Intelligenter Handschuh

Smarte Folien werden zur Mensch-Maschine-Schnittstelle

Forschung: Intelligenter Handschuh

Doktorand Sebastian Gratz-Kelly arbeitet im Forscherteam von Professor Stefan Seelecke daran, Intelligenz und Sensorik in einen Arbeitshandschuh zu bringen.

Mit leichten Silikonfolien verleiht das Forschungsteam von Professor Stefan Seelecke an der Universität des Saarlandes Oberflächen neuartige Fähigkeiten. Sie lassen auf Touchscreens aus dem Nichts heraus Tasten oder Schieberegler spürbar werden und bringen so Leben auf das glatte Glas: Bei Bedarf drückt die Folie das Display blitzschnell dem Finger seines Nutzers entgegen, vermittelt ihm so den Eindruck von Tasten, die bei der Eingabe oder Seitennavigation helfen, um dann wieder zu verschwinden. „Bei Smartphones, Info-Monitoren oder Haushaltsgeräten könnten Bedienoberflächen auf diese Weise nutzerfreundlicher werden“, sagt Stefan Seelecke, Professor für intelligente Materialsysteme. Durch Klopfen oder Vibrieren an den Fingerspitzen könnten sie spürbar machen: Hier muss man drücken. Das Erlebnis eines leichten Widerstands wie bei „echten“ Knöpfen und Schaltern würde signalisieren: Eingabe erfolgreich – nicht nur für Blinde und schlecht sehende Menschen wäre dies weit mehr als Spielerei.

„Der Monteur könnte etwa durch Bewegungen seiner Hand Prozesse steuern. Bei komplizierten Anlagen könnte das System ihn unterstützen, Fehler zu vermeiden und ihm spürbare Rückmeldung geben, etwa mit Klopfzeichen, Druck oder Vibration an Hand und Fingern“, erläutert Seelecke das Potenzial der Technologie, an der er mit seinem Team an der Universität des Saarlandes und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (Zema) forscht.

Die Prototypen von Arbeitshandschuh und haptischem Display zeigt das Forschungsteam auf der diesjährigen Hannover-Messe. Die Folientechnologie könnte aber auch etwa bei Computerspielen das Spielerlebnis intensiver machen.

Bei den Folien handelt es sich um intelligente Materialsysteme. Sie funktionieren mit elektrischem Strom. „Die Ober- und Unterseite der Silikonfolien sind mit einer leitfähigen, hochdehnbaren Elektrodenschicht bedruckt. Wenn wir an dieses sogenannte ‚dielektrische Elastomer‘ eine elektrische Spannung anlegen, ziehen sich die Elektroden an und stauchen die Folie, die zur Seite ausweicht und dabei ihre Fläche vergrößert“, erklärt Paul Motzki, der in Seeleckes Team forscht. Damit ändert sich auch die elektrische Kapazität der Folie.

Krümmt also beispielsweise beim Arbeitshandschuh der Monteur den Finger, dehnt er die Folie wie eine zweite Haut mit, dadurch ändert sich die elektrische Kapazität. Jeder Stellung der Folie – ganz so, wie der Finger sie gerade verformt – lässt sich ein exakter Messwert der elektrischen Kapazität zuordnen: Also beschreibt ein Messwert eine ganz bestimmte Stellung des Fingers und eine Abfolge dieser Messwerte einen Bewegungsablauf. Die Folie ist damit dehnbarer Sensor, sie wird zum Sinnesorgan der Technik: Der Handschuh erkennt, wie sich die Hand bewegt. Und das Display weiß, ob ein Nutzer auf einen virtuellen Knopf drückt.


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