Geschäfte laufen auf Hochtouren

Junger Gebrauchtmaschinenhandel profitiert von hoher Nachfrage – Social Media bewährt sich als wichtiger Vertriebskanal – Gute Gebrauchttechnik bleibt gefragt – Osteuropäische Länder wieder im Kommen

FOKUS GEBRAUCHTE – Agrinuba: Geschäfte laufen auf Hochtouren

Vorfreude aufs große Fest: Einige Maschinen sind bereits weihnachtlich dekoriert.

FOKUS GEBRAUCHTE – Agrinuba: Geschäfte laufen auf Hochtouren

Alexander Mertens hat sich mit einem Gebrauchtmaschinenhandel selbstständig gemacht.

„Bin grad im Urlaub“, spricht Alexander Mertens in sein Smartphone, „aber in der nächsten Woche können wir uns gerne unterhalten.“ Auch wenn er eigentlich immer telefonisch erreichbar ist, weiß der 34-jährige Jungunternehmer durchaus Phasen der Erholung zu schätzen. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat er sich selbstständig gemacht – mit einem Gebrauchtmaschinenhandel im brandenburgischen Prenzlau. Insbesondere in den ersten Monaten der Gründungsphase bedeutete das sehr viel Arbeit. Und noch immer sind die Arbeitstage auch mal 16 Stunden lang. „Wir sind 24/7 erreichbar“, kommentiert Mertens mit einem Lachen. Es macht ihm aber nichts aus, denn er ist mit Leib und Seele Unternehmer. Dennoch gönnt sich der junge Mann zwei bis drei Male im Jahr eine kleine Auszeit mit seiner jungen Familie. „Das muss sein, denn es macht den Kopf frei für neue Ideen und Projekte“, ist Mertens überzeugt.

Kurz nach Firmengründung Dämpfer durch Corona

Im Oktober 2019 hat der Uckermärker die Firma Agrinuba in einem Industriegebiet in Prenzlau gegründet. Von Beginn an hatte er die östlichen Nachbarländer im Visier. Daher ist die verkehrsgünstige Lage an der Autobahn A11 und die damit gute Anbindung nach Polen ein wichtiger Standortvorteil. Allerdings machte ihm die Corona-Pandemie mit den einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Lockdowns keine sechs Monate nach Unternehmensgründung einen dicken Strich durch seine Rechnung. Der grenzüberschreitende Handel geriet ordentlich ins Stocken, und die Anfragen aus dem Ausland blieben weitgehend aus. „In kürzester Zeit ging unser Umsatz um mehr als 50 Prozent zurück.“ Ein herber Schlag gleich im ersten Wirtschaftsjahr. „Doch unser Vorteil war, dass alle Maschinen, die auf unserem Hof standen, bezahlt waren.“

Aber spätestens mit dem Ende des ersten Lockdowns in Deutschland im Mai 2020 stieg das Interesse an Gebrauchtmaschinen im Inland rasant an.

Überregional gut vernetzt

Aufgrund der Lieferengpässe bei Neutechnik suchten zudem auch typische Neutechnikkäufer vermehrt schnell lieferbare Alternativen auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt. Mertens freut sich noch immer an dem „Raketenstart“, den sein junges Unternehmen hingelegt hat, das vor allem in den flächenstarken Bundesländern aktiv ist, wo leistungsstarke Großmaschinen dominieren. Bis heute profitiert Agrinuba vom stockenden Neumaschinennachschub, allerdings kommen auch weniger Gebrauchte auf den Markt, und die Preise ziehen weiter an. „In dieser Situation muss man als Gebrauchtmaschinenhändler am Ball bleiben und darf sich nicht ausruhen, wenn man das Geschäft machen will“, sagt Mertens und erklärt, dass man sich angesichts großer Konkurrenz auf dem Gebrauchtmaschinenmarkt seinen Namen hart erarbeiten müsse und keine Fehler machen dürfe. Es gelte, sich zu profilieren, „indem man schnell, seriös, fair und zuverlässig arbeitet.“ Daher ist ihm der Aufbau von guten Beziehungen wichtig. So sind Mertens und sein Mitarbeiterteam überregional mit verschiedenen Herstellern und Markenhändlern gut vernetzt. „Mit ihnen arbeiten wir Hand in Hand – zum Beispiel übernehmen wir mitunter die Maschinenbewertung für sie“, berichtet er. Gute Kooperationen beleben das Geschäft – das weiß auch Mertens, der daher an der Zusammenarbeit mit weiteren Händlern interessiert ist.

Videos kommen gut an

Auch Kundenorientierung und -zufriedenheit haben bei Agrinuba hohe Priorität. Eines der wichtigsten Werkzeuge für Mertens ist sein Smartphone, über das er den direkten telefonischen Draht zu den Kunden pflegt. Er bespielt damit aber auch verschiedene Social-Media-Kanäle: „Wir konzentrieren uns auf Marc Zuckerbergs ‚Flotte‘ mit Instagram, Facebook und vor allem WhatsApp Business – die Profi-Variante des bekannten Messenger-Dienstes“, sagt Mertens. Hier präsentiert er seinen Kunden eine Art „virtuelle Gebrauchtmaschinenschau“ in kurzen Videoclips. Die ansprechenden Videos filmt und schneidet Mertens selbst, fügt die wichtigsten Maschinendaten prägnant hinzu und unterlegt die Sequenzen mit passender Musik. „Das mache ich selbst, und es macht mir Spaß.“

Agrinuba verkauft den Löwenanteil seiner Gebrauchten online. Seit Mitte 2020 sind das in erster Linie gute und junge – fünf bis sechs Jahre alte – Maschinen, die schwerpunktmäßig aus den Bereichen Traktoren, Mähdrescher und Teleskoplader sowie Bodenbearbeitungs- und Sätechnik kommen. Und auch wenn sich der Firmenname Agrinuba von den Wörtern Agritechnik, Nutzfahrzeuge und Baumaschinen ableitet, steuern die Landmaschinen zurzeit mehr als 70 Prozent zum Firmenumsatz bei.

Ausland legt wieder zu

Mittlerweile hat das Geschäft auch auf den ausländischen Märkten wieder an Fahrt aufgenommen. „Vor allem Polen ist recht stark geworden.“ Insbesondere über die international bekannten Internetbörsen erreicht Mertens aber auch immer mehr Abnehmer im fernen China. Wie er berichtet, sind es dort in der Regel Großinvestoren, die sich für westliche Gebrauchttechnik interessieren und deren Fokus vor allem auf selbstfahrenden Erntemaschinen wie Mähdrescher und Häcksler liegt.

Stark im Kommen sind laut Mertens ebenso die südosteuropäischen Staaten Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Und gut laufe auch der Export von Gebrauchttechnik in das Nachbarland Frankreich, wo die mitunter großen Ackerflächen viel Potenzial für leistungsstarke Gebrauchttechnik, insbesondere Bodenbearbeitungsgeräte, bieten. Gefragt seien dort insbesondere acht bis zwölf Meter breite Grubber und Scheibeneggen.

Darüber hinaus zieht es laut Mertens in den baltischen Staaten Litauen und Lettland immer mehr große Investoren in die Landwirtschaft, die sich nicht unerheblich mit Gebrauchtmaschinen eindecken.

Dagegen herrsche in der Ukraine zurzeit eher Flaute. Wie Mertens erklärt, liegt das vor allem an der Bodenreform, mit der Mitte dieses Jahres das Verkaufsverbot für Ackerland aufgehoben wurde. Bisher konnten landwirtschaftliche Flächen in dem osteuropäischen Staat nicht gehandelt, sondern ausschließlich gepachtet werden. „Daher halten sich die Ukrainer beim Kauf von Landtechnik zurzeit eher zurück, weil sie ihr Geld lieber in Ackerfläche stecken wollen“, so Mertens. Zugute kommt seinem Geschäft allerdings, dass die Ukrainer nun visafrei und problemlos nach Deutschland einreisen können. „Daher haben wir nicht mehr nur ausschließlich Anfragen von Händlern, sondern zunehmend auch welche von ukrainischen Bauern, die die Maschinen dann selbst hier abholen.“

Wachsen aus eigener Kraft

Die ungebrochen hohe Nachfrage nach gebrauchten Landmaschinen hat in den vergangenen Monaten den Absatz bei Agrinuba ordentlich angekurbelt. Der Händler ist daher zuversichtlich, dass er 2021 den vorherigen Jahresumsatz verdoppeln kann. Dabei setzt Mertens auf organisches Wachstum, denn er legt hohen Wert auf Unabhängigkeit. Daher bestreitet er Investitionen radikal aus dem Cashflow und verzichtet bewusst auf externe Finanzmittel.

So hat das junge Unternehmen seit Gründung immer tiefere Wurzeln am Markt schlagen können. Aus der ehemaligen One-Man-Show ist mit größeren Aufträgen und wachsenden Umsätzen 2020 eine GmbH geworden und die Mitarbeiterzahl auf vier Personen gestiegen. Weiter gewachsen ist auch der Unternehmensstandort im Prenzlauer Industriegebiet, wo auch Ausstellungsfläche und Bürogebäude peu à peu modernisiert wurden.

Gute Aussichten

Wenn er in die Zukunft schaut, wird es dem Chef des exportorientierten Gebrauchtmaschinenhandels nicht bang. Vielmehr geht er davon aus, dass sich die Lieferschwierigkeiten bei Neutechnik ebenso wie der Anstieg der Rohstoff- und Erzeugerpreise im nächsten und teilweise auch im übernächsten Jahr weiter fortsetzen werden. „Somit wird auch der Boom bei Gebrauchtmaschinen weiter anhalten und nicht vor Ende 2023 abflauen.“

Angesichts dieser positiven Geschäftsaussichten und weil sein persönlicher Akku stets gut gefüllt ist, hat der Jungunternehmer bereits weitere Expansionspläne im Kopf: So soll in den nächsten zwei Jahren am Unternehmensstandort eine große Halle mit zwei Werkstattbereichen, Lager und Aufenthaltsraum entstehen. „Dann können wir die Maschinen vor Ort inspizieren und mit Einsatzgarantie verkaufen“, sagt Mertens, der sich durch den Ausbau der Serviceaktivitäten höhere Margen verspricht.

Kontakt
Alexander Mertens
Agrinuba GmbH
D - 17291 Prenzlau
Mobil: 01 74 - 1 73 95 17


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