Gestalter der Branche feiert hohen Geburtstag

Der Ehrenpräsident des LandBauTechnik-Bundesverbandes wird 90 Jahre alt und blickt auf fast 60 Jahre ehrenamtlicher Arbeit im Dienst des Landmaschinenhandels und -handwerks zurück.

Franz-Josef Borgmann: Gestalter der Branche feiert hohen Geburtstag

Franz-Josef Borgmann, Ehrenpräsident des Bundesverbandes LandBauTechnik, feiert am 3. Mai seinen 90. Geburtstag.

Die schrecklichen Bilder des Ukraine-Krieges beherrschen seit Wochen die Nachrichten – und lösen bei Menschen, die den Zweiten Weltkrieg als Kinder oder Jugendliche erlebt haben, intensive Erinnerungen aus. So geht es auch Franz-Josef Borgmann, Ehrenpräsident des Bundesverbandes LandBauTechnik (LBT) aus Coesfeld, der am 3. Mai seinen 90. Geburtstag feiert: „Nach dem Bombardement im März 1945 war die Stadt nahezu komplett zerstört und damit auch der Landmaschinen-Fachbetrieb unserer Eltern, der damals im Zentrum angesiedelt war. Mein Zwillingsbruder Alfred und ich waren da gerade mal zwölf Jahre alt. Glücklicherweise kam bei den Angriffen niemand aus unserer Familie ums Leben. Doch die Kriegserlebnisse haben uns sehr geprägt“, berichtet er rückblickend.

Unternehmer-Duo

Früh dran war Franz-Josef Borgmann ebenfalls in beruflicher Hinsicht. Nach gut bestandener Gesellenprüfung im Jahr 1950 und einigen Praxisjahren legte er 1954 an der Meisterschule – im damals vierten Lehrgang – in Lüneburg als damals jüngster Teilnehmer erfolgreich die Meisterprüfung ab. Aufgrund der schweren Erkrankung des Vaters übernahmen die Brüder 1955 im Alter von 23 Jahren den elterlichen Betrieb, Alfred als der Kaufmann, Franz-Josef als der Techniker. Bis 1960 bildete John Deere die Hauptmarke, anschließend folgte der Markenwechsel zu Ford.

1969 gründeten die Brüder zusätzlich ein Ford-Autohaus. 1975 folgte der Neubau des Landmaschinenbetriebs im Darfelder Weg, damals am Ortsrand Coesfeld. Im gleichen Jahr gelang es, die Deutz-Vertretung für das westliche Münsterland zu bekommen. Dieses Fabrikat blieb die Hauptmarke für den Landmaschinen-Fachbetrieb bis 1994 – dem Jahr, in dem sich beiden Brüder dazu entschlossen, ihre Unternehmen zu verkaufen. „Dies geschah schweren Herzens, schließlich blickten wir zu jenem Zeitpunkt auf 180 Jahre Unternehmensgeschichte zurück, und beide Betriebe florierten bestens. Zu jener Zeit hatten wir 84 Mitarbeitende. Doch unsere Kinder hatten sich beruflich anderweitig orientiert, sodass Alfred und ich uns nach möglichen Käufern umsahen“, erzählt der Ehrenpräsident.

Zu den Höhepunkten ihrer 39 Jahre als Unternehmer gehörte zweifelsfrei 1989 das 175-jährige Jubiläum des Unternehmens, das mit dem sprichwörtlichen großen Bahnhof in der Stadthalle gefeiert wurde. Alles, was in Politik und Verbänden Rang und Namen hatte, gab sich ein Stelldichein, darunter Paul Schnitger (Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks), Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck (Präsident des Deutschen Bauernverbandes) sowie Dr. Bernard Krone (Vorsitzender der damaligen LAV, des späteren VDMA-Fachbereichs Landtechnik). Dieser prominente Zuspruch erfolgte allerdings nicht allein wegen des besonderen Jubiläums – seit 1985 war Franz-Josef Borgmann Präsident der „H.A.G.“, also der Hauptarbeitsgemeinschaft des Landmaschinen-Handels und -Handwerks. „Wir vier Präsidenten arbeiteten nicht nur auf der menschlichen Ebene sehr gut zusammen, sondern konnten in dieser Konstellation viel für die grüne Branche, vor allem aber für das Handwerk bewirken“, erinnert er sich gern.

Franz-Josef Borgmann: Gestalter der Branche feiert hohen Geburtstag

Schon als Kinder eindeutig Lanz-Fans: die Zwillingsbrüder Alfred (l.) und Franz-Josef Borgmann.

Franz-Josef Borgmann: Gestalter der Branche feiert hohen Geburtstag

Ehrung eines Lebenswerks: 2014 wurde die neu erbaute Schulungshalle in Anwesenheit der Familie Borgmann nach dem LBT-Ehrenpräsidenten ernannt.

Herzenssache Ausbildung

Das Amt des H.A.G.-Präsidenten hatte Franz-Josef Borgmann insgesamt zehn Jahre inne – seine ehrenamtliche Tätigkeit im Landmaschinenhandel- und -handwerk begann jedoch deutlich früher. So wurde er unter anderem im Dezember 1964 in den Schulausschuss der Bundesfach-Lehranstalt in Lüneburg berufen, deren 2. Vorsitzender er einige Jahre später wurde – eine Aufgabe, der er sich mit großem Enthusiasmus bis 2019 widmete. Seit 1966 engagierte er sich darüber hinaus im Gesellenprüfungsausschuss „seiner“ damaligen Innung Ahaus-Borken-Coesfeld. Von 1973 bis 1999 war er zudem Obermeister dieser Innung. „Die Ausbildung junger Menschen lag mir seit jeher sehr am Herzen, sowohl im eigenen Betrieb als auch in meinem Bestreben, dies für die gesamte Branche zu fördern. Denn bestens qualifizierte Mitarbeiter waren und sind eine der wichtigsten Grundlagen für ein erfolgreiches Landmaschinenhandwerk. Und das gilt angesichts der dramatischen Veränderungen, die unsere Branche derzeit durchläuft, mehr denn je“, so sein klares Statement.

Ausdruck dessen waren insgesamt 214 junge Menschen, die ihre Ausbildung in den Borgmann-Betrieben durchliefen. Und in den 50 Jahren seines Ehrenamtes in der Lüneburger Meisterschule absolvierten schätzungsweise 3.000 Absolventen in rund 100 Meisterkursen diese Qualifikation. Nicht hoch genug eingeschätzt werden könne übrigens die Entscheidung der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, im Jahr 2004 die „BFA“, also die Meisterschule des Verbandes, in ihre Regie zu übernehmen und so Qualifikation auf höchstem Niveau dauerhaft zu sichern, so Franz-Josef Borgmann, der an dieser Entwicklung maßgeblichen Anteil hatte. Ihm zu Ehren trägt die 2014 in Betrieb genommene Schulungshalle für die Meisterkurse seinen Namen.

Vermittler par excellence

Zu den zahlreichen Ehrenämtern im Dienste des Landmaschinenhandels und -handwerks gehörte zwischen Februar 1982 und November 2003 die Aufgabe als Präsident des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen. Ebenfalls auf Landesverbandsebene engagierte er sich von 1973 bis 2004 als Vorsitzender der Tarifkommission.

Eine vermittelnde Aufgabe ganz besonderer Art ergab sich für Franz-Josef Borgmann im Zuge der Wendezeit 1989/1990. Die damalige Geschäftsführerin und spätere Präsidentin der Treuhandanstalt, Birgit Breuel, berief ihn 1990 in verschiedene Aufgaben. Dazu gehörte speziell auch die Bewertung von Landmaschinen-Fachbetrieben (Borgmann ist seit 1966 vereidigter Sachverständiger), sondern auch die Arbeit im Aufsichtsrat der Landtechnik Schönebeck. Ziel war dabei, mögliche Lösungen für die Weiterführung dieses großen Landmaschinenherstellers zu finden. „Für mich war dies eine enorm aufschlussreiche, fordernde, aber auch interessante Aufgabe, denn ich bekam völlig neue Einblicke in industrielle Strukturen und Prozesse. Damals verfolgten wir verschiedene Ansätze, die leider – aus heutiger Sicht – im Sande verliefen. Aber diese Erfahrungen möchte ich nicht missen.“

Ein Highlight war ebenso der unmittelbar nach der Wende beginnende Aufbau neuer Verbandsstrukturen in Ostdeutschland und deren Integration in die H.A.G. als Bundesverband – ebenfalls ein für den damaligen H.A.G.-Präsidenten Borgmann eindeutiges Herzensanliegen. Nach vielen Gesprächen und Reisen war es 1991 geschafft: In den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg/Berlin, Sachsen-Anhalt und Thüringen formierten sich neue Landesverbände, in denen sich zahlreiche Fachbetriebe organisierten, viele davon aus ehemaligen Kreisbetrieben für Landtechnik hervorgegangen.

Franz-Josef Borgmann: Gestalter der Branche feiert hohen Geburtstag

Im Dezember 1954 legte Franz-Josef Borgmann (hintere Reihe, 2.v.r.) im damals vierten Lehrgang der Meisterschule in Lüneburg die Meisterprüfung ab.

Ehrenamt birgt Chancen

Sein Geschick und seine fachliche Expertise waren auch nach dem Ende seiner unternehmerischen Tätigkeit und nach dem Ende seiner Präsidentschaft auf Bundes- und Landesebene oft gefragt. So suchte und fand er über rund 20 Jahre hinweg unauffällig „hinter den Kulissen“ bisher jeden seiner Nachfolger im Präsidentenamt des Bundesverbandes und koordinierte geschickt die Besetzungen der Präsidien. Seine ausgeprägte Diplomatie und Integrität sorgten wiederholt dafür, verbandsinterne „Brände“ und Baustellen zu lösen, über die auch in der Rückschau selbstverständlich Stillschweigen bewahrt wird. Nicht zu vergessen ist sein Engagement als Sachverständiger bei der Vermittlung von Fachbetrieben an neue Eigentümer, die so manchem Berufskollegen einen finanziell besser gesicherten Lebensabend ermöglichte. Und mit seinem Einsatz als Jury-Vorsitzender beim Service-Award setzte er viele positive Impulse für die „Fitness“ der Fachbetriebe im beginnenden 21. Jahrhundert in der Branche, im Inland wie auch international. Sehr wichtig zu betonen ist ihm, dass dieses über mehr als 55 Jahre währende ehrenamtliche Engagement ohne den Rückhalt in der Familie nicht möglich gewesen wäre, allen voran durch seine früh verstorbene erste Frau Mechtild, seine heutige Partnerin Gisela Paus und natürlich seinen 2020 verstorbenen Bruder Alfred, der ihm in den Betrieben zu Hause stets den Rücken freihielt. „Arbeit, Familie und Ehrenamt zu vereinen, war nicht leicht. Und doch bin ich froh, diesen Weg so beschritten zu haben. Es hat mir immer Spaß gemacht. Ich kann nur jedem jüngeren Kollegen empfehlen, sich zu engagieren. Das Ehrenamt in unserer Branche kostet Zeit und Mühe, aber die Chancen überwiegen dies um ein Mehrfaches. Man muss sie nur nutzen“, so sein Fazit.

Dass dieser Einsatz in vielfacher Hinsicht seine Würdigung fand, zeigen Auszeichnungen wie das Handwerkszeichen in Gold des ZDH, der Verdienstorden am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, die Max-Eyth-Denkmünze in Silber sowie das Goldene Ehrenzeichen des Bundesverbandes H.A.G./LBT. Sie alle signalisieren: Franz-Josef Borgmann hat sich um die Branche verdient gemacht und sie über Jahrzehnte nachhaltig gestaltet. Daher an dieser Stelle und sicher im Namen vieler: Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag und weiterhin alles Gute, Seppel!


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