Die 100-Millionen-Euro-Schau im Süden

Das Karpfhamer Fest mit der angegliederten Rottalschau gilt als größte jährliche Landwirtschaftsausstellung Süddeutschlands – 2019 ist es vom Freitag, 30. August bis Dienstag, 3. September wieder Ziel hunderttausender Besucher aus Deutschland und Österreich – Technikpräsenz inzwischen höher als auf dem ZLF

Karpfhamer Fest und Rottalschau: Die 100-Millionen-Euro-Schau im Süden
Karpfhamer Fest und Rottalschau: Die 100-Millionen-Euro-Schau im Süden

Das im nächsten Jahr wieder stattfindende Zentrallandwirtschaftsfest (ZLF) in München hat mit 120.000 m2 zwar wesentlich mehr Fläche als die 76.000 m2 in Karpfham, die Ausstellerzahl hat sich aber inzwischen angenähert: 600 Firmen aus der gesamten Bundesrepublik und den Nachbarländern zeigen aktuelle Technik, auf dem vom Bauernverband organisierten ZLF sind es nur 50 mehr. Experten schätzen den Wert der auf der Rottalschau ausgestellten Technik auf weit über 100 Millionen Euro.

Die Besucher schätzen dabei auch die einfache Anreise, da hier keine Großstadt besucht, sondern lediglich ein günstiger Parkplatz auf der grünen Wiese angesteuert werden muss, auf der anderen Straßenseite geht es direkt und komplett ohne Eintritt zur Ausstellung und dem Volksfest. „Hinsichtlich der bayerischen Landwirtschaft hat Karpfham inzwischen so stark an Bedeutung zugenommen, dass die Technikpräsenz höher ist als auf dem ZLF. Inzwischen lockt das auch immer mehr Besucher aus dem nahegelegenen Österreich an, denn die dortigen Ausstellungen haben eine Kasse an der Türe“, weiß Ulrich Hirschmann. Er ist Vertriebsleiter der Firma Fleischmann aus Landau an der Isar, die zusammen mit Agratec Straubing und Efka-Tec aus Erlbach einen Stand mit Maschinen von New Holland auf der Rottalschau aufstellen wird. „Für den Händler ist es natürlich spannend, auch Kontakte nach Österreich zu knüpfen. Denn manche Maschinen sind dort nicht zu bekommen, oder zu anderen Preisen, weshalb der direkte Verkauf während der Ausstellung ins Nachbarland durchaus vorkommt – nur selten bei Standardschleppern, bei ausgefallenen Bodenbearbeitungsgeräten waren bei anderen Händlern aber so schon zehn tägliche Verkäufe möglich.“

Karpfham hat sich aber auch wegen der steigenden Zahl namhafter österreichischer Aussteller einen festen Platz bei den landwirtschaftlich geprägten Messen und Ausstellungen in Deutschland gesichert und ist laut der Veranstalter „bereits eine der wichtigsten Landtechnikausstellungen in Mitteleuropa.“ So hat etwa die Regent Pflugfabrik einen Stand in Karpfham, ein seit 1925 bestehendes österreichisches Familienunternehmen. Heute kann man auf ein vollständiges Produktportfolio im Segment der Bodenbearbeitung für konventionelle wie auch Biobetriebe zurückgreifen, produziert wird komplett in Attnang-Puchheim. Als Premiere – noch vor der Agritechnica – zeigt man im Rottal den Leichtgrubber Terrakan R6 Bio, geeignet für seichten Stoppelsturz über Begrünungsumbrüche im Frühjahr bis hin zur Saatbettvorbereitung. Die 6-balkige Rahmenkonstruktion verfügt über massive Federzinken in der Dimension 70 x 12 mm welche mit einem Strichab­stand von 13 cm aufgeteilt sind. Federbelastete Einebnungszinken verteilen das Erdmaterial und verhindern eine Schwadbildung, mittles Steckbolzen sind diese einfach und werkzeuglos hochklappbar. Anstatt einer Nachlaufwalze kommt ein groß dimensionierter druck- und neigungsverstellbarer Nachlaufstriegel (12 mm) zum Einsatz.

