Motorgeräte müssen Härtetest bestehen

Stahlkugeln im Rasenmäher, künstlicher Wolkenbruch über dem Vertikutierer oder Metallstangen im Arbeitsbereich des Freischneiders – bei den Prüfungen im DLG-Testzentrum Groß-Umstadt müssen Motorgeräte echte Nehmerqualitäten zeigen. Rund 600 Geräte jährlich kommen hier in die Mangel.

DLG-Testzentrum: Motorgeräte müssen Härtetest bestehen

Beim Steinschlagtest wird getestet, inwieweit die Funktionsfähigkeit des Schneidschutzes an Freischneidern und Grastrimmern gegeben ist. Der Schutz muss Gegenstände abfangen, die das Schneidwerkzeug in Richtung des Bedieners schleudert.

Wenn sich Landwirte einen neuen Traktor, Grubber oder Häcksler zulegen, können sie davon ausgehen, dass die Maschine den Anforderungen im Alltagseinsatz Stand hält, die konkret angegebenen Leistungsmerkmale erfüllt und im Gebrauch sicher ist. Anhaltspunkte dafür liefert das DLG-Prüfsiegel. Die Entwicklung entsprechender Prüfvorrichtungen und die Durchführung praxisorientierter Tests betrachtet die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft seit je her als eine ihrer Kernaufgaben. Weniger bekannt ist, dass es solche Landtechnikprüfungen auch für handgeführte Maschinen gibt, die im Forst und bei der Landschaftspflege zum Einsatz kommen, egal ob als Profigerät oder im heimischen Garten.

Rund 600 solcher Geräte nehmen die Prüfingenieure im Bereich Forst-, Kommunal- und Gartentechnik des DLG-Testzentrums in Groß-Umstadt (Hessen) jährlich unter die Lupe. Geht es dabei beispielsweise um die Erlangung des GS- oder CE-Prüfzeichens oder die EG-Baumusterprüfung als Voraussetzung für die Marktzulassung, steht für die Hersteller einiges auf dem Spiel. „Deshalb herrscht hier trotz der neutralen und allgemein anerkannten Prüfkriterien Vertraulichkeit“, sagt Kommunikationschef Dr. Frank Volz beim Rundgang durch den in den bereits Anfang der 60er Jahre errichteten und seither laufend modernisierten Komplex am Max-Eyth-Weg. Zugleich betont er, dass sämtliche Prüfberichte und Testergebnisse für jedermann im Internet einsehbar sind. (<link http: www.dlg.org de landwirtschaft tests>www.dlg.org/de/landwirtschaft/tests/)

Zusätzlich bietet das DLG-Testzentrum in Kooperation mit dem ebenfalls in Groß-Umstadt angesiedelten Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) Gebrauchswertprüfungen und die Vergabe der Auszeichnung „DLG-ANERKANNT“ nach eigenen Kriterien an. Neben der Überprüfung der Herstellerangaben zu technischen Daten gehören dazu Verbrauch und Betriebsverhalten, Handhabung und Ergonomie sowie Sicherheits- und Umweltaspekte. Diese Prüfberichte werden auf der Webseite des KWF veröffentlicht. (<link http: www.kwf-online.de index.php wissenstransfer forsttechnik>www.kwf-online.de/index.php/wissenstransfer/forsttechnik/anerkannte-technik)

Zerstören für den guten Zweck

Die Tests für kleine Motorgeräte sind ähnlich umfangreich und in gewisser Hinsicht sogar härter als bei den großen. Denn etwa im Gegensatz zu einem Traktor, der nach dem Verlassen des Rollenprüfstands immer noch eine vollwertige Landmaschine ist, sind die als nagelneue Produkte angelieferten Rasenmäher, Kettensägen oder Motorsensen nach einigen Tests für ihren eigentlichen Verwendungszweck oft nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr zu gebrauchen. Der Grund dafür liegt in der Prüfmethodik, bei der die Gefahr einer Beschädigung in einigen Fällen unvermeidlich, ja für die Auswertung sogar notwendig ist. Das größte Zerstörungspotenzial haben in diesem Zusammenhang die Tests, bei denen Fremdkörper in die rotierenden Werkzeuge von Sichelmähern, Vertikutierern und Freischneidern gelangen.

„Achtung, hier wird scharf geschossen“, warnt Volz vor dem Betreten des Raumes, in dem die Wurfkörperprüfungen durchgeführt werden. Dass er damit nicht übertrieben hat, wird klar, als Mitarbeiter Thomas Olt das Prozedere schildert. Denn bei den Tests werden Stahlkugeln per Luftdruck in die Messer der auf Volllast laufenden Rasenmäher befördert. Diese beschleunigen sich in dem Mähwerk derart, dass sie wie Geschosse in die rund um das Gerät aufgestellten 7 mm starken Pappen schlagen. Die Stahlkugeln stehen hier für mögliche Steine und ähnliche Fremdkörper auf der Mähfläche, die bei unzureichender Abdeckung des Messers gegen Menschen und Gegenstände geschleudert werden können.

Im ersten Durchlauf werden 500 Kugeln mit einem Durchmesser von etwas über 6 mm nacheinander ins Mähwerk katapultiert. „Um den Test zu bestehen, dürfen davon nur 40 die Pappen durchschlagen und hiervon wiederum maximal 30 bis zu einer Höhe von 1,20 Metern, höchstens sechs zwischen den in Höhen von 30 und 45 cm gezogenen roten Linien sowie im Bedienerbereich nicht mehr als zwei bis zu einer Höhe von 45 cm“, erläutert Olt die Prüfvorgaben. In einer zweiten Festigkeitsprüfung gelangen auf die gleiche Art 100 Stahlkugeln mit einem Durchmesser von über 12 mm in die drehenden Messer des Rasenmähers. Keine von ihnen darf das Gehäuse durchschlagen oder so deformieren, dass es das Messer berührt. „Es kommt durchaus vor, dass Geräte an dieser Prüfung scheitern“, verdeutlicht Olt anhand der perforierten Grasfang-Abdeckklappe eines Rasenmähers.

Bei Freischneidern und Rasentrimmern erfolgt die Kollision mit einem Hindernis beim sogenannten Verkehrsschildtest in umgedrehter Konstellation. Der Gerätekopf mit dem rotierenden Freischneiderblatt oder Messerstern wird mit Wucht gegen einen massiven Eisenstab geschlagen. Hier erfüllt das Werkzeug nur dann die Vorgaben der Prüfnorm, wenn sich von ihm keine Bruchstücke lösen. Beim Heranführen des Geräts an Splitt und Metallteile dürfen diese nicht in Richtung Bediener geschleudert werden.

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Funktionsprüfungen in vielen Varianten

Andere Tests führen nicht zwangsläufig zu Schäden, beanspruchen die Geräte aber ebenfalls hoch. Dazu gehören die Kontrolle der Gehäusedichtigkeit in der Staubkammer, Schwingungsmessungen der Hand-Arm-Vibration, Untersuchungen auf elektrische Sicherheit oder die Erfassung der Lärmentwicklung in der Schallmesskabine.

Nicht selten passiert es, dass man Gartengeräte im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen lässt. Werden sie elektrisch angetrieben, entsteht daraus die Gefahr eines Stromschlages. In der Beregnungsanlage lässt sich überprüfen, ob das Gehäuse ausreichenden Schutz gegen das Eindringen von Sprüh- und Spritzwasser bietet. Dazu schwenkt ein halbkreisförmiges Rohr mit 45 Düsenöffnungen über dem Prüfling zehn Minuten lang hin und her. Aus jeder Düse prasselt während der Bewegung des Schwenkrohrs ein scharfer Wasserstrahl auf das Gerät, auf das so während der Dauer des Tests über 30 Liter Wasser als künstlicher Wolkenbruch niedergehen.

An einer anderen Messstelle wird ein eingespannter Benzin-Rasenmäher insgesamt 5.000 mal mittels einer Vorrichtung automatisch angeworfen und nach einiger Zeit über den Totmannhebel ausgeschaltet, um mit einem optischen Sensor die Nachlaufzeit des Messers zu erfassen. „So mancher Bediener denkt beim Hantieren nicht daran, dass die Schneidwerkzeuge nach dem Ausschalten nachlaufen“, begründet Olt den Versuchsaufbau. Um die Verletzungsgefahr zu minimieren, dürfe das Schneidwerkzeug nach dem Ausschalten bei Motor-Rasenmähern bis zu einer Schnittbreite von 762 mm maximal 3 Sekunden und bei Messerlängen darüber hinaus maximal 5 Sekunden nachlaufen.

Der entscheidende Kickback-Winkel

Einigen Arbeitsaufwand und Erfahrung erfordert die Messung des sogenannten Kickback-Winkels bei Kettensägen. Dies ist für die Marktzulassung in Europa aber auch in den USA und Kanada ein ganz entscheidender Wert. Er kennzeichnet den Rückschlageffekt, wenn die Zähne der Sägekette im Bereich der Schwertspitze nicht in das Holz eindringen, weil dessen Härte plötzlich wechselt, was beispielsweise beim Entasten der Fall sein kann, oder weil mit der laufenden Säge unbeabsichtigt ein Gegenstand berührt wird. Da der Rückschlag mit großer Gewalt und innerhalb von Sekundenbruchteilen eintritt, besteht die Gefahr von schwerwiegenden Verletzungen des Kettensägenführers im Kopf- und Schulterbereich.

Die kinetische Energie des Kickbacks ist umso heftiger, je größer der Radius des vorderen Umlenksterns und je höher die Leistung des Motors ist. Zudem neigen aggressiver schneidende Ketten mit Vollmeißelzähnen (Profiketten) eher zum Hochschlagen der Säge als Halbmeißelketten. Dies gilt ebenso für stumpfe oder nicht im richtigen Winkel geschärfte Kettenglieder. Ein weiterer Einflussfaktor ist die Geometrie der Kettensäge, insbesondere die Anordnung der beiden Handgriffe zum Schwerpunkt des Gerätes. Dies beeinflusst die Hebelwirkung, mit der dem Kickback- Effekt durch den Bediener entgegengewirkt werden kann.

Um die Gefährdung objektiv bewerten zu können, wurde vor etwa 15 Jahren die Kickback-Prüfung entwickelt. Laut der Norm ISO 9518 muss der durch das Hochschlagen der Maschine entstehende Winkel von der waagerechten Ausgangslage des Schwerts bis zum höchsten Punkt kleiner sein als 45 Grad. „Für die Ermittlung des Kickback-Winkels stellen wir zunächst fest, wo sich der Schwerpunkt der Säge befindet. Dort befestigen wir die Säge drehbar und lassen ein Holzstück mit definierter Geschwindigkeit und in unterschiedlicher Winkelstellung auf die Schwertspitze der laufenden Maschine prallen“. beschreibt Prüfingenieur Urs Wothke den Ablauf. Aus einer Vielzahl von dabei gemessenen Werten, wie der Rotationsenergie der Säge um ihren Drehpunkt, den Hebelwirkungen zwischen den Handgriffen, dem Drehpunkt und der Schwertspitze sowie dem Maschinengewicht und der daraus resultierenden Massenträgheit, werde dann der CKA (computer calculate kickback angle), also der theoretische Kickback-Winkel, errechnet.

Aber gibt es nicht auch eine Kettenbremse? Diesen Einwand höre er oft, sagt Wothke. „Eine Kettenbremse ist gut und natürlich ist deren Wirkung ebenfalls ein Punkt bei unseren Kettensägetests. Aber wer wie ich täglich sieht, welche enormen Kräfte beim Kickback frei werden, der kann Kettensägeführern nur empfehlen, sich nicht allein darauf zu verlassen, sondern immer auf einen sicheren Stand und festen Griff zu achten und im Übrigen mit Bedacht und Vorsicht an die Arbeit heran zu gehen“, so der Prüfexperte.


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