Polen: Landwirte investieren in Secondhand

Der polnische Markt für gebrauchte Traktoren befindet sich im Aufwärtstrend. Um die Gründe dafür zu erfahren, sprach der eilbote mit Marek Jasiel. Der Landtechnikprofi berichtet, dass vor allem steigende Getreidepreise und der weiterhin hohe Mechanisierungsbedarf das Geschäft mit landtechnischer Gebrauchtware treiben.

FOKUS GEBRAUCHTE – Interview: Polen: Landwirte investieren in Secondhand

Marek Jasiel freut sich über ein lebhaftes Landmaschinengeschäft in Polen.

eilbote: Wie läuft das Geschäft mit Gebrauchten in Polen aktuell?

Marek Jasiel: Im vergangenen Kalenderjahr wurden in Polen insgesamt rund 20.000 Gebrauchttraktoren umgeschrieben. Damit kletterte die Zahl der Halterwechsel im Vergleich zu den Vorjahren weiter an. Auch in diesem Jahr bleibt der Markt dynamisch. So wurden allein in den letzten zwölf Monaten bis August 2021 etwa 22.000 gebrauchte Schlepper neu zugelassen.

Welche Leistungskategorien stehen bei den Gebrauchtmaschinen-Kunden derzeit besonders hoch im Kurs?

Bei den Gebrauchtschleppern erfreut sich insbesondere der Leistungsbereich 150 bis 200 PS großer Beliebtheit. Das geht aus den Angaben des polnischen Zentralregisters für Fahrzeuge und Fahrer hervor. Dessen Angaben zufolge stehen über alle PS-Klassen gesehen John Deere Traktoren bei den Gebrauchttechnikkäufern besonders hoch im Kurs. Auf sie wurden zuletzt rund 15 Prozent der Halterwechsel registriert. Auf dem zweiten Rang liegen mit knapp zwölf Prozent die Maschinen von Massey Ferguson vor Claas mit etwa zehn Prozent. Auf den weiteren Plätzen des Gebrauchttraktorenrankings folgen Zetor mit fast neun und Case IH mit acht Prozent.

Gibt es Typen, die im Secondhandbereich besonders angesagt sind?

Bei den gebrauchten John Deere Traktoren erfreut sich aktuell das 200 PS starke Modell 7530 großer Beliebtheit. Gefragt sind ebenfalls die mittelgroßen Sechszylinder-Traktoren aus der älteren 6020er Baureihe. Gut verkaufen können wir auch die größeren Typen 6830 und 6930 aus der 6030er Serie von John Deere.

Die Hitliste der in Polen umgeschriebenen Gebrauchttraktoren führen aber die oft über 30-jährigen Vierzylinder-Traktoren vom Typ Ursus 360 mit knapp 70 PS Leistung an. Auch das ist dem zentralen Zulassungsregister zu entnehmen. Populär sind ebenfalls die kleineren Geschwister Ursus C335 und Ursus C330. Bei den größeren Sechszylinder-Traktoren wechselten in den vergangenen zwölf Monaten die Modelle John Deere 7530, MTZ 1221 und John Deere 6920 recht häufig den Besitzer.

Wie schätzen Sie den Modernisierungsbedarf der polnischen Landwirtschaft ein?

Der Modernisierungsbedarf in der polnischen Landwirtschaft ist nach wie vor groß, obwohl der Maschinenbestand sich in den letzten Jahren etwas verjüngt hat. Letzteres ist insbesondere auf die EU-Politik und entsprechende Maßnahmen zurückzuführen. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe gehen in Richtung ökologischer Pflanzenbau. Immer öfter wird auch auf herkömmliche Anbauverfahren verzichtet; zum Beispiel wird stattdessen die Streifen-Direktsaattechnik immer populärer. Demzufolge werden auch entsprechende Technologien verstärkt nachgefragt.

