Notbremse kann Leben retten

Wie gefährlich die Arbeit im Steilhang sein kann, hat Erich Tesch schon mehrmals am eigenen Leib miterlebt. Deswegen hat er ein Notbremssystem für Bergmaschinen entwickelt. Wir haben es uns angesehen.

Entwicklung: Notbremse kann Leben retten

Die Bedienung der Notbremse über einen Notausknopf ist einfach.

Entwicklung: Notbremse kann Leben retten

Das Notbremssystem „SlipGuard“ von Erich Tesch kann Leben retten.

Landwirt-Sohn und Mechanikermeister Erich Tesch ist auf einem Bergbauernhof aufgewachsen. Er kennt die Gefahr des Abrutschens und hat es schon selbst wiederholt oft erlebt. „Gott sei Dank ist es immer gut ausgegangen“, sagt er. Doch er kennt auch andere Vorfälle in seinem Verwandten- und Bekanntenkreis, was ihn vor rund vier Jahren dazu veranlasste, über ein Notbremssystem nachzudenken. „Gerät man ins Rutschen, ist Bremsen meist die erste Reaktion, aber nicht immer richtig. Blockieren die Räder, füllt sich das Profil schnell mit Dreck, die Selbstreinigung geht verloren und die Reifen haben keinen Griff mehr. Das Fahrzeug wird immer schneller. In so einer Situation hilft nur mehr ein unabhängiges Notbremssystem“, ist Erich Tesch überzeugt. Die Kollegen der österreichischen Fachzeitschrift „Landwirt“ haben seine Entwicklung in der Praxis ausprobiert.

Entwicklung: Notbremse kann Leben retten

„SlipGuard“ ist derzeit noch ein zum Patent angemeldeter Prototyp und wird voraussichtlich ab 2020 als Serienprodukt verfügbar sein.

Die Notbremseinrichtung „SlipGuard“ (auf Deutsch Rutschschutz) lässt sich auf Traktoren, Transportern, Zweiachsgeräteträgern sowie auch auf Gespannen mit Ballenpressen, Ladewagen oder Miststreuern montieren. Die Notbremse besteht aus einem massiven Stahlrahmen, zwei federbelasteten Bremsklappen mit Krallen, zwei Abspannseilen und einem massiven Schloss. Sie wird bei Gefahr vom Fahrer mit einem Not-Aus-Taster ausgelöst. Dabei schnellen die beiden mit Federn vorgespannten Krallen blitzartig nach unten. Die in Fahrtrichtung stehende Kralle bohrt sich in die Erde und bremst das Fahrzeug bis zum Stillstand ab. „Je steiler das Gelände, desto flacher ist der Einstechwinkel der Bremsklappe. Damit die Bremskrallen sich rasch und sicher in den Boden ziehen, habe ich sie mit Federn vorgespannt“, erläutert Erich Tesch.

Rutscht das Fahrzeug bei Hangschrägfahrt seitlich ab, kann es das Fahrzeug beim Bremsen verdrehen, es bleibt aber trotzdem stehen.

Die „Bremsspur“ ist je nach Bodenbeschaffenheit unterschiedlich lang. Auf extremen Schotterböden mit wenig Gegenhalt zieht man natürlich eine deutlich längere Spur als auf einem festen Boden.

Entwicklung: Notbremse kann Leben retten

Je nach Fahrtrichtung bohrt sich eine der beiden massiven Bremsklappen wie ein Rettungsanker in den Boden und stoppt das Fahrzeug.

Entwicklung: Notbremse kann Leben retten

Die Bergung eines mit „SlipGuard“ abgebremsten Fahrzeuges kann etwas aufwändig sein, da sich das System mit Dreck füllt.

Der Rutschschutz

„SlipGuard“ sollte möglichst zentral unter dem Fahrzeug zwischen den beiden Achsen montiert werden. „Anschraubpunkte findet man eigentlich bei jedem Fahrzeug. Diese muss es ja auch für diverse Unterzüge und Abstützungen von z.B. Frontladerkonsolen und Anhängevorrichtungen geben“, weiß der erfahrene Mechanikermeister.

Die gesamte Konstruktion ist sehr flach gehalten, damit die Bodenfreiheit weitgehend erhalten bleibt. Sie reduziert sich in der Regel um wenige Zentimeter, bei manchen Fahrzeugen bleibt sie sogar gleich. Die Bremse ist von unten her weitgehend „geschlossen“, sodass beim Überfahren von Schwaden kein Futter hängen bleibt.

Die Notstopp-Einrichtung kann elektrisch (Not-Aus) mit einem starken Magneten oder auch mechanisch per Seilzug ausgelöst werden. Für die elektrische Betätigung ist eine sichere Stromversorgung Voraussetzung. „Auf eine hydraulische Betätigung habe ich bewusst verzichtet“, erläutert der Konstrukteur. „Sie wäre zu träge, zu kostenintensiv und fehleranfällig. Die Bremse muss sehr schnell und sicher wirken, das ist das A und O. Wenn es wirklich drauf ankommt, dann hat man keine Zeit, ein Hydrauliksteuergerät zu betätigen.“

Künftig soll es von „SlipGuard“ je nach Fahrzeugtyp verschiedene Baugrößen geben. „SlipGuard“ kann man auch auf einem Anhänger, Ladewagen, Güllefass oder Miststreuer montieren. Mit zwei unabhängigen Systemen auf Zugfahrzeug und Anhänger verhindert man die Gefahr des „Überschiebens“ oder des seitlichen Abrutschens des Anhängers.

Rund zwei Jahre hat Erich Tesch an seinem Prototyp gebastelt und ist nach zahlreichen Versuchen zu folgender Erkenntnis gekommen: „‚SlipGuard‘ ist keine 100prozentige Sicherheit, um einen Absturz zu vermeiden, aber zumindest eine wertvolle Option“. Er hat „SlipGuard“ zum Patent angemeldet und will es ab 2020 in Serie produzieren. Die Kosten schätzt Tesch je nach Baugröße zwischen 2.500 und 6.000 Euro. Egal was diese Not-Stopp-Einrichtung kostet, sie ist vermutlich die „cleverste Lebensversicherung“. 


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen