Im Profisport wird die Pflege zunehmend autonom

Der Fachkräftemangel in der Sportplatzpflege führt bei den Herstellern zu gesteigerten Anfragen nach autonomer Technik. Immer individuellere Maschinenkonfigurationen führen zudem zu einem wachsenden Beratungsbedarf.

Flächenpflege: Im Profisport wird die Pflege zunehmend autonom

Das Management eines GPS-gesteuerten Mähroboters ermöglicht verschiedene Mähzonen.

Flächenpflege: Im Profisport wird die Pflege zunehmend autonom

Auf High-End-Sportplätzen – etwa beim Golf oder Profifußball – geht an einem Spindelmäher für viele Experten kein Weg vorbei.

Die Pflege des Grüns auf dem Golfplatz ist mitnichten ein kleiner Hilfsjob – die Greenkeeper der Anlagen sind hochspezialisierte Fachleute, ebenso das für den Bundesligarasen zuständige Personal. Genau hier wird es aber zunehmend knapp, wie viele andere Branchen ist man auch hier mit dem Fachkräftemangel konfrontiert. „Die Platzarbeiter sind im Zweifel eher niedrig bezahlt, müssen aber morgens um fünf und auch am Wochenende ran. Urlaub in der Saison von März bis Oktober ist ebenfalls meist schwer einzuplanen. Gleichzeitig müssen sie über die nötige Qualifikation und Verantwortung verfügen, um mit einer 100.000-Euro-Maschine umgehen zu können“, weiß Volker Zippel, Produktmanager beim Grünpflegespezialist Wiedenmann. Daher werde man künftig neue Technik entwickeln und bestehende so optimieren, dass sie sehr einfach zu bedienen und kosteneffizient ist. „Hier sprechen wir aber nicht von einem günstigen Anschaffungspreis, sondern von möglichst geringen Lebenszykluskosten durch wenige und wenn dann einfach zu wechselnde Verschleißteile.“

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Das Sprühgerät HD200 GPS von John Deere – hier montiert auf einem ProGator 2030A – erkennt selbst, wo es Pflanzenschutz ausbringen soll. Die Technik ist dem Konzern aus der Landwirtschaft bereits länger bekannt.

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Der neue Sichelmäher Groundsmaster 3200 von Toro ist für große Sportflächen prädestiniert, die nicht auf einen Spindelmäher angewiesen sind.

Auch Hersteller John Deere bietet Technik, die anspruchsvolle Aufgaben wie das Mähen eines „Grüns“ – die Zielregion um das Loch – vereinfachen soll: Das passwortgeschützte System TechControl ermöglicht es Platzwart oder Flottenmanager, die Geräte auf konsistente Schnitt-, Dreh- und Transportgeschwindigkeiten einzustellen, um unabhängig vom Fahrer der Maschine das gewünschte Aussehen des Golfplatzes zu erzielen. Verfügbar ist das etwa an den neuen hybriden Triplex-Aufsitzmähern 2750E-Cut. Sie verfügen über einen Dieselmotor, das Schneidwerk wird jedoch elektrisch angetrieben, was sowohl Lärmbelastung als auch Kraftstoffverbrauch sowie die Gefahr austretenden Hydrauliköls senkt. Ebenfalls genauer und leichter wird die Arbeit durch die RTK-gestützte Spritze HD200 GPS: Die automatische Düsensteuerung reagiert auf per Umfahrung angelegten Applikationskarten, wodurch auch bestimmte Flächen wie Greens oder Sandbunker ausgenommen werden können. Ein vollständiges Lenksystem ist dabei ebenfalls enthalten, die Technik dafür hat John Deere im Agrarbereich bereits seit langem im Einsatz. Bereits 2019 kündigte man zudem auch völlig autonome Mähmaschinen an, die auf dem X-Pert-Paket des holländischen Start-Ups Precision Makers basiert. Eine einmal aufgezeichnete Mähroute kann die Maschine komplett alleine erledigen. Dass aufgrund des Klimawandels auch das Thema Bewässerung eine immer größere Beachtung findet – zunehmend auch kritisch – hat man ebenfalls erkannt: Daher startete John Deere eine Partnerschaft mit dem Bewässerungsspezialisten Rain Bird sowie dem schottischen Golfunternehmen Carnoustie, welches unter anderem drei der ersten in Europa verkauften Maschinen einsetzt, die Betriebsmittel genauer ausbringen und zu Umweltschutzzwecken die Spritzarbeiten aufzeichnen. Die „Carnoustie 300“ – eine Gruppe von Schläger- und Ballherstellern, Profis, Caddies und Platzwarten – brachten Golf vor etwa 200 Jahren in die neue Welt, weshalb man nach eigener Aussage als die Wiege des amerikanischen und australischen Golfs gelte. Zusammen wollen die Partnerunternehmen nicht weniger als die Blaupause für Golfplatz-Management auf Weltniveau schaffen.

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Der E-Triflex von Toro schneidet die Grüns der Golfplätze mit höchster Präzision, dafür setzt er seit 2019 auf einen E-Antrieb. Für größere Flächen wie die Fairways reichen die Akkus aber noch nicht.

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Die kleinen Rasenroboter drängen vom Vorgarten auf die Profiplätze, dabei finden die Modelle von Echo dank GPS auch ohne Draht im Boden auf wenige Zentimeter genau ihre Route.

Wasser nach Bedarf

Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgt der Hersteller Toro, der sowohl auf Grünpflegemaschinen als auch auf Bewässerung spezialisiert ist: Die zentrale Beregnungssteuerung Lynx kann auf der gesamten Anlage die Bewässerung sekundengenau auf den Bedarf der jeweiligen Flächen abstimmen. Dabei kann das System auch nach Millimetern bewässern, sodass eine natürliche Niederschlagsdichte erfolgt. Gibt man unter Berücksichtigung der Richtwerte für die Evapotranspiration und der Entfernung der Regner zueinander die erwünschte Niederschlagsmenge ein, errechnet das Programm automatisch die weiteren Werte. Die Digitalisierung ist jedoch nur erfolgreich, wenn sie möglichst viele Aspekte verknüpft, was bei Toro auch die autonome Mähtechnik einschließen soll. „Das wird bereits sehr stark von Kunden nachgefragt. Wir statten dafür Standard-Mäher mit entsprechender GPS-Technik aus, der Einsatz mit Fahrer ist also dennoch weiter möglich“, erklärt Toro-Vertriebsleiter Micha Mörder. Ein Bediener in der Nähe ist aber dennoch notwendig, einerseits als offizielle Aufsicht des Roboters, zudem muss er die Körbe leeren, was die Maschine nicht alleine kann. Um die Technik in den Konzern zu holen, hat man im vergangen Jahr den portugiesischen Hersteller Turflynx gekauft, welcher bereits 2016 einen autonomen, vollelektrischen Golfmäher vorgestellt hatte. Im März 2021 folgte dann die Übernahme von Left Hand Robotics, ebenfalls auf autonome Maschinen spezialisiert. „Neben dem allgemeinen Fachkräftemangel können wir auch das derzeitige Personal entlasten, welches dann später auf den Platz kommen kann. Die sehr frühen täglichen Einsätze übernehmen dann die robotisierten Mähmaschinen“, so Mörder. Künftig möchte man die Steuerung aller Maschinen auch mit der Bewässerung sowie Bodensensoren für Salz- und Wassergehalt kombinieren: „Wenn die Beregung läuft, mäht dort der Roboter erst wieder, wenn es trocken genug ist. Ebenso kann dann die Beregnung einen bereits begonnenen Mähvorgang noch abwarten“, erklärt Mörder. Dadurch haben Greenkeeper und Platzwart einen Überblick auf alle Maßnahmen und Arbeiten und wie sich diese beeinflussen. Natürlich ist auch eine Wettervorhersage integriert, die neben der künstlichen Beregnung den Service der Maschinen auf witterungstechnisch passende Tage legen lässt. Zudem werde die Elektrifizierung weiter vorangetrieben, der Akku sei hinsichtlich Gewicht und damit Bodendruck aber weiterhin das Nadelöhr. Denn im Vergleich zu einem regulären Fußball-Bundesliga-Feld mit circa 7.000 m2 ist ein Golf-Fairway gerne mal 150.000 m2 groß, wobei eine Akkuladung bereits an ihre Grenzen komme. Zudem verteure die Batterie den Mäher im Vergleich zum Verbrenner sehr stark. Im Kleinen funktioniert das jedoch bereits: „Die kleinen Mähroboter, wie man sie aus dem Privatgarten kennt, sind inzwischen ja auch im Pro-Segment unterwegs – auch Toro wird hier bald etwas zeigen. Diese Sichelmäher sind aber lediglich für die Einstiegsplätze oder Nebenflächen einsetzbar. Auf den High-End-Spielflächen geht hinsichtlich Schnittqualität auch künftig nichts am Spindelmäher vorbei“, ist sich Mörder sicher.

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Auch Husqvarna stellte mit der Ceora-Serie kürzlich kompakte Sichelmäher-Roboter vor, die auch große Sportflächen bewältigen können.

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Der Müthing Mulcher MU-Collect kann durchaus auch auf hochwertigen Sportanlagen eingesetzt werden.

Mähroboter im Flottenverband

Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist Husqvarna, wo man inzwischen ganze Flotten von Robomähern auf die Sportflächen schickt, die dann schlagkräftig zusammenarbeiten. So kann der Rasen täglich gemäht werden, was eine konstant hohe Qualität bietet. Für seine vor kurzem vorgestellten Profiroboter Ceora bietet man zudem das System Epos an, welches dank GPS ohne das bekannte Führungskabel auskommt. Die Fläche muss aber auch hier per Fernsteuerung am Smartphone einmal eingelernt werden, ebenso kann der Betreiber Sperrzonen definieren.

Auch der Hersteller Belrobotics – hierzulande seit kurzem unter dem Brand von Echo – hat professionelle GPS-Roboter im Programm, die im Duo mit einem autonomen Ballsammler vor allem auf Übungsplätzen wie der „Driving Range“ bereits gerne eingesetzt werden. Auf einer Fläche von bis zu 30.000 m2 birgt er in 24 Stunden bis zu 12.000 Bälle, je 250–300 auf einen Rutsch. Der Mäher TM-2050 leistet bis zu 75.000 m2, Husqvarna das gleiche bei „normaler Qualität“, was bedeutet, dass die gesamte Fläche zweimal wöchentlich gemäht wird. Will man den Ansprüchen von HighEnd-Sportrasen gerecht werden, sind bei den Schweden 25.000 m2 drin, die dann täglich einen Schnitt bekommen. Da das feine Schnittgut nicht abtransportiert wird, dient es sofort als Dünger, was die generellen Betriebskosten senken soll. Einige professionelle Sport- und Golfplätze – wie etwa der SV Werder Bremen – äußerten sich nach ersten Tests bereits positiv. Vorteilhaft sei zudem die geringe Lautstärke sowie die CO2-Thematik, wenn etwa eine eigene Photovoltaikanlage vorhanden ist.

Flächenpflege: Im Profisport wird die Pflege zunehmend autonom

Spezialmaschinen wie die Verdi-Drain von Redexim sorgen für eine Auflockerung des Bodens, wodurch ein dichter Bewuchs entsteht. Hier sind durch vielfältige Gerätekonfigurationen auch die Händler hinsichtlich kompetenter Beratung gefragt.

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Da auch Sportplätze immer höhere Umweltauflagen hinsichtlich Düngung und Pflanzenschutz zu erfüllen haben, kommen auch hier Geräte wie speziell dafür ausgelegte Striegel zum Einsatz, wie etwa der TerraRake von Wiedenmann.

Aber auch die Wirtschaftlichkeit spielt bei der professionellen Grünpflege eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn schlussendlich sind auch luxuriös anmutende Golfplätze und mit hohen Millionensummen hantierende Fußballclubs unternehmerisch ausgerichtete Betriebe. Daher trauen sich auch Hersteller wie Mulchspezialist Müthing inzwischen auf die exquisiten Flächen: Der MU-Collect kann an diverse Trägerfahrzeuge und Traktoren mit Motorleistungen zwischen 20 und 40 PS angebaut werden. Er kann das Mulchgut bei Bedarf auch gleich in einem Arbeitsgang mit aufsammeln. Um das Gerät flexibler und vor allem ganzjährig einsetzen zu können, ist auch eine Ausrüstung mit Vertikutiermessern möglich. Darüber hinaus eignet sich das Gerät auch zum Laubsammeln im Herbst. Jürgen Kutscher, Garten- und Landschaftsbauer aus Paderborn-Salzkotten, hat das Experiment trotz anfänglicher Skepsis gewagt und vertikutierte damit den anspruchsvollen Fußballrasen des SC Paderborn: „Ich erwartete eine perfekt vertikutierte und abgesammelte Fläche. Diese Anforderungen wurden voll und ganz erfüllt. Wenn ich nicht auf dem Sportplatz unterwegs bin, nutze ich das Gerät für klassische Mulcharbeiten auf größeren gewerblichen Flächen.“ Auch auf Golfplätzen könnte diese Klasse einsetzbar sein, da sich auch dort „rauere“ Ecken finden, die sogenannten „Roughs“, sie begrenzen die Spielflächen und werden nur wenige Male im Jahr gepflegt. Teilweise werden diese sogar von Landwirten gemäht und das Schnittgut an die Tiere verfüttert.

Gräser müssen Trockenheit widerstehen

Die Technik wird aber nicht alle künftigen Herausforderungen richten können, denn der Klimawandel macht auch vor Sportanlagen nicht halt. Daher werden mittelfristig auch dort Gräser gefragt sein, die besser mit Trockenheit umgehen können. „Die gibt es natürlich bereits, meist sind diese aber noch nicht so trittfest wie die derzeitigen Sorten“, weiß Wiedenmann-Experte Zippel. „Im Golf könnte das etwas kompensiert werden, indem die Grüns etwas größer gemacht werden, wodurch der punktuelle Druck sinkt. Für Sportarten wie den Profifußball ist das aber natürlich keine Option, hier wird der stark beanspruchte Torraum immer gleich groß bleiben. Daher könnte sich nach Zippels Einschätzung hier der Hybridrasen – eine Mischung aus Natur-und Kunstrasen – weiter etablieren.

Hybridrasen als Trend?

Bei Kalinke Maschinen sieht man diesen Trend jedoch schon wieder etwas abflauen, wirklich mit Sicherheit möchte Geschäftsführer Harald Kalinke das aber nicht beschwören: „Vor ein paar Jahren hätte ich den Hybridrasen als absoluten Zukunftstrend gesehen. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher, denn der ist sehr teuer. Inzwischen spielen zwar sehr viele Profivereine auf einem solchen Rasen, das erfordert aber auch eine komplett andere, aufwendigere Pflege.“ Außerdem sei inzwischen das Bewusstsein hinsichtlich Kunststoff in der Umwelt – Stichwort Mikroplastik – ein anderes. Kalinke habe daher den Eindruck, dass in letzter Zeit schon wieder etwas weniger Kunst- und Hybridrasen verbaut werden. Einen wirklichen Zukunftstrend könne er daraus aber noch nicht ableiten, was wiederum aber eines bedeutet: „Für uns als Maschinenhersteller und auch für Händler bedeutet das, dass künftig weiterhin ein sehr vielseitiges Portfolio vonnöten sein wird, um alle Kunden mit jedem Spielfeldtyp bedienen zu können.“ Dabei sind auch die einzelnen Maschinentypen inzwischen sehr viel individueller konfigurierbar, da die moderne Fertigung und auch die Lagerhaltung flexibler sind. „Die Verti-Drain Bodenpflegegeräte von Redexim gibt es heute in 18 verschiedenen Aufführungen, sodass es für jede Gegebenheit perfekt passt – früher gab es nur vier Varianten. Daher sind Fachfirmen und -händler nach wie vor sehr wichtig, um dem Kunden kompetent nahebringen zu können, welches Gerät das richtige für ihn ist. Wenn die Kunden keine Beratung bräuchten, würden sie im Internet kaufen“, ist sich Kalinke sicher. Dabei stelle sich natürlich auch manchmal heraus, dass die Lösung darin besteht, nichts bei ihm zu kaufen: Einem Kunden mit einer etwas älteren Maschine hat Kalinke kürzlich ein kleines Zusatzprodukt für 35 Euro empfohlen, statt dem eigentlich angefragten, neuen Anbaugerät für 5.000 Euro. Im ersten Moment zwar nachteilig für den Händler, das Problem sei letztlich aber so effizient wie möglich gelöst worden, weshalb der Kunde sicherlich auch mit größeren Anschaffungen wiederkommen werde. Zudem sieht Kalinke aktuell einen großen Einschnitt durch die Corona-Pandemie, denn durch diese sind alle Messen ausgefallen: „Wenn sie vier Tage lang nichts anderes machen, als mit Kunden, Händlern, Lieferanten und auch Mitbewerbern zu sprechen, sieht man sehr gut, wohin sich die Branche bewegt. Dieser Input fehlt uns allen derzeit sehr.“


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