatzniveau aus.

„Excellence-Programm“ läuft weiter

2022 wird Lemken sein Excellence-Programm im Stammwerk Alpen fortsetzen, um die Fertigung und Montage noch flexibler und moderner aufzustellen. Der Montagestandort in Haren, der 2021 für die Drillmaschinen erfolgreich neu aufgesetzt wurde, soll umfangreich erweitert werden, um die hohe Nachfrage bedienen sowie zahlreiche geplante neue Modelle bauen zu können. Für die Steketee-Maschinen baut das Familienunternehmen in Südholland eine komplett neue zukunftsorientierte Fabrik, die im dritten Quartal 2023 eröffnet werden soll.

Neu auf den Markt gehen 2022 die förderungsberechtigte Heliodor Kurzscheibenegge mit Gülleverteiler sowie ab Sommer der Grubber Karat 10 als Zinkengerät mit Scheibenvorläufern. Im Bereich Hacktechnik stellen Lemken und Steketee die automatische Intra-Row Hacke IC-Weeder in einer Version mit künstlicher Intelligenz vor. Neu ist eine kombinierte sehr wirtschaftliche Bandspritzung zur Hacke. Zur Herbstsaison gibt es die Solitair DT als komplett neu entwickelte gezogene Bestellkombination. Interessant ist außerdem ein Forschungsprojekt zu Carbon Farming, bei dem Lemken zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung einen Pflug entwickelt, der CO2 dauerhaft in tiefere Bodenschichten verbringt, ohne dabei den Humusgehalt im Bearbeitungshorizont zu reduzieren. Gerade vorgestellt hat das Unternehmen ein Entwicklungskonzept für den autonomen Geräteeinsatz mit dem Ziel, mittels Sensorüberwachung und Kameratechnik den Verfahrensprozess über das Anbaugerät abzusichern und zu optimieren.

Lemken: Trotz großer Herausforderungen ein neues Rekordjahr

Die Geschäftsführung von Lemken (v.l.): Burkhard Sagemüller (Leiter Entwicklung), Anthony van der Ley (Geschäftsführer), Dr. Geoffery Weisner (Leiter kaufmännische Verwaltung), Viktor Lemken (Gesellschafter), Nicola Lemken (Gesellschafterin) und Udo Otrzonsek (Leiter Produktion).

Interview – „Geschäftlich machen wir uns keine direkten Sorgen – mit unserem hohen Auftragsbestand können wir die Ausfälle wettmachen.“

Wir sprachen mit Lemken-Geschäftsführer Anthony van der Ley über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Produktionsplanung und vollkommen neue Techniken in der Bodenbearbeitung sowie bei autonomen Maschinen.

eilbote: Der Ukraine-Krieg beherrscht die Schlagzeilen und beeinträchtigt auch das Geschäft der Landtechnikhersteller. In welcher Größenordnung bewegten sich bisher Ihre Umsatzanteile Ukraine und Russland? In der Pressemitteilung zu Ihrem Geschäftsbericht 2021 äußern Sie sich optimistisch, dass sich der hoffentlich vorübergehende Ausfall dieser beiden Märkte „abfedern“ lasse. Was meinen Sie damit konkret?

Anthony van der Ley: Russland und Ukraine sind seit langen Jahren wichtige Märkte für Lemken, und wir werden hier natürlich mit Einbußen leben. Wir hoffen aber sehr, dass diese schreckliche Kriegssituation so bald wie möglich beendet sein wird. Wir wünschen es uns auch für alle unsere Mitarbeiter in Alpen, Haren und in den beiden betroffenen Ländern. Für unser Unternehmen machen wir uns geschäftlich keine direkten Sorgen, da unser derzeitiger Auftragsbestand so hoch ist, dass wir mit dem erwarteten Wachstum die Ausfälle wettmachen können. Dieser Konflikt hat aber auch Auswirkungen auf die Zulieferketten und damit unmittelbar auf unsere Produktionsabläufe. Auch stehen unsere Einkaufspreise weiter unter Druck.

Wie beeinträchtigt Corona noch Ihr Geschäft, einerseits intern durch Personalausfall, andererseits auch im Kundenkontakt, zum Beispiel durch die Absage großer Messen?

Auch hier hoffen wir, dass wir dieses Thema bald hinter uns lassen, denn die meisten Verwerfungen ergeben sich für die Teileversorgung in unserer Produktion. Die Personalausfälle halten sich insgesamt in Grenzen. Natürlich können wir aktuell nicht mit großen Veranstaltungen planen. Dafür haben wir bereits im letzten Jahr mit gezielten Vorführungen, Online-Auftritten und Demotouren einen sehr guten direkten Dialog zu unseren Kunden hinbekommen, und das hat auch seine Vorzüge. Ich denke, wir werden künftig einen Mix aus beidem haben und dadurch zielgenau Neuigkeiten verbreiten und Gerätetechnik vor größerem Publikum live im Einsatz zeigen können.

Kommen wir zum zentralen Thema: Den Wegfall Ihres Spritzenprogramms haben Sie offensichtlich durch Mehrverkäufe in anderen Produktsparten deutlich überkompensieren können. Welche Maschinen waren denn die hauptsächlichen „Renner“?

Allem voran hat sich unsere Investition in die Hackmaschinentechnik von Steketee deutlich ausgezahlt. Diese bedeuten ein Alternativangebot im Bereich „Crop Care“, und haben alleine schon den Wegfall der Spritzen kompensiert, denn unser Umsatz mit Steketee ist im letzten Jahr erneut – um über 40 Prozent – gestiegen. Der Einsatz von Kameratechnik und jetzt neu einer intelligenten Software zur automatischen Unkrauterkennung, die zum Beispiel auch in gesäten Beständen wie bei Rüben wirksam ist, bedeutet für den Landwirt ein interessantes Angebot, wenn er Alternativen zur Chemie sucht oder die Arbeitskräfte beispielsweise im Gemüsebau fehlen. Zu den Rennern gehörten auch unsere Drillmaschinen, wo viele neue Modelle für deutlich mehr Stückzahlen in unserem Werk in Haren gesorgt haben. Zusätzliche Marktanteile wird unsere neue Drillmaschine Solitair DT in der Kompaktklasse bringen.

Und welche Märkte entwickelten sich besonders dynamisch?

Frankreich ist unser Exportmarkt Nr. 1 – hier sind wir mit rund 16 Prozent erfreulich gewachsen. In den USA, UK und Kanada waren die Zuwächse ähnlich hoch. Noch deutlicher waren die Steigerungen in Südafrika, Australien/Neuseeland, China und Japan, was uns sehr freut, weil wir uns selbst in diesen entfernten Märkten auf sehr engagierte Mitarbeiter und Handelspartner verlassen können.

Mit der Gründung einer eigenen Niederlassung in Des Moines haben Sie den US-Markt noch stärker ins Visier genommen. Nun sind die Amerikaner ja nicht gerade als Praktiker „europäischer“ Bodenbearbeitung bekannt. Wollen Sie den Großflächenfarmern Pflüge verkaufen?

Irgendwann vielleicht… Aber nein, tatsächlich sind dort unsere Kurzscheibeneggen Rubin der Hauptgrund für den großen Erfolg. Denn diese haben auf dem amerikanischen Markt unschlagbare Vorteile, in dem sie in einer Überfahrt die Arbeit verrichten, wo vorher mehrere Durchgänge erforderlich waren, um alle Erntereste vollständig einzuarbeiten. Für die USA sehen wir außerdem für unsere erneuerte Kompakt-Sämaschine Solitair DT großes Potenzial. In weiteren Schritten wollen wir unser Portfolio natürlich weiter an die dortigen Bedarfe anpassen.

Sie haben aktuell zusammen mit Krone die Gemeinschaftsentwicklung „Combined Powers“ vorgestellt. Wann soll das System die Marktreife erlangt haben und wie könnte der weitere Entwicklungsprozess bis dahin aussehen, auch vor dem Hintergrund, das System für weitere Hersteller zu öffnen?

Bei der vorgestellten verfahrenstechnischen Einheit handelt es sich um eine voll funktions- und einsatzfähige Konzeptstudie, die in erster Linie dazu dient, landwirtschaftliche Bearbeitungsprozesse autonom im Feld durchzuführen. Wir wollen mit dem System im Einsatz lernen, die Diskussion mit den Landwirten und Lohnunternehmern anregen und die Anforderungen an das autonome System weiter konkretisieren. Im Mittelpunkt unserer Entwicklung steht der Arbeitsprozess, das heißt, der verfahrenstechnische Prozess steuert die Antriebseinheit. Dafür müssen alle möglichen Partner ihre Schnittstellen öffnen, um den Arbeitsprozess optimal steuern zu können.

Wo sehen Sie die Zielmärkte für diese autonome Technologie?

Zielmärkte sehen wir weltweit, ab einer bestimmten Betriebs- und Schlaggröße. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen den Einsatz ermöglichen.

Als Neuheit für 2022 kündigen Sie die Heliodor-Kurzscheibenegge mit Gülleverteiler an. Arbeiten Sie dafür mit einem Güllespezialisten zusammen?

Ja, das ist richtig, ab März bieten wir für den Heliodor einen Vorbereitungssatz zum Aufbau eines DosiMat DMX Exaktverteilers von Vogelsang an. Ökonomisch liegt das Duo aus Heliodor und DosiMat genau im Trend, da bei steigenden Preisen für Mineraldünger viele Landwirte ihre Güllenährstoffe noch besser nutzen wollen. Dafür geeignete Technik wird im „Investitions- und Zukunftsprogramm für die Landwirtschaft“ durch den Bund gefördert. In Erwartung, dass unser Duo in die Liste aufgenommen wird, bezuschusst die Landwirtschaftliche Rentenbank den Kauf mit bis zu 40 Prozent.

