Die Akkusäge wird erwachsen

Bei den Akku-Kettensägen geht die Entwicklung rasant vorwärts. Die beiden Platzhirsche Stihl und Husqvarna stoßen dabei inzwischen auch in Bereiche vor, die bisher noch allein dem Verbrenner vorbehalten waren.

Kettensägen: Die Akkusäge wird erwachsen

Akkusägen wie die Stihl MSA220 können auch für Fällungen im Schwach- oder Nadelholz genutzt werden.

Kettensägen: Die Akkusäge wird erwachsen

Trotz sehr kompakter Maße können Akkusägen bis zu 40 cm lange Schwerter bespielen.

Akku-Sägen sind prinzipiell keine neue Erfindung, die augenscheinlichen Vorteile wie geringes Geräusch und keine Abgasdämpfe dürften jedem bekannt sein, von einer Revolution muss man hier daher nicht sprechen. Dass aber so langsam etwas passiert, sollten sich alle klar machen, die in der nächsten Zeit über eine neue Säge nachdenken. Oder Verkaufsberater, die Kunden prinzipiell zur Benzin-Variante raten, sobald diese den Amateurbereich verlassen. Denn die Zeit, in der die leichten Stromer als etwas träge galten und daher vor allem an Heimwerker und Gartenfreunde verkauft wurden, sind inzwischen vorbei: Mit der Stihl MSA 220 C stellten die Waiblinger im Herbst 2019 erstmals eine Säge vor, die ihre Kette auf 24 m/s bringt. Husqvarna zog mit der XP540i im Februar nach. Damit ist man in der Leistungsklasse der Verbrenner angekommen, bisher waren die E-Sägen – und auch kleinere Verbrenner – mit nur 20 m/s unterwegs. Die Werte sind hier die zum besseren Vergleich nach Norm gemessenen Geschwindigkeiten, bei Maximalleistung fallen diese geringer aus. In den Technischen Daten sollte bei der Kettengeschwindigkeit daher genau darauf geachtet werden, welcher Wert angegeben ist.

Im Vergleich zu den Vorgängermodellen gibt Husqvarna eine Leistungssteigerung von 30 % an, Stihl argumentiert hier eher über den neuen Akku, der 25 % mehr Energiegehalt mitbringen soll. Hier wird deutlich, wie schnell die Entwicklung zwischen zwei Modellgenerationen fortschreitet. Beide sind noch keine vollwertigen Fällsägen für den ganztägigen Einsatz in der Starkholzernte, da sind wir wohl noch ein ganzes Stück lang auf Sonderkraftstoff und Zugstarter angewiesen. In der Pflege, bei schwachen Durchmessern oder für Brennholzwerber im Nadelholz aber sind die Geräte inzwischen absolut geeignet: Die Schweden vergleichen ihre neue Säge mit der 40 ccm-Klasse der Verbrenner, was etwa 2,5 PS entspricht. In der Elektroklasse geben die Hersteller allerdings keine direkten Leistungsdaten an. Als ersten Kundenstamm sprechen die Hersteller vor allem die Baumpfleger an, die unter anderem mit Kletterausrüstung in der Krone unterwegs und daher auf die Ein-Hand-Variante (Top-Handle) angewiesen sind. Diese Modelle wurden daher auch als erstes auf den Markt gebracht, inzwischen sind aber auch die regulären Zwei-Händer verfügbar.

Die Akkusägen starten auf Knopfdruck, beschleunigen dank hohem Drehmoment sofort und die Schnittleistung ist dauerhaft verfügbar, unabhängig vom Ladezustand des Akkus. Bei der Stihl MSA 220 C-B kommt serienmäßig die erste 3/8“-Vollmeißelkette Picco Super 3 zum Einsatz, die auf einer 1,3-mm-Schiene läuft. Diese kann laut Hersteller bis zu 40 cm lang sein, Standard sind 35 cm, was ebenfalls darauf hindeutet, dass das Beuteschema nicht nur leichte Äste sind. Husqvarna setzt ebenfalls auf eine spezielle Schneidgarnitur: Die SP21G ist eine Halbmeißelkette mit 0.325-Teilung und 1,1 mm Treibgliedstärke. Damit will man möglichst wenig Reibung erzeugen und es muss weniger Material aus dem Schnitt geräumt werden, was sich positiv auf die Nutzungsdauer des Akkus auswirken soll. Dafür muss man aber die Nachteile der schmalen und damit weniger robusten Kette in Kauf nehmen. Das Schwert darf hier ebenfalls bis zu 40 cm lang sein. Die Husqvarna kann auch im Sparmodus mit 20 m/s betrieben werden, dann hält der Akku länger und sie ist weniger aggressiv, was vor allem in der Baumkrone sinnvoll ist.

