Politische Vorgaben verunsichern den Markt

Der eilbote sprach mit Markus Anders, Prokurist der Interessengemeinschaft Landmaschinen-Fachbetriebe (Ilafa eG Peine), über die Auswirkungen der aktuellen Krise und die wirtschaftliche Entwicklung der Einkaufsgemeinschaft.

Interview: Politische Vorgaben verunsichern den Markt
Interview: Politische Vorgaben verunsichern den Markt

Ilafa-Prokurist Markus Anders.

Wie kommen die Ilafa-Mitglieder aus dem Landtechnik-Fachhandel mit der momentanen Situation zurecht? Markus Anders, Prokurist der Ilafa eG Peine, berichtet, dass er unterschiedliche Rückmeldungen bekommt, abhängig von der jeweiligen Region, aber auch der angebotenen Fabrikate. Er stellt fest, dass alle Händler unter den gegebenen Bedingungen und Vorschriften arbeiten können, Werkstätten ausgelastet sind und die Ersatzteilversorgung sichergestellt ist. Bei den Neumaschinen zeigt sich laut Anders ein unterschiedliches Bild: „Wenn die Maschinen in Deutschland produziert werden, wie bei Krone oder Amazone, dann gibt es keine Probleme. Liegt die Fabrik aber beispielsweise in Italien, wie bei einigen Modellen von Same Deutz-Fahr oder Maschinen aus Frankreich, dann gibt es natürlich Verzögerungen.“ Die Industrie nennt neue Liefertermine im Herbst, allerdings nehmen alle Ilafa-Mitglieder eine abwartende Haltung zur Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte ein. Die Hersteller versuchen zwar alle Bestellungen zu bedienen, werden aber nicht alles abdecken können. Insbesondere bei der Futtererntetechnik, die aktuell gebraucht wird, stellt dies ein Problem dar. Anders zeigt sich mit Blick auf die Geschäftsentwicklung der Ilafa daher abwartend, ob aus der aktuellen Situation Stornierungen der Bestellungen folgen – bisher gibt es diese nicht.

Ebenfalls leiden Betriebe im Spargel- oder Obstanbau unter fehlenden Erntehelfern, so dass zum Teil ein halber bis ganzer Jahresumsatz ausfällt. „Dies hat mittelfristig auch Effekte auf die Werkstätten und das Neumaschinengeschäft der Landtechnik-Fachbetriebe, die dann mit fehlender Investitionsbereitschaft der Landwirte kämpfen.“ Auch Marktauswirkungen wie zum Beispiel Trockenheit, Düngeverordnung, Zuckermarktordnung und den Strukturwandel, bekommen die Mitglieder zu spüren. Der Ilafa-Prokurist stellt fest, dass diese üblichen Entwicklungen zum Teil durch die Corona-Krise beschleunigt werden und einige Landmaschinenhändler bereits früher als geplant aufhören werden.

Aber Anders hat auch Feedback von Betrieben erhalten, die eine Chance in der Corona-Krise sehen: „In Regionen der Automobilindustrie könnte es passieren, dass ausgebildete Fachkräfte freigesetzt und somit für die Landtechnikbranche gewonnen werden können. Das betrifft sicherlich nicht alle Bereiche, aber Schnittmengen gibt es einige.“

Positionierung der Händler

Gibt es Tendenzen zur Diversifizierung im Landmaschinenhandel?

Bereits vor der Corona-Pandemie haben einige Landmaschinenhändler neue Wege Richtung Baumaschinen oder Kommunaltechnik eingeschlagen. Die Rückmeldungen dazu sind durchweg positiv. Auch wenn viele „erst zu ihrem Glück getrieben werden mussten, sind die Händler mit der Entwicklung sehr zufrieden“, so Anders. Den Bereich der Forstwirtschaft bewerten die Mitglieder unterschiedlich. Ein Teil freut sich über einen höheren Verkauf von Geräten, da auf Forstschäden reagiert werden muss. Der andere Teil fragt sich, ob nicht in zwei Jahren alle gekauften Neumaschinen wieder als Gebrauchte auf ihrem Hof stehen.