Ihre Tochterfirma Steketee wird eine automatische Intra-Row-Hacke mit künstlicher Intelligenz auf den Markt bringen. Was muss man sich genau darunter vorstellen?

Hacktechnik mit künstlicher Intelligenz kann noch genauer zwischen Nutzpflanze und Unkraut unterscheiden und entsprechend gezielt nahe heran an die Pflanze arbeiten. Die neue Intra-Row-Hacke IC-Weeder AI erkennt die Kulturpflanzen – Zuckerrüben im ersten Schritt – sehr zuverlässig schon im frühen Stadium. Sie kann deshalb auch in gesäten Beständen und bei hohem Unkrautbesatz präzise nicht nur zwischen den Reihen, sondern auch in der Reihe arbeiten.

Dafür musste die Software zunächst Pflanzenmerkmale per tausender Fotos erlernen und diese in einem weiteren Schritt zu komplexen Zusammenhängen zusammenfügen können. Der dahinterstehende Algorithmus beruht auf dem Prinzip des „Deep Learning“: Mit den Fotodaten hat der Algorithmus selbst eine Methode erstellt, um Zuckerrüben anhand von Farbprofil, Textur, Form, Größe und Blattstellung zu identifizieren. Gegenüber konventionellen Bilderkennungssystemen kann die Hacke so auch unter ungünstigen Bedingungen arbeiten, da die Unterscheidung zwischen Nutzpflanze und Beikraut immer eindeutig möglich ist.

Besonders spannend klingt Ihr gemeinsames Forschungsprojekt zu Carbon Farming mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Können Sie uns die Technik dieses speziellen Pfluges und die damit erzielbaren Ergebnisse genauer erklären?

Der Carbon Farming Pflug soll meliorativ und entsprechend bodenverbessernd einsetzt werden. Mit wechselnd tief arbeitenden Pflugkörpern erzeugt er in jeder zweiten Pflugfurche einen Schacht unterhalb des Bearbeitungshorizonts, in den humoser Oberboden, zum Beispiel Ernterückstände, eingebracht wird. Gleichzeitig wird der Unterboden aus dem Schacht in den Oberboden wieder eingemischt. Der nach oben beförderte, humusärmere Unterboden mischt sich mit dem Oberboden und wird über den Kohlenstoffeintrag der Kulturpflanzen in wenigen Jahren zu neuem, humusreichem Oberboden. In der Summe erhöht sich also der Humusvorrat in den so bearbeiteten Böden, und die Bodenfruchtbarkeit steigt. Analysen historischer Versuche am ZALF zeigen, dass mehr als die Hälfte dieses Humus erhalten bleibt und so die langfristige Bindung des CO2 gesichert ist.

Neben den meliorativen Effekten eröffnet die neue Carbon Farming Technologie den Landwirten zusätzliche Einnahmequellen durch den Handel mit CO2-Zertifikaten. Eine in Zukunft mögliche Steuer für CO2-Emissionen wird vermieden und die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe verbessert.

Vor dem Hintergrund der aktuellen außen- und innenpolitischen Situation, zu der natürlich auch die Landwirtschaftspolitik zählt: Welches sind die tragenden Säulen Ihres Optimismus für das Lemken-Geschäftsjahr 2022?

Wir erleben derzeit eine starke Nachfrage aus allen Märkten, die von den hohen Erzeugerpreisen für die Landwirte, aber auch vom Trend zur Nachhaltigkeit gespeist ist – der Green Deal der EU gibt hier die Richtung vor und befördert zum Beispiel den Absatz mechanischer Unkrautbekämpfung. Hier erwarten wir noch eine deutliche Steigerung für die Zukunft. Aus diesem Grund investieren wir dieses Jahr in ein komplett neues hochmodernes Steketee-Werk. Aber auch in den anderen Produktsegmenten sind wir gut auf dem Weg. Für die ultraflache Stoppelbearbeitung haben wir zum Beispiel den neuen Koralin Grubber, den wir noch stärker in den Markt bringen wollen. Ebenso hat der Pflug weiter eine hohe Relevanz in vielen Märkten. Die guten Getreidepreise sorgen dafür, dass verstärkt Profi-Landtechnik gefragt ist und hier hat Lemken eindeutig seine Stärken.

Die Fragen stellte Jürgen Boomgaarden


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Lemken

Herstellerdaten Lemken

  • Gründungsjahr: 1780
  • Umsatz in Mio. €: 325 (2016)
  • Anzahl Mitarbeiter: 1400
  • Branche: Landtechnik
  • Website: lemken.com

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