Akku-Baukasten mit System

Der neue 36-V-Lithium-Ionen-Akku AP 300 S (vormals AP 300) ist mit allen Geräten des Stihl-Pro-Bereichs kompatibel. Er ermöglicht mit einer Ladung eine Sägezeit von bis zu 45 Minuten, das Schnellladegerät AL500 macht ihn in der gleich Zeit wieder voll. Die Schweden geben dagegen keine mögliche Laufzeit an, da diese stark vom Einsatz abhängt. Dafür haben sie auf ihrer Homepage einen Amortisationsrechner, der einen Überblick ermöglicht, wie schnell man bares Geld spart. Denn nun benötigt man ja keinen kostenintensiven Sonderkraftstoff mehr. Wieviel Strom eine Ladung benötigt, lässt sich leicht errechnen: Der für die XP540i empfohle BLi300 hat eine Kapazität von 9,6 Ah bzw. 0,3369 kWh, die für eine volle Ladung benötigt werden. Bei einem Strompreis von etwa 0,30 Euro kostet einmal Akku laden also etwa 10 Cent. Ganz grob mit der von Husqvarna selbst erwähnten 40 ccm-Säge verglichen, benötigt diese in 45 min. Volllasteinsatz etwa einen halben Liter Sonderkraftstoff, also eine Tankfüllung, die etwa einen Euro kostet – das zehnfache der Stromvariante. Was allerdings mit eingerechnet werden muss, ist der Akku-Verschleiß: Die Hersteller gehen hier von etwa 1.000 Ladezyklen aus, was 750 Stunden Arbeitszeit entspricht.

Kettensägen: Die Akkusäge wird erwachsen

Die Stihl MSA220 hält mit dem neuen Akku etwa 45 Minuten durch. Mit einem Rückentrageakku sind es sogar bis zu 200 Minuten.

Hier könnte man nun argumentieren, dass Nutzer, die nicht täglich in Vollzeit mit der Säge arbeiten, ein Leben lang auskommen werden. Die Akkus werden aber nicht selten auch in anderen Geräten genutzt, bei Stihl umfasst die Palette mehr als 20 weitere Geräte für verschiedenste Anwendungen. Hier sei daher auch noch der Hersteller Dolmar mit genannt, der inzwischen zum japanischen Makita-Konzern gehört und dessen 18-V-Akkusystem verwendet. In die Motorsägen, wie etwa die AS3835Z, werden dafür zwei der auch von Makita Akku-Schrauber und Co. bekannten Stromspeicher eingesetzt, womit man ebenfalls auf 36 V kommt. Dolmar arbeitet dabei zwar „nur“ mit 20 m/s Kettengeschwindigkeit, im Top-Handle-Segment fährt die AS1925Z aber ebenfalls bereits mit 24 m/s. Man darf also gespannt sein, ob hier noch etwas kommt, das auch ohne Sonderausbildung bedient werden darf.

Sollten wir eine Schätzung abgeben, würden wir dem Brennholzselbstwerber bei der Fällung und Aufarbeitung von schwächerem Nadelholz mit drei Akkus durchaus einen Samstag im Wald ohne Ladegerät attestieren. Denn hier läuft die Säge nicht durchgehend, es werden immer wieder Holz geräumt, Seilwinde bedient oder Äste beiseite geschafft. Künftig könnten sich Experten auch eine größere Powerbank vorstellen, die im Kofferraum das Laden der Akkus übernimmt. Ein Elektro-Auto wäre hier ebenfalls eine Lösung, entsprechend Wald-taugliche Gefährte sind aktuell aber noch rar gesät. Aber auch hier geht es rasant vorwärts, es bleibt daher sehr spannend, wie sich die Forstarbeit in den nächsten Jahren entwickelt.


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