Wie bewerten die Ilafa-Mitglieder die Vertriebsstrategien der Long-Liner?

Die Praxis der Hersteller, sich im Produktprogramm breiter aufzustellen und weniger Platz für Spezialisten zu lassen, wird von der Händlerschaft unterschiedlich aufgenommen. Die einen bedauern, dass sie Jahrzehnte selbstbestimmt ihren eigenen Weg gehen konnten und nun zunehmend fremdbestimmt sind. Die Mitglieder schildern dabei ein teils sehr offensives Verhalten der Long-Liner. Es gibt aber auch Betriebe, die den Trend zur Exklusivität als Alleinstellungsmerkmal wahrnehmen und sich über den eigenen Verantwortungsbereich und feste Gebiete freuen. „Spezialisten und Hersteller von Anbaugeräten müssen nun andere Wege gehen, um sich in diesem Markt zu behaupten“, sagt der Ilafa-Prokurist weiter.

Welche Entwicklungen beschäftigen aus seiner Sicht den Landmaschinenhandel?

Markus Anders sieht einen deutlichen Rückgang im Bereich Pflanzenschutz- und Düngetechnik. „Durch die neue Düngeverordnung nehmen viele Landwirte eine abwartende Position ein und wollen Geräte eher mieten als selber kaufen.“ Einzelne Bundesländer diskutieren die Subvention von Neuanschaffungen, „gegebenenfalls kommt dadurch wieder mehr Bewegung in den Markt“, so Anders.

Im Bereich der Hacktechnik ist Interesse vorhanden, Hersteller bieten diese Technik auch zunehmend an, aber deutlich mehr Verkäufe stellt die Ilafa in diesem Bereich bisher nicht fest. Laut Anders führen unterschiedliche Strategien der Landwirte und Boden- und Klimabedingungen automatisch zu verschiedenen Herangehensweisen der Unkrautbekämpfung, so dass sich noch keine klare Tendenz zeigt.

Wie geht die Ilafa mit dem Strukturwandel im Landmaschinenhandel um?

Insbesondere die Thematik der Nachfolge beschäftigt viele Mitglieder im Netzwerk. Dabei sei ein Bereich die grundsätzliche Regelung einer Übernahme, ein anderer die Unterstützung des Nachfolgers. In beiden Fällen bietet die Ilafa Hilfestellung durch Erfahrungsaustausch und ihr Dienstleistungsnetzwerk an.

Ausblick

„Viele Betriebe in unserem Mitgliederkreis sind unsicher.“ Im Gegensatz zum üblichen Marktgeschehen regeln aktuell nicht Angebot und Nachfrage das Gleichgewicht, sondern die Eingriffe durch Corona-Verordnungen und Verbote. Diese Rahmenbedingungen führen zu einem Verfall des Ölpreises, an dem sich weitere Rohstoffe orientieren. So sind die Landwirte unmittelbar von den sinkenden Preisen betroffen, mittelbar dann auch wieder die Landmaschinenhändler im Verbund der Ilafa. „Es bleibt abzuwarten, wie es hier weitergeht“, so Anders.

Die Interessengemeinschaft Landmaschinen-Fachbetriebe (Ilafa eG Peine) ist eine private Einkaufskooperation. Sie bietet ihren Mitgliedern Zugriff auf ein umfassendes Hersteller- und Lieferantennetzwerk und eine zentral gesteuerte Abwicklung an. Zur Einkaufsgemeinschaft gehören rund 290 Betriebsstätten, die bundesweit verteilt sind, sowie 94 Kooperationspartner aus der Landtechnik.

Im letzten Jahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Netto-Umsatz von 133 Mio. Euro, das erste Quartal 2020 liegt zwei Prozent unter dem Vorjahreszeitraum.

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