Giraffenluchs bewährt sich universell

Teleskoplader sind zunehmend auch in der Landwirtschaft im Einsatz. Bobcat hat im vergangenen Sommer seine entsprechende Produktpalette aufpoliert. Wir haben das Flaggschiff in der Praxis ausgiebig eingesetzt.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Die Obstbäume am Hang waren mit regulären Hubsteigern nicht zu erreichen. Der TL43.80 machte das ohne zu murren und kam dank der schnell zu wechselnden Lenkmodi auch zwischen den Bäumen gut zurecht.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Die Auswahl der vier Lenkmodi kann nach einem Knopfdruck schnell und einfach erfolgen.

Wir hatten für mehrere Wochen einen Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF im Einsatz. Der vordere Teil der Typenbezeichnung steht für die Hubkraft von 4,3 Tonnen direkt vor der Maschine. Vollständig ausgefahren hebt er noch 1,6 Tonnen. Die „80“ im Namen steht für die Hubhöhe von acht Metern, die bei voll angehobenem und teleskopiertem Mast knapp vor der Kabine erreicht werden. Mit der waagerechten Ausladung nach vorne können circa vier Meter überbrückt werden.

Wir haben mit dem Lader Schnittholz verstaut, Rundballen mit einem Greifer gestapelt, Getreide und Hackschnitzel in der Leichtgutschaufel transportiert und am Hang mit einem Arbeitskorb im Obstbaumschnitt geholfen. Dabei sind uns mehrere Eigenschaften besonders positiv aufgefallen: Der lange Arm ermöglicht auch das Greifen über andere Gegenstände hinweg, im Gegensatz zu Frontladern an Traktoren oder Gabelstaplern. Denn diese können Lasten lediglich direkt vor der Maschine aufnehmen. So konnten wir das Schnittholz auf einen Absatz neben der Maschinenhalle stapeln, der sonst nicht mit Maschinen zugänglich ist. Auch bei den Heuballen war dieser Vorteil sehr praktisch: Einer der Stapel war umgekippt und die Ballen auf anderen Geräten weiter hinten in der Maschinenhalle zum Liegen gekommen. Normal hätten Sämaschine und Co. angehängt und weggeräumt werden müssen, um die Ballen mit dem Frontlader zu bergen. Der Teleskoplader aber hat das direkt von oben geschafft, da die Ballenzange auch mit den Greifarmen senkrecht nach unten arbeiten kann.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Beim Verstauen von Schnittholz war auch im schweren Gelände stets alles sicher.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Die Bedienung der Hydraulik während der Arbeit erfolgt komplett am Joystick, auf der Seitenkonsole finden nur Einstellungen statt.

Stabiler und sicherer Stand

Während des Verstauens des Schnittholzes wussten wir zudem auch die Stabilität zu schätzen. Denn selbst mit mehreren Tonnen Eichenbohlen auf der Gabel machte die Maschine durchweg den Eindruck, satt und sicher zu stehen. Der sonst für diese Zwecke verwendete Frontlader an einem Standardtraktor hätte weniger gehoben und war unserer Erfahrung nach selbst mit dem geringeren Gewicht allein aufgrund der breiten Ausladung der Bretter und Balken wesentlich schwammiger unterwegs als der Teleskoplader. Auch der feuchte Untergrund machte dem Allradantrieb keinerlei Probleme, der Bobcat zog auch bei voll beladener, hoch ausgehobener Last problemlos durch den Morast des sehr nassen Winters. Dabei fanden wir auch die automatische Auslegerfederung hilfreich. Die 135 PS Motorleistung wurden dafür zwar nicht vollständig benötigt, dafür fühlte sich das Arbeiten aber auch unter eher schwierigen Bedingungen immer sicher an, da die Maschine stets genug Reserven hat.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Die riesige Leichtgutschaufel fasst 3,5 m3. Auch bei beengten Verhältnissen bewies der Bobcat seine Wendigkeit.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Umgestürzte Strohballen, die weiter hinten auf Maschinen liegen, konnten einfach geborgen werden.

