„100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

Steigende Kosten, sinkende Margen und fehlender Nachwuchs waren die bestimmenden Themen des 6.Tags der LandBauTechnik bei der Firma Lemken in Alpen.

LandBauTechnik Bundesverband: „100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

Gut 150 Gäste zählte der 6. Tag der LandBauTechnik in Alpen.

LandBauTechnik Bundesverband: „100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

NRW-Minister Karl-Josef Laumann will den Landmaschinenhandel bei der Forderung nach flexiblen Arbeitszeitvorgaben unterstützen.

„60 Prozent der jungen Leute in Nordrhein-Westfalen machen Abitur. Ist das richtig, dass eine Mehrheit den höchsten schulischen Abschluss, den wir haben, anstrebt? Ich mache mir da Sorgen, wo die zukünftigen Handwerker herkommen sollen“, betonte Karl-Josef Laumann. Der Minister in NRW für Arbeit, Gesundheit und Soziales hielt die Festrede anlässlich der Auszeichnung der drei Deutschen Meister der Land- und Baumaschinenmechatroniker. Diese Ehrung fand erstmals im Rahmen der Tagung LandBauTechnik (LBT) statt. Gastgeber der Tagung war dieses Jahr die Firma Lemken in Alpen am Niederrhein (siehe Kasten).

Minister Laumann stammt von einem Bauernhof und absolvierte eine Schlosserlehre. Somit kennt er sich in unserer Branche gut aus und weiß um die Herausforderungen wie Facharbeitermangel und die Ansprüche der Landwirte und Lohnunternehmer an einen 24/7-Service. Er forderte die Händler auf, noch stärker auf die Schulen zuzugehen und die Schülerinnen und Schüler für den Beruf des Land- und Baumaschinenmechatronikers zu interessieren. Abiturientinnen und Abiturienten sollte man, so Laumannn, für den Weg zum Meister interessieren. Beim Thema Arbeitszeitgesetz kündigte Laumann an, die Forderungen der Landtechnikbranche zu unterstützen. Der Landmaschinenhandel fordert, die Arbeitszeitvorgaben an die der Landwirtschaft anzugleichen.

LBT Präsident Ulf Kopplin verwies auf einen im Vergleich mit anderen Branchen hohen Auszubildendenanteil von 16,3 Prozent. Mit einem neuen Messestand und aktualisierten Materialien der Nachwuchs-Kampagne „Starke Typen“ unterstützt der Verband seine Mitglieder bei der Ansprache von Schülerinnen und Schülern. Eine neue Mitarbeiterin im Bundesverband widmet sich jetzt der Ansprache von jungen Menschen über die sozialen Medien.

„Wir müssen 100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“, forderte Heinz Georg Mors, Vorstandsmitglied des Verbandes, der den Bundesinnungsmeister Leo Thiesgen in Alpen vertrat. „Wir müssen unsere Leute entsprechend entlohnen, sonst wandern sie ab.“ Wenn ein Mitarbeiter nach zehn Jahren das Unternehmen verlasse, dann gehe dem Landmaschinenbetrieb ein sechsstelliger Betrag in Form von Wissen und Erfahrung verloren.

Im Rahmen der Zertifizierung von Kursstätten zur Meisterausbildung vergab der Verband in Alpen die ersten drei Zertifikate in Form eines Wandschildes. Die Meisterschulen BFA Lüneburg, Gewerbeschule Breisach und das BTZ Kaiserslautern zählen zu den ersten erfolgreichen Absolventen der laufenden Auditierungen.

LandBauTechnik Bundesverband: „100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

Erstmals fand die Ehrung der Bundessieger des Praktischen Leistungswettbewerbs, im Bild der Erstplatzierte Nikolas Mayr (3. v. r.), auf dem Tag der LandBauTechnik statt. Es gratulierten Heinz-Georg Mors, Karl-Josef Laumann, Dr. Michael Oelck, Nicola Lemken und Ulf Kopplin (v. l.).

Gute Aussichten

„Die Landwirtschaft ist einer der kapitalintensivsten Wirtschaftsbereiche. Ein Arbeitsplatz kostet 562.000 Euro ohne Kosten für den Boden.“ Mit diesen Zahlen eröffnete DLG Präsident Hubertus Paetow sein Statement zu der vom Veranstalter gestellten Frage: „Zukunft der Agarwirtschaft in Deutschland – Landwirtschaft 4.0 oder Bauernhofidylle?“

Die wirtschaftlichen Aussichten der Branche bewertet er mittelfristig als gut bis zufriedenstellend. Das Image des einzelnen Landwirts in der Gesellschaft sei besser als das der Landwirtschaft allgemein. Die Betriebe werden auch weiter in den technischen Fortschritt investieren, die Anforderungen gerade im Bereich des elektronischen Datenmanagements nehmen zu. Hier sieht Paetow auch eine Aufgabe für den Handel, seine Kunden mit eigener Kompetenz zu unterstützen. Dass die in diesem Sektor erforderlichen Investitionen in Ausbildung und Manpower sich nicht kurzfristig amortisieren, ist Paetow bewusst. Viele technische Verfahren seien heute noch nicht so optimal zusammengebracht, dass sich der Mehrwert der Digitalisierung für viele Landwirte oft nicht erschließe.

„Wer heute noch nicht seinen ganzen Betrieb auf dem Flachbildschirm managt, hat noch nicht verloren“, beruhigt der DLG Präsident. Das Tempo der Veränderungen werde geringer sein als erwartet. Der Mangel an Arbeitskräften, die Forderungen an Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel und die Produktivitätssteigerung seien die Treiber der Digitalisierung. Vorschriften zur Umweltentlastung und agrarsoziale Vorgaben sollten die Landwirte nicht pauschal ablehnen, sondern auch als Herausforderung aufgreifen.

Das Modell der Zukunft bezeichnet Paetow als „Hybridlandwirtschaft“. Dabei werden weniger Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger ausgebracht, mechanische Pflegemaßnahmen bekommen Aufwind. Die Vielfalt der Fruchtarten nehme zu, die Größe der Schläge werde aber wahrscheinlich limitiert.

Die Masse der landwirtschaftlichen Betriebe werde künftig mit modernster, teilweise auch autonomer Technik mit höchster Gesamtintensität wirtschaften. Der Anteil der Ökolandwirtschaft werde, so Paetows Einschätzung, auf nicht mehr als 20 Prozent anwachsen.

LandBauTechnik Bundesverband: „100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

Landmaschinenmechanikermeister Heinrich Feuls (2. v. r.), erhielt den Diamantenen Meisterbrief.

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Für seine Verdienste in der Verbandsarbeit erhielt Erich Hang (Mitte) das Goldene Ehrenzeichen des LandBauTechnik Bundesverbandes e.V..

Lemken – „Farming 4.0 ist für Lemken keine Option, sondern Verpflichtung“

Die Alpener Gerätespezialisten waren in diesem Jahr Gastgeber des 6. Tags der LandBauTechnik

„Ich habe gehört, dass Sie zu Hause nicht alle blau sind. Vielleicht ändert sich das nach diesen zwei Tagen bei uns in Alpen!“ Mit diesen Worten begrüßte Nicola Lemken, Gesellschafterin des gleichnamigen Landtechnikherstellers, die 140 Gäste des sechsten „Tags der LandBauTechnik“ Ende März.

Seit 239 Jahren gibt es die Firma Lemken, mittlerweile in der siebten Generation. „Ich kenne kein Landtechnikunternehmen, das älter ist“, so die Firmenchefin lächelnd.

1.635 Mitarbeiter, 380 Mio. Euro Umsatz 2018, sechs Produktionsstandorte – Lemken Geschäftsführer Anthony van der Ley nannte die Eckpunkte der Pflanzenbau-Technikexperten. Vom Pflughersteller, über die Bodenbearbeitungstechnik ergänzte Lemken durch die Akquisition von Hassia 1996 die Sätechnik. 2005 kamen mit RTS und Jacoby zwei Pflanzenschutzspritzenhersteller in das blaue Lemken-Portfolio. Mit der jüngsten Akquisition des niederländischen Herstellers kameragesteuerter Hacktechnik Steketee stößt Lemken mit mechanischer Unkrautbekämpfung und elektronischer Bilderkennung die Tür Richtung Automatisierung weiter auf.

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Lemken-Gesellschafter Nicola Lemken und Victor Lemken (re.) mit Geschäftsführer Anthony van der Ley waren Gastgeber des 6. Tages der LandBauTechnik.

Lemken Vertriebsleiter Karl-Hubertus Reher warf einen Blick auf die aktuelle Vertriebslandschaft im Landmaschinenhandel. Er beschreibt den Trend der großen Hersteller zur Long Line. Die zunehmend komplexen Produkte, genau wie die wachsende Produktpalette der bereits bestehenden Lieferanten fordern die Professionalisierung der Händler. Ein immer besser ausgebildeter Kunde fragt beim Handel auch individuelle Lösungen für seine agronomischen Herausforderungen nach. Reher kann sich zukünftig auch mehr nur auf Geräte und Maschinen spezialisierte Händler vorstellen, die ganz auf den Traktoren-, Häcksler- und Mähdreschervertrieb verzichten.

Henning Hecheltgen von der Lemken Elektronik beschrieb die Lösungen, die die Alpener für Landwirtschaft 4.0 bereithalten. Mit CCI Isobus, Agrirouter und der Farmmanagement Software von Next Farming bietet man Lösungen, die herstellerübergreifend funktionieren. Die elektronische Lemken Wetterstation erlaubt durch die Erfassung der Temperatur und Feuchtigkeit direkt auf dem Feld in Kombination mit Wetterdaten den optimalen Behandlungszeitpunkt für Pflanzenschutzmaßnahmen einzugrenzen. „Farming 4.0 ist für Lemken keine Option, sondern Verpflichtung“, ergänzt van der Ley.

Dass beim Handel zwischen Theorie und Praxis, was z.B. die Maschinenkonfiguration mit dem Kunden, die Maschinenübergabe und erst recht den Ersteinsatz angeht, oft eine große Lücke klafft, darauf wies Peter Baumgärtner, Leiter AgroTraining bei Lemken, eindrücklich hin. Schulungen und Trainings in Spezialmodulen für Verkäufer und Servicemitarbeiter seien heute auch bei Geräten unverzichtbar, um die Kunden kompetent zu betreuen. Mit der nur drei Kilometer vom Werk entfernten AgroFarm hat Lemken vor drei Jahren ein top modernes Schulungszentrum in Betrieb genommen. Über 4.000 Schulungstage pro Jahr führt Lemken hier in den Kategorien Bodenbearbeitung, Sätechnik und Pflanzenschutztechnik durch.

Bei einem ausführlichen Werk-rundgang erfuhren die Besucher mehr über die hohe Fertigungstiefe, Qualität und das breite Programm der „Blauen aus Alpen“.

LandBauTechnik Bundesverband: „100 Euro als Stundenverrechnungssatz anstreben“

Peter Baumgärtner (li.), Karl-Hubertus Reher (Mitte) und Henning Hecheltjen stellten das Unternehmen Lemken vor.


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