Chinesen greifen nach Lkw-Hersteller Iveco, auch eine Beteiligung am Motorenhersteller FPT (Fiat Power Train) ist geplant. Übrig bleiben würden die Konzernmarken Case IH, New Holland und Steyr sowie die Bau- und Spezialmaschinensparte.
Die Aufteilung des Konzerns in eine On-Highway-Sparte mit Lastwagen, Bussen und dem Motorenhersteller FPT sowie den Off-Highway-Bereich mit Landtechnik und Baumaschinen war schon im Herbst 2019 vom damaligen CNH-Chef Hubertus Mühlhäuser angekündigt worden. Allerdings war für den Split ursprünglich ein Börsengang der Lkw-Sparte in diesem Jahr geplant worden. Nun sorgt vor allem am Hauptsitz von Iveco im italienischen Turin die Nachricht für Aufregung, dass aktuell mit dem chinesischen Staatskonzern FAW Gespräche über einen Verkauf von Iveco laufen.
FAW ist mit seiner Marke Jiefang der größte Hersteller von schweren Lastwagen im Reich der Mitte. Bereits im Herbst vergangenen Jahres hatten die Chinesen etwas mehr als drei Milliarden Euro für Iveco geboten, die Führung von CNH sah die Offerte allerdings als zu niedrig an. Zudem soll auch das chinesische Industriekonglomerat Shandong Heavy Industry Interesse an Iveco signalisiert haben, hier sollen 3,5 Milliarden Euro geboten worden sein. Ein Sprecher von CNH hat inzwischen die Wiederaufnahme der Gespräche mit FAW über eine „Kooperation“ bestätigt. Dabei soll es auch um eine Minderheitsbeteiligung am Motorenhersteller FPT gehen.
CNH Industrial hat im vergangenen Jahr seinem Großaktionär Exor, der die Beteiligungen der Unternehmerfamilie Agnelli vertritt, wenig Freude gemacht. Nach den Zahlen zum dritten Quartal lagen die Sparten Landtechnik, Bau sowie Lkw und Motoren sowohl beim Umsatz wie beim Gewinn im Minus. Und bis zum Jahresende – noch liegen keine Zahlen vor – dürfte sich die Situation kaum geändert haben. Dafür haben die Spekulationen über die FAW-Übernahme den Aktienkurs von CNH Industrial um die Jahreswende kräftig nach oben getrieben.
Dass die Chinesen auch noch ein Auge auf die Landtechnik von CNH geworfen haben, zu der ja auch die Grünland- und Bodenbearbeitungstechnik von Kongskilde gehört, gilt indes als unwahrscheinlich – bis jetzt zumindest. Eine Beteiligung von FAW an der Motorensparte hätte dennoch Einfluss auf die Traktoren-Branche: FPT-Generatoren laufen nicht nur in den konzerneigenen Maschinen von CNH, sondern werden zum Beispiel auch in Landini- und McCormick-Schleppern, im Valtra F105 oder auch in vielen Claas-Modellen verbaut.
Iveco ist bereits seit 1986 in China präsent, vor drei Jahren eröffneten die Italiener mit dem chinesischen Staatskonzern SAIC zusammen in Nanjing ein neues Werk, in dem jährlich bis zu 100.000 Kleinbusse und Transporter, etwa des Typs Dayli, gefertigt werden können. Und mit dem zu FAW gehörenden Start-up Plus sollen bereits Gespräche über die Entwicklung von autonom fahrenden Lkw laufen. Umgekehrt hätten die Chinesen mit Iveco dann auch Zugriff auf westliche Technologie. So hat das Ulmer Iveco-Werk unlängst zwei auf dem neuen Fernverkehr-Brummi S-Way basierende vollelektrische Prototypen des US-Herstellers Nikola zu Testfahrten nach Amerika geliefert. In Ulm wird derzeit bereits die Fertigungsstraße für den „grünen“ Laster gebaut. Im kommenden Jahr soll dann mit dem Nikola Tre sogar ein nur mit Wasserstoff angetriebener Truck auf Europas Straßen rollen.
Die Brennstoffzellen-Technologie von Nikola wiederum sollte auf längere Sicht auch in der Landtechnik von CNH zum Einsatz kommen, ebenso die von FPT entwickelten Gas-Motoren für schwere Fahrzeuge. Wie weit die Chinesen bei einer Iveco-Übernahme auch Zugriff auf diese Technologien haben, ist ungeklärt. Pikant: Die Bundeswehr hat gerade 1.000 gepanzerte Vierachser bei Iveco Magirus in Ulm geordert. Deutsche Soldaten wären dann künftig praktisch mit chinesischen Fahrzeugen unterwegs.