Lokale Spezialisten und vielseitige Longliner nebeneinander

Die Firma Köppl aus der Nähe von Deggendorf hat nur etwa 60 km Anfahrt nach Karpfham. Seit über 120 Jahren baut der Familienbetrieb Maschinen, inzwischen hat man mit dem Crawler auch eine 23 PS starke Mähraupe im Programm. Auf der Rottalschau hat man dafür nun auch einen 1,20 m-Forstmulcher mit dabei, der Gehölz bis 8 cm zerkleinert. Die dreimal verstell- und austauschbaren Rundmeißel bestehen aus speziellen Legierungen und Hartmetall. Die Rotorhaube lässt sich elektrisch öffnen und die Gleitkufen sind individuell von 3,5 cm bis 7,5 cm Mulchhöhe einstellbar. Die hauseigene Spatenmaschine ist jetzt zudem auch mit gebogenen Stahlmessern erhältlich. Eingesetzt wird sie zum Schlitzen von Rasenflächen für eine bessere Belüftung, Wassereindringung und Nährstoffzuführung an den Wurzeln. Dadurch werde laut Hersteller eine bessere Tiefenverwurzelung und höhere Resistenz gegen Trockenheit gewährleistet, zudem eigne sich die Maschine auch zur Lockerung von harten Böden.

Karpfhamer Fest und Rottalschau: Die 100-Millionen-Euro-Schau im Süden

Die Veranstalter schätzen den Wert der auf der Rottalschau ausgestellten Technik auf 100 Millionen Euro.

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Der Terrakan R6 Bio feiert in Karpfham seine Premiere.

Auch für die Firma Wohlmannstetter aus dem nur etwa 50 Kilometer vom Gelände entfernten Unterdietfurt gehört das Karpfhamer Fest samt Rottalschau seit langem zum jährlichen Rhythmus: „Ich selbst kann gar nicht mehr sagen, wie lange wir nun schon auf dem Gemeinschaftsstand von Deutz-Fahr dabei sind“, so Verkaufsberater Walter Gaßlbauer. Für ihn ist vor allem die Kontaktpflege das A und O der Ausstellung, da er so viele seiner Kunden aus der Region treffen kann. Außerdem lohne sich die Messe auch zur Akquise: „Ein Fremdkunde kommt auf so einer Ausstellung eher mal auf unseren Stand, als dass er zu uns auf das Betriebsgelände fährt.“

Ähnlich sieht es auch Sibylle Scherr von Claas Südostbayern: „Die Rottalschau ist in unserem Handlungsbereich die größte Landtechnikausstellung, dadurch gehört sie natürlich für uns zum festen Programm. Hier erreichen wir unsere Kunden und sie uns.“ Dabei legt man Wert darauf, auch alle Fragen zum bestehenden Portfolio wie auch zu Neuheiten beantworten zu können. Mit Blick auf die eher kleinteilige Landwirtschaft in der Region sind auch kompaktere Schlepper, Radlader und Neuheiten im Bereich Futterernte dabei. Ein Highlight sind zudem sicherlich die vor kurzem neu vorgestellten Lexion-Mähdrescher, die in Karpfham schon zu sehen sein werden: Die 5000 und 6000er Schüttler haben unter anderem ein neues Dreschwerk bekommen, ebenso die Großdrescher der 7000 und 8000er Hybrid-Klasse, die nun mit bis zu 790 PS auf die Felder ziehen.

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Die Besucher erwartet ein umfangreiches Tierschauprogramm.

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Bis Mitternacht drehen sich Riesenräder und Karussels.

Traditionell stehen die Händler im Vordergrund

Die meisten Hersteller treten in Karpfham zusammen mit ihren lokalen Vertriebspartnern und Vertretungen auf, da die Ausstellung sich so entwickelt hat: Neben dem eigentlichen Volksfest zeigten lokale Landtechnikhändler neue Maschinen, was immer stärker gewachsen ist. Der Fokus liegt auch heute nach wie vor in allen Bereichen der Landwirtschaft. Etabliert hat sich inzwischen aber auch eine klassische Verbrauchermesse, eine Energiemesse mit Themen rund um Energiebeschaffung, Energieoptimierung, Heiztechnik, Solartechnik, Photovoltaik sowie Forstmaschinen. Außerdem sind auch Kraftfahrzeuge und Kommunaltechnik dabei, da diese Bereiche als zusätzliche Einnahmequelle im Rahmen von Dienstleistungen für viele Landwirte wichtiger werden. Da das Einzugsgebiet aber immer größer wird und auch Interessierte aus Mitteldeutschland anreisen, können die lokalen Händler diese potentiellen Neukunden kaum gewinnen. Einige Hersteller treten daher inzwischen mit eigenen Ständen auf. Ebenso beanspruchen die größeren Platzhirsche mehr Fläche, was sich im realen Alltag widerspiegelt, auch hier vergrößern diese ihr Einzugsgebiet stetig. Die BayWa etwa hat 2019 ihren Stand für die Marken Fendt, Massey Ferguson, Horsch, Caterpillar und Jessernigg vergrößert.

Auf der Seite der Organisatoren bricht dieses Jahr eine neue Ära an: Über stolze 47 Jahre hatte der bisherige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende Sebastian Winbeck mit seinem Vorstand die Geschicke des Karpfhamer Festes samt Rottalschau zum heutigen Erfolg geführt. Seinem Nachfolger hat er eine gute Hand für die weitere Entwicklung der Veranstaltung gewünscht. „Da ändert sich aber nicht viel, denn Jürgen Pentlehner war schon bisher über Jahre in der Vorstandschaft aktiv. Das Team ist also gleich geblieben, daher wird sich auch an unserer Philosophie nicht viel ändern“, versicherte uns Geschäftsführer Gottfried Kopplstätter. Durch die Erweiterung der Rottalschau und die stets umfangreicher werdenden Aufgaben hatte man sich 2007 entschlossen, die Vorstandschaft neu zu strukturieren und ein weiteres Mitglied zu bestellen, das sich um das Qualitätsmanagement und die Optimierung der Abläufe in der Verwaltung kümmern soll. Im April 2019 wurde das Gremium wieder auf vier Vorstände reduziert. Dafür wurde beschlossen, einen Sprecher der Festwirte in beratender Funktion beizuziehen.

Da sich im vergangenen Jahr ein bisheriger zweiter Veranstalter mit eigenem Zelt und eigenen Ausstellungsflächen zurückzog, konnten 2018 erstmals alle Veranstaltungen und Aussteller zentral vom Verein „Karpfhamer Fest e.V.“ gemanagt werden, was laut Kopplstätter auch 2019 und darüber hinaus hier und da noch für Veränderungen sorgt: „Die Nachfrage nach Ausstellerflächen startet bei uns ja schon im Januar und war dieses Jahr sehr gut, wieder einmal konnten wir nicht alle bedienen. Durch die seit 2018 neu von uns zu organisierenden Flächen herrschte etwas Kraut und Rüben, was wir nun versuchen zu ordnen. Bis dann aber wirklich alle Bereiche – Landtechnik, Forst, Energie usw. – sauber sortiert auf dem jetzt ganzheitlich von uns betreuten Gelände vertreten sind, wird es noch ein paar Jahre dauern.“

Um den Besuch in Karpfham so angenehm wie möglich zu gestalten, arbeiten die Organisatoren auch stetig an kleinen Verbesserungen: „Unser Gelände ist ja etwas bergig, daher haben wir nun eine gemütliche, kostenlose ‚Boggerlbahn‘ eingeführt“, sagt Kopplstätter. In anderen Landesteilen wird ein solcher Zug auch Bimmelbahn genannt, sie bringt erstmals die Besucher im sechs Kilometer Frontlänge großen Landtechnik-Ausstellungsgelände zu den höher gelegenen Flächen und zurück. Die Bereiche Energie, Umwelt und Bauen mit zwei Kilometer Ausstellungsfront und die Verbraucher- und Gewerbeschau mit einem Kilometer Ausstellungsfront traut man dann jedem Besucher auch zu Fuß zu.

Karpfhamer Fest und Rottalschau: Die 100-Millionen-Euro-Schau im Süden

Claas Südostbayern präsentiert in Karpfham die neuen 5.000er und 6.000er.

Karpfhamer Fest/Rottalschau – Freier Eintritt

Ins beschauliche Karpfham – zusammen mit der Stadt Bad Griesbach kommt man auf etwa 10.000 Einwohner – strömen jährlich ca. 400.000 Besucher.

Auf einer Fläche von rund 25 Fußballplätzen findet immer zum Monatswechsel August/September (30.8. – 3.9.) ab Donnerstagabend das Karpfhamer Fest, ab Freitagfrüh (8.30 – 18 Uhr) die Rottalschau statt.

Das Fest mit allen Ausstellungsbereichen kostet keinen Eintritt. Neben der reinen Technik erfreut sich die Verbraucher- und Gewerbeschau in fünf Hallen und Freigelände mit einem Angebot für Gesundheit, Genuss, schickes Aussehen, Wohnen, Haus und Garten sowie vielem Praktischen für den Alltag großer Beliebtheit. Unterhaltung gibt es bereits am Donnerstag ab 18 Uhr, ab Freitag ist das Fest mit allen Fahrgeschäften und Buden täglich von 9 bis 24 Uhr geöffnet. Die sechs Festzelte, in Karpfham traditionell „Hütten“ genannt, bieten 20.000 Sitzplätze.


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