Roboter schieben auch nach Feierabend

Mehr Milchleistung und eine gesündere Herde – dies kann häufiges Futteranschieben erreichen. Thomas Bonsels, LLH Kassel, stellt verschiedene Varianten vor, erläutert die Zusammenhänge und gibt Tipps zur praktischen Umsetzung.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Der OptiDuo der Firma DeLaval ist ebenfalls mit einer Förderschnecke ausgestattet.

Eine zentrale Einflussgröße auf die Futteraufnahme von Milchkühen ist neben der Futterhygiene und der Genauigkeit der Mischration auch das täglich mehrmalige Anschieben der vorgelegten Trogration. Die Kühe werden animiert, den Futtertisch aufzusuchen und Futter aufzunehmen. Futteranschieben ist ein Futter-Managementtool, das kontinuierlich, unabhängig von Arbeitsspitzen, erledigt werden muss. Um diese wichtige Arbeit zu erleichtern, bietet der Markt neben Anbaugeräten wie Radialbesen, Kehrreifen, Schiebeschildern oder Futterschnecken auch Futteranschiebesysteme, die diesen Prozess automatisch und zeitunabhängig erledigen

Das natürliche Verhalten unterstützen

Kühe fressen knapp die Hälfte der benötigten Futtermengen nachts und haben neben sogenannten „Zwischenfresszeiten“ allgemein drei „Hauptfresszeiten“. Zum einen tagsüber nach der Futtervorlage und in den Abendstunden bis etwa 22 Uhr. Diese letzte späte Hauptfresszeit ist besonders in der heißen Jahreszeit ausgeprägt. Dies spricht u.a. auch für eine Futtervorlage am Abend, so dass die Kühe weitgehend „über die Nacht“ kommen und fehlende Futtermengen am Tag leichter nachgelegt werden können. Hier gilt es, den Tagesrhythmus der Herde zu beobachten. Auswertungen der Besuchszeiten der Kühe im Automatischen Melksystem (AMS) am LZ Eichhof zeigen, dass rang-niedere Kühe, vor allem der ersten Laktation, den Roboter in den „stressfreien“ Nachtstunden aufsuchen.

Eine vermehrte Aktivität der Herde ist neben der Futtervorlagezeit auch zu den beiden Stallzeiten (5.00 und 16.00 Uhr) festzustellen. Das natürliche Verhalten der Tiere hinsichtlich Futteraufnahmeintervall und -menge kann durch die Teil-Automatisierung des Futteranschiebens unterstützt werden. Eine höhere Futteraufnahme, in Kombination mit einer ggf. verbesserten Pansengesundheit aufgrund geringerer Pansen-pH-Wertschwankungen mit der Folge einer ebenfalls höheren Milchleistung dürfte die Folge sein. Die Auswirkungen der Häufigkeit des Futternachschiebens auf den Futterverzehr und die Milchleistung zeigt eine Untersuchung von Nydegger u. a.. aus 2005. Die Häufigkeiten wurden hier zwischen max. 12- bis mind. 4-maligem Anschieben variiert. Ein nur 4-maliges Nachschieben unterscheidet sich deutlich hinsichtlich verminderter Futteraufnahme von den anderen getesteten Varianten. In Untersuchungen von Mayer (2008) wurde in diesem Zusammenhang eine höhere Gewichtszunahme der Tiere festgestellt. Dies führt bei Kühen, vor allem in der ersten Laktation, zu einer Stabilisierung und schnelleren Wiederherstellung der Körperkondition in der Frühlaktation und somit zu einer besseren Fruchtbarkeitsleistung.

Anbaugeräte wie Schiebeschilder, Kehrreifen, Futterschnecken oder Radialbesen ersetzten zwar die körperlich anstrengende Arbeit, müssen aber trotzdem mehrfach am Tag zum Einsatz kommen, um den gewünschten Effekt einer höheren Aktivität der Herde und eine damit verbundene gleichmäßigere und somit pansenphysiologisch „harmonische“ Futteraufnahme sicherzustellen.

Teilbereich „Futteranschieben“ automatisieren

Dass eine Teil-Automatisierung des kontinuierlichen, mehrmals täglichen Futteranschiebens effizient ist, zeigen Untersuchungen in Praxisbetrieben. Hier wurde viermaliges Anschieben des Futters per Hand mit zwölfmaligem Anschieben mittels eines Butlers Silver bei gleichzeitiger Kraftfutterzufütterung von 1,0 bzw. 1,5 kg pro Tier und Tag hinsichtlich der Futteraufnahme verglichen.

Es wurde kein Effekt auf Futteraufnahme oder Milchleistung festgestellt. Allerdings konnte durch das mehrmalige Futteranschieben eine Steigerung der Bewegungsaktivität und der Futtertischbesuche der gesamten Herde beobachtetet werden, ohne negative Auswirkungen auf die Gesamtliegezeiten der Tiere.

Die Arbeitsbreiten dieser Varianten liegen zwischen 90 und 300 cm, die Kosten zwischen knapp 800 bis 1.500 Euro (Radialbesen), 600 bis 1.200 Euro (rotierender Reifen – manuell oder hydraulisch verstellbar), 65 bis 2.500 Euro (Schiebeschild) und 2.500 bis 4.000 Euro (Futterschnecke – optional mit Kraftfutterbehälter).

Vermutlich wird der Effekt umso größer, je schlechter das bisherige „Anschiebe-Management“ im Betrieb geregelt war. Gerade in Betrieben mit automatischen Melksystemen, die „rund um die Uhr“ melken, muss die Futteraufnahme bzw. Erreichbarkeit des Futters für die Tiere auch in den Abend- und Nachtstunden sichergestellt sein.

Ein kontinuierliches Futternachschieben wird umso wichtiger, je glatter die Futtertischoberfläche, wie beispielsweise bei Kunstharzbeschichtungen, ausgelegt ist.

Diese Ausführungen bieten zwar hervorragende hygienische Eigenschaften und lassen ein schnelles Abschieben von Futterresten und Reinigen zu.

Nachteilig wirken sich hier Fehler in der Mischqualität der vorgelegten Trogration aus. Eine nicht homogen gemischte Trogration führt zu „Tunnelfraß“ und Selektion durch die Kühe, so dass die Tiere hierbei das Futter auseinanderschieben und nach kurzer Zeit nicht mehr in erreichbarer Nähe ist.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Anbaugeräte wie hier die Futterschnecke mit Kraftfutterdosierung müssen mehrmals am Tag zum Einsatz kommen.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Schienengeführte Variante

Der akkubetriebene Butler Silver der Firma Wasserbauer ist an einer oberhalb des Fressgitters angebrachten Laufschiene befestigt und fährt mittels Stützrad auf dem Boden. Für doppelreihige Ställe kann das System über eine U-Schiene auch für den zweiten Futtertisch genutzt werden. Möglich sind bis zu 30 Anschiebefahrten täglich, als „Lockfutter“ lassen sich bis zu zwei Futtersorten füttern.

Das rotierende Förderband schiebt das Futter zu den Kühen, der Anpressdruck wird über eine Feder reguliert, so dass das anzuschiebende Futter möglichst wenig verdichtet wird. Über eine Sicherheitsleine wird das System bei einer Kollision gestoppt.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Automatische Futteranschieber sind in der Regel akkubetrieben.

Rotation oder Schnecke

4Automatische Futteranschieber sind in der Regel akkubetrieben. Hierzu zählen z.B. der Hetwin Stallboy Feed und der baugleiche FeedRover von Lemmer Fullwood. Als Zusatzausrüstung ist eine Vorrichtung zur Fütterung von Kraftfutter, das beim Anschieben der Trogration in geringen Mengen ausdosiert als „Lockfutter“ die Kühe zum Besuch des Futtertisches animieren soll. Beide Systeme arbeiten schienenlos, die Referenzpunkte für die induktiven Sensoren werden in den Boden des Futtertisches eingelassen. Der auf zwei Rädern und zwei Drehrollen fahrende rotierende Anschiebekörper hat einen Durchmesser von 110 cm und wiegt knapp 600 kg. Auf dieser Basis bietet auch GEA mit dem Frone ebenso wie JOZ mit dem Moov Pro entsprechende Geräte an.

Dies gilt auch für das System der Firma Lely. Den Juno gibt es mittlerweile in der dritten Generation. Der Roboter hat einen Durchmesser von 110 cm und wiegt 620 kg. Der ebenfalls rotierende Anschiebekörper fährt auf drei Rädern und orientiert sich im Stall mittels Ultraschallsensoren. Sollte der Juno auch dezentral in anderen Ställen eingesetzt werden, benötigt der Induktionssensor spezielle Führungsstreifen im Boden, die sowohl den Start als auch den Endpunkt markieren und den Einsatz im Freien zur Bewirtschaftung weiterer Futtertische ermöglicht. Die Mindestbreite des Futtertisches liegt bei 125 cm zuzüglich der Ablagebreite des Futterschwades, Steigungen bis 15 % können mit angehobener Schürze (optional) überwunden werden. Die Drehrichtung des Anschiebekörpers kann sowohl links als auch rechts herum erfolgen. Optional kann das System um Funktionen wie z.B. einer automatischen Stalltorsteuerung erweitert werden.

Eigene Wege gehen Wasserbauer mit dem Butler Gold und Happel mit dem Profeed 2020. Die baugleichen Geräte wiegen 700 kg und sind mit einer Förderschnecke ausgerüstet. Die Förderschnecke soll im Gegensatz zu den mit rotierenden Anschiebekörpern ausgestatteten Systemen das Futter durch das Anschieben (bis zu 30 Fahrten/Tag möglich) nicht verdichten sondern „locker zum Futtertisch werfen und dabei immer wieder vermischen“ (Happel). Dies setzt allerdings eine homogen gemischte und nicht zu trockene Futtermischung voraus. Umso höher die Trockenmasse der Tragration ist (>36–37%), desto größer wird ansonsten die Gefahr des Entmischens. Orientieren tun sich die beiden Geräte über alle zwei Meter im Boden eingelassene Magnete. Optional können über einen aufgesetzten Behälter bis zu zwei Kraftfuttersorten als Lockfütterung eingesetzt werden. Das Kraftfutter kann entweder direkt auf den Futterschwad oder über die Förderschnecke dosiert werden, so dass es beim Anschieben zum Vermischen mit der Trogration kommt. Eine Besonderheit ist die frei platzierbare, auf dem Boden aufgebrachte Ladestation, die je nach Standort auch ein Überfahren mit schwerem Gerät erlaubt.

Der OptiDuo der Firma DeLaval ist ebenfalls mit einer Förderschnecke ausgestattet. Das 550 kg schwere Gerät orientiert sich über ein im Boden eingelassenes Induktionskabel und kann Steigungen von ca. 5 % überwinden. Pro Tag sind zehn Starts mit einer Fahrstrecke von 400 m/Start möglich.

Optional kann ein Kraftfutterbehälter mit einem Fassungsvermögen von ca. 90 Liter nachgerüstet werden.

Hinsichtlich der Akku-Kapazität unterscheiden sich die Hersteller. Während der OptiDuo mindestens zwölf Stunden Ladezeit/Tag, davon einmal täglich eine Vollladung benötigt, hat der Frone laut GEA eine Betriebszeit von 19 Stunden bei fünf Stunden Ladezeit zwischen den einzelnen Fahrten. Der Juno kann nach Angaben der Firma Lely bis zu einer Stunde Fahrzeit bei einer maximalen Reichweite von 1.000 Metern absolvieren. Darauf sollte beim Einsatz von dezentralen Stallabteilen geachtet werden.

Bis auf den Juno, der „dynamisch“ je nach vorgelegter Futtermenge anschiebt, arbeiten die anderen Systeme nach einmalig festgelegten Routen und schieben mit jeder weiteren Fahrt das Futter näher zu den Kühen.

Ein Kollisionsdetektor, der den Anschieber bei Anfahren eines Hindernisses zum Anhalten bringt, ist Standard. Nach Abschluss der Anschiebearbeiten fahren die Roboter wieder zurück in ihre Ladestationen. In der Regel sind die Geräte mit einer Fernwartungsfunktion ausgestattet, die es sowohl dem Betriebsleiter als auch dem Hersteller bzw. dem Service erlaubt, bei Störungen jederzeit auf das System zuzugreifen.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Ein kontinuierliches Futternachschieben wird umso wichtiger, je glatter die Futtertischoberfläche, wie beispielsweise bei Kunstharzbeschichtungen, ausgelegt ist.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Der akkubetriebene Butler Silver der Firma Wasserbauer ist an einer oberhalb des Fressgitters angebrachten Laufschiene befestigt und fährt mittels Stützrad auf dem Boden.

„Arbeit durch Technik“ ersetzen

Durch die Automatisierung dieses Arbeitsganges kann eine Arbeitszeiteinsparung bei einem Kuhbestand von 60 Tieren von knapp 35 Minuten/Tag bzw. ca. 3,5 Stunden pro Kuh und Jahr erreicht werden.

In Übersicht 1 ist eine Kalkulation zu den Kosten aufgeführt. Unterstellt man für einen 120-Kuh-Bestand eine Arbeitszeiteinsparung von knapp 2,0 Arbeitskraftstunden (Akh) je Kuh und Jahr, bewertet diese mit 17,50 Euro/Akh und stellt die Jahreskosten der „Technik“ denen der „Arbeit“ gegenüber, amortisiert sich diese Investition relativ schnell.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Fazit

Der Fütterungserfolg ist von vielen Faktoren abhängig. Ein zentrales Glied in dieser Kette ist neben der Futtervorlage das An- bzw. Nachschieben des vorgelegten Futters. Diese täglich mehrmals anfallende Arbeit trägt maßgeblich zur Gesunderhaltung der Herde bei. Vor allem frischlaktierende Kühe und Färsen werden durch das Anschieben zur Futteraufnahme animiert. Futteranschieben muss, unabhängig von Arbeitsspitzen, kontinuierlich mehrmals täglich erledigt werden und das 365 Tage im Jahr. Um diese wichtige Arbeit zu erleichtern, bietet der Markt neben Anbaugeräten wie Radialbesen, Kehrreifen, Schiebeschildern oder Futterschnecken auch Futteranschiebesysteme an, die diese Arbeit automatisch und zeitunabhängig erledigen. Stellt man den Investitionskosten die Vorteile dieser Systeme gegenüber, haben sie sich binnen kurzer Zeit amortisiert.

Fütterungstechnik: Roboter schieben auch nach Feierabend

Die Häufigkeiten wurden hier zwischen max. 12- bis mind. 4-maligem Anschieben variiert. Ein nur 4-maliges Nachschieben unterscheidet sich deutlich hinsichtlich verminderter Futteraufnahme von den anderen getesteten Varianten.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen