Dürre schlägt aufs Geschäft

Der Mähdreschermarkt ist hart umkämpft. Zwei trockene Sommer in Folge haben ihre Spuren hinterlassen. Industrie und Handel mussten 2019 beim Absatz und Preisniveau der Erntemaschinen Rückgänge hinnehmen. Der eilbote wollte wissen, wie der Druck im Mähdreschermarkt das Gebrauchtmaschinengeschäft beeinflusst.

FOKUS GEBRAUCHTE: Dürre schlägt aufs Geschäft

Für jeden etwas dabei: Gebrauchte Erntetechnik aus dem Maschinenbestand des BayWa-Gebrauchtmaschinen-Zentrums in Manching.

Der Mähdreschermarkt war im vergangenen Jahr rückläufig. Das hat auch Spuren im Gebrauchtsegment hinterlassen: „2019 wurden im Vergleich zu den vorherigen Geschäftsjahren weniger Stückzahlen gehandelt“, bestätigt Jörg Tolxdorf von der NewTec Vertriebsgesellschaft.

Als wesentlichen Einflussfaktor für die verhaltenere Nachfrage der Kunden macht Andreas Forster, Leiter Vertrieb Gebrauchtmaschinen bei der BayWa, die Trockenheit in der Vegetationszeit aus, die zu entsprechend geringeren Ernteerträgen führte. Zudem hätten die Kunden aufgrund der beständig guten Witterung während der Ernte keinen Zeitdruck gehabt.

Doch nicht nur einfache Erntebedingungen haben zu einem Preisdruck geführt. Als weitere Bremsfaktoren führt Jörg Tolxdorf die politischen Rahmenbedingungen an. Damit einher gehe eine eher negative Stimmungslage in der Landwirtschaft, die sich auf die Investitionsbereitschaft niederschlage. „Wer die Internet-Börsen beobachtet, stellt schnell fest, dass die Stückzahlen der angebotenen Mähdrescher in den letzten zwei, drei Jahren steigen. Das ist ein Indikator dafür, dass das, was zurückkommt, nicht sofort wieder abfließt“, erklärt Tolxdorf. „Der Markt saugt sich quasi voll.“

Brexit schafft Unruhe

Auch für Marcus Thiel, der bei Claas für das Gebrauchtmaschinengeschäft in Mitteleuropa zuständig ist, hat die Verkettung mehrerer Faktoren zu einem Preisdruck im Markt für gebrauchte Mähdrescher geführt. Dazu gehört aus seiner Sicht auch der mehrfach verschobene Brexit, der für Unruhe im Gebrauchtmarkt gesorgt habe: „In der Erwartung, dass das internationale Geschäft nach dem EU-Austritt schwieriger werden würde, haben sich die Briten vor dem ersten Brexit-Termin mit Neumaschinen eingedeckt und versucht, ihre Gebrauchtbestände abzuverkaufen.“ In der Folge seien mehr als hundert gebrauchte Erntemaschinen mit Druck auf den europäischen Markt gekommen, was Unruhe und ein kurzzeitiges Überangebot verursacht habe.

Wie Jörg Tolxdorf vom New Holland Vertriebspartner NewTec im Weiteren erzählt, fallen die gehandelten Stückzahlen je nach Wertigkeit der Mähdrescher unterschiedlich aus: Demnach sind gebrauchte Mähdrescher im Preissegment oberhalb von 100.000 Euro schwieriger zu handeln. Einfacher sei es bei den Maschinen im Wert von bis zu 80.000 Euro. Laut Tolxdorf zeigen zum einen ausländische Händler großes Interesse an den preisgünstigeren Maschinen. Zum anderen sind aus seiner Erfahrung heraus insbesondere auch kleiner strukturierte Betriebe bereit, fünfstellige Investitionssummen für die Eigenmechanisierung aufzuwenden.

FOKUS GEBRAUCHTE: Dürre schlägt aufs Geschäft

Jörg Tolxdorf ist Gebrauchtmaschinen-Spezialist bei der NewTec Vertriebsgesellschaft für Agrartechnik.

FOKUS GEBRAUCHTE: Dürre schlägt aufs Geschäft

Marcus Thiel verantwortet das Gebrauchtmaschinengeschäft von Claas in Mitteleuropa.

Was das Thema Eigenmechanisierung angeht, so macht Tolxdorf einen wellenförmigen Konjunkturverlauf aus: „Der Trend zum eigenen Mähdrescher nimmt immer mal wieder zu und immer mal wieder ab. Kleinstrukturierte Betriebe sind oft in der Lohnunternehmer-Kette weiter hinten angesiedelt und investieren daher in nassen Erntejahren mit kurzen Zeitfenstern in eigene Technik. Wenn die Erntefenster aber groß sind – wie in den letzten beiden trockenen Sommern – werden Überlegungen dieser Art eher hintangestellt“, weiß Tolxdorf.

Laut Marcus Thiel ist die Eigenmechanisierung nach wie vor ein Thema. Hier seien besonders Fünfschüttler oder kleine Sechsschüttler-Maschinen gefragt, aber auch die Hybridmaschinen aus der Tucano-Serie. Thiel berichtet in diesem Zusammenhang von Lohn- unternehmern, die in früheren Jahren beim Gebrauchtkauf eher zum kleineren und damit kostengünstigeren „Spitzenbrecher“ griffen, um sich für kurze Erntefenster zusätzliche Reserven zu verschaffen – bei gleichzeitig unproblematischer Transportbreite. Derzeit beobachtet Thiel dagegen vermehrt, dass große Lohnunternehmen eher leistungsorientiert in große Gebrauchte investieren, „wie zum Beispiel in die Hybridmaschinen Lexion 770 und 780 TT. Weil es die längeren Erntefenster hergeben, wollen sie das Getreide mit weniger, aber dafür leistungsstarken Maschinen einfahren.“

Passende Maschinen gesucht

Dass das Käuferinteresse modellabhängig ist, bestätigt auch Jörg Tolxdorf von der NewTec, deren Hausmarke New Holland eine breite Mähdrescherpalette zu bieten hat. „Gute gebrauchte Schüttler- und Rotor-Maschinen werden bei uns relativ schnell wieder umgehandelt. Für preiswerte Maschinen findet der NewTec-Gebrauchtmaschinenverkäufer die Interessenten eher im Ausland oder bei kleiner strukturierten landwirtschaftlichen Betrieben.

FOKUS GEBRAUCHTE: Dürre schlägt aufs Geschäft

Andreas Forster ist Leiter Vertrieb Gebrauchtmaschinen und Leiter des GMZ in Manching bei der BayWa AG.

Auch für Andreas Forster von der BayWa spielt das Abscheidesystem nicht die entscheidende Rolle: „Grundsätzlich sind alle Maschinen gefragt – egal ob Fünf- bzw. Sechsschüttler oder Rotormaschinen.“ In dem aktuell ruhigen Markt mit hohen Gebrauchtmaschinen-Beständen könne sich der Kunde in Ruhe das für ihn passende und beste Angebot aussuchen.

Ob eine technische Aufbereitung der gebrauchten Mähdrescher erforderlich ist, entscheidet Forster von Fall zu Fall: „Wenn die Maschine in den Export gehen soll, ist es vernünftiger, sie nicht vollumfänglich zu reparieren. Schließlich sind die Arbeitslöhne in anderen Ländern wesentlich günstiger. Wichtig ist, etwaige Schäden zu kommunizieren – Voraussetzung ist hier ein qualitativer Check.“

Marcus Thiel stellt bei den Kunden eine hohe Erwartungshaltung an Qualität und Zuverlässigkeit der Maschinen fest. Dementsprechend erfreue sich die von Claas angebotene Gebrauchtmaschinen-Zertifizierung unter Einbindung der Vertriebspartner zunehmender Beliebtheit, berichtet er und erzählt in diesem Zusammenhang von Kunden, „die im vergangenen Jahr von Neumaschinen zu preiswerteren Gebrauchten gewandert sind, weil sie nicht die gewohnten Erträge einfahren konnten, aber dennoch eine neuwertige Maschine brauchten. – Dann müssen allerdings auch Qualität und Ausrüstung passen!“

Leistung zählt

Grundsätzlich hat das Exportgeschäft im Gebrauchtsegment Mähdrescher eine große Bedeutung. Andreas Forster: „Sämtliche Typen werden vom Ausland her angefragt.“ Der Gebrauchtmaschinenspezialist zählt Osteuropa, Benelux und Österreich als wichtigste Export- regionen für die BayWa auf. Allerdings habe Osteuropa sehr stark unter der Dürre gelitten; die Maschinen-Lager der Händler dort seien voll, so dass sich die Vermarktung dorthin aktuell schwierig gestalte.

Insbesondere Polen sei stark von der Trockenheit 2019 betroffen gewesen, wohingegen andere Märkte gut funktioniert hätten, erklärt Marcus Thiel, Claas, dazu. „Speziell solche Nachfragespitzen, die regional auftreten – egal, ob nach unten oder oben –, soll das europaweit wachsende Netzwerk der First Claas Used Center (FCU) abfedern. Sie internationalisieren das Gebrauchtmaschinengeschäft und schaffen einen größeren Überblick über Gesamtmärkte in und außerhalb von Europa. Dadurch können wir überregional agieren und Hilfestellung für die Vertriebspartner leisten. Zudem bieten die FCUs eine riesige Maschinenpalette und damit Puffer bzw. Speicher, auf den die Händler bei Bedarf zugreifen können.“

Händler agieren vorsichtiger

Laut Thiel wird das Gebrauchtmaschinengeschäft individueller. Demnach stellen sich Händler weniger Gebrauchte auf den eigenen Platz. Stattdessen kaufen sie erst ein, wenn sie den entsprechenden Kunden haben, um dann das Geschäft zu machen. In früheren Jahren hätten die Händler dagegen gleich mehrere Gebrauchtmaschinen im Paket gekauft, um für die Kunden eine Auswahl vorzuhalten. „Das ist etwas rückläufiger.“

Dem Tausch von gebrauchten Mähdreschern stehen die Händler recht aufgeschlossen gegenüber. Schließlich kommt es ja im Gebrauchtmaschinengeschäft darauf an, dass die kapitalintensiven Erntemaschinen nicht zu Ladenhütern werden. Auch die BayWa nutzt das Instrument des Tausches. „Es gibt Mitbewerber, die der Thematik offen gegenüber stehen, andere jedoch nicht“, berichtet Forster.

Niederschläge pushen Markt

Bekanntlich korreliert das Geschäft mit Mähdreschern eng mit der Wettersituation im Frühjahr. Vor diesem Hintergrund zeigt sich Andreas Forster optimistisch, was den Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020 angeht: „Bedingt durch den feuchten Jahresbeginn steigt die Nachfrage nach Mähdreschern, auch gibt es derzeit keine regionsspezifischen Frostschäden.“

Jörg Tolxdorf erwartet, dass das Geschäft mit gebrauchten Mähdreschern 2020 auf dem Niveau des letzten Jahres liegen wird. „Wir haben in diesem Jahr schon einiges an gebrauchten Mähdreschern verkaufen können. Der Markt ist schon im Gange, und es wird auch gesucht“, berichtet der Gebrauchtmaschinen-Experte von NewTec.

Marcus Thiel und seine Mitarbeiter in den FCUs wollen im laufenden Jahr mindestens das Vorjahresniveau im Gebrauchtmaschinenbereich erreichen. „Das ist meine persönliche Zielstellung“, erklärt der Claas-Gebrauchtmaschinenexperte. „Wir haben einen niederschlagsreichen Winter gehabt. Zwar konnten wir nicht in allen Regionen das Regendefizit komplett aufholen, dennoch ist der Nachholbedarf etwas gesunken. Das lässt mich positiv ins neue Jahr blicken – sowohl für neue Maschinen, als auch für gebrauchte.“

 


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