„Wir bieten den Schlüssel für gesunde Gewässer“

Felix Knoll, Geschäftsführer des Herstellers Berky, erläutert, wofür Mähboote heute und in Zukunft gebraucht werden und welche neuen Anforderungen es an die Gewässerunterhaltung gibt.

Berky: „Wir bieten den Schlüssel für gesunde Gewässer“

Der Dredge-King ist das größte Entschlammungsboot von Berky und für Saugbagger­arbeiten, Dredgingarbeiten sowie Baggerarbeiten einsetzbar. Vier hydraulische Stützen sorgen für Stabilität beim Arbeiten.

Berky: „Wir bieten den Schlüssel für gesunde Gewässer“

Felix Knoll, Berky Geschäftsführer und Enkelsohn des Firmenmitbegründers Gerhard Knoll.

eilbote: Warum ist die Gewässerunterhaltung wichtig?

Knoll: Unser Firmengründer Anton Berkenheger wollte mit der Erfindung des Grabenmähgeräts die anstrengende Handarbeit mit der Sense erleichtern. Damals wie heute ist es wichtig, zum Beispiel Grabenränder zu mähen und Pflanzen zu entnehmen, die auf der Gewässersohle wachsen. Denn sie bremsen den Abfluss des Wassers und behindern damit die Entwässerung. Welche Folgen das haben kann, hat sich 2002 an der historischen Oderflut gezeigt: Gräben und Bäche wurden in Ostdeutschland nach der Wende aus Kostengründen kaum noch gepflegt. Darum ist das Wasser letztlich in die Städte gelaufen. Das hat man erkannt und wieder mehr in die Entwässerung investiert. Seitdem sind dort Katastrophen wie 2002 ausgeblieben.

Ihr Firmenslogan lautet „Your key for living waters“. Das bezieht sich aber nicht allein auf die Grabenpflege, oder?

Wir entwickeln und bauen Maschinen für die Gewässerpflege und -unterhaltung. Unser Ziel ist es dabei, unseren Kunden den für sie passenden Schlüssel für ihre Arbeiten zu liefern. Von diesen gesunden Gewässern, welche die Kunden mit unseren Maschinen pflegen, profitieren alle Lebewesen am Wasser: Flora, Fauna und der Mensch. Die Lösung für den Einklang dieser Gruppen zu liefern, das ist unser Ziel.

Wie stellen Sie gesunde Gewässer her?

Die Basis ist die Erkenntnis, dass ein Überschuss von Tieren oder Pflanzen immer negative Auswirkungen hat, auch auf Flora und Fauna. Gibt es zu viel Wasserpflanzen, kommt es zu einem ungesunden Wachstum der abgestorbenen Pflanzenteile, die auf den Grund sinken. Die abgebauten organischen Stoffe regen weiteres Pflanzenwachstum an, es entsteht ein Teufelskreis. Ein Beispiel hierfür ist die Wasserhyazinthe, eine invasive Art, die bis zu sieben Zentimeter am Tag wächst. Zudem können Pflanzen dem Gewässer so viel Sauerstoff entziehen, dass es umkippt. Das führt zum Fischsterben. Genauso können Insekten wie Moskitos überhandnehmen und gefährliche Krankheiten bei Menschen und Tieren verbreiten. Mit der Pflege durch Mähboote, die Wasserpflanzen unter der Oberfläche abschneiden und das organische Material entfernen, lässt sich dem entgegenwirken.

Die Mähboote können das Material ja auch sammeln. Lässt sich der Aufwuchs auch verwerten?

Es gibt immer mal wieder Ansätze, das Material zum Beispiel als Dünger zu nutzen oder in Biogasanlagen, um daraus Strom und Wärme zu erzeugen. Die Wasserpflanzen sind aber sehr nass, was Transport und Verarbeitung erschwert. Wenn es aber eine Möglichkeit für eine wirtschaftliche Verwertung gäbe, würden das viele Kommunen beziehungsweise Wasser- und Bodenverbände begrüßen. Denn das würde die Kosten für die Gewässerunterhaltung erheblich reduzieren.

Sie haben auch den Umweltschutz im Blick. Welche Technik bieten Sie dafür an?

Hierbei geht es uns um das Einsammeln von Müll. Wir haben 2019 zufällig Videos von Kunden aus Indonesien bekommen, die Mähboote zum Müllsammeln eingesetzt haben. Mit leichten Modifikationen können wir die Boote dafür nutzen. Gleichzeitig können sie aber weiterhin Pflanzen schneiden. Das Thema hat dann für uns Fahrt aufgenommen, als wir per Zufall mit der Initiative Everwave aus Aachen in Verbindung gekommen sind. Der Verein setzt sich weltweit dafür ein, Gewässer von Müll zu befreien. Wir sind jetzt offizieller Partner, unter anderem zusammen mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.

Inwieweit hilft Künstliche Intelligenz beim Müllsammeln?

Wir wollen künftig Technik entwickeln, um den Müll zu analysieren und zu zählen. Damit können wir feststellen, wie viel von welchem Plastik in welchen Flüssen vorherrscht und wo es herkommt. Gleichzeitig könnten wir auf dem Boot bereits vorsortieren und damit das Recyceln vereinfachen.

Gewässer können ja auch durch Öl oder Diesel verunreinigt werden. Gibt es neue Entwicklungen dazu bei den Mähbooten?

Ja, wir arbeiten seit einem Jahr verstärkt im Rahmen eines Forschungsprojekts an einem Elek- troantrieb. Ein erster Prototyp hat zwei Batterien mit insgesamt 15 kWh Speicherkapazität. Damit kann das kleine Mähboot einen Tag lang arbeiten. Zum Laden der Batterie ist es mit einem kleinen Dieselmotor ausgestattet, der einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Bei diesem Boot haben wir auf die sonst üblichen Hydraulikanschlüsse verzichtet, alles wird elektrisch gesteuert beziehungsweise angetrieben. Damit könnten wir mit den Booten auch in Flora-Fauna-Habitat (kurze FFH)-Gebiete fahren, in denen der Einsatz von Diesel und Hydrauliköl verboten ist. Wir arbeiten mit 50-Volt-Systemen. Bei den Booten haben wir im Gegensatz zu Fahrzeugen weniger Platz- oder Gewichtsprobleme, weshalb der Umstieg auf Elektroantrieb weniger kompliziert ist.

Berky: „Wir bieten den Schlüssel für gesunde Gewässer“

Der Amphi-King vereint Boot und Fahrzeug in einer Maschine. Die wendige und kompakt gebaute Maschine erlaubt Arbeiten in der Gewässermitte und an den schwer zu erreichenden Randbereichen, an seichten Stellen und in sumpfigen Gebieten.

Berky: „Wir bieten den Schlüssel für gesunde Gewässer“

Das große Mähboot eignet sich für den Einsatz mit Seitenschneidwerken und Schleppsensen. So können Pflanzen seitlich vom Boot gemäht und geschnitten werden, etwa der Bewuchs am Ufer von Gewässern.

Welche Zukunftsthemen beschäftigen Sie noch?

Wir wollen künftig beim Natur- und Umweltschutz noch zielgerichteter vorgehen, um Ökologie und Ökonomie stärker zusammenzubringen. Dafür setzen wir auf die Expertise von Biologen und Naturschutzfachleuten, die uns zu mehr Fachwissen verhelfen sollen. Derzeit bauen wir nur Maschinen, wollen aber verstehen, wie man bei der Gewässerpflege Insekten und andere Tiere besser schützen kann. Das fordern auch Auftraggeber stärker ein.

Wie wirkt sich das aus?

Man sieht es daran, dass Lohnunternehmer oder andere Auftragnehmer die Auflage bekommen, bestimmte Arbeiten nicht mit dem Mulcher durchzuführen. Mulchgeräte sind effizient und für die Gewässerunterhaltung sehr wirtschaftlich. Aber die hohe Umdrehungsgeschwindigkeit der Mulchwerzeuge sorgt für einen starken Sog, der Insekten und Kleintiere anzieht und tötet. Das lässt sich mit einem Messerbalken zum Beispiel verhindern. Das dauert länger und kostet entsprechend mehr. Aber die öffentlichen Auftraggeber akzeptieren die Mehrkosten.

Die Fragen stellte Hinrich Neumann.


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