„Pflanzenschutz-Selbstfahrer kommt im Herbst“

Der eilbote sprach mit Lemken Geschäftsführer Anthony van der Ley über Exportmärkte, den deutschen Vertrieb und Produktneuheiten zur Agritechnica.

Interview mit Anthony van der Ley, Geschäftsführer Lemken: „Pflanzenschutz-Selbstfahrer kommt im Herbst“

Lemken Geschäftsführer Anthony van der Ley: „Mit der Übernahme von Steketee haben wir die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen!“

eilbote: Sie haben Ihren Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr um sechs Prozent steigern können. Bitte gliedern Sie diesen noch nach Sparten auf.

Anthony van der Ley: Wir können so viel sagen, dass wir über alle Produktsparten ein gutes Wachstum erreicht haben.

Der Pflug erlebt in den letzten Jahren in Deutschland eine Renaissance. Gilt das auch für andere Länder und könnten Sie die Entwicklung mit absoluten Zahlen Ihres Hauses veranschaulichen?

Seit zwei Jahren schon steigen die Absatzzahlen für Pflüge deutlich. Insbesondere der Bereich der Aufsattelpflüge ist stark gewachsen. Diesen Trend haben wir sehr deutlich in der Ukraine und Russland gespürt.

Ihr stärkster Markt ist nach wie vor Deutschland mit einem Anteil von 23 Prozent. Sie haben im Inland Ihren Umsatz sogar um acht Prozent steigern können. Haben Sie nach der Trockenheit über weite Teile im Norden und Osten auch regionale Rückgänge gespürt?

Ja, das stimmt, der Geschäftsverlauf war in Deutschland regional ziemlich unterschiedlich. Zum Jahresende hat sich dies zum Glück relativiert. Denn die vielen Niederschläge im Spätherbst haben dafür gesorgt, dass die Bestände für viele Landwirte doch weitgehend gut waren. Parallel dazu sind die Preise für die Ernteerzeugnisse in großen Bereichen gut ausgefallen.

In den letzten Jahren berichteten Sie begeistert über zweistellige Zuwachsraten in Nordamerika. Können Sie die Entwicklung dort in absoluten Zahlen konkretisieren? Welche Maschinen werden dort besonders gut nachgefragt?

In Kanada erreichen wir bereits seit einigen Jahren stabile zweistellige Millionenumsätze. Wir haben deshalb eine eigene Vertriebsgesellschaft gegründet, die seit Beginn 2018 als vollständige Importgesellschaft für Maschinen und Ersatzteile im Markt agiert und die Versorgung der Kunden erleichtert.

Unser Geschäft in den USA ist noch jünger, dort sind wir 2018 um 50 % gewachsen. An diesem Erfolg haben unsere Kurzscheibeneggen Rubin einen großen Anteil.

Wäre das nicht ein Grund für die Errichtung eines Fertigungsstandortes in Kanada oder den USA? Präsident Trump würde Lemken doch mit offenen Armen empfangen.

Na ja, wir haben eine lokale Fertigungsstätte in Nordamerika zwar erwogen, aber derzeit weit nach hinten geschoben. Denn die aktuelle Politik in den USA hat die Rahmenbedingungen dafür erheblich verschlechtert, da zum Beispiel die Einkaufspreise für Stahl deutlich gestiegen sind.

Vor einem Jahr deuteten Sie noch die Überlegung einer Produktion in Russland an. Ihre Aussage zu diesem volatilen Markt klingt zur Zeit mehr als verhalten. Was genau hat sich dort geändert?

Wir sind natürlich vor Ort, es ist ja ein Kernmarkt für uns. Vor zehn Jahren schon haben wir in Detschino nahe Kaluga ein modernes Endmontagewerk aufgebaut, eine Investition von ca. 8 Mio. Euro. Angesichts der zunehmenden Handelsbeschränkungen prüfen wir eine lokale Teileproduktion sehr intensiv. Denn anerkannte, lokal in Russland hergestellte Produkte genießen weiterhin starke Vorteile, zum Beispiel direkte Subventionszahlungen oder Zinssubventionen für die Käufer dieser Produkte. Die Vorgaben für eine solche Produktion sind allerdings streng.

Bleiben wir noch kurz im Ausland. Sie betreiben in China eine Montage und in Indien eine Produktion einfacher Geräte. Nach sechs Jahren scheint Indien jetzt anzulaufen. Was hat sich dort zum Positiven verändert?

Viele Jahre harter Arbeit machen sich in Indien endlich bezahlt. Begünstigt durch Subventionen für Geräte zur Einarbeitung von Ernterückständen (das schädliche Verbrennen von Strohresten ist jetzt verboten) werden unsere lokal hergestellten Produkte deutlich mehr nachgefragt. Insbesondere unser Pflug Opal 090 genießt eine hohe Akzeptanz im Markt.

Zum Erfolg trägt auch bei, dass wir vor drei Jahren entschieden haben, dort Teile für unser Stammwerk in Alpen zu produzieren, und das läuft ebenfalls sehr gut. Unser indisches Werk produziert auf sehr hohem Niveau.

Sie berichten auch von Anfangserfolgen auf dem japanischen Markt. Hängen diese mit Ihren Standorten in China und Indien zusammen?

Wir sind in Japan eigentlich schon länger aktiv, aber erst in den letzten Jahren hat sich der Umsatz stärker entwickelt. Das heißt, Geduld zahlt sich auch hier aus. Wir verkaufen in erster Linie Produkte aus unserem Stammwerk in Alpen. Mit unseren Aktivitäten in China und Indien gibt es kaum Überschneidungen. Der japanische Markt ist aus unserer Sicht eher mit westeuropäischen Märkten vergleichbar.

Zurück in unsere heimischen Sphären: Wie entwickeln sich Ihre Neuübernahmen Steketee und Crop Care und wollen Sie diese noch intensiver in Ihr traditionelles Programm integrieren?

Mit der Übernahme von Steketee haben wir die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Die Produkte zeichnen sich durch kundenorientierte Lösungen aus, he-rauszuheben ist die sehr präzise arbeitende Kameratechnik. Besonders daran: Sie ist ein komplett eigenes Produkt von Steketee, entwickelt zusammen mit der renommierten Agrar-Uni Wageningen. In Zeiten, wo intensiv über die (teilweise) Ablösung vom chemischen Pflanzenschutz diskutiert wird, bieten wir mit den Steketee Geräten eine interessante Alternative im mechanischen Pflanzenschutz an. Diese Akquisition ist deshalb ein weiterer wichtiger Baustein in unserem Wachstumssegment Crop Care. Wir gehen derzeit in den aktiven Verkauf der vorhandenen Produkte, die weiteren Integrationsmöglichkeiten bearbeiten wir parallel in Projektteams.

Die nächste LBT-Tagung findet im kommenden Monat in Ihren Räumen hier in Alpen statt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung in der Branche, besonders was die Wettbewerbssituation zwischen privaten Fachbetrieben und den Genossenschaften angeht, und wie ist bei Lemken der Anteil dieser beiden Lager hier in Deutschland?

Die Entwicklung der Branche ist im Grunde sehr ähnlich zur Marktentwicklung. Ein Marktwachstum bietet den Handelsbetrieben die Möglichkeit, ihr Geschäft auszubauen. Und Wettbewerb belebt bekanntlich das Geschäft! Lemken hat in Deutschland seit vielen Jahren gute und ausgewogene Geschäftsbeziehungen zu Privathändlern und zu Genossenschaften. Wir sehen allerdings einen Trend, dass die großen Handelsbetriebe – privat und genossenschaftlich – weiter überproportional wachsen. Mit unserem attraktiven Produktangebot sind wir sehr zuversichtlich, auch in Zukunft als starke Marke beim Handel und bei unseren Kunden nachgefragt zu werden.

Bodenbearbeitungsgerätehersteller scheinen derzeit nicht mehr ganz oben auf der Übernahme-Wunschliste der großen Longline-Konzerne zu stehen. Wie ist zu diesem Punkt Ihr Eindruck und haben Sie dafür eine Erklärung?

Im Markt sind immer Veränderungen zu spüren, mal stärker und mal schwächer. Außerdem: Die besten Gerätehersteller sind ja nicht so einfach zu kaufen, es müssen immer zwei Seiten wollen!

Wir als Lemken sind stolz darauf, auch weiterhin als unabhängiges Familienunternehmen tätig zu sein und dem Kunden durch ein vertrauensvolles und direktes Miteinander einen wichtigen Mehrwert zu bieten.

Zum Schluss unsere Standardfrage: Welche Highlights wird Lemken als Neuheiten auf der Agritechnica präsentieren und wird in Hannover schon ein himmelblauer Düngerstreuer zu sehen sein?

Auf der Agritechnica werden die Besucher viele neue himmelblaue Maschinen aus allen Produktfamilien bestaunen dürfen. Der lange angekündigte Selbstfahrer im Bereich Pflanzenschutz ist da eines von vielen Highlights. Natürlich werden auch die Hackmaschinen aus dem Werk Steketee dabei sein. Und darüber hinaus werden wir den Spannungsbogen weiter aufrecht halten!

Die Fragen stellte Jürgen Boomgaarden


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