Gute Gebrauchte bleiben knapp

„Der Gebrauchtmaschinenmarkt ist ziemlich leergefegt.“ Das berichten Thomas Schumacher-Klasbrummel und Torsten Prael von der weltweit agierenden First Claas Used (FCU) Gebrauchtmaschinenorganisation im eilbote-Interview. Demnach übersteigt die Nachfrage nicht nur bei Mähdreschern das Angebot. Auch gebrauchte Traktoren und andere Maschinen müssen derzeit nicht lange auf Kaufinteressenten warten.

FOKUS GEBRAUCHTE – Interview: Gute Gebrauchte bleiben knapp

Das First Claas Used Center in Landsberg ist international ausgerichtet.

eilbote: Das Gebrauchtmaschinengeschäft läuft rund, oder?

Torsten Prael: Wir profitieren von einem anhaltenden Sog im Markt, der für steigenden Umsatz sorgt – Voraussetzung dafür ist allerdings die Versorgung mit neuer Ware.

In den letzten beiden Jahren waren die Ernten und auch die Erzeugerpreise weltweit überwiegend gut. Ebenso haben das günstige Zinsniveau und mitunter auch Inflationsängste die Maschinennachfrage der Landwirte und Lohnunternehmer nach oben getrieben.

Entsprechend gut haben Sie das letzte Geschäftsjahr abgeschlossen.

Prael: Im Geschäftsjahr 20/21, das am 30. September 2021 endete, konnten wir in Deutschland knapp 120 Millionen Euro im Gebrauchtmaschinengeschäft umsetzen. Damit hatten wir trotz Pandemie einen guten Zuwachs von etwa zehn Prozent. Zurzeit ist die Nachfrage nach wie vor auf sehr hohem Niveau. Angesichts der jedoch geringeren Gebrauchttechnikbestände wird es im laufenden Geschäftsjahr eine Herausforderung, nochmals eine Umsatzentwicklung wie im Vorjahr hinzulegen.

Thomas Schumacher-Klasbrummel: Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir weltweit einen enormen Zuwachs erlebt. Der Gesamtumsatz der Claas Gebrauchtmaschinenorganisation – darunter die fünf FCU-Center in Deutschland sowie die beiden in Frankreich und Polen – ist um rund 15 Prozent gewachsen. Das polnische FCU-Center in Kutno, das mittlerweile gut etabliert ist, konnte den Umsatz sogar um knapp 20 Prozent steigern.

Was Europa angeht, so sind hier Polen, Frankreich und England neben Deutschland unsere Hauptmärkte. Das Geschäft hat hier ziemlich gut funktioniert, sodass wir zum Bilanzstichtag am 30. September geringe Gebrauchtmaschinenbestände hatten. Im laufenden Jahr übersteigt die Nachfrage die vorhandenen Bestände. Zumal unsere Gebrauchtmaschinenbestände aufgrund der hohen Nachfrage bei Neumaschinen auch genutzt werden, um im Einzelfall längere Lieferzeiten zu überbrücken.

Wie wirkt sich der EU-Austritt Großbritanniens aus?

Schumacher-Klasbrummel: Großbritannien ist drittgrößter Markt in Europa. Dort hat Claas zwar keine FCU-Center, wir arbeiten aber eng mit unseren britischen Vertriebspartnern zusammen. Traditionell haben die Briten einen großen Teil der Gebrauchttechnik exportiert – zum Beispiel nach Osteuropa. Doch seit dem Brexit sind die gebrauchten Exportmaschinen aus Großbritannien im Preis gestiegen. Während sie vor dem Brexit etwas günstiger zu kaufen waren als vergleichbare Gebrauchtmaschinen zum Beispiel aus Deutschland, liegen sie jetzt ungefähr auf dem gleichen Preisniveau – manchmal sogar etwas darüber. Grund ist die geringere Verfügbarkeit aufgrund der schwierig gewordenen Exportsituation. Seit dem Brexit müssen die Gebrauchtmaschinen bei der Einfuhr in die EU einer kompletten Reinigung unterzogen werden. Zudem gibt es Probleme beim Lieferverkehr mit Großbritannien, weil viele Spediteure aufgrund des gestiegenen Aufwands nicht mehr dorthin fahren und sich das Großbritannien-Geschäft einfach nicht mehr antun wollen...

Prael: ... die Frachtkosten haben sich wegen der Wartezeiten fast verdoppelt.

Wie sieht es auf anderen Märkten aus?

Schumacher-Klasbrummel: Der Verkauf von Gebrauchten nach Russland ist im Moment schwierig, weil dort beim Import eine Verschrottungsgebühr für selbstfahrende Arbeitsmaschinen fällig wird. Das Ukraine-Geschäft läuft aber gut. Bulgarien ist bereits seit Jahren stark im Ernte- und Traktorbereich, und auch in Rumänien läuft eine ganze Menge. Wichtig bleibt aber auch Westdeutschland als Absatzmarkt. Angesichts immer kürzer werdender Erntefenster setzen auch Lohnunternehmer insbesondere im Bereich Mähdrusch gerne auf Gebrauchttechnik. Sie kaufen lieber zwei bis drei Jahre alte Mietrückläufer, anstatt in Neumaschinen zu investieren, wenn diese keine volle Auslastung erreichen.

FOKUS GEBRAUCHTE – Interview: Gute Gebrauchte bleiben knapp

Thomas Schumacher-Klasbrummel: „Das Gebrauchtmaschinengeschäft bleibt vorerst weiter auf einem hohen Niveau.“

FOKUS GEBRAUCHTE – Interview: Gute Gebrauchte bleiben knapp

Torsten Prael: „Wir profitieren vom anhaltenden Sog im Markt.“

Welchen Anteil haben die verschiedenen Produktgruppen am Umsatz?

Prael: Die höchsten Erlöszuwächse konnten wir im Traktorenbereich realisieren. Mittlerweile sind die Claas Traktoren so ausgereift, dass auch die Gebrauchten international auf eine große Nachfrage treffen. Somit steuerte diese Produktgruppe im vergangenen Geschäftsjahr rund ein Drittel zum Gesamtumsatz der Gebrauchtmaschinensparte bei. Knapp 20 Prozent kamen aus den Verkäufen von Feldhäckslern und etwa 50 Prozent aus dem Mähdrescher-Geschäft.

Aktuell kommen vermutlich weniger Rückläufer rein…

Schumacher-Klasbrummel: …angesichts der aktuellen Liefersituation bei Neutechnik müssen wir tatsächlich mitunter auf die Rückläufer warten. Häufig sind sie bereits angekauft, stehen aber noch auf den Höfen der Endkunden, die sie erst dann abgeben, wenn die Neumaschine ausgeliefert wird.

Müssen die Endkunden für Gebrauchte nun tiefer in ihre Taschen greifen?

Prael: Die Preise im Neumaschinenbereich haben bereits angezogen. Gründe dafür sind unter anderem gestiegene Energie- und Produktionskosten. Das wirkt sich natürlich auch auf die Gebrauchtmaschinenpreise aus, die sich analog zu den Neumaschinenpreisen bewegen. Ein weiterer Treiber ist die höhere Nachfrage aufgrund der genannten vielfältigen Gründe.

Was sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren des Claas Gebrauchtmaschinengeschäftes?

Schumacher-Klasbrummel: Wir haben jahrzehntelange Erfahrung im professionellen Gebrauchtmaschinengeschäft und verfügen über großes Know-how sowie ein leistungsfähiges internationales Netzwerk. Das schlägt sich neben anderen Faktoren in hohen Wiederverkaufswerten nieder. Vergessen wir nicht: Ein guter Wiederverkaufswert ist die größte Stellschraube für niedrige Gesamtbetriebskosten einer Maschine. Davon profitieren auch unsere Kunden.

Prael: Wir bieten eine eigene Gebrauchtmaschinen-Zertifizierung mit verschiedenen Standards. Garantieversprechen stärken die Verkaufsargumente. Bei Erntetechnik gilt das schon lange. Aber insbesondere in unserer vergleichsweise jungen Traktorensparte bringt uns das richtig nach vorne. Hier sind Garantien mitunter das ausschlaggebende Kaufargument für den Endkunden. Denn die Zertifizierung bedeutet für ihn maximale Einsatzsicherheit.

Zudem bieten wir eine große Maschinenauswahl, haben ein international gut ausgebautes Händlernetz und daher eine große Reichweite. Das spielt uns bei der Gebrauchtmaschinenvermarktung in die Karten. Je spezieller die Maschinen werden, desto wichtiger sind diese Faktoren.

Welche Rolle spielen Abgasnormen, Importvorschriften oder die Teileverfügbarkeit im internationalen Exportgeschäft?

Schumacher-Klasbrummel: Sicherlich können wir keine Tier 4- oder Tier 5-Maschinen in nichtregulierte Märkte ohne Abgasrichtlinien verkaufen, wenn dort die Dieselqualität unzureichend ist und den Betrieb der Motoren beeinträchtigen würde. In der Ukraine geht das mittlerweile einigermaßen; geht man weiter Richtung Osten, wird es jedoch schwieriger.

Unsere Gebrauchtmaschinenvermarktung profitiert natürlich von der hohen Claas Maschinenpopulation in den aufnehmenden Ländern. Daher ist die Ersatzteilversorgung für die Claas Gebrauchtmaschinen in den meisten Ländern Zentraleuropas kein Problem. Zudem haben wir eigene ET-Lager in Posen, Moskau, Kiew und Bukarest, die die Teile entsprechend bevorraten. Darüber hinaus haben wir in vielen Ländern eigene Gesellschaften und entsprechenden Kundendienst. Somit sind auch technischer Support und elektronische Diagnosetools vorhanden. Und das ist bei komplexen Hightech-Maschinen genauso wichtig wie eine gute Ersatzteilversorgung.

Welche Bedeutung haben Flottengeschäfte mit Großkunden?

Schumacher-Klasbrummel: Für unsere First Claas Used Gebrauchtmaschinenorganisation sind sie sehr wichtig. Letztes Jahr hat Claas einen Großkunden in Rumänien mit rund 40 fabrikneuen Lexion 770 beliefert. Im gleichen Zug hat unsere Gebrauchtmaschinenorganisation 90 gebrauchte Lexion 750 und 570 zurückgenommen. Welcher Händler kann auf einen Schlag hundert Mähdrescher zurücknehmen? Das funktioniert nur in Zusammenarbeit mit einer zentralen, breit und international aufgestellten Organisation.

Vor allem um seine Vertriebspartner finanziell zu entlasten und das Neumaschinengeschäft zu unterstützen, hat Claas vor rund 30 Jahren seine Gebrauchtmaschinenorganisation gegründet. Zudem haben wir durch die First Claas Used Center die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu kreieren – wie zum Beispiel First Claas Rental vor einigen Jahren.

Kommt es mitunter zum Wettbewerb mit Vertriebspartnern?

Prael: Wir vermarkten die Gebrauchten größtenteils über unsere Vertriebspartner. Damit stellen wir sicher, dass ein kompetenter Aftersales-Service gewährleistet ist. Das ist schon allein vor dem Hintergrund wichtig, weil die Gebrauchten immer jünger, moderner und spezieller werden. Und diese Strategie kommt seit Jahren gut bei den Endkunden an. Wir können nur zusammen mit unseren Vertriebspartnern die Kunden begeistern.

Die Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel sind in schwindelerregende Höhen geklettert. Wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?

Schumacher-Klasbrummel: Einen weiteren Boom erwarte ich nicht, denn den fangen die hohen Betriebsmittelpreise wieder ab. Jedoch ist ziemlich klar, dass sich das Gebrauchtmaschinengeschäft auf absehbare Zeit weiter auf hohem Niveau bewegen wird.

Prael: Ich habe keine Bedenken, dass das Geschäft groß einbricht. Landwirte und Lohnunternehmer agieren nachhaltig und zukunftsorientiert, daher werden sie auch in Zukunft kontinuierlich an ihrem Erfolg weiterarbeiten und investieren.

Kompetenz in Gebrauchtmaschinen

Seit über drei Jahrzehnten ist der Hersteller Claas in der professionellen Vermarktung von Gebrauchtmaschinen aktiv. Thomas Schumacher-Klasbrummel leitet die internationale Claas Gebrauchtmaschinenorganisation, die eigenen Angaben zufolge maßgeblich zur Marktpositionierung des Unternehmens und positiven Entwicklung der Wiederverkaufswerte von Claas Maschinen beigetragen hat. Torsten Prael ist Niederlassungsleiter des First Claas Used Centers in Landsberg und verantwortet das deutsche Gebrauchtmaschinengeschäft.

Allein in Deutschland bieten fünf First Claas Used Center ein umfangreiches Angebot an hochwertigen Gebrauchtmaschinen von Claas, aber auch anderen Herstellern. Die Produktpalette reicht von Mähdreschern und Feldhäckslern über Traktoren und Teleskoplader bis hin zu Pressen und Ladewagen. Die meisten Maschinen kommen aus Rücktauschgeschäften. Ebenso finden sich Vorführmaschinen und Mietflottenrückläufer im Angebot, wobei letztere etwa ein Fünftel des Bestandes ausmachen. Nach eigenen Angaben beträgt der Exportanteil der deutschen Claas Gebrauchtmaschinensparte rund 50 Prozent.


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