„Es gibt keinen Grund für einen Menschen, einen Computer im Haus zu haben.“ Dieses Zitat aus den 1970er-Jahren wird Ken Olsen zugeschrieben. Olsen war Gründer und Chef von Digital Equipment, einem Unternehmen, das zeitgleich mit IBM Meilensteine der Digitalisierung, wie den Laptop oder den Ethernet-Standard, entwickelte und bei seinen 1970 auf den Markt gebrachten Computern der PDP-11-Serie das erste „Universelle BUS-System“ zum Einsatz brachte. Dieses standardisierte Protokoll ermöglichte die Auf- und Umrüstung des PDP-11 für eine Vielzahl von Prozessanwendungen, der daraufhin einen Siegeszug vor allem im experimentellen Wissenschafts- und Forschungsbereich, aber auch bei der Steuerung von Kraftwerken, Verkehrswegen und Telefonnetzen antrat und dort zum Teil bis weit bis in die 2.000er-Jahre im Einsatz blieb. Ähnlich skeptisch haben sich auch Landwirte auf der Agritechnica 2003 geäußert, als die ersten ISOBUS-fähigen Traktoren und Anbaugeräte vorgestellt wurden. Die Entwicklung war in beiden Fällen bekanntermaßen eine andere. Anders als bei den IBM-kompatiblen PCs war der ISOBUS aber – insbesondere in Bezug auf den Wunsch nach „Plug & Play“ – für erhebliche Kinderkrankheiten bekannt. Noch in einer DLG-PraxisMonitor-Umfrage, die wir im Vorfeld der Agritechnica 2013, also zehn Jahre nach seiner Markteinführung, zum Thema ISOBUS durchgeführt haben, war ein nicht unerheblicher Teil der Praktiker äußerst unzufrieden und frustriert von ihren ersten Gehversuchen mit einer elektronischen Anbaugerätekopplung und -steuerung. Doch wie sieht es heute aus, da weitere acht Jahre der Entwicklung ins Land gegangen sind? Wie 2013 hat die DLG bei 200 Betrieben abgefragt, welche Erfahrungen sie bisher mit ISOBUS-fähigen Traktoren und Anbaugeräten gesammelt haben.
Die befragten Betriebe
Unter den Teilnehmern 2021 waren 81 % Vollerwerbsbetriebe. Damit hat sich gegenüber 2013 der Anteil der Nebenerwerbslandwirte nahezu verdoppelt. Trotzdem waren die Betriebe mit einem Durchschnitt der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzfläche von 411 ha geringfügig größer (2013: 396 ha). Dies gilt für den Ackerland-Anteil (360 ha gegenüber 350 ha), aber noch mehr für den Grünland-Anteil, der sich von knapp 26 ha auf fast 70 ha nahezu verdreifacht hat. Verändert haben sich hingegen die Betriebsschwerpunkte: Der Schwerpunkt Ackerbau wurde mit 33,2 % gegenüber 53,4 % seltener genannt, während mit fast 40 % gegenüber 20,7 % mehr Betriebe mit Viehzucht und Tierhaltung an der Umfrage teilgenommen haben. Unter den Traktorenmarken hat Fendt in der 2021er-Umfrage einen etwas geringeren Anteil (38,6 % statt 41,6 %), ist aber trotzdem mit einigem Abstand die am häufigsten vertretene Marke, gefolgt von John Deere mit ebenfalls niedrigerem Anteil (23,8 % statt 28,3 %). Zugenommen hingegen haben die Anteile vor allem bei den verschiedenen Marken der CNH-Gruppe (14,3 % statt 10,17 %) und bei Same Deutz-Fahr (7,4 % statt 4,4 %) sowie im geringeren Maße bei den übrigen Marken der AGCO-Gruppe (7,9 % statt 7,5 %) und Claas (5,8 % statt 4,4 %).
