Flutkatastrophe: Hilfen laufen auf Hochtouren

Bund und Länder einigen sich auf die Einrichtung eines mit 30 Milliarden Euro ausgestatteten Wiederaufbaufonds

Deutschland: Flutkatastrophe: Hilfen laufen auf Hochtouren

Futter fehlt in den Flutgebieten: Vorrangflächen dürfen jetzt auch von Pferden beweidet werden.

Vier Wochen nach den Hochwasserkatastrophen in verschiedenen Teilen Deutschlands laufen die Hilfsmaßnahmen und die Bemühungen um den Wiederaufbau weiter auf Hochtouren. Nachdem die Bundesregierung bereits im Juli beschlossen hatte, sich hälftig an den Soforthilfen der betroffenen Bundesländer zu beteiligen, verständigten sich Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer in ihrem Treffen am 10. August auf die Einrichtung eines nationalen Wiederaufbaufonds. Er soll mit 30 Mrd. Euro ausgestattet und als Sondervermögen des Bundes eingerichtet werden. Bayern startete sein Hochwasser-Hilfsprogramm für die heimische Landwirtschaft. Betroffene Betriebe könnten mit Zahlungen zwischen 2.500 Euro und maximal 100.000 Euro unterstützt werden, teilte das Landwirtschaftsministerium mit.

Der Ausgleichssatz für nachweislich nicht versicherbare Hochwasserschäden betrage 50 Prozent. Schäden, gegen die eine Versicherung möglich gewesen wäre, würden zu 25 Prozent ausgeglichen.

Betriebe „noch lange nicht über dem Berg“

Der Vizepräsident Rheinland-Nassau, Michael Horper, zeigte sich „stolz, einer Gemeinschaft anzugehören, die ohne Wenn und Aber anpackt und sich gegenseitig hilft, nämlich dem bäuerlichen Berufsstand“. Landwirte und Winzer aus allen Regionen des Landes seien vom ersten Tag an in das Katastrophengebiet gefahren, um ihre Arbeitskraft und Sachspenden anzubieten. Der BWV habe eine Plattform für Angebote und Hilfsleistungen erstellt, woraus sich auch in den nächsten Wochen und Monaten Hilfesuchende bedienen könnten. Darüber hinaus beginne noch in diesem Monat die Verteilung von Spenden an notleidende landwirtschaftliche und weinbauliche Familien an der Ahr und in der Eifel, berichtete Horper. Auch betriebliche Erfordernisse seien angegangen und den notwendigen Lösungen zugeführt worden. So hätten trotz rechtlicher, logistischer, organisatorischer und finanzieller Hemmnisse dringend erforderliche Hubschrauberspritzungen in den Weinbergen durchgeführt werden können. Behördlich vorgegebene Fristen und Termine würden, nach intensiven Gesprächen mit der Landwirtschaftsverwaltung, nun sehr flexibel gehandhabt. Jetzt sei es wichtig, die Solidarität auch in den nächsten Monaten fortzusetzen, betonte der Verbandspräsident. Viele Unternehmen seien „noch lange nicht über dem Berg“. Außerdem forderte Horper eine staatliche Anerkennung der Hilfe durch Landwirte. Zumindest der Einsatz der Maschinen und Geräte und deren Verschleiß sollten vergütet werden.

Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) schätzt den Schaden allein im Weinbau an der Ahr auf 150 Mio Euro. Der Wiederaufbau werde eine immense Aufgabe und Herausforderung für die nächsten Jahre sein.

Bezüglich der flutbedingten Schäden sind der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zufolge in dem Bundesland insgesamt 150 Betriebsstätten und eine Fläche von 15.000 Hektar durch die Katastrophe vom 14. Juli in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Flutgebiete – Vorrangflächen dürfen ab jetzt für Futter genutzt werden

Die Bundesländer können Gebiete mit witterungsbedingtem Futtermangel ausweisen. In diesen dürfen die Landwirte in diesem Jahr ausnahmsweise auch die Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) uneingeschränkt für die Futternutzung verwenden. Das regelt die Verordnung, der das Bundeskabinett letzte Woche zugestimmt hat.

Konkret geht es um die Zwischenfrüchte, die nach der Ernte der Hauptkultur ausgesät werden, also zum Beispiel Kleegrasgemische. Im Normalfall dürften diese Flächen, sofern sie als ÖVF angemeldet worden seien, im Rahmen der EU-Agrarförderung nur für die Beweidung mit Schafen und Ziegen genutzt werden. Durch die Ausnahmeregelung sei auch eine Beweidung mit anderen Tierarten, zum Beispiel Rindern oder Pferden, oder ein Schnitt für Futterzwecke möglich. Diese Regelung ist laut Landwirtschaftsministerin Klöckner auf das Jahr 2021 beziehungsweise den Anfang des Jahres 2022 begrenzt.

Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, aber auch Starkregenereignisse in weiteren Teilen Deutschlands, haben nach Angaben des Ministeriums auch die Ernten landwirtschaftlicher Betriebe zerstört. In den betroffenen Gebieten sei es dadurch vielfach zu einem Mangel an Viehfutter gekommen. Verschärft werde die Situation in vielen Betrieben zudem dadurch, dass aufgrund der schlechten Futterernten der letzten drei Dürrejahre keine Reserven vorhanden seien. Insbesondere Betriebe mit Rinder-, Pferde- oder Schafhaltung seien betroffen. 


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