Scharfe Kritik an einer neuen Kampagne gegen Pflanzenschutzmittel, initiiert von einem „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft“, hat der Industrieverband Agrar (IVA) geübt. Diese Aktion könnte kaum ein schlechteres Timing haben als in diesen Tagen, denn der feuchte Sommer zeige aktuell, dass Landwirte – bio wie konventionell – nicht ohne wirksame Pflanzenschutzmittel auskämen, stellte der IVA jetzt in Frankfurt fest.
Während sich das Bündnis, dem auch Anbauverbände aus der ökologischen Landwirtschaft angehörten, bei Bundestagskandidaten für einen Ausstieg aus dem chemischen Pflanzenschutz stark machten, kämpften Landwirte, Winzer und Obstbauern derzeit angesichts des ungewöhnlich feuchten Sommers um ihre Ernten. In Kulturen wie Kartoffeln oder Wein könnten in dieser Lage nur Spritzbehandlungen mit Fungiziden gegen den Pilzbefall helfen, egal ob im ökologischen oder konventionellen Anbau.
„Aktuell erinnert vieles an die Situation, die wir schon im Jahr 2016 hatten, als ein feuchter Frühsommer einen hohen Pilzdruck verursachte“, erklärte IVA-Hauptgeschäftsführer Frank Gemmer. Die Aufwandmengen für Kupfer seien damals heraufgesetzt worden, um den Biobetrieben überhaupt eine Möglichkeit zu geben, ihre Ernten vor dem Totalausfall zu schützen. „Was schon vergessen ist: Damals forderten die Anbauverbände nicht weniger, sondern mehr Pflanzenschutzmittel auch im Ökolandbau“, so Gemmer. Nach seiner Ansicht gibt es in Deutschland aufgrund der sehr strengen Zulassungsregeln nicht zu viele, sondern zu wenig unterschiedliche Pflanzenschutzmittel. In diesem Punkt gehe die Kampagne komplett an der landwirtschaftlichen Praxis vorbei.
Gemmer wies darauf hin, dass Schädlinge, Pflanzenkrankheiten und Unkräuter weltweit rund ein Drittel der möglichen Ernteerträge vernichteten. Diese Verluste ließen sich nur durch einen effektiven Pflanzenschutz wirksam eingrenzen. Ohne entsprechende Instrumente müsste Deutschland beispielsweise bei der Weizenernte jährliche Verluste verkraften, die dem Bedarf von 180 Millionen Menschen entsprächen.
Dank moderner Betriebsmittel könne die produktive Landwirtschaft auf der vorhandenen Ackerfläche hohe Erträge erzielen, hob der Geschäftsführer hervor. Sie benötige beispielsweise für den Anbau derselben Menge Weizen nur halb so viel Fläche wie der Ökolandbau. Diese effiziente Flächennutzung tue auch dem Klima gut, weil die Umwidmung von Naturflächen in Ackerland weltweit für 20 Prozent der Treibhausgase verantwortlich sei und damit als der wichtigste Emissionstreiber überhaupt gelte.
Ein weiterer Vorteil der hohen Produktivität seien erschwingliche Nahrungsmittelpreise, betonte Gemmer. Zudem würden moderne Pflanzenschutzmittel dabei helfen, Lebensmittel vor gefährlichen Kontaminationen zu schützen.