Traktoren: ISOBUS wird Standard
Insgesamt hat die Traktorenausstattung der Betriebe gegenüber 2013 zugenommen. So sind auf den Betrieben der Umfrageteilnehmer 2021 durchschnittlich 5,39 Traktoren gelaufen (2013: 4,14). Von diesen waren durchschnittlich 3,28 Traktoren ISOBUS-fähig, das heißt dieser Anteil hat sich nahezu verdoppelt. Mit rund 75 % Anteil waren auch 2021 die weitaus meisten Traktoren maximal fünf Jahre alt (2013: 77,8 %). Die häufig und sehr häufig genannten Einsatzgebiete (Mehrfachnennungen möglich) sind im Detail in Bild 4 zusammengefasst. Gegenüber 2013 hat der Anteil der werksseitig mit ISOBUS ausgestatteten Traktoren von 68,0 % auf 78,5 % nochmals deutlich zugenommen. Nachrüstungen – unabhängig, ob schon ausgeführt oder geplant – bleiben ein wahrscheinlich auch in der Zukunft schrumpfender Nischenmarkt, der aber erst auf lange Sicht nicht mehr vorhanden sein wird. In der technischen Entwicklung wird es langfristig kaum einen Traktor ohne einen werksseitig vorhandenen und auf ISOBUS aufgesetzten Datenbus geben. Insofern werden zur „Nachrüstung“ künftig nur die Anschlussdosen ergänzt und gegebenenfalls Funktionen freigeschaltet werden müssen. Ob dies durch die Traktorenhersteller selbst oder über eventuelle Lizenzmodelle auch durch einzelne Anbieter von Anbaugeräten erfolgen wird, bleibt abzuwarten.
Als Gründe für die Nutzung von ISOBUS nannten die befragten Landwirte 2013 zu ungefähr gleichen Teilen die Reduktion der Terminals und Bedienelemente in der Kabine, den schnelleren Wechsel elektronisch gesteuerter Anbaugeräte und die Automatisierung des Anbaugeräts in Verbindung mit Geodaten. Eine geringere bis gar keine Rolle spielten damals Automatisierungsaufgaben am Vorgewende, Kostenüberlegungen, Datenerfassung und -transfer oder eine (Teil-)Automatisierung des Traktors durch das Anbaugerät. Im Wesentlichen gelten diese Nutzungsgründe auch 2021 noch fort. In zwei Punkten jedoch haben sich Änderungen ergeben: 2013 war die VRC-Funktion (VRC = variable rate control, das heißt Ausbringmengensteuerung in Abhängigkeit von Geodaten) noch nicht verfügbar. Laut den aktuellen Umfrageergebnissen wird die Funktion bereits in über 10 % aller Fälle eingesetzt. Gleichzeitig werden die Funktionen zur automatisierten Dokumentation und Datenübertragung an zentrale Farmmanagement-Software-Systeme weniger häufig angegeben. Dies deckt sich aber auch mit der Antwort auf eine andere Frage, in der die Landwirte in über 55 % aller Fälle angegeben haben, dass sie auch in zwölf Monaten noch ihre Daten per USB-Stick zwischen PC und Traktor austauschen werden. Trotzdem ist klar erkennbar, dass einer kabel- oder datenträgerlosen Datenübertragung die Zukunft gehört. Sowohl bei einer Kopplung per mobilem Internet als auch bei einer Kopplung per WLAN auf der Hofstelle zeigen die Ausblicke auf die nächsten zwölf Monate deutliche Veränderungen gegenüber dem Ist-Zustand. Ziel muss es sein, die Daten der ISOBUS-fähigen und mit einem Bordrechner ausgestatteten Traktoren und/oder Anbaugeräte und den Computern auf der Hofstelle kabelunabhängig und automatisiert auszutauschen.
ISOBUS-Anteil auch bei Anbaugeräten steigend
Auch bei den Anbaugeräten hat sich in der aktuellen Umfrage der Anteil der Betriebe, die mindestens eine mit ISOBUS ausgestattete Maschine nutzen, nochmals erhöht. Inzwischen geben über 2/3 der Betriebe dies an. Durchschnittlich waren 3,87 Geräte pro Betrieb vorhanden (2013: 2,35). Dabei sind die Maschinen im Mittel immer noch sehr neu. Das Durchschnittsalter liegt 2021 bei 1,95 Jahren gegenüber 1,55 Jahren in 2013. Gegenüber 2013 zeigt die Umfrage aus 2021 aber, dass die Betriebsleiter dem Thema ISOBUS gegenüber insgesamt aufgeschlossener sind. 2013 war noch rund 1/3 der Betriebe ohne ISOBUS-fähige Anbaugeräte, auch wenn damals die Hälfte der Betriebe eine Anschaffung geplant hatte. Heute sind dies zusammengenommen nur noch rund 1/8. Hinzu kommt, dass derjenige, der bereits eine ISOBUS-Maschine besitzt, mit höherer Wahrscheinlichkeit ein weiteres ISOBUS-fähiges Anbaugerät anschaffen wird. Bei diesen Daten ist die Auswahl der Stichprobe zu beachten.
Die Einsatzgebiete Aussaat, Düngung und Pflanzenschutz stellen in Bezug auf die ISOBUS-Ausstattung immer noch die drei häufigsten Maschinengruppen dar. In der aktuellen Umfrage ist der Gesamtanteil allerdings um circa 20 % auf jetzt rund 66 % gesunken (2013: 86 %) – zugunsten von Pressen und Ladewagen, die aktuell jeweils 9 % Nutzung erreichen (2013: jeweils 2 %). Auch wenn man bei der Bewertung dieser Veränderungen die eingangs erwähnte Verschiebung der Betriebsschwerpunkte zwischen den Panels beider Umfragen in Betracht ziehen muss, bleibt doch die Botschaft, dass die ISOBUS-Nutzung in den letzten acht Jahren weiter in die Breite des Maschinenangebots gegangen ist.
Schwierigkeiten nehmen spürbar ab
Obwohl sich das Bild in mehreren Punkten deutlich verbessert hat, zeigen die Erfahrungen der Landwirte bei der Erstinbetriebnahme ihrer Gerätekombination immer noch, dass ISOBUS noch ein Stück von „Plug & Play“ entfernt ist. Immer noch knapp 30 % der Landwirte hatten hier Schwierigkeiten, wenngleich bei der Traktor-Anbaugeräte-Kommunikation sowie bei Betriebsdatenerfassung und -transfer deutliche Verbesserungen erreicht wurden. Demgegenüber stehen aber mit neuen Funktionalitäten auch neue Fehlerquellen wie etwa Section Control- oder Applikationskarten-Fehler. Erstgenannte machen bei Fehlern im laufenden Betrieb mit über 21 % der Fälle einen der Hauptanteile aus. Deutlich besser als 2013 lief allerdings die Fehlerbehebung, denn nur in knapp 14 % der Fälle kam es zu dauerhaften Schwierigkeiten (2013: mehr als 30 %) und in den überwiegenden Fällen erfolgte die Fehlerbeseitigung durch die Nutzer selbst oder den Händler vor Ort.
Zufriedenheit ist hoch
Trotz alledem: Die Zufriedenheit mit den ISOBUS-fähigen Traktoren und Anbaugeräten ist hoch und gegenüber 2013 sogar noch weiter gestiegen. Rund 95 % der Nutzer (2013: circa 90 %) würden ihre Traktoren und sogar fast 97 % (2013: rund 95 %) ihre Anbaugeräte in Bezug auf die ISOBUS-Funktionalität erneut kaufen. Als wichtige Gründe für weitere Käufe ISOBUS-fähiger Traktoren und Anbaugeräte nannten die Landwirte wie 2013 neben der genannten Arbeitsentlastung und der automatischen Datenerfassung auch Kostenüberlegungen. Hier spielen das Einsparen von Terminals und Zeitersparnisse, aber auch der Wiederverkaufswert eine Rolle. Insgesamt würde keiner der Landwirte auf die ISOBUS-Funktionalität verzichten wollen. Manch einer würde aber – auch innerhalb der Markenwelt der großen Anbieter – gegebenenfalls seine Markenwahl bei Traktor und/oder Anbaugerät auf ein zuverlässiges Funktionieren des ISOBUS hin abgleichen.
Fazit
Johann Wolfgang von Goethe zitiert in Wilhelm Meisters Wanderjahren aus dem Jahre 1821 das Sprichwort: „Gut Ding will Weile haben und vortreffliche Sachen werden ohne große Mühe und Arbeit nicht erworben!“ Dies gilt ohne Frage auch für den ISOBUS. Zieht man die seit 2003 neu entwickelten vielen neuen Maschinen- und Steuerungs- typen sowie die zusätzlichen Funktionalitäten mit in Betracht, so ist die Fehlerquote deutlich zurückgegangen. Der ISOBUS ist im Markt angekommen.
Veranstaltungen – Digitale Technologien
Digital Farming Conference von Bitkom in Berlin
Die nächste Digital Farming Conference des Digitalverbandes Bitkom findet am 17. Mai in Berlin statt. Angeboten werden Vorträge von Fachexperten und Vordenkern aus der Digital-, Land- und Ernährungswirtschaft zu digitalen Technologien für mehr Tierwohl, Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Podiumsrunden mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu digitalen Lösungen für eine nachhaltigere Landwirtschaft runden das eintägige Format ab. Weitere Informationen und Tickets sind online erhältlich unter www.farming-conference.de.