Feinfühlig am Gas

Der hydrostatische Fahrantrieb ist für diese Maschinenart typisch, gefallen hat uns der einerseits ruhige Anlauf, denn durch einen ordentlichen Tritt aufs Pedal konnte man den Bobcat dennoch auch hurtig auf Geschwindigkeit bringen. Träge ist die Maschine also nicht, trotzdem aber sehr feinfühlig zu manövrieren. Dafür sind vier Geschwindigkeits-Einstellungen möglich: Ein mechanisches Zweiganggetriebe, per elektronischem Taster in der Seitenkonsole wechselt es von Straßenfahrt auf Ladetätigkeit. Dafür muss die Maschine zwar stillstehen, was für uns aber verkraftbar war, da wir nicht ständig wechseln mussten. Ideal wäre natürlich eine Lastschaltung, was aber aufwändiger und teurer ist. Zusätzlich kann am Joystick noch elektronisch zwischen „Hase“ und „Schildkröte“ umgeschaltet werden, wodurch der hydrostatische Antrieb entsprechend reguliert wird. Wer viel schnell lädt, kann mit dem schnellen Getriebegang und Schildkröte einen guten Kompromiss finden, so sind 18 km/h möglich. Etwas gemächlicher ist die gegenteilige Kombination aus langsamem Getriebe und Hase, die auf 12 km/h kommt. in der schnellsten Stellung fährt unser TL43.80 40 km/h, was wir wirklich nur auf der Straße genutzt haben. Die langsamste Einstellung dagegen ist mit ihren 6 km/h vor allem in engen Innenräumen praktisch. Die Verzögerung über den Antrieb selbst ist im sogenannten Dynamic-Modus übrigens so stark, dass die Bremse im Arbeitseinsatz kaum gebraucht wird – auf der Straße natürlich schon. Außerdem erfolgt der Fahrtrichtungswechsel in diesem Modus etwas zackiger. Etwas gewundert haben wir uns zu Beginn über die Rückfahrwarntöne: Nach Rücksprache stellt sich heraus, dass dies so gewollt ist und bei Bobcat als „weißes Rauschen“ bezeichnet wird. Das Geräusch ist zwar gewöhnungsbedürftig, soll aber ja eben auch nicht angenehm, sondern warnend sein.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Durch die Allradlenkung ist der Bobcat sehr wendig unterwegs.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Statt der Bobcat-eigenen Anbaugeräte-Aufnahme können auch die von anderen Herstellern bestellt werden.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Die im Display integrierte Rückfahrkamera ist optional zu haben.

Lenkmodi absolut sinnvoll

Von den vier Lenkmodi fanden wir jeden einzelnen absolut sinnvoll: Die meiste Zeit arbeiteten wir mit der Allradlenkung, da sie den Lader sehr wendig macht. Den Hundegang setzen Landwirte an schweren Maschinen meist zur Bodenschonung und der besseren Gewichtsverteilung in schwierigem Gelände ein, am Bobcat Telelader aber wurde er auch aus einem anderen Grund integriert: Hat man sich beispielsweise seitlich sehr nah an eine Wand manövriert, würde das mit einer regulären Maschine etwas „Hin- und Herstauchen“ nötig machen, um wieder auf Abstand zu kommen. Mit dem TL43.80 schalteten wir den Hundegang ein – die Lenkmodi sind durch einen separaten Knopf auf der Armlehne direkt erreichbar – und konnten uns sofort in schräger Fahrt von der Wand wegbewegen, etwa in einer engen Lagerhalle. Auf Kundenwunsch hat Bobcat noch einen vierten Modus eingeführt. Da die Steuerung ja rein elektronisch abläuft, war dafür lediglich Programmieraufwand notwendig: Im Semi-Hundegang bleiben die Hinterräder fest auf einer eingestellten Postion, die Vorderachse ist normal lenkbar. Das ist vor allem für Arbeiten entlang von Wänden praktisch, etwa in Fahrsilos oder während der Stallreinigung. Darüber hinaus ist natürlich auch eine reine Frontlenkung möglich, die wir für die schnellen Straßenfahrten genutzt haben. Damit ist das Fahrgefühl gewohnter und unsere Reaktionen waren somit etwa in Kurven sicherer. Hier könnten wir uns auch eine Automatik vorstellen, die beispielsweise bei über 20 km/h selbst die Frontlenkung aktiviert. Der Lader erkennt dabei zudem die derzeitigen Radstellungen und vollzieht den Moduswechsel erst, wenn die Räder passend dafür stehen. Im Fall des Falles zeigt das Display, welche Achse noch gelenkt werden muss. Im Alltag war das bei uns mit einem Blick und einer Bewegung am Lenkrad sekundenschnell erledigt. Außerdem ist es mit dem Flex-Modus auch möglich, die Motordrehzahl über das Handgas einzustellen, etwa wenn für ein Anbaugerät stetig Motorleistung vorhanden sein muss. Die Fahrgeschwindigkeit wird davon unabhängig weiterhin über das Gaspedal gesteuert.

