In 25 Jahren von null auf 115.000

Das Unternehmen gehört zu den jüngsten Trakorenherstellern in Indien. Mit einer starken Position im Heimatmarkt setzt man weiter auf den Export. Der eilbote besuchte das Unternehmen und sprach mit der Geschäftsführung über die Expansionspläne.

International Tractor Limited: In 25 Jahren von null auf 115.000

ITL Präsident und CEO Gaurav Saxena (2. v. r.) mit Mitarbeitern des Exportteams für Europa Vishal Kumar, Sahil Islash und Samreen Rahman (v. l.).

Gaurav Saxena blickt mich durch seine randlose Brille konzentriert an. Der 52-jährige indische CEO sitzt am Kopf des großen Konferenztisches, beantwortet meine Fragen leise und präzise ohne weit auszuholen. Saxena tritt bescheiden auf, bei einigen Antworten lächelt er etwas verschmitzt. Er ist Präsident und CEO des drittgrößten Traktorenherstellers in Indien, International Tractor Limited (ITL). ITL vertreibt im Heimatmarkt ihre Traktoren unter der Marke Sonalika, für Exportmaschinen hat man zusätzlich den Markennamen Solis gewählt. Das Unternehmen exportiert weltweit in 120 Länder. An mehreren Stellen im Unternehmen präsentiert man stolz auf Roll-up-Displays die Zahlen vom letzten indischen Geschäftsjahr, April 2018 bis März 2019: 114.057 Traktoren, überwiegend bis 110 PS, davon über 18.000 im Export. Eine stolze Leistung – denn ITL baute seinen ersten Traktor erst im Jahr 1996 und ist damit der Youngster im Ranking der führenden indischen Traktorenhersteller.

Den ersten Platz in der indischen Schlepperliga belegt Mahindra (MM+PTL) mit 330.000 Traktoren, gefolgt von Tafe, mit den Marken Massey Ferguson und Eicher, mit 161.000 Traktoren. An Platz drei steht ITL mit den Marken Sonalika und Solis. Sonalika ist der Name einer in Indien sehr bekannten Weizensorte, die in der landwirtschaftlichen Entwicklung des Landes viel zur Verbesserung der Weizenerträge beigetragen hat. Nach Sonalika folgen Escort mit 96.000 Farmtracs und Powertracs sowie John Deere mit 87.000 Einheiten.

Der indische Traktor hat im Schnitt 50 PS, Hinterradantrieb, ein einfaches mechanisches Getriebe, Zapfwelle und einen Vierzylindermotor. Eine Kabine gibt es in der Landwirtschaft, trotz hoher Temperaturen, nicht. Die Klimaanlage der Kabine würde zusätzlichen Diesel verbrauchen, bei umgerechnet 80 Euro ct/l ein echter Kostenblock für den hiesigen Landwirt. Und statt Frontlader setzt man für die Hoflogistik auf Muskelkraft.

Der Traktor dient im Nahverkehr als Transportmittel, viele Stunden verbringt er auf der Straße. Die Landwirte, die ich kennenlernte, nutzen ihren Traktor zwischen 500 bis 1.000 Betriebsstunden jährlich. Der realistische Neupreis liegt um die 9.000 Euro.

ITL baut Sonalika und Solis Traktoren, Solis ist die Hauptexportmarke. Die Bandbreite der Leistungsklassen umfasst 20 und 26 PS sowie Traktoren mit 50, 60, 70, 75, 90, 110 und 120 PS. Außerdem werden Schmalspurschlepper mit 60, 75 und 90 PS angeboten. Kürzlich stellte ITL den ersten Solis Common Rail-Dieseltraktor mit Turbolader, Abgasrückführung und ECU mit 75 und 90 PS vor sowie einen 26 PS Solis Kleinschlepper mit Hydrostatgetriebe.

International Tractor Limited: In 25 Jahren von null auf 115.000

Die Verwaltung von ITL mit den Marken Sonalika und Solis hat ihren Sitz in Delhi. Seit 2016 ist Yanmar mit 30 Prozent an ITL beteiligt.

Start mit Geräten

ITL Gründer Dr. Deepak Mittal (59) startete Ende der 1960er Jahre mit dem Landmaschinenbau. Mittal baute 1996 den ersten Traktor. Dabei hatte er nicht nur den riesigen Heimatmarkt im Blick, sondern auch das Auslandsgeschäft. Zur ITL Inhaberfamilie gehören heute noch zwei Brüder von Dr. Deepak Mittal sowie drei ihrer Söhne. Zu dem bekannten indischen Stahlunternehmen Arcelor Mittal besteht keine familiäre Beziehung.

Um vom asiatischen Montage Know-how mit den damals noch jungen Kaizen und Kan-Ban-Systemen zu profitieren, startete ITL 2005 eine technische Zusammenarbeit mit dem japanischen Motoren- und Baumaschinenspezialisten Yanmar. Das war offenbar für beide Seiten sehr erfolgreich: Im Jahr 2016 beteiligte sich Yanmar mit 30 Prozent an ITL. ITL fertigt auch Yanmar Traktoren, und das zu indischen Lohnkosten. Yanmar brachte seine Erfahrungen in der Fertigung und ein bereits in einigen Ländern vorhandenes After-Sales-Netzwerk mit in die Partnerschaft ein.

Im Februar 2019 startete im deutschen Rothenburg ob der Tauber die gemeinsame Yanmar- und Solis Ersatzteilversorgung für ganz Europa in einem gemeinsamen Logistikcenter.

Im Dezember 2018 schloss ITL mit der italienischen Argo-Gruppe den Vertrag für die Fertigung von Traktoren im Landini- und McCormick-Design für Südafrika. Hier ist Argo ein starker Marktteilnehmer.

ITL beliefert in Argentinien die Firma Apache mit teilweise oder komplett demontierten (semi knocked down/skd oder complete knocked down/ckd) Traktoren. Über 4.000 ckd Traktoren lieferte man an Famag ins nordafrikanische Algerien. In Asien, Nordamerika, Brasilien und der Türkei liefert ITL Solis Traktoren jeweils in den dort geforderten Emissionsstufen.

Auch in Europa gibt ITL CEO Saxena ein enormes Tempo vor. Den ersten Solis Traktor verkaufte man 2012 in Portugal. Allein in 2018/19 verkaufte man bereits 5.000 Stück in Europa. Insgesamt beträgt die Population hier über 12.000 Einheiten.

In Asien wuchs man mit Solis von 3.432 in 2015/16 auf 6.200 Traktoren im Kompaktsegment 2018/19 fast um das Doppelte.

Trotz der Marktausweitung und hoher Investitionen in die eigene Traktorenentwicklung sei ITL schuldenfrei, betont Saxena. „Den Kunden zuhören, den Markt exakt analysieren und schnelle Entscheidungen treffen“, das seien Grundvoraussetzungen für den Exporterfolg. Eine Fertigungstiefe von über 75 Prozent und ein Werkstandort mir sehr günstigen Kostenvoraussetzungen ermöglichen hohe Investitionen in Produkte und Prozesse.

Das Durchschnittsalter der Vertriebs- und After Sales-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Export liegt bei unter 30 Jahren. Sie sind sehr gut ausgebildet, erhalten Sprachschulungen und sind jeweils über 100 Tage pro Jahr in den Märkten vor Ort unterwegs. Dort sprechen sie mit Importeuren, Händlern und Endkunden. Ihre Erkenntnisse gelangen so unmittelbar in die operative ITL-Führung – die technische und strategische Entscheidungen nicht lange vor sich herschiebt. Dabei pickt man im Export nicht nur die Rosinen der großen Traktorenmärkte, wie z.B. Frankreich und Deutschland, heraus. Auch kleine Staaten wie z.B. Serbien und Slowenien werden von Marktverantwortlichen aus Delhi bereist. In Delhi sitzt das ITL Head Office mit Vertriebsleitung und Teilen der Entwicklungsabteilung. So werden heute in 120 Länder Solis-Traktoren und, besonders wichtig, auch Ersatzteile geliefert. Solis gewährt drei Jahre Garantie.

In Europa gehört Solis im Segment bis 100 PS in sechs Ländern bereits zu den Top 5 in den Verkäufen. In den Niederlanden unterhält man ein eigenes Vertriebsbüro.

Saxena kündigt im Gespräch mit dem eilboten einen Aus- bau des Traktorenprogramms bis 220 PS an. Für Partner bei diesem Projekt – ITL hat 400 eigene Entwicklungsingenieure – sei man offen. In fünf Jahren soll die Palette komplett sein.

ITL erwirtschaftet im Finanzjahr 2018/19 gut 1,14 Mrd. Dollar. Rund 50 Mio. davon trugen die gebauten Geräte bei, den größten Anteil bestreiten hier die über 35.000 jährlich verkauften Fräsen. „Wir haben die Ressourcen, um Longliner zu werden“, betont Saxena. Dabei hat er unter anderem Ballenpressen, Spritzen und Mähdrescher im Blick. 100 Mähdrescher hat man bereits gebaut. „Wir wollen ein Anbieter für alle Lösungen sein. Im Heimatmarkt wollen wir uns behaupten und den Export deutlich forcieren, das ist die Marschrichtung.“ Aktuell erreicht das Exportgeschäft 25 Prozent vom Umsatz, aber bereits ein Drittel der Profitabilität. In fünf Jahren soll dieser Anteil am Profit bereits 50 Prozent ausmachen.

„Haben Sie ein Vorbild in der Landtechnikindustrie?“ lautet meine letzte Frage an den ITL Präsidenten und CEO Saxena: Die Antwort kommt überraschend schnell: „Ja, Kubota und John Deere.“

International Tractor Limited: In 25 Jahren von null auf 115.000

Die spanende Verarbeitung im Sonalika Werk Hoshiarpur.

International Tractor Limited: In 25 Jahren von null auf 115.000

725 Mitarbeiter fertigen im Zweischichtbetrieb pro Tag 193 Traktoren. 225 sind das kurzfristige Ziel.

Sonalika und Solis – Traktorenmontage: Alles komplett an einem Ort

In der gut acht Hektar großen Halle herrschen fast 38 Grad Celsius. Pro Arbeiter sorgt ein Venitlator mit 50 cm Durchmesser für etwas Kühlung. Die Montagetrupps im Sonalika-Werk arbeiten sehr zügig. Jeder Handgriff sitzt. In der Endmontage sind 725 Mitarbeiter im Zwei-Schichtbetrieb tätig. Aktuell bauen sie 193 Traktoren pro Tag, 225 seien das Ziel, berichtet uns Werkchef Atul Kumar. Er ist seit 13 Jahren bei ITL. Das Montageband ist gerade erst zwei Jahre alt, durch die Fenster der Halle kann man eine weitere, noch einmal 80.000 m2 große Produktionshalle entstehen sehen. Das Dach ist bereits eingedeckt, damit zu Beginn des Monsuns innen weiter gebaut werden kann.

Ebenfalls über einen Ausbau ihrer Kapazitäten freut sich die Abteilung Motorenbau. 400 Werker bauen in zwei Schichten Tier 4 Dreizylinder und Tier 4 Vierzylinder mit CommonRail für die Sonalika- und Solis-Traktoren. Für den kompakten Solis mit 26 PS verwendet man einen Dreizylinder von Mitsubishi. Alle Sonalika-Motoren durchlaufen hier ein mehrstündiges Testprocedere auf dem Prüfstand.

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Sonalika baut Tier 4 Drei- und Vierzylindermotoren in eigener Regie.

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Ein Trainingscenter in Hoshiarpur schult Mitarbeiter aus der Produktion und der Vertriebspartner.

In der Gussbearbeitung und Härtung sind 35 CNC-Maschinen im Einsatz. In Linien fertigen die Arbeiter Zahnräder und Wellen für den eigenen Getriebebau. Das Metallurgielabor kontrolliert die gelieferte Gussqualität, bestimmt die Härte. In isolierten Räumen messen Apparate die exakte Ausführung der Zähne von Zahnrädern. Lasermessköpfe kontrollieren die Genauigkeit der angelieferten Gussteile.

Über einen gerade neu installierten Kran in seiner Halle freut sich Guefried Singh. Er leitet das Pressenwerk. Mit einer 1.200 t-Presse formt man die Blechteile für Kühlerhauben und Kotflügel der Taktoren. „ Die sind bei uns alle aus stabilem Metall“, betont Singh. Drei eigene Extrudiermaschinen spritzen kleinere Kunststoffteile.

Für das perfekte Finish investierte ITL in eine japanische Lackieranlage. „Unsere Fertigungstiefe ist sehr hoch. Dadurch haben wir die Qualität unter eigener Kontrolle und sind sehr flexibel in der Produktion“, ruft mir Kumar in der recht lauten Werkhalle zu. Die Entwicklungsabteilung und der eigene Kabinenbau liegen wenige Kilometer vom Werk entfernt. Ansonsten sind hier in Hoshiarpur alle Fertigungen sowie die Produktionsleitung und AfterSales auf insgesamt 200.000 m2 versammelt.

Auf der Landstraße warten die Lkw zur Beladung. Die Trailer laden sieben 50 PS-Sonalikas quer. Ihr Weg zu den Endkunden ist teilweise sehr weit. Das Sonalika-Werk liegt im nördlichen Bundesstaat Punjab. In dieser fruchtbaren Gegend ist die Landwirtschaft zuhause. Das Wasser aus den Brunnen sorgt für gute Ernteergebnisse. Das Punjab ist flach und grenzt im Westen an die Kashmir-Region, im Osten an den Himalaja.

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Über 115.000 Traktoren liefen im letzten Geschäftsjahr im Sonalika Werk vom Band.

Sonalika ist mit über 5.000 Arbeitsplätzen das einzige und größte Industrieunternehmen in der Region. Im Gegensatz zu Mumbai, hier kostet ein Mitarbeiter 700 Euro pro Monat, liegen die Kosten für einen Juniormonteur hier bei 300 Euro. Gearbeitet wird sechs Tage in der Woche, jeweils acht Stunden, unterbrochen durch je eine zehnminütige Teatime vormittags und nachmittags. In der halben Stunde Mittagspause bietet Sonalika Essen zu einem geringen Preis. Ebenfalls üblich in größeren indischen Firmen ist ein Bus für den Weg zur Arbeit. Viele kommen trotzdem mit dem eigenen Pkw, oft ein kleiner Suzuki oder Hyundai, Lieblingsfarbe weiß. Die Kollegen haben 25 Tage Urlaub im Jahr und sind über die Firma mit einer Krankenversicherung gedeckt, die eine bessere als die gesetzliche Versorgung erlaubt. Das Leben in Punjab ist ebenfalls günstiger als in den indischen Metropolregionen, so dass 300 Euro Verdienst inklusive der Sozialleistungen ein auskömmlicher Lohn sein dürften.

Firmengründer Dr. Deepak Mittal ist Gründer mehrerer sozialer Einrichtungen. Dazu sind größere Unternehmen in Indien aufgefordert. ITL betreibt Programme für eine saubere Landschaft, die immer noch überall, wo sie nicht in Privatbesitz ist, Pflege bedarf. Ein weiteres ITL-Programm unterstützt Familien mit Kindern, die eine Behinderung haben. Die Marke Sonalika genießt in Punjab und Indien hohes Ansehen, und die Mitarbeiter sind stolz, die beliebten blauen Traktoren zu bauen. Bei den landwirtschaftlichen Kunden sind die Sonalika Traktoren vor allem wegen ihrer Sparsamkeit und Durchzugsfreude geschätzt.

Im Frühjahr 2020 sollen alle Baumaßnahmen im Sonalika Werk vollendet sein. Dann beträgt die jährliche Kapazität des größten indischen Traktorenwerks 300.000 Maschinen bis 110 PS. Damit dürfte Hoshiarpur von der Kapazität her dann auch das größte Traktorenwerk der Welt sein.

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Ganz neu: Solis 75 mit 75 PS.

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Bestseller in Europa: Der Solis 26 mit 26 PS.

Solis – Interessante Traktorentechnik für europäische Märkte

Der Bestseller im europäischen Programm der indischen International Tractor Limited (ITL) ist der Solis 26 mit 26 PS. Ein Mitsubishi 3-Zylinder Tier 5 Motor treibt den kompakten Kraftprotz an. Allradantrieb, ein doppeltwirkendes Steuerventil und das Rundumlicht gehören bereits zur Serie. Die Hydraulik von Mita, einer CBM-Tochter, stemmt 600 kg. Den Schlepper gibt es seit kurzem auch als Hydrostat. Die nächste Baureihe des Solis 26 hat die Schaltung statt vor dem Sitz in der Mitte, an der Seite. Zudem wird das Getriebe von 6/6 auf 9/9 Gänge erweitert.

Ganz frisch auf dem Markt ist der Solis 75 mit 75 PS. Er hat einen Solanika Motor mit Bosch Commonrail-Anlage, Turbo, Abgasrückführung mit elektronischer Steuerung, ein 12+12 Carraro Getriebe sowie zwei doppeltwirkende Hydraulikventile. Der Kraftheber schafft 2.500 kg. Die moderne Kabine verfügt über eine Klimaanlage.

International Tractor Limited: In 25 Jahren von null auf 115.000

Der Solis 75 verfügt über eine Commonrail-Anlage von Bosch.


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