Ältere Kunden in den Blick nehmen

Senioren als attraktive Zielgruppe gewinnen – Reife Generation schätzt gute Beratung und hilfreiche Lösungen – Mit Service und Produktqualität punkten

Fachhandel: Ältere Kunden in den Blick nehmen

So sollten Sie nicht um die ältere Zielgruppe werben: Verulkung kommt bei Senioren meist nicht gut an.

Zu Kaisers Zeiten war sie fast perfekt. Doch die uns allen bekannte Alterspyramide gibt es schon lang nicht mehr. Sie verwandelt sich immer mehr in einen Pilz, dessen Schirm breiter wird: Der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung nimmt seit Jahrzehnten zu. Auch die Babyboomer-Generation altert und scheidet in den kommenden Jahren aus dem Berufsleben aus. Eine kaufkräftige Zielgruppe, die gezielt angesprochen werden möchte und sollte.

Schon heute sind die über 65-Jährigen fit wie nie zuvor und zudem vergleichsweise zahlungskräftig. Die „65plusser“, geboren nach 1950, sind die wahren Best-Ager: Die „neuen Alten“ sind aktiv und freizeitorientiert. Sie interessieren sich für aktuelle technische Entwicklungen und probieren gern neue Produkte aus, die einen Zusatznutzen versprechen. Sie haben Geld und sind auch bereit, es auszugeben. Der Konsumanteil am verfügbaren Einkommen ist bei den Älteren recht hoch: Während die 35- bis 55-Jährigen 2017 davon etwa 70 Prozent investierten, gaben die 65- bis 80-Jährigen über 82 Prozent für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen aus. Monatlich fließen mehr als 2.200 Euro bei den 65plussern über den privaten Konsum ab. Das hat zumindest das Statistische Bundesamt für das Jahr 2017 ermittelt.

Anspruchsvolle Kunden

Wir alle fühlen uns wohl jünger als wir tatsächlich sind. Ebenso klaffen bei den Senioren tatsächliches und gefühltes Alter oft auseinander. Sie befinden sich in einem durchaus aktiven Lebensabschnitt und legen großen Wert auf ihre Freizeitgestaltung, wozu oft auch die Gartenarbeit gehört.

Ältere Menschen sind aber auch ein anspruchsvolles Publikum: „Die Senioren sind lebens- und konsumerfahren. Sie haben bereits bestimmte Erfahrungen gemacht und wissen daher auch bestimmte Produktvorteile und -qualitäten zu schätzen“, weiß Mathias Knigge. Er ist Inhaber des Hamburger Büros „grauwert“, das sich mit den Bedürfnissen älterer Menschen beschäftigt und Unternehmen bei der Entwicklung generationenübergreifender Lösungen im Sinne des Designs für Alle unterstützt. Insbesondere für den Fachhandel sieht der Ingenieur und Produktdesigner aus Hamburg daher „ein Riesenpotenzial“.

Weil sie durchaus selbstbewusste und kritische Konsumenten sind, schätzen die Älteren hohe Qualität bei Produkten und Beratungsleistungen. Daher greifen sie gern auf Fachleute zurück, die ihnen passende Lösungen vorstellen und ihnen die Technik kompetent erklären können. Dabei sind sie durchaus offen für Ratschläge und Inspirationen.

Wünsche ermitteln

Allerdings sollte die Beratung auf Augenhöhe erfolgen und das Lebensalter dabei eine untergeordnete Rolle spielen. Daher raten Marketingexperten dazu, altersbedingte Defizite elegant zu kommunizieren und physische oder psychische Defizite keinesfalls in den Vordergrund zu stellen.

Einen handgeführten Rasenmäher als „seniorengerecht“ zu bewerben, kann demnach schnell nach hinten losgehen. Stattdessen sollte der Verkäufer sein Augenmerk auf Funktionalität richten und altersneutral zum Beispiel auf den vibrationsarmen Führungsholm und den unterstützenden Radantrieb hinweisen. Auch Stefan Söllner, Inhaber der Firma Söllner Motorgeräte in Regensburg, empfiehlt hier Sensibilität im Umgang mit „älteren Herrschaften“. Es gelte, die Wünsche, Motivation und die Bedürfnisse zu hinterfragen und zwar in einer Weise, durch die die Konsumenten in ihren Fähigkeiten nicht abgewertet werden. Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß Söllner aber auch, dass die Kunden eine authentische Ansprache und ehrliche Statements schätzen.

Mathias Knigge regt an, Wert auf lesefreundliche Displays zu legen. Das gelte im Übrigen auch für Werbematerial und Preisschilder. „Man sollte die Informationen knapper fassen und dafür größer schreiben!” empfiehlt Knigge und betont: „Seniorengerechtes Design ist menschenfreundlich und spricht im Zweifel alle Altersgruppen an.“ Es gelte, auch jüngere Verkäufer für die Bedürfnisse der Älteren zu sensibilisieren. Positive Erfahrungen in Schulungen macht Knigge immer wieder mit seinem Simulationsanzug, der Jüngeren die Möglichkeit bietet, in die Wahrnehmungswelt älterer Menschen einzutauchen und altersbedingte Veränderungen wie nachlassendes Hörvermögen, Alterssichtigkeit oder eingeschränkte Kraft und Beweglichkeit am eigenen Körper zu erleben.

Fachhandel: Ältere Kunden in den Blick nehmen

Mathias Knigge beschäftigt sich mit den Bedürfnissen älterer Menschen. Adobe Stock/Ljupco Smokovski

Fachhandel: Ältere Kunden in den Blick nehmen

Stefan Söllner setzt auf authentische Ansprache der Kunden.

Lösungen anbieten

Erfolgreich in dieser Zielgruppe ist derjenige, der aktiv auf die speziellen Bedürfnisse der Generation 65plus eingeht. Der Fachhändler sollte daher Lösungen für aktuelle Probleme anbieten und deren Nutzen sofort erkennbar sein. In der Regel wünschen sich ältere Menschen Produkte, die ihr Leben bequemer machen – also auch praktisch und leicht bedienbar. So benötigen reifere Hobbygärtner Geräte, mit denen sie trotz eingeschränkter Beweglichkeit oder nachlassender Körperkraft weiter ihrer Arbeit im Garten nachgehen können. Hier hat der Motorgeräte-Fachhandel einige Eisen im Feuer. Die Palette funktioneller Motorgeräte und anderer Hilfsmittel, die trotz knirschender Gelenke ein angenehmes Gärtnern ermöglichen, ist breit.

„Ältere Semester kaufen lieber Benzinrasenmäher mit eigenem Fahrantrieb“, weiß Stefan Söllner. „Ein handgeführter Benzinmäher wiegt schnell über 40 Kilogramm – da kann das Rasenmähen vor allem bei begrenzten Kraftreserven des Anwenders schnell anstrengend werden. Für ältere Menschen mit zum Beispiel Gehproblemen sind daher Mäher mit stufenloser Fahrgeschwindigkeitsregulierung ideal.“ Der Fachhändler für Garten- und Forsttechnik aus Bayern empfiehlt Älteren auch gern Modelle mit Elektrostart-Funktion. „Damit können Senioren die Geräte bequem per Knopfdruck starten und müssen nicht erst mühevoll am Seilzug ziehen, bis der Motor angesprungen ist.“

Selbst im Umgang mit Motorsägen können ältere Herrschaften weiterhin ihren Spaß haben. Wenn der Schwung zum Anziehen fehlt, bietet Söllner ihnen Benzinsägen mit Leichstartsystem an. Söllner: „Der spezielle Feder-Spannmechanismus sorgt dafür, dass man die Motorsäge mit minimalem Kraftaufwand starten kann. Das ist eine Erleichterung – jedoch nicht nur für Ältere, sondern auch für Menschen, die Arm- oder Schulterprobleme haben.“

Akku-Power zieht

Auch Akku-Rasenmäher mit Mulchfunktion können (nicht nur Senioren) gute Dienste leisten, denn sie sparen Zeit und auch mühevollen Kraftaufwand. Auch bei kompakten Handgeräten kann moderne Akku-Technik ihre Stärken voll ausspielen: Denn kleine leichte Scheren, Trimmer oder auch Sägen sind oft eine komfortable Alternative zu benzingetriebenen und kabelgebundenen Geräten, die älteren, aber auch ungeübten Nutzern die körperliche Arbeit im Garten erleichtern können. Darüber hinaus gibt es viele weitere praktische Gartenhelfer, wie zum Beispiel Teleskop-Heckenscheren, wenn es darum geht, die Oberkanten hoher Hecken bequem und sauber vom Boden aus zu schneiden. Oft haben die Geräte einen ergonomisch geformten Griff, der die Handgelenke schont. Für Manchen kann auch die Akku-Schubkarre ein praktischer Helfer sein, der beim Abtransport der Heckenabschnitte für körperliche Entlastung sorgt.

„Der Akku-Boom hält weiter an“, berichtet Felix Sauer vom Motorgeräte-Fachhandelsunternehmen Stavermann mit Hauptsitz im niedersächsischen Wallenhorst. „Zwar tummeln sich im Bereich der Akku-Geräte immer mehr Anbieter aus dem unteren Preissegment. Doch als Fachhändler können wir mit Qualitätsprodukten von Markenherstellern und darüber hinaus mit kompetenter Beratung und gutem Service punkten“, ist Sauer überzeugt.

Für ein hochwertiges, langlebiges Produkt sind die reiferen Verbraucher auch gern bereit, einen höheren Preis zu akzeptieren. Letztlich steht der Preis für sie nicht im Vordergrund; Priorität haben eher leichte Bedienbarkeit, hoher Komfort und lange Lebensdauer.

Mit Service punkten

Zahlreichen Studien zufolge ist älteren Menschen die soziale Komponente beim Einkauf mindestens ebenso wichtig wie das Produkt selbst. Die Generation 65plus Plus legt Wert auf persönliches Ambiente, intensive Kundenberatung – gerne auch von langjährigen erfahrenen Mitarbeitern –, übersichtliche Verkaufsräume und vor allem auf guten Service. Diese Voraussetzungen bringt der mittelständische Motorgerätefachhandel bereits mit und kann mit entsprechendem Full-Service punkten. Weitere Schlagworte sind in diesem Zusammenhang ein Hol- und Bringservice bei Reparaturen und Wartung sowie ein Lieferservice mit persönlicher Einweisung.

Fachhandel: Ältere Kunden in den Blick nehmen

Akkubetriebene Mulchmäher sind bequem zu manövrieren und ersparen den Gang zum Kompost.

Treue Kunden

Ältere Menschen sind erfahren und kaufen selten das Nächstbeste. Stattdessen schauen sie mehr auf Qualität als auf den Preis. Das gilt sowohl für das Produkt als auch für die Beratung und den Service. Wer die Zielgruppe 65plus begeistern kann, erhält treue Kunden mit hoher Kaufkraft.

Wandel – Die Pyramide wird zum Pilz

In Deutschland gibt es mehr als 18 Millionen Menschen, die 65 Jahre und älter sind. Sie haben damit einen prozentualen Anteil von rund 22 Prozent an der Gesamtbevölkerung Auf die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 64 Jahre entfallen etwa 60 Prozent. Der Anteil der unter 20-Jährigen liegt nach weiteren Angaben des Statistischen Bundesamtes bei ca. 19 Prozent.

Aufgrund des demografischen Wandels wächst die anspruchsvolle, aber auch zahlungskräftige Generation 65plus stetig an: Prognosen zufolge wird in weniger als zehn Jahren jeder vierte Deutsche älter als 65 sein.

Die größten Don’ts – das sollten Sie vermeiden – Mit dieser Ansprache vergraulen Sie ältere Semester

■ Altersbedingte Defizite in den Vordergrund stellen. ➞ Besser ist es, Lösungen zu kommunizieren.

■ Werbung mit unglaubwürdigen Bildern aus dem Internet. ➞ Potenzielle Kunden fühlen sich schnell verulkt.

■ Bevormundung. ➞ Zielführender ist es, mehrere Angebote vorzulegen und spezifische Nutzenaspekte in den Vordergrund zu stellen.

■ Begriffe wie „Senioren“ oder „Rentner“. ➞ Niemand wird gern als alt bezeichnet. Außerdem wird diese einfache Zielgruppenzuordnung den individuell sehr verschiedenen Bedürfnissen und Interessen nicht gerecht.


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