Generell hat uns die neue Kabine gut gefallen, die Tasten in der Konsole sind farblich in Antrieb (Getriebe, Handbremse), Arbeit (Hydraulik und Ausleger) und Allgemein (Scheinwerfer usw.) aufgeteilt. Die Schalldämpfung wurde laut Hersteller im Vergleich zum Vorgänger um 2 dB verbessert. Da wir aber während vieler Arbeiten das Fenster der Fahrertür geöffnet hatten, um mit Kollegen und Einweiser zu kommunizieren, war der Schallschutz für uns eher zweitrangig. Für längere Einsätze ist dieser aber natürlich ein wichtiger Faktor.

Sehr praktisch fanden wir die speicherbaren Settings für verschiedene Arbeitswerkzeuge oder Einsatzszenarien. Denn die 190 l/min der Hydraulikpumpe können auf verschiedene Arten gebändigt werden: Einerseits konnten wir so die Geschwindigkeit des Hubarms samt Teleskop passgenau justieren, darüber hinaus ist auch die Zusatzhydraulik stufenlos regelbar. So greift dann beispielsweise die Ballenzange etwas sanfter zu. Mit ihr konnten wir Rundballen wesentlich höher stapeln, als das mit dem Frontlader möglich gewesen wäre. Die Steuerung dafür funktioniert tadellos über den Joystick: Die Kreuzfunktion steuert, wie auch beim Frontlader üblich, die Bewegungen auf und ab, sowie die Neigung des Anbaugerätes. Zwei per Daumen erreichbare Wippen sind für das Ausfahren des Teleskoparms sowie die Zusatzfunktion des Werkzeuges zuständig, bei uns das Greifen der Ballen. Dabei können auch Greifautomatiken definiert werden, die zeitlich und durchflusstechnisch zwischen Öffnen und Schließen unterscheiden, was bei längeren Ladearbeiten sinnvoll ist. Die Wippe muss dann nur noch einmal kurz betätigt werden, statt dauerhaft bis zum Abschluss des Greifvorganges. Ebenfalls nützlich ist die maximale Begrenzung der Hubhöhe, die einfach per Kopfdruck in der Seitenkonsole definiert wird. So konnten wir verhindern, dass der Ausleger versehentlich mit der Hallendecke kollidiert. Außerdem kann auch ein gewünschter Abstand zum Boden definiert werden, was beim Arbeiten vor Absätzen oder Rampen hilfreich ist. Der Ausleger fährt dann nur bis auf diese Höhe herunter, nach dem Wendemanöver ist man sofort wieder auf der richtigen Position.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Für jedes Anbaugerät können individuelle Hydraulik-Settings gespeichert werden.

Bobcat Teleskoplader TL43.80 HF Agri: Giraffenluchs bewährt sich universell

Dank der Schüttelfunktion rutschen die Hackschnitzel in der Schaufel zusammen.

Hohe Hubkraft für große Werkzeuge

Als wir dann auf die Schaufel gewechselt haben, konnten wir auf dem Touchdisplay die vorher gespeicherten Einstellungen dafür aufrufen. Die Werte können dann trotzdem weiterhin verstellt werden, eine Änderung des gespeicherten Settings ist ebenfalls immer möglich. Durch die hohen Hubkräfte kann der Telelader auch relativ große Werkzeuge handhaben: Die mitgelieferte Leichtgutschaufel fasst satte dreieinhalb Kubikmeter und wiegt selbst bereits über 800 Kilogramm. Wir haben sie vor allem in Getreide und Hackschnitzeln getestet. Beim Verladen von nassem Schüttgut – zum Beispiel Mist – gefiel uns die automatische Schüttelfunktion gut, sie ist über eine Taste am Joystick auslösbar. Einmal gedrückt und den Joystick nach rechts bewegt, rüttelt die Schaufel viele der hängengebliebenen Rückstände los. Zieht man den Joystick dabei nach links, schüttelt sich die Schaufel im gefüllten Zustand, wodurch sich das Material darin besser verteilt. So haben wir auch bei maximaler Füllung unterwegs weniger verloren. Der Knopf daneben sorgt für die Schwimmstellung des Auslegers, was etwa für Schiebeladen in unebenem Gelände praktisch ist.

Bobcat hat am Kopf des Armes neben den beiden Hydraulikanschlüssen für die Zusatzgeräte auch einen 7-poligen Anschluss für Geräte angebracht, die elektrisch angesteuert werden. Die Werkzeugaufnahme ist in der Teleskopladerbranche leider noch nicht einheitlich geregelt, derzeit kocht noch jeder Hersteller sein eigenes Süppchen. An unserer Maschine war daher die hauseigene Bobcat-Aufnahme verbaut, die passenden Anbaugeräte lieferte man uns direkt mit. Wer bereits über Werkzeuge verfügt, kann bei Bobcat-Neumaschinen aber auch die Aufnahme von Merlot oder anderen Herstellern bekommen. Außerdem ist die Hydraulik auch am Heck des Fahrzeuges nutzbar, etwa um einen Kipper zu entleeren. Denn natürlich ist auch ein entsprechendes Anhängemaul montiert. Praktiker fahren damit etwa Dünger in Bigbags auf einem Hänger zum Feld, parken diesen und befüllen dann den Streuer am Traktor mit dem Teleskoplader.

Fazit

Ein Teleskoplader hat wesentlich mehr Vorteile, als nur mehr Hubkraft und Höhe als reguläre Frontlader oder Gabelstapler. In der Agri-Version von Bobcat passt er gut für landwirtschaftliche Einsätze, da er kompakt genug ist, um auch in etwas engeren Hallen oder Hofecken schnell und einfach zu arbeiten. Daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass Bobcat die Produktpalette entsprechend ausgerichtet hat. Weitere Maschinen sind ebenfalls im Portfolio, diese reichen bei annähernd gleichen Hubkräften sogar bis zu 18 Metern hoch und sind bei den Baumaschinen angesiedelt.

Das Video zu dem Praxiseinsatz finden Sie unter folgendem Link:
https://m.youtube.com/watch?v=dx9JXxhXk0c

Bobcat – Die R-Serie mit Agri-Ausstattung

Die Teleskoplader-Sparte holte Bobcat im Jahr 2000 durch die Übernahme des französischen Herstellers Sambron ins Unternehmen, inzwischen forciert man auch zunehmend den Agrarsektor. Seit letztem Sommer bietet man die neue Generation der R-Serie in vier verschiedenen Modellen an. Wir hatten das Flaggschiff TL43.80 im Einsatz, es bringt über acht Tonnen auf die Waage. Die kleineren Modelle mit weniger Hubkraft sind knapp zwei Tonnen leichter, da weniger Gegengewicht notwendig ist. Die Doosan-Motoren – Bobcat gehört seit 2007 zu dem südkoreanischen Konzern – erfüllen natürlich StageV, dafür ist ein selbstregenerierender Dieselpartikelfilter sowie Adblue nötig, ein AGR-Ventil ist nicht verbaut. Der Umkehrlüfter der Kühler kann auch in den gespeicherten Funktionen der Anbaugeräte automatisch ausgelöst werden, passend für die jeweilige Arbeit. Die Ausstattung kann in vier Versionen geordert werden, sie ist durch Sterne definiert, sprich Agri* bis Agri****. Neben gekühlter oder beheizter Lunchbox gehört auch ein elektrischer Spiegel samt Enteisung, zusätzliche Arbeitsscheinwerfer, die Waschanlage des Seitenfensters, verschiedene Displays und eine Rückfahrkamera zu den vielen möglichen Optionen.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen