Wem gehören die Maschinendaten?

Dem Hersteller? Dem Landwirt als Eigentümer der Maschine – oder beim Anlagenleasing dem Leasinggeber? Rechtsanwältin Dagmar Laubscher-Tietze ordnet den Paragrafendschungel.

Big data in der Landwirtschaft: Wem gehören die Maschinendaten?

Bereits heute schon sind Landmaschinen mit einer Vielzahl von Sensoren und Steuergeräten vernetzt. Daten über den Maschinenstandort, Fahrverhalten, Bodenbeschaffenheit usw. können automatisch bei jedem Einsatz generiert, gesammelt und ausgewertet werden. Nicht immer ist ersichtlich, wer alles die gesammelten Daten erhält und auswerten kann. Bei allem Nutzen gibt es auch einige Konflikte und zahlreiche Fragen:

Wem gehören die Maschinendaten?

Dem Hersteller? Den betroffenen Personen? Dem Landwirt als Eigentümer der Maschine – oder beim Anlagenleasing – dem Leasinggeber? Dem produzierenden Landwirt, der die Maschine nur gemietet hat? Gibt es überhaupt ein Recht auf Eigentum an Daten?

Das deutsche Recht kennt kein Eigentum an Daten. Der Eigentumsbegriff des § 90 BGB setzt stets eine Sache voraus. Nach § 90 BGB sind Sachen nur körperliche Gegenstände. Somit haben Datenträger Sachqualität im Sinne des § 90 BGB, Daten selbst jedoch nicht.

Auch handelt es sich bei reinen Messdaten, die von einer Maschine aufgezeichnet werden, um keine persönlich-geistige Schöpfung, sodass hierbei auch nicht per se von einem „Werk“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes auszugehen ist und diese Daten nicht automatisch durch das Urheberrecht geschützt sind.

Was ist mit dem Datenschutzrecht?

Grundsätzlich kann die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für industrielle Daten weitgehend ausgeblendet werden. Das allgemeine Datenschutzrecht, das die DSGVO regelt, betrifft lediglich personenbezogene Daten. Maschinengenerierte Daten, z.B. beim Verknüpfen von Schichtplänen, werden dann jedoch schnell personenbezogen und es gilt die DSGVO. Damit sind diese Daten geschützt.

Doch was wird aus dem Geschäftsgeheimnisschutz beim Ausklammern personenbezogener Daten oder die Begrenzung auf anonymisierte Daten?

Wie sieht es beim Sammeln der Daten mit dem Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses des Landwirts aus?

Maschinengenerierte Daten können unter bestimmten Voraussetzungen als Geschäftsgeheimnis geschützt sein. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen gem. § 2 Absatz 1 und 2 GeschäftsgeheimnisGesetz erfüllt sein: Es handelt sich bei den Daten

(i) um geheime Informationen, d.h. Informationen, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt sind.

Hiervon dürfte bei von Landmaschinen gesammelten Daten auszugehen sein. Diese sind anderen „Fachkreisen“ nicht bekannt, denn es werden individuelle Arbeitsabläufe oder -bedingungen im einsetzenden Landwirtschaftsbetrieb erfasst, die auch dann anderen nicht bekannt sind, wenn diese die gleichen Maschinen einsetzen.

(ii) die nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Dies dürfte üblicherweise der Fall sein, denn sie stehen unter der Kontrolle des Landwirts, der die betreffende Maschine einsetzt und Daten erzeugt.

(iii) bei denen ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht und die daher von wirtschaftlichem Wert sind.

Maschinengenerierte Daten erlauben die Auswertung zur Verbesserung von Produktionsabläufen, Arbeitseinsätzen, Problemen und deren Behebung bei Fehlern bei der Landmaschine in den verwendeten Einsatzgebieten der Landmaschine, Erkennen und Reduktion von Stillstandzeiten usw.. Daraus ergeben sich wirtschaftliche Vermarktungsmöglichkeiten und somit ein wirtschaftlicher Wert dieser Daten. Für den wirtschaftlichen Wert ist der poten- tielle Handelswert ausreichend. Die Möglichkeit der kommerziellen Nutzung genügt.

Wie können Maschinendaten vertraglich geschützt werden?

Anknüpfungspunkte für eine Vereinbarung kann die tatsächliche Herkunft der Daten sein. Derjenige, der die Daten erfasst, hat die tatsächliche Kontrolle. Danach können vertragliche Regeln für den Zugriff und die Nutzung getroffen werden.

Ein Hersteller/ Händler kann seine Landmaschine beispielsweise mit unterschiedlichen Varianten der Betriebssoftware anbieten.

Standard: Hierbei werden Daten lediglich verarbeitet, soweit dies für den Normalbetrieb erforderlich ist. Zu klären wäre gegebenenfalls, ob der Hersteller/ Händler weiterhin Zugriff auf die Datenschnittstellen zum Sammeln von Daten und deren eigener Auswertung haben darf.

Variante mit „Investitions-Anlage“: Hierbei werden die von der Landmaschine generierten Daten zusätzlich systematisch strukturiert, aggregiert, für vom Landwirt definierte Zwecke analysiert und das Analyseergebnis (unterschiedliche Stände für Belastungen und Verschleiß) diesem mitgeteilt. Diese Datenaufbereitung sollte, einzeln ausgewiesen, zu einem höheren Kauf-/Mietpreis führen.

Die dann teurere Variante verfügt über eine zusätzliche Funktion, um die Messdaten direkt so aufzubereiten, dass der Landwirt die Maschine selbst warten und Verschleißteile austauschen kann. In diesem Fall, wenn der Landwirt für diese Zusatzfunktion (systematische Datenanordnung und anschließende Datenaufbereitung) einen gesonderten Betrag zahlt, handelt es sich um eine Investition zur Beschaffung, Überprüfung und Darstellung der Daten, die als Datenbank dann geschützt ist nach§ 87 a UrhG.

■ zusätzliche Wartungs- und Pflegeleistungen-Vereinbarung mit einer vertraglichen Zuweisung von Nutzungsrechten und Schutz an Maschinendaten

Bietet der Hersteller/ Händler seinem Landwirt für eine Standardmaschine ohne Variante „Investitions-Anlage“ einen Wartungs- und Pflegevertrag an und nutzt der Hersteller/Händler dann die maschinengenerierten Daten zur Erfüllung des Wartungs- und Pflegevertrags, beispielsweise in Form der „predictive maintanance“, sind dieselben Daten ohne Geheimhaltungsvereinbarung nicht geschützt, obwohl der Kunde auch in diesem Fall in Form des Entgelts für die Wartung für die kontinuierliche Beschaffung, Überprüfung und Darstellung der Daten bezahlt.

Dagmar Laubscher-Tietze, Kanzlei Weidmann Amin & Partner, 65185 Wiesbaden, Tel:  (06 11) 3 99 21 www.weidmann-amin.de


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