E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Der E-Antrieb verbreitet sich vor allem in der Kommunaltechnik immer stärker, Lärm und Abgase sind hier sehr wichtige Kriterien. Bei den Kompakttraktoren ist es aber noch ziemlich still. Wir haben uns bei Nutzern, Händlern und Herstellern umgehört, warum das so ist.

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Fast allein auf weiter Flur: Der Fendt e100 Vario ist einer der wenigen E-Traktoren, er soll 2024 auf den Markt kommen.

Viele kleinere Maschinen gibt es seit einigen Jahren auch mit E-Antrieb, beispielsweise Bagger und Radlader von Yanmar, Volvo oder Kramer. Auch kommunale Spezialgeräte wie die Kehrmaschine bieten beispielsweise Bucher und Frissen bereits als E-Version an. Auch der Zero-Turn-Mäher Dreamcut von Mean Green zeigt, dass die E-Varianten auch im dauerhaften Einsatz klarkommen: Die Maschine bringt 1,88 Meter Schnittbreite mit, die E-Motoren an den Hinterrädern leisten zusammen 48 kW. Laut Hersteller sollen mit der großen Akku-Variante 8 bis 9 Arbeitsstunden möglich sein. Optional kann das Sonnendach sogar mit Solarzellen ausgestattet werden.

Bisher wenig zu hören bekommt man von elektrifizierten Kompakttraktoren, obwohl Maße und Leistungsanforderungen den oben genannten bereits realisierten Maschinen sehr ähnlich sind. Allein Fendt geht mit dem Vario E100 ab 2024 in Serie. In Amerika ging zudem vor kurzem das Startup Solectrac mit elektrischen Kompakttraktoren an den Start. Die Maschinen entsprechen der 25-PS-Klasse, ein 70-PS-Modell ist ebenfalls zu haben. Ihr Vorteil ist das Konzept mit Wechselakku, womit der entladene Energiespeicher schnell gegen einen vollen getauscht werden kann, der andere kann direkt wieder an die Steckdose, idealerweise gefüttert von der eigenen Solaranlage. Ein Vertrieb in Europa ist derzeit noch nicht in Sicht – fragen kostet aber ja nichts, falls ein Händler den Import wagen wollen würde.

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Der elektrische Traktor von Knegt ist mit 45 beziehungsweise 55 PS bereits am Markt verfügbar.

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Kubota präsentierte bereits vor zwei Jahren einen Kompakttraktor und einen Minibagger mit E-Antrieb als Entwicklungsprojekt.

Knegt liefert bereits

In unseren Breiten bereits zu haben ist dagegen der holländische Knegt: In erster Linie wurde der Kompakttraktor für die Pferdehaltung entwickelt. Laut Hersteller führte die Verbindung des kleinen Wendekreises mit einer großen Hubkraft sowie seine umfassende Ausstattung schnell zu Nachfragen aus Pflanzen-/Gemüsezucht, Forstwirtschaft, Gartenbau sowie Freizeit- und Sportanlagenpflege. Die elektrischen Modelle 304 und 404G2e leisten 45 und 55 PS und sollen drei bis sechs Stunden durchhalten.

Kubota präsentierte 2020 ebenfalls einen Kompakttraktor mit E-Antrieb, das Ganze ist zusammen mit einem Minibagger aber noch ein Entwicklungsprojekt, wofür der Markt erkundet werden soll. Leistungstechnisch will der japanische Konzern den E-Traktor im gleichen Spektrum wie seine Diesel-Geschwister ansiedeln. Ein Zwischenachsmähwerk war damals bereits zu sehen. Aktuell ist aber noch nichts weiter bekannt.

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Das Evum Acar ist eine Ausgründung der TU München.

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Der Bauhof Traben-Trarbach fährt bereits einen E-Transporter, dessen Anschaffung auch gefördert wurde.

Praktiker nicht abgeneigt

Praktiker, die bereits Erfahrungen mit Elektroantrieben gesammelt haben, wären auch bei Arbeitsmaschinen nicht abgeneigt. Matthias Schmidberger ist Leiter des städtischen Bauhofs Wolfratshausen in der Region des Starnberger Sees. Sein Betrieb stieg schon 2012 in die E-Mobilität ein, die Kommune schaffte damals einen Transporter des französischen Herstellers Goupil an. Seit 2018 sind auch zwei StreetScooter (DHL-Tochter, inzwischen eingestellt) im Betrieb, die nächstes Jahr gleichwertig ersetzt werden sollen. Derzeit prüfen Schmidberger und seine Kollegen, was der Markt hier hergibt – was seiner Ansicht nach gerne noch mehr und vielseitiger sein dürfte. Daher wäre er auf jeden Fall auch offen für den E-Antrieb bei Arbeitsmaschinen: „Wir hatten uns bei Fendt als Testbetrieb für den E100 Vario beworben, kamen aber nicht zum Zuge. Generell würden wir so etwas aber sehr gerne ausprobieren, denn sonst können wir ja nicht sagen, ob das etwas wäre.“ Interesse sei seiner Erfahrung nach bei den Kommunen alleine schon aus politischen Gründen vorhanden.

Auch der Bauhof von Traben-Trarbach an der Mosel ist über einen Transporter in die Elektromobiltät eingestiegen. Bei Geräteträgern und Kompakttraktoren habe laut Bauhofleiter Frank Weißkopf wohl noch kein Hersteller wirklich Anlass gehabt, den Antrieb zu elektrifizieren. „Wir aber haben hier sehr viel Touristik, daher stellen wir immer mehr auf Akku um, vor allem bei den handgeführten Geräten wie Freischneidern und Heckenscheren. So stören wir unsere Gäste wesentlich weniger und können quasi neben deren Kaffeetassen arbeiten.“ Aus dem gleichen Grund wurde auch der E-Transporter zur Entleerung der Mülleimer angeschafft. Dabei handelt es sich um eine Hinterkipper-Sonderanfertigung, die auf die Bedürfnisse des Bauhofes zugeschnitten ist, realisiert von Orten Fahrzeugbau aus dem benachbarten Bernkastel-Kues. „Wenn es aber eine Arbeitsmaschine etwa für den Mäheinsatz braucht, kann das allein aus Preisgründen nur im Austausch erfolgen, also wenn eine alte oder defekte Maschine vom Hof geht. Zusätzlich wäre das nicht wirtschaftlich, da die Investitionen sehr hoch sind.“ Grundsätzlich fände er den E-Antrieb aber auch hier sehr interessant, vor allem, wenn etwa eine eigene PV-Anlage vorhanden wäre. „Die ideale Ladezeit überschneidet sich aber stark mit unseren Einsatzzeiten während des Tages, weshalb wohl real dann doch Netzstrom über Nacht oder ein zusätzlicher Speicher nötig wären.“ Dementsprechend schätzt Weißkopf, dass der E-Antrieb sich mittelfristig auch in Kompakttraktoren und Geräteträgern etablieren wird. Dabei sei auch der ganztägige Komfort wichtig, was Heizung im Winterdienst und Klimaanlage im Sommer bedeutet. In ihrem E-Transporter versorgt diese Nebenaggregate eine zweite kleine Batterie, die während der Fahrt geladen wird. „Der dauerhafte Stop-and-Go-Betrieb während des Müllsammelns bringt das System aber vor allem im Winter schnell an seine Grenzen. Das müsste besser werden, damit wir bei den derzeit noch hohen Preisen für E-Mobilität über eine Investition auch bei Arbeitsmaschinen nachdenken würden.“

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Der Bergmann M804E kommt auch mit bis zu 3,5 Tonnen Nutzlast zurecht.

Förderprogramme beobachten

Wobei mit einer Förderung hier schon viel abgefedert werden kann, denn diese deckte bis vor Kurzem bis zu 90 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem vergleichbaren Verbrenner. Die Förderrichtlinie Elektromobilität des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr nahm dabei kommunale und gewerbliche Flotten mit hoher Verkehrsleistung in den Blick. Derzeit sind alle Programmfristen bereits abgelaufen, was sich aber schnell wieder ändern könnte. Denn aktuell stehen Energie- und Treibstoffsparen auch politisch weit vorne auf der Agenda. Verkäufer sollten sich hier auf aktuellem Stand halten, denn für den Kunden sind Zuschüsse ein wichtiger Aspekt für die Kaufentscheidung.

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Der französische Etesia ET Lander kann unterwegs auch als Stromquelle dienen, an der Akkus geladen oder kabelgebundene Geräte wie Heckenscheren betrieben werden können (2 kW Dauer / 3,2 kW Spitzen).

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Transporter wie der Alke stehen im Einsatz oft und müssen nur selten Anbaugeräte versorgen.

Immer mehr E-Tranporter

Dass sich die kleinen E-Transporter auch weiterhin stark ausbreiten, ist sich auch Fachhändler Stavermann sicher, in der Region Osnabrück und Münster spezialisiert auf Kommunaltechnik und Elektronutzfahrzeuge. Denn für die von ihnen vertriebenen Goupil-Transporter sind auch immer mehr Anbaugeräte verfügbar: Neben Schneeräumschilden sind auch Technik zur Wildkrautbekämpfung und andere Aufbauten immer häufiger zu bekommen, wodurch sich die Transporter in Richtung der Geräteträger mausern. Auch das Evum Acar (eine Ausgründung der TU München) soll schon Ende des Jahres mit Kommunaldreieck zu haben sein, Streuer und Pflug seien dann neben diversen Aufbauten auf der Pritsche ebenfalls möglich. Die Firma Stavermann gibt aber zu bedenken, dass die Herstellerangaben zur Akkulaufzeit immer Idealbedingungen voraussetzen: Voll beladen, etwas Steigung und kältere Temperaturen würden die mögliche Einsatzzeit schnell halbieren. Zudem fehle es den Geräten derzeit noch an Zugkraft, was laut Stavermann ebenfalls ein Grund sei, warum wohl auch elektrische Kompakttraktoren noch nicht breit am Markt verfügbar sind.

Auch die Firma Henne hat sich auf Kommunale Nutzfahrzeuge spezialisiert, neben dem Unimog vertreibt man auch die Marken Multihog, Hansa, Aebi und Lindner. Seit dem Aus des StreetScooters (DHL-Tochter), steht auch hier die französische Firma Goupil auf dem Hof. Produktmanager Anton Spindler sieht bei den Transportern gegenüber Kompakttraktoren vor allem den Vorteil, dass kaum Bauraum für Nebenantriebe und Hydraulik verplant werden muss: „Ein Transporter kann energietechnisch komplett auf Fahrantrieb fokussieren, Hubpritsche oder Gießpumpe fallen dabei nur minimal ins Gewicht. Der Antrieb eines Mähwerks ist aber noch einmal etwas anderes.“ Die Batterie sei bei einem Transporter zudem gut unter der Pritsche im Leiterrahmen verstaubar. Beim Traktor mit mehr Bodenfreiheit sieht es mit dem Platz schon anders aus. Dafür könne zwar der heutige Motorraum fast vollständig genutzt werden (beim Fendt E100 Vario passt der 50-kW-Motor in die vormalige Kupplungsglocke, das stufenlose Getriebe konnte einfach bleiben). Ob das für die notwendige Kapazität ausreicht, ist sich Spindler aber nicht sicher. Denn gerade bei Kompakttraktoren komme es auf jeden Zentimeter Baugröße an. Die Leistungsdichte der Batterien sei zudem derzeit noch nicht so gut, dass damit – vor allem im Winter – problemlos ganztägig auch bei anstrengenden Arbeiten wie zähem Schneeräumen gefahren werden kann. Ein Mähwerk samt Absaugcontainer wäre im Sommer samt Klimaanlage ebenfalls eine Herausforderung.

Kompakttraktoren: E-Power kommt nur zögerlich in die Praxis

Kompakttraktoren – hier noch mit klassischem Verbrenner unter der Haube – müssen oft leistungshungrige Arbeiten erledigen, was aktuell noch eine Herausforderung für die Batterien darstellt.

Dumper mit hoher Nutzlast

Der Hersteller Bergmann zeigt mit seinem E-Dumper M804e jedoch, dass auch kräftigere Fahrzeuge ohne Probleme elektrisch unterwegs sein können. Denn das Alleinstellungsmerkmal des kompakten Fahrzeugs liege laut Hersteller in seiner Nutzlast: Während andere Elektrokonzepte bei einer maximalen Nutzlast zwischen 500 und 1.500 kg an ihre Grenzen stoßen, transportiert der E-Bergmann bis zu 3,5 t pro Fuhre. Durch die zahlreichen Anbaugeräte für Bewässerungs-, Reinigungs-, Landschafts- oder Winterdienstarbeiten soll das Fahrzeug flexibel für Bauhöfe oder entsprechende Dienstleister einsetzbar sein. Dafür liefert Bergmann ab Werk auch eine Anbauplatte.

Ein Hauptunterschied zwischen solchen auf Transport ausgelegten Maschinen und Kompakttraktoren liegt in den Einsatzszenarien: Ersterer fährt zwar auch einmal längere Strecken im Gemeindegebiet oder auf großen Betriebsgeländen von Gärtnereien, dann aber wird länger ab- und beladen oder händisch gearbeitet, wobei der Transporter dann einfach steht. Traktoren aber müssen auch dauerhaftere Einsätze mit durchaus leistungshungrigen Anbaugeräten meistern. Das Laden der Batterie zwischen zwei Fahrten ist im praktischen Alltag von großflächigen Mäheinsätzen und im überall gleichzeitig agierenden Winterdienst nicht so einfach, wenn die Laufzeit nur wenige Stunden beträgt. Den Diesel tankt man eben schnell nochmal voll, notfalls mit einem Kanister, den man selbst mitführt.

Das bestätigt auch Knut Ziemer, zuständig für das Deutschland-Geschäft des Kompaktraktorenherstellers Kioti: „Wir haben in Korea bereits entsprechende elektrisch angetriebene Entwicklungsfahrzeuge. E-Mobilität ist auch für uns ein riesiges Thema – auch nicht erst seit gestern.“ Die Herausforderung bei Kompakttraktoren sieht er auch bei den Anbaugeräten. Denn Maschinen, die auf eine Arbeit spezialisiert sind – wie etwa reine Kehrmaschinen oder Zero-Turn-Mäher, können auch die fest verbauten Werkzeuge direkt elektrisch antreiben. „Am Traktor dagegen müssen wir sehr flexibel sein, Zapfwelle und Hydraulik bringen aber nicht unerhebliche Leistungsverluste mit“, gibt Ziemer zu bedenken. Für einen effizienten E-Traktor müssten dann auch die Anbaugerätehersteller entsprechende Varianten mit eigenem E-Antrieb anbieten, die dann direkt über die Batterie versorgt werden können. Daher reicht der Traktor am Markt alleine nicht aus. „Wir werden aber sicherlich in den nächsten Jahren auch verstärkt Entwicklungen in dieser Richtung sehen. Wir als Hersteller können dann sicher auch bald einige unserer Modelle mit E-Antrieb anbieten“, ist sich Ziemer sicher.


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