In 30 cm Tiefe ziehen die beiden Grubberschare ihre Kreise im Stahlbottich mit sechs Metern Durchmesser, gefüllt mit abrasivem Granitsplitt in einer speziellen Körnung. Diese Kornmischung nennt man in der Baubranche „Salz und Pfeffer“. 25 Kubikmeter fasst die Anlage, in bis zu 50 cm Tiefe können die Werkzeuge hier arbeiten. Auf dem Elektromotor in der Mitte ist eine Traverse montiert, an deren Enden die Bodenbearbeitungswerkzeuge in einem verstellbaren Parallelogramm fixiert sind. Täglich geht es stufenlos mit bis zu 20 km/h im Kreis. Eine eingebaute Beregnungsanlage besprüht das Granitgemisch, wenn es zu staubig wird.
Jan Hinrich Löken pumpt mit einer Hydraulikpumpe von Hand den Stahlarm mit der Werkzeugaufnahme in die Höhe, so dass die Schare aus dem Granitsplitt herauskommen und der Blick auf sie frei wird. Das mit einem Hartmetallplättchen an der Spitze versehene Extreme-Cast-Schar zeigt erste Gebrauchsspuren. Zwölf Stunden Granitsplittbehandlung liegen hinter ihm.
„Wie gut ist die Geometrie des Werkzeugs wirklich? Ist die Hartmetallbeschichtung optimal an die Werkzeugform angepasst?“ Diese Fragen kann nun das Entwicklerteam, zu dem Löken gehört, besser beantworten. Vor gut drei Jahren startete der Industriehof Scherenbostel diese Werkzeugserie mit Hartmetallauflötung aus eigener Produktion. Wie die Praxis zeigt, kann das Auflöten von Wolframcarbidplättchen, die durch ihren hohen Carbid-Anteil viel verschleißfester als jeder gehärtete Stahl oder Guss sind, die Standzeit eines Werkzeugs im Vergleich zu einem Standardschar um ein Vielfaches verlängern. Langzeitversuche in der landwirtschaftlichen Praxis zeigten jedoch, dass hier noch Potenzial zur Verbesserung besteht. Ziel ist, die Werkzeuge noch leichtzügiger und standfester zu machen.
Es gibt noch kein Simulationsprogramm für Verschleiß
Da es bisher kein Simulationsprogramm gibt, mit dem sich Erdströme und ihre Wirkung auf Carbid und Trägermaterial im Rechner nachbilden lassen, bleibt nur der Testlauf im Feld. Hierzu benötigt man in der Regel Betriebe mit Engagement und großen Agrarflächen sowie jede Menge Zeit. Um schneller und einfacher vor Ort an Ergebnisse zu gelangen, konstruierte und baute das Entwicklungsteam vom Indus- triehof die beschriebene Anlage, um die umfangreichen Feldversuche zu ergänzen.
Die rund 150.000 Euro teure Investition, die fast gänzlich durch die firmeneigene Schlosserei in Eigenleistung gebaut wurde, ist nun seit einigen Wochen in Betrieb und die ersten Werkzeuge sind bereits getestet.
„Unsere Testanlage kommt den landwirtschaftlichen Versuchen extrem nahe“, so Löken, der Teile aus Langzeittests bei Landwirten mit denen aus der neuen Anlage vergleicht. Es gibt bereits fundierte Erkenntnisse. So zum Beispiel einen geringeren Materialabtrag an extrem belasteten Stellen des Werkzeugs. Daraufhin kann dort die Materialstärke und damit das Gewicht des Teils optimiert werden, um die Standzeit zum Kundennutzen zu verbessern.
„Wir betrachten das Werkzeug aus Extreme Cast und das Hartmetallplättchen aus Wolframcarbid als eine Einheit, die wir im Design noch auf Preis und Langlebigkeit optimieren können. Dabei hilft uns dieser Live-Test enorm“, freut sich Löken.
Die ersten Werkzeuge für führende OEM der Bodenbearbeitungstechnik durchlaufen die Anlage, die es ermöglicht, die Geometrie der Teile kontinuierlich zu verbessern. Über hundert verschiedene Carbid-beschichtete Werkzeuge hat der Industriehof heute schon unter dem Markennamen „Industriehof extreme“ im Programm.
Durch das Joint-Venture mit einer chinesischen Gießerei verarbeitet der Industriehof für dieses Teileportfolio ausschließlich die für seine Bedürfnisse entwickelte Extreme-Cast-Serie. Das Besondere an diesem Werkstoff, der zu den Bainitischen Gusswerkstoffen (ADI) gehört, ist die unter Druck und Abrasion entstehende Veränderung des Materialgefüges: Mit einer hohen Kerbschlagfestigkeit und einer sich selbst verhärtenden Oberfläche, die einen Härtewert über 60 HRC erreichen kann, ersetzt es Borstahl und Hardox in vielen Anwendungsbereichen. Zudem behalten die Extreme-Cast-Werkzeuge beim Auflöten der Carbidplättchen bei über 700 °C ihre physikalischen Eigenschaften und müssen nicht neu gehärtet werden.
In den letzten Jahren hat sich die Nachfrage beim Industriehof nach hartmetallbeschichteten Werkzeugen vervielfacht. Um dem wachsenden Markt gerecht zu werden, wurde zusätzlich eine noch leistungsstärkere Lötanlage in Auftrag gegeben.
Hartmetallbeschichtete Teile sind eine lohnende Investition für den Landwirt. Die längere Standzeit samt einer über einen längeren Zeitraum gleichmäßig guten Arbeitsqualität im Boden und vor allem die eingesparten Arbeitskosten für das Wechseln der Werkzeuge und der Befestigungselemente lassen bei Profibetrieben die Nachfrage stetig wachsen.
Stetig wachsen soll auch das „Industriehof extreme“-Programm. Salz und Pfeffer beschleunigen dabei den Entwicklungsprozess.