Gebrauchtmaschinenhandel: Alles anders?!

Ein kleines Virus hat das Arbeitsleben weltweit innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf gestellt. Die Corona-Krise ist derzeit omnipräsent. Die Situation und mit ihr die verhängten Richtlinien und Auflagen ändern sich in kürzester Zeit. Wie wirken sich die massiven Einschränkungen im öffentlichen Leben auf das Gebrauchtmaschinengeschäft aus? Der eilbote hat sich in der vergangenen Woche umgehört.

Keine Börla in 2020

Für den Landmaschinen-Fachhandel ist es zurzeit schwierig, die möglichen Folgen der Corona-Krise für das Gebrauchtmaschinen-Geschäft einzuschätzen. Das bestätigt auch Holger Wüstenberg, geschäftsführender Gesellschafter der Wüstenberg Landtechnik Gruppe. „Aber wir merken natürlich eine gewisse Zurückhaltung.“ Schließlich gibt es zurzeit fast täglich neue Einschränkungen und Auflagen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Und auch, wenn die Außengrenzen für den Warenverkehr noch offen sind, sorgen Individualkontrollen zum Teil für große Rückstaus. Zudem spielt auch die jeweilige Situation im Exportland eine Rolle. Wüstenberg steht jetzt öfter vor der Frage, ob bestimmte Frachten überhaupt möglich sind: „Wir haben gebrauchte Mähdrescher, die in andere europäische Länder verkauft wurden, und wissen derzeit nicht, ob sie transportiert werden dürfen.“ Zudem stellt Wüstenberg eine zunehmende Verunsicherung bei Kunden und Händlern fest, „die sich natürlich auch auf die Stimmung und damit das Kaufverhalten auswirkt. Auch die Reisefreudigkeit unserer europäischen Händler lässt nach. Demzufolge wird das Geschäft natürlich zurückgehen.“

„Nicht ohne“ sind für Holger Wüstenberg auch die von Bund und Ländern beschlossenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, wie das bundesweit geltende Kontaktverbot. Daher habe das Unternehmen zahlreiche Vorsichts- und Hygienemaßnahmen getroffen. Unter anderem arbeite man in Börm und den anderen Betrieben derzeit in zwei Schichten. Die Verkäufer besuchen die Kunden nur auf ausdrücklichen Wunsch.

Das norddeutsche Unternehmen ist bereits digital gut aufgestellt, so dass auch das Gebrauchtmaschinen-Team in Zeiten von Corona das Internet als Vertriebskanal nutzen und von der digitalen Kundenkommunikation profitieren kann. „Schließlich gibt es ja viele Maschinen und Geräte, die direkt über das Internet verkauft werden“, sagt Wüstenberg, schränkt aber gleich ein: „Allerdings gibt es auch Objekte, die die Interessenten vor dem Kauf inspizieren wollen. Sie kaufen nicht unbedingt einen Mähdrescher für über 100.000 Euro ungesehen übers Internet.“

Fokus Gebrauchte – Corona-Pandemie: Gebrauchtmaschinenhandel: Alles anders?!

Holger Wüstenberg: „Solange der Gütertransport gewährleistet ist, läuft das Gebrauchtmaschinengeschäft weiter.“

Auch wenn die Corona-Krise überall eingreift, findet es Wüstenbergs noch zu früh, um sagen zu können, wie stark sich das Gebrauchtmaschinengeschäft in der Folge abschwächen wird. „Natürlich wird die Corona-Pandemie auf unser Geschäft Auswirkungen haben, aber wie stark, müssen wir erst abwarten.“ Wüstenberg gibt sich aber zuversichtlich: „Solange der Gütertransport gewährleistet ist und die Lkw die Maschinen abholen dürfen, läuft das Gebrauchtmaschinengeschäft weiter – wenn auch auf etwas niedrigerem Niveau.“

Schweren Herzens absagen musste die Wüstenberg-Gruppe ihre traditionelle Neu- und Gebrauchtmaschinen-Ausstellung Börla, die eigentlich am letzten Märzwochenende stattfinden sollte. „Natürlich hat dies negative Auswirkungen auf unser Gesamtgeschäft. Schließlich kommen normalerweise fast 10.000 Menschen auf die Börla nach Börm.“ Für Wüstenberg ist die Hausmesse eine wichtige Kontakt- und Verkaufsbörse, wo nachhaltige Kontakte für Verkaufsabschlüsse und Folgeaufträge geknüpft werden. „Hier holen sich die Besucher Appetit beim Essen.“ Nachgeholt wird die Börla aber nicht in diesem Jahr. Denn bereits in Kürze startet am Standort Börm der Bau einer neuen Werkstatthalle. „Die nächste Börla findet wie gewohnt im März 2021 statt“, kündigt Holger Wüstenberg an.

Meppen goes online

Natürlich beeinflusst das Coronavirus auch das Auktionsgeschäft bei Ritchie Bros.. Die Auktion, die eigentlich am 19. März wieder als großes Live-Event in Meppen stattfinden sollte, wurde kurzerhand in eine Online-Zeitauktion umgewandelt. Das Auktionsgelände musste für Besucher geschlossen werden. Die Kunden konnten zwischen dem 19. und 27. März lediglich online bieten. In der vergangenen Woche, als die Zeitauktion noch in vollem Gang war, zeigte sich Maximilian Wegemann von Ritchie Bros. sehr zufrieden mit der Anzahl der Online-Bieter. Bereits bis zur Mitte des Bietzeitraums hätten sich mehr als 2.000 Bieter beteiligt. „Damit ist die Beteiligung besser als erwartet.“ Nach Angaben des Regional Sales Manager Leiter Agrartechnik D/A/CH von Ritchie Bros. stammt fast die Hälfte der Bieter aus dem Ausland.

Fokus Gebrauchte – Corona-Pandemie: Gebrauchtmaschinenhandel: Alles anders?!

Für Maximilian Wegemann ist es nicht neu, „von remote zu arbeiten“.

Zuvor habe Wegemann durchaus Bedenken gehabt, weil Ritchie Bros. die Viewing-Days in Meppen, also die üblichen Besichtigungstage, aufgrund der Corona-Pandemie hatte absagen müssen. „Daher haben nur wenige Interessenten die Maschinen überhaupt vor Ort gesehen.“

Als Reaktion darauf habe sein Team zusätzliche Fotos in das Internet gestellt und versucht, die Maschinen noch detaillierter zu beschreiben. „Dennoch ist das Telefon- und Email-Aufkommen immens!“ Laut Wegemann ist die 15-köpfige internationale Kernmannschaft pausenlos damit beschäftigt, online oder telefonisch Auskunft zu erteilen – und zwar aus dem Homeoffice. Doch bei Ritchie Bros. sind die Mitarbeiter bereits gewohnt, remote zu arbeiten. „Das ist technisch für uns überhaupt keine Herausforderung“, erklärt Wegemann und beschreibt das Auktionshaus als virtuelles Unternehmen, das schon heute komplett papierlos arbeitet und dessen Mitarbeiter in allen Himmelsrichtungen verstreut sind.

Wenn die Ränge in der Auktionshalle in Meppen aufgrund von Corona leer bleiben müssen, hat das auch Auswirkungen auf den Umsatz. „Für einige Kunden kam es nicht infrage, die Maschinen, die sie eigentlich live versteigern wollten, online anzubieten“, berichtet Wegemann. Das betreffe jedoch weniger als zehn Prozent der Maschinen. „Alle großen und wichtigen Kunden haben das Modell der Online Zeitauktion mitgetragen und ihre Maschinen nicht aus der Auktion gezogen. Insgesamt bietet die Auktion somit rund 1600 Lots, darunter etwa 400 große, so genannte Rolling Lots.“ Und auch das hat Wegemann in Zeiten von Corona beobachtet: „Die Branche bietet ernsthaft, Spaßbieter sind kaum dabei“, lobt er das Bieterverhalten und rechnet zudem mit guten Preisen. Im Hinterkopf hat er bei dieser Einschätzung auch die Online-Auktion in Frankreich Mitte März, wo die erzielten Preise überraschenderweise acht Prozent über den Vorab-Schätzungen gelegen hätten.

Was die Logistik angeht, ist Wegemann zuversichtlich: „Auch wenn zwischenzeitlich die deutschen Außengrenzen für Lkw dicht waren, geben uns die Speditionen derzeit grünes Licht für den Abtransport der versteigerten Technik. Wenn es dennoch erforderlich sein sollte, behalten wir die Maschinen unbürokratisch in Meppen und verzichten auf die übliche Einlagerungsgebühr bei verspäteter Abholung.“

Auch wenn das Virus den Normalbetrieb von Ritchie Bros. unterbricht – „Dank Corona lernen wir vielleicht, dass das ein oder andere auch ‚remote’ funktioniert und wissen vor allem den persönlichen Kontakt noch mehr zu schätzen.“ Maximilian Wegemann spricht den Kunden, die flexibel und verständnisvoll auf die Situation und selbst auf das kurzfristige Schließen des Platzes reagiert hätten, ein dickes Lob aus.

Keine Auszeit auf den Feldern

„Von Februar bis Anfang März haben die Landtechnikhändler eine ziemliche ‚Saure-Gurken-Zeit’ im Gebrauchtmaschinengeschäft erlebt“, berichtet Rainer Schölzke aus dem Homeoffice.

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Rainer Schölzke arbeitet derzeit im Homeoffice.

Als Ursache für die Abwartehaltung der Landwirte bei Investitionen macht der Verkaufsleiter Gebrauchttechnik von der Gruber Agrartechnik Filiale Engelsdorf bei Leipzig gleich mehrere Faktoren aus, darunter vor allem die drohenden Verschärfungen durch die Düngeverordnung, die ebenso wie die beiden trockenen Sommer zu einer negativen Investitionsstimmung bei den Landwirten geführt hätten. Die ergiebigen Niederschläge im Februar hätten jedoch eine leichte Entspannung bewirkt. – Auf den Feldern herrsche derzeit Hochbetrieb. Hier sei die Frühjahrbestellung trotz Corona-Pandemie angelaufen. Schölzke: „Mit den Regenfällen hat sich die Situation gebessert, so dass die Anfragen zu Gebrauchttechnik trotz Corona-Krise wieder zunehmen. Das gilt sowohl für inländische als auch für ausländische Interessenten – insbesondere aus Richtung Osteuropa.“ Wie der Gebrauchtmaschinen-Verkaufsleiter aus Sachsen berichtet, ist der Bestand an Gebrauchten als Folge des derzeit eher schwierigen Neumaschinengeschäfts „sehr übersichtlich“. Daher könne man aktuell nicht jede Anfrage bedienen. Diese kommen, wie Schölzke erzählt, zurzeit verstärkt aus Tschechien, Polen und aus dem Baltikum. Das Interesse beziehe sich vorrangig auf Traktoren – und zwar über das gesamte Leistungsspektrum. „Ich habe einen Case IH Farmall 65 nach Litauen verkauft und hatte etwa zur gleichen Zeit eine Anfrage für einen 600er Quadtrac.“

Dass das Gebrauchtmaschinengeschäft auch in diesen sehr schwierigen Zeiten weiterlaufen kann, machen die digitalen Kanäle möglich. „Ohne sie ginge es nicht. Das Geschäft läuft derzeit über Internetangebote sowie Email- und WhatsApp-Kommunikation“, bestätigt Schölzke. Wie er berichtet, kaufen Stammkunden mitunter Maschinen auch ungesehen bzw. nach Fotos. „Schließlich hat sich über viele Jahre ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut.“ Auch Rainer Schölzke ist froh darüber, dass der grenzüberschreitende Warenverkehr im Moment noch passieren kann und somit die Speditionen den Transport der verkauften Maschinen und Geräte sicherstellen können.

Schon vor der bundesweit verhängten Kontaktsperre zur Eindämmung von Covid-19 habe man am Gruber-Standort Engelsdorf die Besetzung heruntergefahren. So ist jedes Büro derzeit nur mit einer Person besetzt. Schölzke und seine Vertriebskollegen arbeiten überwiegend im Homeoffice und verzichten weitestgehend auf direkte Kundenkontakte.

Was die nahe Zukunft angeht, so könne auch er nicht in die Glaskugel schauen. Schölzke rechnet aber nicht mit einem kurzfristigen Ende der derzeitigen Krise. Vielmehr erwartet er globale wirtschaftliche Einschnitte und Einbußen. Gleichzeitig hofft er aber, dass die Endverbraucher der heimischen Nahrungsmittelproduktion künftig einen größeren Stellenwert in der Gesellschaft gestatten.


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