Betrieb von Traktoren mit Pflanzenöl wird attraktiver

Fortsetzung der Agrardieselsubventionierung fraglich – Diesel-Motoren bei schwerer Bodenbearbeitung noch länger erste Wahl – DLG-Vizepräsident Meinel fordert von der Politik Planungssicherheit

CO2-Bepreisung: Betrieb von Traktoren mit Pflanzenöl wird attraktiver

„Was tanken Traktoren morgen?“ Diese Frage diskutieren Experten auf Einladung des Beratungsnetzwerkes „Land schafft Energie“.

Die Europaabgeordnete Marlene Mortler warnt vor einem Festhalten an fossilem Diesel als Treibstoff für landwirtschaftliche Maschinen, auch aus wirtschaftlichen Gründen. „Durch die CO2-Besteuerung wird Diesel von Jahr zu Jahr teurer“, gab die CSU-Politikerin bei einem Webinar zu bedenken, bei dem Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft und Politik auf Einladung des Beratungsnetzwerks „Land Schafft Energie“ die Frage diskutierten, was „Traktoren morgen tanken“. Zudem sei aktuell völlig offen, ob die Steuerbegünstigung für Agrardiesel in der neuen Legislaturperiode im Bundestag noch einmal verlängert werde, erklärte Mortler.

Gemessen an den fossilen Energieträgern seien Bioenergie und Solarstrom vergleichsweise billig. „Ich halte es deshalb für falsch, dem fossilen Diesel-Traktor bis 2050 sein Gnadenbrot zu geben; wir sollten stattdessen vorzeitig umsteuern“, so die bayerische Europaabgeordnete.

Nach Beobachtung des Vizepräsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Prof. Till Meinel, haben die Motorenhersteller und Landtechnikunternehmen ihre Hausaufgaben für den Abschied vom Diesel in technischer Hinsicht gemacht. Einen Hemmschuh beim Umstieg auf alternative Antriebe sieht Meinel in der fehlenden Planungssicherheit für die Landwirte: „Damit sich die Umstellung langfristig rechnet, müssen Investitions- und laufende Betriebskosten langfristig planbar sein; hier ist die Politik gefragt“, spielte der Vizepräsident den Ball an Mortler zurück.

Weichen richtig stellen

Mortler will den Abschied von fossilen Treibstoffen nicht mit Verboten vorantreiben, sondern hält den Umstieg mit einer technologischen Effizienzoffensive für erreichbar. „Wenn wir heute die Weichen richtig stellen, können wir den Verbrauch fossiler Ressourcen innerhalb kurzer Zeit ohne Komfortverlust halbieren und durch erneuerbare Energien substituieren“, zeigte sich die Europaparlamentarierin vor den rund 100 Teilnehmern des Webinars überzeugt.

Sie erinnerte daran, dass die Verwendung von pflanzenölbasierten Kraftstoffen nicht nur den Import fossiler Energien überflüssig mache, sondern auch einen Beitrag zur Versorgung der Tierhalter mit Eiweiß aus heimischen Quellen leiste. Damit der Umstieg auf alternative Antriebe möglichst rasch gelinge, müssten Flex-Fuel-Motoren finanziell ebenso gefördert werden wie die Elektrifizierung von Traktoren. Parallel dazu müssten passende Vermarktungsstrukturen etabliert werden, beispielsweise dezentrale genossenschaftliche Ölmühlen. DLG-Vize Meinel geht davon aus, dass pflanzenölbasierte Kraftstoffe „ganz oben stehen“, wenn es darum geht, fossilen Diesel als Antriebsenergie von Traktoren zu ersetzen.

Brennstoffzelle noch im Experimentierstadium

Dagegen befinde sich die Brennstoffzellentechnik nach wie vor im Experimentierstadium. Wo hohe Leistungen notwendig seien, sei absehbar keine Lösung für wasserstoffbasierte Antriebe verfügbar. Elektrifizierte Traktoren seien vor allem für Arbeiten im Stall und auf dem Hof und damit in niedrigen Leistungsklassen interessant, so Meinel. Beinahe im Wochentakt kämen hier derzeit neue Produkte auf den Markt.

Man dürfe bei der Bewertung der Elektromobilität aber nicht vergessen, dass die Arbeitsspektren von Pkw und Lkw ganz andere seien als beim Traktor. So spiele die Energierückgewinnung beim Bremsen in der Landwirtschaft keine Rolle, erläuterte Meinel, der an der Technischen Hochschule (TH) Köln Bau- und Landmaschinentechnik lehrt. Umgekehrt werde bei der schweren Bodenbearbeitung eine hohe elektrische Leistung dauerhaft abgerufen, was auf der Straße nicht der Fall sei. „Dieses technische Gap ist bisher noch nicht zufriedenstellend für die Landwirtschaft geschlossen“, räumte der DLG-Vizepräsident ein.


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