Saubere Abgase durch neue Innereien

Die Biogas-Goldgräberstimmung der 2000er Jahre ist in zwischen etwas abgeflaut, da Förderungen zurückgefahren wurden. Wer damit als Landwirt dennoch Geld verdienen will, muss seine Anlage möglichst effizient betreiben. Neue Vorschriften unterbinden nun zudem mögliche Manipulationen der Abgaswerte, weshalb vielerorts die Motoren optimiert werden müssen. Hilfestellung bieten dabei Firmen wie HJS-Motoren.

Biogas: Saubere Abgase durch neue Innereien

Aktuell sind Umrüstungen nur an Schnell-Motoren möglich, weitere Hersteller sollen aber folgen.

Biogas: Saubere Abgase durch neue Innereien

Die passive Vorkammer sorgt für bessere NOx-Werte bei BHKW-Motoren.

eilbote: Herr Pfaffner, wie können Sie Biogas-Motoren auf den neuesten Stand bringen?

Sven Pfaffner: Wir setzen auf eine passive Vorkammer. Das Bauteil wird wie ein Hütchen um die Zündkerze in jedem Zylinder montiert. Ein kleiner Teil des Gases wird darin gezündet, durch die Explosion wird der restliche Teil unter hohem Druck durch kleine Löcher in den Brennraum geschleudert, wir nennen das Fackelstrahlen. Die Verbrennung ist so sehr viel sauberer. Andere Firmen müssen dafür SCR-Katalysatoren nachrüsten, sprich AdBlue einsetzen, wodurch die Effizienz sinkt, da ein weiterer Betriebsstoff benötigt wird. Durch unsere rein mechanische Maßnahme steigen sogar die Standfestigkeit und der thermische Wirkungsgrad etwas an.

Brauchen Sie dafür noch etwas anderes?

Lediglich der Zündstrom muss etwas höher sein. Das schaffen wir aber sehr leicht durch eine entsprechende Zündbox. Die Zündkerzen halten so zudem bis zu 8.000 Betriebsstunden.

Wie sehen die Vorschriften im Detail aus?

Geregelt wird das alles in der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, kurz 44. BImSchV. Wichtig sind hier die Stickoxide: Neue Motoren müssen nun 500 mg/m3 einhalten. Als Grenzwert galt für Bestandsanlagen bisher 1.000 mg/m3 NOx, was bis Ende 2024 auch noch so bleiben darf, danach dürfen auch sie nicht mehr als 500 mg/m3 in die Luft blasen. Da kommen wir mit unseren Optimierungen bei einigen Motoren heute schon locker drunter. Zu beachten ist dabei aber, dass Heizöl ab 2023 als Zündöl verboten ist, bis 2029 darf man lediglich mit Pflanzenöl arbeiten. Wir empfehlen unseren Kunden daher, sobald als möglich auf einen vollständigen Gasantrieb zu wechseln. Denn durch das zusätzlich eingespritzte Öl wird die Verbrennung immer schlechter bleiben, mit den neuen Abgasnormen passt das hinten und vorne nicht mehr.

Welches Alter zählt noch als Bestand?

Dafür muss die Anlage vor dem 20. Dezember 2018 in Betrieb genommen oder vor dem 19. Dezember 2017 genehmigt worden sein. Aber auch in letzterem Fall musste man den Startknopf spätestens am 20. Dezember 2018 gedrückt haben. Alle, die später dran waren, gelten als Neuanlagen und müssen daher bei den Stickoxiden unter der 500er-Marke bleiben.

Was wurde durch die neue Verordnung noch verschärft, das nun relevant wird?

Was noch auf die Biogas-Betreiber zukommt, ist die dauerhafte Überwachung der NOx-Werte: Bisher kam einmal pro Jahr der TÜV und hat gemessen. Dabei müssen Motoren unter den 1.000 mg/m3 NOx bleiben. Künftig müssen die Abgase zusätzlich zur jährlichen Inspektion auch dauerhaft überwacht werden. Das ist einer der Hauptgründe, warum wir nun viele Bestandsanlagen umrüsten. Wir haben für die dauerhafte Dokumentation der Abgaswerte eine passende Box entwickelt, den NOx-Logger. Er speichert die Tagesmittelwerte auf einer internen Festplatte, von der sie einfach auf einen USB-Stick kopiert werden können. So kann man die Abgas-Daten jährlich beim zuständigen Landratsamt abliefern. Während des Betriebs hat der Kunde keine weiteren Kosten, da wir etwa eine Cloudanbindung des Loggers für übertrieben halten.

Biogas: Saubere Abgase durch neue Innereien

Sven Pfaffner ist bei HJS-Motoren zuständig für Vertrieb und Außendienst.

Das klingt nach viel Arbeit für die nächste Zeit…

Ja, es müssen viele der Bestandsmotoren umgerüstet werden. Wenn die Anlage nur wenige hundert Stunden läuft, können wir das auch einfach über einen Turbolader machen. Es sind so auch günstigere Übergangslösungen machbar, etwa wenn die Laufzeit nur noch wenige Jahre beträgt und der Betreiber seine Anlage erst danach auf den dann aktuellen Stand bringen möchte. Außerdem können wir im Rahmen der Modernisierung natürlich auch ein Terminal mit Display für alle Betriebswerte und Fernwartung installieren.

Welche Systeme betreuen Sie?

Durch den Hintergrund unseres Geschäftsführers Hans-Jürgen Schnell (siehe Kasten) haben wir natürlich viele Kunden mit Schnell-Motoren, die auf Scania basieren. Die passive Vorkammer ist daher aktuell nur für diese Modelle verfügbar. Da wir im Service aber beispielsweise auch Aggregate von Liebherr betreuen, entwickeln wir das Prinzip auch für andere Motorenhersteller, damit künftig viele Betreiber davon profitieren können. Als Service-Partner von 2G setzen wir zudem auch deren Optimierungen um, etwa deren selbst entwickelte Zylinderköpfe für bestimmte MAN-, Mercedes- oder MDE-Aggregate. Dadurch können ebenfalls bessere NOx-Werte von unter 500 mg/m3 und längere Service-Intervalle realisiert werden.

Welche Vorteile hat HJS-Motoren gegenüber anderen Service-Anbietern?

Wir sind ein junges, kleines Team, das aber in Summe dennoch sehr viel Erfahrung im Biogas-Sektor mitbringt. Ich selbst bin schon über sieben Jahre in der Branche und habe selbst mehrere Jahre lang Motoren instandgesetzt. Mein Kollege hier am Standort Großhabersdorf (in der Nähe von Nürnberg) macht seit etwa 20 Jahren nichts anderes, und unser Chef Hans-Jürgen Schnell ist seit den Anfängen des Booms dabei. Früher war in der Biogasbranche viel Geld zu verdienen, daher haben auch die Dienstleister häufig nur kassiert und sich sonst nicht viel blicken lassen. Uns ist aber eine gute, dauerhafte Beziehung zum Kunden wichtig, wobei wir für jeden eine individuelle Lösung finden. Dabei setzten wir auf flache Hie- rarchien und kurze Wege, die Vorteile einer kleinen Firma: Wer anruft, landet direkt bei mir oder einem Kollegen, nicht in einer typischen Hotline-Warteschleife ohne echte Experten. Gerade Landwirte legen darauf sehr viel Wert.

Durch die Corona-Krise ging im Mai eine Mini-Novelle des EEG durch den Bundestag. Hilft das auch Ihnen?

Dadurch wurde die gesetzliche Frist, wann bestimmte Anlagen spätestens ans Netz gehen mussten, um acht Monate verschoben, was der gesamten Branche etwas Luft verschafft. Denn natürlich standen auch bei unseren Zulieferern ein paar Bänder still, wodurch der Bau von einigen Anlagen in Verzug geraten ist. Durch die Verschiebung der Fristen müssen Kunden jetzt nicht um ihre Förderung bangen.

Biogas: Saubere Abgase durch neue Innereien

Der NOx-Logger erfasst durchgehend die Stickoxid-Werte im Abgas und speichert einen Tagesmittelwert. Die Daten müssen jährlich zum Landratsamt.

Das Unternehmen – HJS-Motoren

Sven Pfaffner ist für Vertrieb und Außendienst bei HJS-Motoren zuständig. Der Dienstleister hat sich auf Wartung und Instandsetzung von BHKW-Motoren spezialisiert, wobei man mit eigenen Entwicklungen die Langlebigkeit und Effizienz verbessern will. Geschäftsführer Hans-Jürgen Schnell gilt als Pionier der Biogaswelt: Seine erste Anlage entwickelte er 1992 auf dem elterlichen Hof und machte sich damit selbstständig. 2014 hatte er bereits 3.500 Aggregate verkauft. Inzwischen gehört die Firma zum tschechischen Tedom-Konzern, Schnell selbst hat sich mit HJS-Motoren als innovativer Service-Partner neu aufgestellt. Das Unternehmen ist zudem eine 50-prozentige Tochter des BHKW-Herstellers 2G.

Die Fragen stellte Tobias Meyer.


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