Die Strategie „Transform 2 Win“ bleibt unverändert

Pläne werden in vier Stufen des Fünfjahresplans realisiert – Klare Differenzierung der Marken Steyr, Case IH und New Holland – Marke AgXtend als Erweiterung des Produktportfolios

Interview: Die Strategie „Transform 2 Win“ bleibt unverändert

Die CNH-Marken sollen sich künftig mehr differenzieren. Steyr wird Premiummarke und Technologieführer, betont Thierry Panadero im eilbote-Interview.

Seit Januar 2020 ist Thierry Panadero Head of Agriculture Europe Commercial Operations & Vice President Case IH & Steyr Europe. Seine Karriere bei CNH Industrial begann er im September 2017 als Vize-Präsident Case IH und Steyr EMEA. Zuvor war er über 17 Jahre bei Claas tätig gewesen, zuletzt als CEO Global Sales Western Europe.

Der überraschende Rücktritt von CNH Industrial CEO Hubertus Mühlhäuser hatte Spekulationen darüber aufkommen lassen, ob angeschobene Projekte wie „Transform 2 Win“ oder „AgXtend“ noch ganz oben auf der Agenda stehen oder sogar gestoppt werden. Darüber sprachen wir mit Thierry Panadero.

Eilbote: Ihr Unternehmen betreibt gut 60 Produktionsstätten weltweit, auch in den vom Coronavirus besonders stark betroffenen Ländern. Wie stellt sich die aktuelle Situation für Ihre Werke der Landtechnik dar. Wie stark ist der Handel bei der Belieferung mit Maschinen betroffen?

Thierry Panadero: Aufgrund der aktuellen Entwicklungen rund um das Coronavirus und den damit verbundenen Problemen und Engpässen in der gesamten globalen Lieferkette haben wir uns entschieden, die Produktion europaweit vorerst auszusetzen.

Ein Großteil der Komponentenwerke bleibt bei reduzierter Produktion in Betrieb, wobei selbstverständlich alle nationalen Gesundheitsrichtlinien strikt eingehalten werden. Dadurch kann die Versorgung der außereuropäischen Produktionsstätten sichergestellt werden.

Europäische Teiledepots und die meisten Händlerstandorte bleiben ebenfalls geöffnet, um einen kontinuierlichen, störungsfreien Service für unsere Kunden zu gewährleisten. Die globale COVID-19-Taskforce von CNH Industrial überwacht ständig die Situation in allen Märkten, in denen das Unternehmen tätig ist, und wird bei Bedarf weitere Maßnahmen ergreifen.

Auch das Top Management überprüft täglich die weiteren Entwicklungen rund um die Coronakrise und die Auswirkungen auf das Unternehmen. Die beschriebenen Schritte dienen dazu, die Belegschaft zu schützen und eine weitere Ausbreitung der Pandemie zu verhindern.

Der Rücktritt von Hubertus Mühlhäuser als CEO von CNH Industrial mitten in der Coronakrise kam sehr überraschend. Auf der Agritechnica 2019 hatten wir noch den Eindruck, er habe Ihr Unternehmen auf einen guten Kurs gebracht und die Mitarbeiter da mitnehmen können. Was waren die Ursachen für die plötzliche Trennung?

In der Tat wird die Strategie nicht in Frage gestellt, und wie wir bereits offiziell verlautbart haben, steht der Aufsichtsrat mit Nachdruck hinter der „Transform 2 Win“-Strategie des Unternehmens.

Die von Herr Mühlhäuser implementierte „Transform 2 Win“-Strategie basiert auf vier verschiedenen Säulen. Eines dieser Segmente ist die Landtechnik, für die Derek Nielson verantwortlich ist und auch bleibt und daher diese Strategie kontinuierlich weiter verfolgt.

Herr Mühlhäuser trat als CEO von CNH Industrial zurück, um andere Interessen zu verfolgen. Während er anbot, das Unternehmen während der Suche nach einem Nachfolger weiter zu unterstützen, entschied der Aufsichtsrat, dass das Unternehmen über genug kompente und erfahrene Ressourcen verfügt, und beschloss daher, seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung zu akzeptieren.

Wir danken Herrn Mühlhäuser für seine engagierte Führung, seinen Einsatz und seine zahlreichen Beiträge während seiner Amtszeit.

Der Aktienkurs Ihres Unternehmens hat sich in den letzten Wochen auf rund sechs Euro nahezu halbiert. CNH Industrial ist von dem coronabedingten Rückgang der Aktienmärkte deutlich stärker betroffen als z.B. die Nummer 1 im Markt, John Deere. Warum?

Dies ist auf die außergewöhnliche Marktunsicherheit und -volatilität zurückzuführen. Viele Unternehmen in verschiedenen Branchen haben erhebliche Kursschwankungen erfahren. CNH Industrial ist jedoch in einem viel breiteren Spektrum von Branchen tätig und nicht auf das Segment Landwirtschaft, welches ca. 40 Prozent ausmacht, beschränkt.

Die Landtechniksparte ist das gesündeste und solideste Segment von CNH Industrial. Einige andere Bereiche, wie z. B. Baumaschinen, verzeichneten einen stärkeren Abschwung.

Auch die regionale Ausbreitung des Virus hatte Einfluss: Zuerst Asien, wo wir besonders stark sind, gefolgt von Europa, wo wir mit einer Vielzahl unserer Werke zu Hause sind, und dann erst Amerika.

Reuters meldete, dass sich die für Anfang 2021 geplante Aufspaltung von CNH Industrial in die Sparten Landtechnik und Nutzfahrzeuge verzögern wird. Bleiben die Pläne aktuell und gibt es eine neue Timeline?

Wir werden zu gegebener Zeit weitere Einzelheiten in Bezug auf das „Transform 2 Win“-Projekt und die damit verbundenen Strategien bekanntgeben, wenn der Betrieb wieder auf einem normaleren Niveau läuft.

Hubertus Mühlhäuser hatte ein Investitionsprogramm über fünf Milliarden Euro für die Landtechnik in den nächsten fünf Jahren angekündigt. Wird dieses Vorhaben nun kassiert?

Die Strategie bleibt unverändert. Aber wie immer werden unsere Pläne ständig überprüft – was insbesondere in der aktuellen Situation der Fall ist. Auch die Megatrends der Landtechnik bleiben dieselben: 1. Digitalisierung (AgConnect), 2. Automatisierung, 3. alternative emissionsarme/-freie Antriebe (Methangas-Traktor) und 4. Service. Dementsprechende Investitionen werden 2020/2021 vorgestellt.

Für unsere Leser besonders interessant sind die Pläne zur Markendifferenzierung von Case IH, New Holland und Steyr. New Holland als Longliner und Mähdrescherspezialist, Case IH als Anbieter für Großbetriebe und Lohnunternehmen sowie Steyr als Premiummarke und Technologieführer nur für Traktoren. Bleibt es bei diesen Plänen? Werden die Traktoren technisch noch stärker als bisher differenziert, um den Kunden deutlichere Unterscheidungsmerkmale zu bieten?

Ja, diese Pläne sind nach wie vor aktuell. Wie auf der Agritechnica 2019 bereits vorgestellt, wird die erste von vier Stufen dieses Fünfjahresplans 2020 realisert. Dafür wurde auch erst kürzlich das Team in Deutschland um zwei Business Direktoren verstärkt – Marc Peter Bormann für Case IH & Steyr und Steven van Kooten Niekerk für New Holland –, um noch mehr Fokus auf die Differenzierung zu legen.

Leidenschaft ist der gemeinsame Wert aller Landtechnikmarken von CNH Industrial. Der strategische Plan wird in vier Schritten umgesetzt, in denen der Kunde eine immer stärkere Differenzierung hinsichtlich des Stils und der Features, die bei den drei Agrarmarken des Konzerns angeboten werden, erfährt.

Ja, diese Strategie erlaubt es uns, die Traktoren technisch noch stärker als bisher zu differenzieren und die für den Kunden eindeutigen Unterschiede zwischen den Marken noch klarer erkennbar zu machen.

Gibt es bald Schüttlerdrescher in Rot und Rotordrescher in Gelb, um die jeweiligen Programme abzurunden?

Nein, das wäre genau das Gegenteil unserer Strategie.

Wie verträgt sich dann die Einführung der CNH Dachmarke AgXtend mit der Markendifferenzierung. Was empfehlen Sie hier den New Holland- und Case IH-Händlern, die regional im Wettbewerb stehen?

AgXtend ist als Erweiterung und Upgrade unseres Produktportfolios zu sehen und steht nicht im Widerspruch zur Markendifferenzierung. Es vervollständigt die markenspezifischen Lösungen, die wir unseren Landwirten anbieten. In Europa haben wir bereits rund 600, davon allein in Deutschland rund 200 Einheiten verkauft.

AgXtend repräsentierte etwa 10 Prozent der Präzisionslandwirtschaft in der EU in 2019. Für 2020 gehen wir davon aus, dass sich dieser Anteil erhöhen wird, da die Wachstumsrate in diesem Segment höher ist im Vergleich zu anderen Produktreihen.

Suzanne Heywood ist, wie von Ihnen gemeldet, übergangsweise CEO. Kann man sich noch als CEO für CNH Industrial bewerben oder gibt es schon einen Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin?

CNH Industrial ist bestrebt, den richtigen Kandidaten zu finden, und der Prozess zur Auswahl eines neuen ständigen CEO hat bereits begonnen.

Das Interview haben wir am 7. April per E-Mail geführt. Die Fragen stellte Bernd Pawelzik.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen