Mit blauem Auge davongekommen

Durch die Pandemie ging im ganzen Land die Wirtschaftsleistung zurück, Aufträge fielen weg und Umsätze bröckelten. Der Garten- und Landschaftsbau konnte sich aber dank vielfältiger Standbeine halbwegs gut durch das Krisenfrühjahr retten. Nun müssen die Kommunen mit Investitionen nach vorne gehen, entsprechende Hilfen dafür sind auf dem Weg.

GaLaBau-Branche in Corona-Zeiten: Mit blauem Auge davongekommen
GaLaBau-Branche in Corona-Zeiten: Mit blauem Auge davongekommen

Stadtgrün erhöht die Lebensqualität, braucht aber auch professionelle Dienstleiter, die solche Anlagen nach aktuellen Anforderungen hinsichtlich des Klimawandels und Nutzung der Bevölkerung entsprechend anlegen – und anschließend auch pflegen.

Der Auftragsrückgang bei den Privatkunden hielt sich in Grenzen. Hier profitierten die GaLaBau-Dienstleister wohl stark von den durch den Lockdown getriebenen Zuhause-Projekten vieler Bürger. Nach Aussage des Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. gab es in diesem Segment nur hin und wieder Verzögerungen aufgrund von Materialengpässen, die ebenfalls der Pandemie geschuldet waren.

Größere Einbußen machten die GaLaBauer jedoch bei Aufträgen der Öffentlichen Hand, da anfangs Ausschüsse, Räte und ähnliche Gremien nicht tagten und so Verzögerungen in der Planung für künftige Projekte verursacht wurden. Außerdem stand auch bei den Kämmerern ein drohender Einbruch der Gewerbesteuer im Raum, da die Industrie teil- weise heruntergefahren war und weniger Umsätze prognostizierte. Im ersten Quartal lag das Gewerbesteuer-Minus etwa bei 28 Prozent, in den darauf folgenden Monaten wirkte sich die Pandemie aber erst richtig aus, weshalb die Gewerbesteuer – für viele Kommunen eine der wichtigsten Einnahmen – um die Hälfte im Vergleich zu 2019 schrumpfte. Einige Städte verzeichneten sogar Einbrüche von 70 bis 80 Prozent. Durch das fehlende Budget wurden dann auch geplante Projekte auf Eis gelegt, zudem benötigte man die Mittel auch für andere Pandemie-bedingte Töpfe. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums müssen die Kommunen dennoch mit Gewerbesteuerausfällen in Höhe von etwa 12 Mrd. Euro rechnen. Damit sollen sie jedoch nicht alleine gelassen werden, alle Kommunen sollen die Ausfälle pauschal ersetzt bekommen. Nach dem Vorschlag des Bundesfinanzministers Olaf Scholz übernehmen Bund und die Länder, in denen die Kommunen liegen, jeweils die Hälfte der Belastungen: Die Ausfälle der Gewerbesteuer werden durch Zuweisungen kompensiert. Dabei zahlt kein Land für eine Kommune aus einem anderen Land. Mit dieser Hilfe würden Städte und Gemeinden alle wichtigen Leistungen der Daseinsvorsorge weiter erbringen können, Planungssicherheit bekommen und auch während der Krise investieren. Aktuell arbeite man an der Umsetzung dieser Vorschläge.

Wie brisant die Lage im Frühjahr war, verdeutlichte auch Jürgen Mertz, Präsident des Zentralverbandes Gartenbau, der vor allem Gärtnereien vertritt: Seiner Aussage nach stand die Branche im Frühjahr vor einer nie dagewesenen Situation.

Pflanzen im großen Stil vernichtet

Im gesamten Gartenbau wurden Pflanzen im großen Stil vernichtet – mitten in der Hauptsaison. Durch den Lockdown waren viele Großabnehmer wie Baumärkte weggebrochen. Inzwischen hat sich die Auftragslage etwas erholt. Während der Frühjahrs- und Sommermonate wurde gleichzeitig aber vielen Bürgern der Stellenwert der öffentlichen Grünanlagen ihrer Städte bewusst. Denn das gemeinsame Leben in Café, Kino oder anderen kulturellen Einrichtungen war heruntergefahren, Urlaubspläne und Freizeitaktivitäten wurden stark reglementiert. Viele Menschen wichen daher in die heimischen Erholungsgebiete aus. Die Bedeutung von Parks und Grünflächen ist während der Corona-Pandemie stark gestiegen. Das geht aus einer von der Initiative „Grün in die Stadt“ beauftragten repräsentativen Umfrage hervor. Demnach hat nahezu die gesamte Stadtbevölkerung in der Corona-Krise Parks und Grünflächen vermehrt genutzt. Bei fast der Hälfte der Befragten hat zudem die Bedeutung von Grünflächen im persönlichen Alltag zugenommen. Insbesondere jüngere Menschen und Familien mit Kindern nutzen und schätzen den Erholungswert urbaner Grünflächen. Im Vordergrund des Parkbesuchs steht dabei die Erholung und Entspannung durch Spaziergänge und andere sportliche Aktivitäten in naturnaher Umgebung. Besonders auffällig: Je kürzer der Weg zur Grünanlage ist, desto häufiger suchen die Befragten die Flächen auf. Ein Fußweg von unter fünf Minuten zum nächsten Park oder örtlichen Naherholungsgebiet führt zu einer mehrmaligen wöchentlichen Nutzung, sodass eine gute Erreichbarkeit den Aufenthalt im Grünen fördert.

GaLaBau-Branche in Corona-Zeiten: Mit blauem Auge davongekommen

BGL-Präsident Lutze von Wurmb: „Städte und Gemeinden stehen mehr denn je vor der Aufgabe, ihr Grün zu pflegen, auszubauen und neue Projekte umzusetzen. Die Kommunen spielen eine entscheidende Rolle bei der Anpassung an die Klimafolgen, und diese wichtige Aufgabe gilt es jetzt anzugehen.“

Allerdings offenbart die bundesweite Marktforschung auch Schwachstellen in signifikanten Bereichen: Besonders im Osten Deutschlands und in Großstädten mit mehr als einer Million Einwohner herrscht Unzufriedenheit mit dem Pflegezustand. Darüber hinaus sehen die Befragten Verbesserungsbedarf im Angebot an Sitzmöglichkeiten und bei der Ausstattung von Spielflächen und -geräten für Kinder, Wasserangeboten und Flächen für sportliche Aktivitäten. „Hier sind die Kommunen gefordert, Parks und Grünflächen attraktiv zu gestalten und zu pflegen. Nur so bieten die Grünanlagen den Menschen in den Städten einen echten Mehrwert – gerade in so schwierigen Zeiten wie in der aktuellen Corona-Pandemie. Das gilt insbesondere für die Stadtbewohner, die kein Eigenheim mit Garten besitzen“, so Jan Paul, Vizepräsident des Bundesverbandes Garten, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. Denn urbanes Grün habe sich längst als entscheidender Faktor für die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohner sowie für den städtischen Klimaschutz etabliert. „Die letzten Monate haben bereits erahnen lassen, wie wichtig städtische Grünflächen für Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner sind. Die Ergebnisse der Marktforschung belegen dieses Gefühl nun mit echten Zahlen. Ein weiterer Grund für Städte und Kommunen, mehr in ihre Grünflächen zu investieren“, ergänzt Paul. Ganz ähnlich sieht das auch die Stiftung „Die Grüne Stadt“: Innenstädte mit gut nutzbaren Grünflächen sorgen nach deren Aussage für die körperliche und seelische Gesundheit der Bevölkerung. Dass aber nur 15 Prozent der älteren Stadtbewohner sich genug bewegen, mache nachdenklich. Städte mit einem größeren Anteil an Grünflächen wiesen auch in dieser Hinsicht bessere Werte auf und würden damit im Ranking der Städte als attraktive Lebensorte für eine immer älter werdende Bevölkerung punkten.

Der Bund will dabei die in einzelnen Förderprogrammen sonst üblichen kommunalen Eigenanteile reduzieren. „Städte und Gemeinden müssen diese Angebote jetzt auch für gezielte Investitionen in ihre grüne und blaue Infrastruktur nutzen“, fordert BGL-Präsident Lutze von Wurmb. „Mit Grün- und Freiflächen schaffen die Kommunen gerade in einer Zeit des Abstandhaltens Räume für die Naherholung der Menschen.“ Das trockene und heiße Frühjahr zeige, dass die Klimaanpassung mit Grün gerade in den Städten weiter Priorität haben müsse. „Städte und Gemeinden stehen mehr denn je vor der Aufgabe, ihr Grün zu pflegen, auszubauen und neue Projekte umzusetzen. Die Kommunen spielen eine entscheidende Rolle bei der Anpassung an die Klimafolgen, und diese wichtige Aufgabe gilt es jetzt anzugehen“, so von Wurmb. Daher forderte der BGL bereits im Mai zusammen mit anderen Verbänden ein wirksames Förderprogramm für kommunales Grün. Die Allianz aus Wirtschafts- und Umweltverbänden hält es für unumgänglich, gerade jetzt die Kommunen mit einem klimagerechten Innovations- und Konjunkturpaket für mehr Grün zu unterstützen. „Wir als Verbändebündnis appellieren an die Bundes- und Landesregierungen, ein langfristiges Förderprogramm für die grün-blaue Infrastruktur in der Stadt und im ländlichen Raum einzurichten. Gesundheitsvorsorge und Klimaanpassung brauchen jetzt diese Unterstützung“, so von Wurmb. Im Übrigen entspreche dies auch den Bestrebungen der Bundesregierung in der EU-Präsidentschaft, über den sogenannten „Green Deal“ mit Investitionen in die Nachhaltigkeit auch die Wirtschaft zu unterstützen, so von Wurmb weiter. Er erwarte daher eine große Unterstützung seitens der Bundespolitik. Die Kommunen benötigten deshalb ausreichend Finanzmittel und Planungssicherheit für eine langfristig gesicherte Grünpflege. Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen für Mensch und Klima müsse ein Förderprogramm auf Kontinuität ausgerichtet sein und über mehrere Jahre laufen, um damit den über 10.000 Gemeinden in Deutschland die notwendigen Investitionen zu ermöglichen. Zudem sei ein solches Bundesprogramm ein wichtiger Beitrag zur Biodiversitätsstrategie und erzeuge eine konjunkturpolitische Wirkung und helfe damit auch der GaLaBau-Branche. Die befristete Senkung der Mehrwertsteuer und die Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge auf maximal 40 Prozent würden sich nach Ansicht des BGL auch auf den Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau positiv auswirken. Steuerliche Einzelregelungen sollten zudem die Wettbewerbsbedingungen und die Liquidität gerade von mittelständischen Unternehmen verbessern. Auch die Ausbildung, die in der grünen Branche einen hohen Stellenwert genieße, wird temporär vom Bund gefördert werden.

Die grüne Branche – Zahlen und Fakten

Der BGL vertritt die Interessen des deutschen Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues auf Bundesebene und in Europa. In seinen zwölf Landesverbänden sind 4.006 vorwiegend kleine und mittlere Unternehmen organisiert. Sie erzielen zurzeit über 60 Prozent des Marktumsatzes in Deutschland. Der Gesamtumsatz der grünen Branche stieg in 2019 auf rund 8,93 Milliarden Euro. Diesen Meilenstein setzten die 18.251 Fachbetriebe mit ihren insgesamt fast 125.000 Beschäftigten mit vielfältigen Dienstleistungen: Sie planen, bauen, entwickeln und pflegen Grün- und Freianlagen aller Art im privaten, gewerblichen und öffentlichen Bereich.


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