Auch in den Milcherzeugerbetrieben halten zunehmend moderne Techniken Einzug. Es ist deutlich zu erkennen, dass eine neue Bauerngeneration heranwächst. Die Junglandwirte setzen verstärkt auf moderne Technik und neue Technologien. Präzisionslandwirtschaft ist nur ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang zu nennen ist.

Diese Entwicklung gibt Anlass zu Optimismus. Wenn die jungen Landwirte in neue Technologien und Maschinen investieren, sehen sie für sich eine Zukunft in der Landwirtschaft und führen auch die Betriebe weiter.

Wie beurteilen Sie das aktuelle Preisniveau bei Gebrauchttechnik?

Weil die Nachfrage nach Gebrauchtmaschinen gestiegen ist, sind auch deren Preise geklettert. Hinzu kommt, dass sich die Liefertermine für fabrikneue Maschinen verlängert haben.

Zudem steigen die Preise für neue Maschinen dynamisch an. Daher sehen sich viele polnische Landwirte gezwungen, in gebrauchte Maschinen zu investieren, anstatt Neumaschinen zu kaufen. Ein weiterer Treiber sind die aktuell steigenden Getreidepreise. Auch sie haben einen positiven Einfluss auf die Investitionsstimmung der Landwirte und damit auf die Techniknachfrage.

Als Landmaschinenhändler können Sie also optimistisch in die Zukunft schauen?

Die steigenden Erzeugerpreise werden dafür sorgen, dass die Techniknachfrage auf einem guten Niveau bleibt. Und nach wie vor gibt es auch noch EU-Fördermittel, die sich ebenfalls positiv auf die Investitionsbereitschaft der Landwirte auswirken.

Wir haben zudem in den letzten Wochen viele gute Gespräche auf regionalen Ausstellungen geführt, die uns deutlich zeigen, dass die Investitionslaune bei den Landwirten weiter steigt. Zwar kündigen gleichzeitig zahlreiche Hersteller Preiserhöhungen für ihre Neutechnik an. Doch davon profitiert wiederum der Gebrauchtmaschinenabsatz. Wir gehen zum Beispiel davon aus, dass vor diesem Hintergrund insbesondere junge gebrauchte Mähdrescher unseres Lieferanten John Deere auf größeres Interesse stoßen werden, sodass wir zum Herbst das ein oder andere Geschäft mehr machen können.

Das Interview führte Annette Schulze Ising.

Zur Person

FOKUS GEBRAUCHTE – Interview: Polen: Landwirte investieren in Secondhand

Marek Jasiel.

Marek Jasiel führt die Geschäfte der Firma Fricke Maszyny Rolnicze mit Hauptsitz im masurischen Mrągowo. Der 60-Jährige leitet das polnische Fricke Tochterunternehmen, seitdem es 1997 als Gebrauchtmaschinenhandel startete. Und noch heute ist das Geschäft mit Gebrauchttechnik ein wichtiges Standbein.

Seit 2003 ist Fricke Polen autorisierter Händler der Marke John Deere und hat sich seither zu einem der größten Deere Händler in Polen entwickelt. Zurzeit ist das Unternehmen an sieben Stützpunkten aktiv und betreut Kunden im Nordosten Polens. Laut Jasiel, der im Übrigen perfekt Deutsch spricht, sollen bereits in den kommenden zwei Jahren zwei weitere Niederlassungen hinzukommen. Neben den grüngelben Maschinen hat Fricke Polen eine breite Technikpalette von namhaften Landmaschinenherstellern wie Manitou, Pöttinger, Väderstad, Joskin, Grimme, Samasz und Pronar sowie Bogballe, Claydon und APV im Programm. Das dynamisch wachsende Unternehmen beschäftigt mehr als 120 Mitarbeiter und erzielte zuletzt über 50 Mio. Euro Umsatz.

Kontakt:

Marek Jasiel

Fricke Maszyni Rolnicze Sp z o.o.

PL-11-700 Mrągowo

Mobil +48-605 964 160

www.fricke.pl

marekjasiel @ fricke.pl


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen